Veröffentlicht von Andreas Rühl am 30.12.2003 um 9:57 Uhr Goldminen in Extremphasen Die Beimischung von physischen Gold bzw. Goldminenaktien und entsprechenden Fonds wird in jeder verantwortungsvollen Vermögensverwaltung bzw. Publikation als strategische Anlageklasse verwendet bzw. empfohlen. Die Eigenschaft der langfristig nicht korrelierenden Entwicklung zu den normalen Aktienmärkten ist hierfür verantwortlich. Mit den Argumenten physisches Gold sei totes Kapital, es verzinst sich nicht und Dividenden werden auch keine ausgeschüttet, wird für die strategische Positionierung in den meisten Fällen ausschließlich auf Goldminen gesetzt. Ergänzend zu regelmäßigen Dividendenzahlungen spiele vor allem die Hebelwirkung (siehe das nachfolgende Kapital) bei der Kursentwicklung eine entscheidende Rolle. Ob die o.g. Argumente ausreichend sind, an einer Goldmineninvestition dauerhaft festzuhalten, soll uns ein Blick in die Vergangenheit verraten. Um ein Gefühl für das Chance/Risiko-Verhältnis in den unterschiedlichen Marktentwicklungen zu bekommen, analysiere ich mit Ihnen die Preisentwicklung von Gold in USD pro Unze und die des Financial Times Goldminenindex (old) in der Zeit von 1970 bis 1995. Insbesondere die Kursentwicklungen bei unterschiedlichen Wendepunkten zeigen, welche Chancen in der Anlage von Goldminen liegen bzw. wie hoch das Risikopotential sein kann. Grafik 1: Gold zu Financial Times Goldmines-Index (old) 1970 bis 1995 Ausgangspunkt des obigen Charts ist das Jahr 1970. Zu Beginn diesen Jahres notierte der Goldpreis pro Unze bei 35 US-Dollar und der Goldminenindex bei 45 Indexpunkten. Am Ende des 1970 begonnenen, sekundären Bullenmarktes, genau zehn Jahre später - im Januar 1980 - erreichte der Goldpreis mit 850 US-Dollar seine bisherige Preisspitze. Der Goldminenindex erreichte zur gleichen Zeit einen Indexstand von 360. Das physische Gold hatte sich also vom Tief bis zum absoluten Hoch mehr als verdreiundzwanzig-facht. Dagegen kam eine Investition in Goldminen, trotz der viel gepriesenen Hebelwirkung, "lediglich" auf eine Versiebenfachung. Dieses Ergebnis ist umso erstaunlicher, wenn man die Entwicklung von Gold und Goldminen im ersten Haussezyklus nachrechnet. Dieser endete im Dezember 1974. Gold erreichte einen Kurs von 195 USD/Unze und der Goldminenindex lag zum gleichen Zeitpunkt bei 415 Indexpunkte. In diesem ersten Haussezyklus funktionierte die Hebelwirkung bei den Goldminen hervorragend! Während sich Gold mit dem Faktor 4,6 vervielfachte, kamen die Goldminen auf das 8,2-fache. In der darauf folgenden Zeit - von Dezember 1974 bis August 1976 - erlebte der Goldinvestor die erste große Korrektur der starken Kursanstiege. Der Goldpreis fiel von 195 auf 103 USD/Unze, was einem prozentualen Rückgang von 47,2 Prozent entsprach. Der Minenindex reduzierte sich in der gleichen Zeit von 415 auf 80 Indexpunkte! Das entsprach einem Kursrückgang von 80,7 Prozent! Beeindruckender kann meines Erachtens nicht dokumentiert werden, dass die Hebelwirkung der Goldminen in beide Richtungen funktioniert. Wie schmerzlich solche Rückgänge sind, wird vor allem dann deutlich, wenn Sie sich bewusst machen, wie groß die Kurserholung sein muss, um die vorherigen Verluste wieder aufzuholen. Grafik 2: Kursverluste und notwendige Erholungen Um das auf der Kursspitze gehaltene Vermögen wieder sein eigen nennen zu können, reichte dem Goldbesitzer ein Anstieg von 89 Prozent. Der Eigentümer von Goldminen benötigte dafür einen Wertzuwachs von 419 Prozent! Wie schwierig das ist, zeigt die Analyse des zweiten Haussezyklus, der von August 1976 bis Januar 1980 andauerte. Der Goldpreis setzte seinen über 2,5 Jahre unterbrochenen Kursanstieg fort und stieg von 103 auf insgesamt 850 USD/Unze! Der Goldminenindex stieg von 80 auf 360 Indexpunkte. Die Anlage in physischem Gold erzielte zum Höchstpreis eine Vervielfachung mit dem Faktor 7,3. Die Anlage in Goldminen lag zum Zeitpunkt des Goldhochs sogar unter dem Höchstkurs der ersten Haussephase. Der Faktor lag jetzt lediglich bei 3,5. Tabelle 1: Gold zu Financial Times Goldmines-Index (old) 1970 bis 1980. Beim genauen betrachten der Grafik 1 ist zu erkennen, dass die jeweiligen Hochpunkte von Gold und Goldminen auseinander driften. Die tatsächlichen Höchststände der Goldminen lagen zeitlich hinter den Topps, welches Gold ausgebildet hat. Die obige Analyse bezieht sich jedoch auf die Indexstände zum Zeitpunkt des jeweiligen Goldhochs. Würden wir die absoluten Höchststände mir einander vergleichen, ergäbe sich bei den Goldminen ein höherer Vervielfachungsfaktor wie oben dokumentiert. Allerdings ergibt sich bei den aufgezeigten Chance / Risiko Abhängigkeiten keine Änderung. 12.1. Der Hebel bei den Goldminen "Wer von einem Goldanstieg richtig profitieren möchte, muss in Goldminen investieren! Wenn Gold um 10 Prozent steigt, steigen Goldminen um 30 Prozent!" So oder so ähnlich wird Ihnen in Fachmagazinen oder von Anlageprofis die Hebelwirkung und der Kauf von Goldminen schmackhaft gemacht. Um zu verstehen, was sich hinter dem Hebel verbirgt, warum er funktioniert und welche Chancen aber auch Risiken damit verbunden sind, werfen wir wieder einen Blick in die Vergangenheit (siehe Tabelle 2). Tabelle 2: Goldminenhebel bei Kursanstiegen *PK = Produktionskosten (Sämtliche Kosten die anfallen, bis aus dem Erz das Feingold gewonnen ist.) Angenommen Sie hätten im Januar 1970 Ihr liquides Vermögen in physisches Münzgold und in unsere Mustergoldmine Hebel AG investiert. Der Goldanstieg bis in den Mai 1972 bescherte Ihnen bei den Münzen ein Plus von 15 USD/Unze. Bei einem Einsatz von 35 USD entspricht das einem prozentualen Gewinn von 42,9 Prozent. Die Goldmine Hebel AG hatte im Januar 1970 Produktionskosten (Spalte PK) in Höhe von 30 USD/Unze. Bei einem Marktpreis von 35 USD/Unze errechnete sich also ein Gewinn von 5 USD/Unze. Durch Lohnsteigerungen und einen aufwendiger werdenden Schürfeinsatz steigen die Produktionskosten bis Mai 1972 auf 34 USD/Unze. Da der Marktpreis auf 50 USD/Unze gestiegen ist, errechnet sich ein Gewinn/Unze von 16 USD. Im Vergleich zum Januar 1970 ergibt sich ein Gewinnanstieg von 5 auf 16 USD/Unze. Dies entspricht einer prozentualen Gewinnerhöhung von 220 Prozent! Erlauben Sie mir an dieser Stelle die Annahme, dass sich die Kurse unserer Goldmine Hebel Aktie, genau an deren Gewinnentwicklung orientiert. Beim direkten Vergleich Ihrer beiden Anlagen ergibt sich daraus folgendes Ergebnis: Gewinn beim physischen Gold +42,9 Prozent, Gewinn bei der Aktie Goldmine Hebel AG +220 Prozent. Das entspricht einem Hebel von 5,1! Aufgrund der guten Entwicklung entschließen Sie sich im Mai 1972 eine weitere Anlage in Münzgold und die Goldmine Hebel AG. Bereits im August ist der Goldpreis wieder um 15 USD/Unze gestiegen. Bei Ihrer Münzinvestition ergibt sich im Vergleich zum Einstiegspreis ein Plus von 30 Prozent. Der Gewinn der Goldmine Hebel AG steigt von 16 auf 31 USD/Unze, was eine Gewinnerhöhung von 93,8 Prozent entspricht. Das Ergebnis des direkten Vergleichs: Physisches Gold +30 Prozent, Gewinn bei der Goldmine Hebel AG +93,8 Prozent. Ergibt einen Hebel von 3,1. Ihre dritte Anlage tätigen Sie im August 1972. Bis im März 1973 ist der Goldpreis um weitere 15 USD/Unze gestiegen. Der prozentuale Gewinn bei Ihrem Münzgold beläuft sich jetzt auf 23,1 Prozent. Der Gewinnanstieg der Goldmine beträgt 45,2 Prozent. Der direkte Vergleich: physisches Gold +23,1 Prozent, Goldmine +45,2 Prozent, entspricht einem Hebel von 2. Aus diesen Erfahrungen lässt sich folgendes ableiten: "Je höher der Goldpreis steigt, desto geringer wird die Hebelwirkung bei den Goldminen." Um die fundamentalen Auswirkungen bei Kursrückgängen zu erkennen, nehmen wir an, dass Ihr Nachbar, angesteckt von den seit vier Jahren steigenden Kursen, im Dezember 1974 einen ersten Kauf in Goldmünzen und in unsere Mustergoldmine tätigt. Tabelle 3: Goldminenhebel bei Kursrückgängen Im September 1975 liegt der Goldpreis bei 149 USD/Unze. Auf seinen Kaufkurs von 195 USD/Unze bedeutet das ein Verlust von 46 USD/Unze. Dies entspricht einem Rückgang von 23,6 Prozent. Bei der Goldmine reduziert sich der Gewinn pro Unze von 157 USD auf 109 USD. Das entspricht einer Reduzierung von 30,6 Prozent. Der Hebel ist also auch hier vorhanden. Bei fallenden Goldkursen ist er die Basis für überdurchschnittliche Verluste der Goldminen! Im September 1975 entschließt sich Ihr Nachbar für einen Nachkauf von Goldmünzen und Aktien der Goldmine Hebel AG. Erst im August 1976 wird mit einem Kurs von 103 USD/Unze das Tief beim Gold erreicht. Der Verlust auf den letzten Kauf beläuft sich bei der Goldmünze auf 30,9 Prozent. Bei der Goldmine reduziert sich der Gewinn bereits um 44 Prozent. Diese zweite Erfahrung sollte uns nie vergessen lassen: Bei fallenden Goldpreisen wird der Hebel zunehmend größer. Die Wahrscheinlichkeit das Sie mit Goldminen überproportional hohe Kursverluste erleiden nimmt stark zu. 12.2. Die Bezeichnung Goldminenaktie beinhaltet das Wort Aktie Das Goldminen nicht nur von der fundamentalen Entwicklung der Unternehmen bzw. der Goldpreisentwicklung abhängig sind, zeigt die Grafik 3. Hier wird der Verlauf von Gold/Unze in USD, deutschen Aktien (DAX) und Goldminen (XAU) über das gesamte Jahr 1987 verglichen. Um einen optimalen Vergleich zu bekommen, wurde die Skalierung beim DAX und beim XAU auf den Goldpreis zum Jahresanfang umgerechnet. 1987 ist durch den Börsencrash in die Geschichte eingegangen. Der Goldpreis entwickelte sich über das gesamte Jahr betrachtet kontinuierlich von etwa 400 auf knapp 500 USD/Unze. Dem Verlauf des Goldpreis entsprechend, hätten sich die Goldminen, sicher mit Schwankungen, tendenziell positiv entwickeln müssen. Der Kursanstieg hielt jedoch nur bis zum Börsencrash an. Als die normalen Aktienmärkte zu "crashen" begannen, wurde alles, was irgendwie nach Aktie aussah verkauft. Der psychologischen Macht von Panikverkäufen konnten sich auch die Goldminen nicht entziehen. Die Tiefstkurse wurden genau mit den Tiefstkursen der normalen Aktienmärkte erreicht. Einzelne Goldaktien verloren von der Spitze bis zum Tief über 70 Prozent Ihres Wertes - obwohl der Goldpreis gestiegen ist. Grafik 3: Goldminen und Börsencrash Auf den Punkt gebracht: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass es in Extremphasen große Unterschiede zwischen den Preisentwicklungen beim physischen Gold und den Goldminen gibt. Bei der Anlage in Goldminen, durchleben Sie - abhängig von der Kursentwicklung - eine extreme Verschiebung des Chance/Risiko-Verhältnisses. Vor allem nach starken Gewinnphasen steigen die Rückschlagsgefahren überdurchschnittlich. * Physisches Gold sollten Sie aus strategischen Gründen immer halten. Wenn Sie in einem sekundären Bullenmarkt an steigenden Goldpreisen partizipieren wollen, * sollten Sie physisches Gold bzw. Anlageformen die dessen Preis nachbilden, über den gesamten Hausse-Zyklus durchhalten. * machen Sie sich immer wieder die extreme Schwankungsbreite von Goldminen bewusst. Gerade nach sehr starken Kursanstiegen, sollte man nicht zu gierig werden. Wenn sich ein neuer sekundärer Bullenmarkt herausbildet, werden in der ersten Aufwärtsbewegung die stärksten Kursanstiege erlebt. Wenn Sie an einer solchen Entwicklung partizipiert haben, nutzen Sie die Erfahrungen der Vergangenheit. Denken Sie spätestens ab einer Versechsfachung - von den Tiefstkursen gerechnet - an die Sicherung Ihres Kapitals. Wenn Sie nicht der Timingfalle unterliegen wollen und weiter an einem intakten sekundären Gold-Bullenmarkt partizipieren möchten, ist es ratsam, den Erlös aus Ihren Goldminen in physisches Gold bzw. Anlagen die den Goldpreis nachbilden, zu investieren. Der Verzicht auf den Hebel reduziert die Rückschlagsgefahren und lässt trotzdem genügend Potential für die zukünftigen Ertragschancen. © Andreas Rühl Quelle: Auszug aus dem Goldbuch von Andreas Rühl.