Vorsicht vor GOLD!!!! (Eurams vom 8.3.09)

  • Die verrückten Gold-Verschwörungstheorien
    Von Christian Euler
    Ist der britische Goldschatz mit Wolfram gestreckt? Gibt es überhaupt Gold in Fort Knox? Manipulieren geheime Kartelle den Preis? Ums Gold ranken sich Verschwörungstheorien – doch sie stimmen


    Ob die Queen bei der Besichtigung des britischen Goldschatzes das Metall auf Wolframspuren untersuchte? Wir wissen es nicht. Sicher ist nur, dass Ihre Majestät, Elizabeth II., kurz vor Jahresende durch die Tresorhallen der Bank of England wandelte, um die wertvollen Kostbarkeiten höchstselbst in Augenschein zu nehmen.


    Das erregte Aufsehen. Gerüchten zufolge ist nämlich nicht alles Gold, was glänzt. Gerade in Großbritannien seien Kilobarren aufgetaucht, deren Inneres statt des edlen Metalls zum größten Teil fast wertloses Wolfram enthält. Jedenfalls behaupten das einige. Wolfram lässt sonst Lampen glühen und hat eine ähnliche Dichte wie Gold.


    So begehrt Gold seit Jahrhunderten ist, so vielfältig sind die Mythen und Gerüchte, die sich um Nuggets und Barren ranken. Das Internet hat die Gerüchteküche um einiges vergrößert. Misstrauische Naturen stöbern in einschlägigen Blogs und Foren über Spekulationen und reichen sie schnell weiter. Unter dem Stichwort "Tungsten Gold Bars" listet Google binnen 0,42 Sekunden 932.000 Einträge.


    Manipulierte Preise, leere Schatzkammern, Fort Knox und das Gold der Bundesbank lassen den Verschwörungstheoretikern einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. Die Wahrheit: Das meiste ist unwahr.
    Auch ein großer Teil der deutschen Goldreserven, argwöhnen selbst ernannte Insider, sei mit billigem Wolfram gestreckt. Der schiere Wert erklärt zumindest, warum sich diese Hypothese hartnäckig hält: Ein Standardgoldbarren hat ein Gewicht von 12,44 Kilogramm – was aktuell knapp 500.000 Euro entspricht.


    "Das ist genug, um den Aufwand für eine spektrografische Untersuchung zu rechtfertigen," meint Eugen Weinberg, Leiter des Rohstoff-Research bei der Commerzbank. Denn er ist überzeugt: Sollte es überhaupt mit Wolfram gestreckte Goldbarren geben, dürfte deren Menge verschwindend gering sein.


    Manipulierte Preise


    Fast zum Modethema geworden sind die Gerüchte um Preismanipulationen der Zentralbanken. Selbst profilierte Börsenprofis melden sich hier zu Wort. Einer der Hauptprotagonisten ist der 2005 verstorbene Schweizer Bankier Ferdinand Lips, der in seinem weit verbreiteten Werk "Die Goldverschwörung" proklamiert, der Goldmarkt werde seit über 40 Jahren von einer internationalen Macht- und Finanzelite manipuliert.


    Zu seinen Anhängern gehört Dimitri Speck, Autor des Buches "Geheime Goldpolitik" und Mitgründer des Frankfurter Investmenthauses Staedel Hanseatic. Auf Basis jahrelanger Datenerhebungen glaubt er, mathematisch stichfest nachweisen zu können, dass die Notenbanken seit 2001 am Goldmarkt ihre Finger im Spiel haben.


    Schützenhilfe bekommt er von Folker Hellmeyer, als Chefanalyst der Bremer Landesbank alles andere als verdächtig, ein Verschwörungstheoretiker zu sein: "Fakt ist, dass ein monopolistisches Oligopol mit US-Interessenhintergrund dieses Segment beherrscht. Fakt ist, dass die Commodity Futures Trading Commission seit Jahren Manipulationsvorwürfe gegen dieses mögliche Kartell untersucht und zu keinem Ergebnis kommt, obwohl es erdrückende Beweislast durch Statistik und sogar Whistleblower bei JP Morgan gab."


    Börsenexperte Daniel Bernecker vom gleichnamigen Fachverlag sieht die Gerüchte um Preismanipulationen ganz pragmatisch und hält es durchaus für möglich, dass die Hüter des Geldes den Preisverlauf des Goldes glätten, um eine marktkonforme Preisentwicklung zu gewährleisten: "Die Notenbanken wollen sich nicht ankreiden lassen, den Preis unkontrolliert schwanken zu lassen."


    In den kommenden fünf bis zehn Jahre werde Gold teurer, ohne an den Märkten zu viel Aufsehen zu erregen, ist Daniel Bernecker überzeugt. Es sei nicht im Sinne der Notenbanken, dass sich das Edelmetall zur Superspekulation entwickle. Im Gegenteil: "Sie werden sehr vorsichtig in diesem winzigen Markt agieren, in dem schon geringe Angebotsstörungen zu heftigen Preisausschlägen führen."


    Leere Schatzkammern in Fort Knox


    "Es liegt im Wesen der Verschwörungstheorien, dass sie weder belegbar noch hundertprozentig abzustreiten sind", glaubt Commerzbank-Experte Eugen Weinberg. Das dürfte besonders für die These einiger verwegener Verschwörungstheoretiker gelten, die immer wieder behaupten, Fort Knox sei leer.


    Dabei birgt der rund um die Uhr von Soldaten bewachte Bunker aus Granit und Stahlbeton im Bundesstaat Kentucky – zumindest nach offiziellen Angaben – 4580 Tonnen des gelben Edelmetalls. Die Federal Reserve habe ihr Gold seit Langem heimlich veräußert, wird mit größter Leidenschaft orakelt.


    Manche meinen, schon Präsident Lyndon B. Johnson habe den Schatz nach London schaffen lassen. Andere sind sicher, dass sein republikanischer Nachfolger Richard Nixon das edle Metall versilberte. Eine dritte Fraktion bezichtigt die Rockefellers, das Gros des Goldschatzes aus Fort Knox gestohlen und zu Niedrigpreisen an Europäer verramscht zu haben.


    Besonders krude mutet eine Spekulation an, die sich gar auf angebliche Gesetzesvorlagen stützt. Danach habe die US-Notenbank John F. Kennedy beseitigen lassen, als er eine Zweitwährung mit Silberstandard etablieren wollte. Mit dem bekannten kanadischen Edelmetallexperten Eric Sprott griff zuletzt auch ein als sehr seriös geltender Vertreter seiner Zunft dieses Thema auf.


    Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg zeigte sich der Milliardär aufgrund seiner umfangreichen Analysen überzeugt, dass das Zentralbankengold der meisten westlichen Zentralbanken weg sei und nicht mehr zurückgeholt werden könne. Vielleicht hat aber auch einfach ein böser Widersacher von James Bond alles ausgeräumt.


    Wo ist das deutsche Gold?


    Geradezu beängstigend ist hierzulande die Vorstellung, dass nur noch ein Teil des deutschen Bundesbankgolds vorhanden ist. Die Bundesbank selbst spricht davon, dass sich "gut zwei Drittel" der 3396 Tonnen schweren deutschen Goldreserven im Wert von rund 145 Milliarden Euro außerhalb der Landesgrenzen befinden.


    Dabei verlassen sich die Hüter des Geldes darauf, dass die Notenbanken in New York, London und Paris das edle Metall sachgemäß lagern und beaufsichtigen. Eine genaue Kontrolle des mehr als 100 Milliarden Euro teuren Schatzes hält man in Frankfurt offenbar nicht für notwendig.


    Seit Jahren haben die Banker die Barren nicht mehr gesehen, monieren Kritiker. Grund genug für den Bundestagsabgeordneten Philipp Mißfelder, die deutschen Reserven in New York im vergangenen Frühjahr in Eigenregie unter die Lupe zu nehmen. Der Blick auf den güldenen Schatz blieb ihm jedoch – wie allen anderen vor ihm – verwehrt: Es war im September 1974, als zwölf Abgeordnete und 100 Journalisten zum ersten und bis heute letzten Mal den Goldschatz mit eigenen Augen begutachten durften.


    Auch in Paris und London hatte Mißfelder kein Glück. "Leider müssen wir Ihnen nach Rücksprache mit den beiden Notenbanken mitteilen, dass die Bank of England und die Banque de France Besuchern keinen Zutritt zu ihren Tresoren gewähren," beschied ihm Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele.


    Auf Anfrage der "Welt am Sonntag", warum der größte Teil des deutschen Goldes nicht im eigenen Hoheitsgebiet liege, verwies die Bundesbank unter anderem auf ein Interview, das Carl-Ludwig Thiele mit der "Bild am Sonntag" Ende Oktober geführt hatte. "Ich war in allen Tresoren in New York, London und Paris und habe unsere Goldbestände selbst gesehen," so der Notenbank-Manager. Es bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu glauben.


    "Das Gold hat im Ausland nichts zu suchen, die Bundesbank muss die nationalen Kronjuwelen schnellstmöglich nach Hause holen," hält Robert Halver dagegen. Für den Mann, der bei der Baader Bank das Kapitalmarkt-Research verantwortet, ist es völlig unakzeptabel, dass der Goldbestand nicht überprüft werde. "Die Regierung sollte das mit allen Mitteln einfordern, denn schließlich handelt es sich um das Eigentum, das erarbeitete Vermögen der Bundesbürger. Die Franzosen haben hier schon längst klare Fakten geschaffen. Mit nichts weniger sollten wir uns zufriedengeben." Vielleicht hätte es geholfen, wenn Herr Thiele wenigstens ein paar Fotos gemacht hätte.


    Bürgeraktion "Heimkehr"


    Vor diesem Hintergrund verwundert es kaum, dass sich im Mai 2012 die unabhängige und überparteiliche Bürgerinitiative "Holt unser Gold heim!" formiert hat. Zu den Erstunterzeichnern zählen der frühere BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel und der FDP-Abgeordnete Frank Schäffler.


    Deren Credo lautet: Nur wenn unser ganzes Gold in Frankfurt lagert, kann die Bundesbank diese Bestände auch regelmäßig überprüfen. Mittlerweile haben sich mehr als 10.000 Bundesbürger dieser Aktion angeschlossen, hinter der auch der bayerische Steuerzahlerbund steht.


    Die Bundesbank ließ indes bis Oktober vergangenen Jahres mit einer Reaktion auf sich warten. In den kommenden drei Jahren sollen 150 Tonnen nach Deutschland gebracht werden. Ob das die Kritiker um Hans-Olaf Henkel zufriedenstellt, dürfte zu bezweifeln sein.


    Denn so würde es rund 45 Jahre lang dauern, bis der gesamte deutsche Goldvorrat in heimischen Gefilden lagert. Hält man sich nur die Verwerfungen in der Euro-Zone während der vergangenen fünf Jahre vor Augen, könnte diese Zeitspanne zermürbend lang werden.


    http://www.welt.de/finanzen/ar…rschwoerungstheorien.html


    [smilie_happy]

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