http://www.handelsblatt.com/finanzen/boerse-inside/interview-mit-marc-faber-der-dollar-wird-auf-null-fallen;2666969;0 Ingo Narat, Dienstag, 5. Oktober 2010, um 7:10 INTERVIEW MIT MARC FABER „Die EZB folgt der Politik von Robert Mugabe in Simbabwe" Der Geldverwalter Marc Faber gilt als Ultra-Pessimist und Zyniker. Seiner Meinung nach werden Anleihen wertlos verfallen und Währungen ins Nichts kollabieren. Im Gespräch mit dem Handelsblatt warnt er vor den Folgen der Schuldenkrise und erklärt, wie sich Anleger am besten schützen. Herr Faber, das Staatsschuldenproblem wird immer drückender. Kommen wir noch einmal heraus aus dem Schlamassel? Die Notenbanken mit den USA an der Spitze versuchen es mit dem Aufkauf von Staatsanleihen, sie drucken also Geld, um das Wirtschaftssystem in Schwung zu bringen. Die Europäische Zentralbank wird der amerikanischen Notenbank folgen. Langfristig wird die EZB der Politik von Robert Mugabe in Simbabwe folgen, der sein Land mit Hyperinflation in den Ruin geführt hat. Das Endspiel kommt in ein paar Jahren: den Schuldenzusammenbruch. Ich erwarte dann eine massive Finanzreform, bei der die Verbindlichkeiten zu einem großen Teil oder vielleicht auch ganz abgeschrieben werden. Grundsätzlich ist das System einfach pleite. Und die Währungen? Der Dollar wird auf Null fallen. Man erkennt schon einen internationalen Abwertungs-Wettlauf der Währungen, weil jeder seine Wirtschaft ankurbeln will. Sieger ist, wer am schnellsten bei Null ist. Die Amerikaner haben gute Chancen zu gewinnen. Ihr Urteil über Obama und Bernanke? Das sind Akademiker und Clowns. Bernhard Marcus immerhin Gründer von Home Depot (NYSE: HD - Nachrichten) , einem US-Baukonzern mit mehreren Hunderttausend Beschäftigten, hat Obama gerade vorgeworfen, er sei ein Dilettant und habe keine Ahnung vom wirklichen Leben. Der Präsident hat keine Ahnung, wie schlecht es den Menschen wirklich geht. Obama und Bernanke entwickeln in ihren akademischen Elfenbeintürmen absurde Theorien über eine Wirtschaft, die man wie ein Auto steuert. Das kann man aber nicht. Woran wollen Sie das erkennen? Jeder Eingriff in die Wirtschaft hat unabsehbare Folgen. Politiker und Notenbanker haben mit einer Niedrigzinspolitik und Ausgabenprogrammen die Kreditblase und die Immobilienblase erst geschaffen. Das hat außerdem den Rohstoffunternehmen und den Schwellenländern wie China bei ihrem Wachstum immens geholfen. Die ultra-lockere US-Geldpolitik war erfolgreich, aber nicht in den USA, sondern in Schwellenländern. Im Inland dagegen haben die niedrigen Zinsen mit der Schaffung der Rohstoffblase die US-Ölausgaben wegen der steigenden Ölpreise allein im Jahr um 500 Milliarden Dollar erhöht. Das war wie eine Zusatzsteuer und ein Beispiel für eine solche unabsehbare Konsequenz. Der Euro steigt wieder. Ist das ein Hoffnungssignal für die Eurozone? Der etwas höhere Euro spiegelt eher die Dollarschwäche wider. Darauf gebe ich nicht viel. Die Launen unter den Anlegern schwanken gewaltig. Vor zwei Monaten waren sie noch positiv für den Dollar. Die Euro-Dollar-Parität wurde angepeilt. Jetzt hat die Stimmung wieder gedreht. Die Märkte spielen mit der expansiven Kreditpolitik der Notenbanken im Rücken das Inflationsszenario. Deswegen fällt die internationale Reservewährung Dollar, steigen Aktien, steigen Rohstoffe, steigt das Gold. Werden diese Trends anhalten? Kurzfristig vielleicht nicht. Es könnte eine Korrektur geben, in der der Euro, das Gold, die Industriemetalle und auch die Aktien fallen. Im EU-Raum würde ich zwar auch keine Risikoanleihe anfassen. Aber vielleicht macht ein Trader hier mit kurzfristigem Ein- und Ausstieg über mehrere Monate einen Gewinn. Wie ist die Lage in den USA? Gut ist sie nicht. Mit der Null-Zins-Politik wurde die Lage ab 2008 stabilisiert. Und manche Branchen geht es durchaus besser, etwa der Landwirtschaft und der Bergbauindustrie. Aber die Privaten haben Vermögen verloren und ihre Lebenskosten steigen. Die amerikanische Wirtschaft ist extrem abhängig vom Konsum. Und die US-Wahlen im November? Vor den Zwischenwahlen korrigieren die Kurse erfahrungsgemäß, anschließend steigen sie. Das könnte auch hier passieren. Aber die Großwetterlage ist entscheidend. Da sind wir wieder beim Staatsschuldenproblem. Mit steigenden Staatsschulden steigen auch die Zinslasten. Das wird irgendwann unbeherrschbar. Schon jetzt sind die Gesamtschulden in den USA, die Verbindlichkeiten etwa aus den Sozialsystemen eingerechnet, bei 800 Prozent der Wirtschaftsleistung. Ist das gut oder schlecht für Aktien? Da gibt es zwei Meinungen. Einige Analysten glauben an einen Verfall der Preise und einen Sturz des Dow-Jones-Index unter 1000 Punkte. Das glaube ich nicht. Die Politik des Geld druckens wird einen solchen Kollaps verhindern. Meiner Meinung nach ist das Börsentief im Frühjahr 2009 ein langfristiges Tief gewesen, das wir nicht mehr unterschreiten. Sie leben in Thailand. Sollten wir stärker auf die Schwellenländer blicken? Hier teilt sich der Ausblick. Es wird wie in der Vergangenheit Länder mit steigendem Lebensstandard geben und solche mit fallendem. Der Lebensstandard der Kinder in den Industrieländern wird geringer sein als der ihrer Eltern. Was ist die aussichtsreichste Vermögensform für die nächsten zehn Jahre? Anleihen auf keinen Fall. Die Renditen werden massiv steigen. Ich kann schon heute nicht verstehen, wie ein normaler Mensch zehnjährige US-Anleihen bei 2,5 Prozent Rendite kauft. Aber da treten eher Zentralbanken als Käufer auf. Ich sage: Aktien werden besser sein als Anleihen. Es bleibt dann noch die Frage, ob Edelmetalls besser abschneiden werden als Aktien. Schwer zu sagen. Vielleicht kann das in einzelnen Jahren wechseln. So war 2008 Gold besser als Aktien, 2009 war es umgekehrt. Für den Anleger ist wichtig: Er muss mit höheren Schwankungen leben lernen, bei Währungen, Aktien, Anleihen, Rohstoffen. Wie schützt sich der Anleger am besten? Schützen muss er sich vor den Folgen der Schuldenpolitik und der dann folgenden Inflation. Da bin ich ultra-pessimistisch. In den USA werden allein die wachsenden Zinszahlungen für Staatsschulden in zehn Jahren bis zu 30 Prozent der Gesamtausgaben auffressen, jetzt sind es acht Prozent. Kein Staatsbankrott kann durch Geld drucken verhindert werden. Die Notenbanken werden die Zinsen niedriger halten als die tatsächliche Geldentwertung, das heißt die Lebenshaltungskosten. Anders gesagt: In den kommenden zehn Jahren werden wir keine restriktive Geldpolitik mehr sehen, keine Realzinsen oberhalb von Null. Sparer und Besitzer von Bargeld werden betrogen werden. US-Anleihen könnten wie beschrieben sogar wertlos verfallen. Ihr Rat an deutsche Anleger? Die Deutschen haben eine gute Erinnerung. Über ein Jahrhundert haben sie mehrere Male ihre gesamten Ersparnisse verloren. Aber eine Aktie wie eine BASF gibt es heute immer noch. Aktien sind reale Werte. [smilie_love] Können Sie Gold in die Rangfolge noch etwas besser einordnen? Schauen wir die ganz langfristigen Zyklen an. Gold und Aktien laufen in entgegen gesetzte Richtungen. Tiefpunkte bei Aktien und gleichzeitig Hochpunkte beim Gold hatten wir Anfang der dreißiger Jahre sowie vor etwa drei Jahrzehnten. Nehmen wir das Beispiel 1980: Am Goldhoch kostete die Unze rund 850 Dollar, auch der Dow-Jones-Index lag in dieser Zeit auf einem Tief bei etwa 850 Punkten. Das war also die Parität… Und damals musste man von Gold in Aktien wechseln. Zur Jahrtausendwende hat dieser Trend wieder gedreht. Seitdem fallen Aktien und Gold steigt. Ich könnte mir vorstellen, dass man eine ähnliche Parität wie 1980 wieder erreicht. Heute steht der Dow allerdings bei knapp 11000, Gold bei 1300. In einer Zeit der Inflation können Gold und Aktien auf einem viel höheren Niveau oder darunter den gleichen absoluten Wert erreichen. Zum Gold muss ich noch eines sagen: Die Anleger sollten es so lagern, dass der Staat es ihnen nicht wegnehmen kann.