EBay-Schnäppchenjäger unter Hehlerei-Verdacht

  • In Pforzheim hat das Amtsgericht einen eBay-Käufer wegen Hehlerei verurteilt. Begründung: Er hat ein Navigationssystem bei einer Auktion sehr günstig bekommen, die Ware stammte aus Polen - da müsse man Verdacht schöpfen.


    Da hat sich der eBay-Käufer gefreut: Für 681 Euro inklusive Versandkosten bekam er den Zuschlag für ein Navigationssystem. Neupreis: 2137 Euro. Alles schien sauber: Der Verkäufer war ein eBay-"Powerseller" mit vielen positiven Bewertungen. Das Gerät kam, der Käufer baute es in seinen VW-Golf ein und alles funktionierte. Bis er das Gerät wieder bei der Polizei abgeben musste - ohne Entschädigung. Diebesgut!


    EBay-Waren: Viele Sammelstücke für Liebhaber, aber auch Diebesgut
    Jetzt hat das Amtgericht Pforzheim entschieden: Der Käufer hat sich strafbar gemacht, wegen Hehlerei. Strafe: 1200 Euro plus Verfahrenskosten.


    Die Urteilsbegründung, die SPIEGEL ONLINE vorliegt, überrascht mit einer erstaunlichen Indizienkette. Kurz gefasst: Das Gerät war billig und der Verkäufer kam aus Polen - daraus ergibt sich für die Amtsrichterin "der zwingende Schluss", dass der eBay-Käufer "zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass die Sache aus einer rechtwidrigen Vortat stammt".


    Hintergrund: Der Hehlerei nach Paragraph 259 des Strafgesetzbuchs kann man sich auch als reiner Käufer strafbar machen. Wenn man eine Sache ankauft, die ein anderer gestohlen hat, um sich zu bereichern, ist das Hehlerei. Und als Bereicherung gilt auch, wenn man etwas so günstig wie nirgends (bei legalen Quellen) sonst bekommt, weil es rechtswidrig erlangt worden ist.
    Im Detail begründet die Richterin das Urteil so:



    Der bei der Auktion erzielte Höchstpreis war zu niedrig: "Der Angeklagte wusste, dass das Neugerät mindestens dreimal so viel kostete, wie er aufwenden musste."
    Der Startpreis war zu niedrig. Der Käufer hätte wegen des Verhältnisses zwischen Neu- und Verkaufspreis misstrauisch werden müssen. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Preis bei einer Auktion zustande kam: "Zwar werden bei einer solchen auch Waren unter ihrem Wert verkauft, hier jedoch lag das Mindestgebot bei 1 Euro."
    Das Gerät wurde als "nagelneu" verkauft und stellte sich nach Erhalt tatsächlich als neuwertig heraus.
    Und abgesehen von diesem offensichtlich sehr günstigen Kaufpreis war es für "den Angeklagten ersichtlich, dass das Gerät von Polen aus verkauft wurde, was eine Rechtsverfolgung zumindest erschwerte."


    Die Urteilsbegründung überrascht eBay. Wolfgang Weber, Leiter der Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden bei der Auktionsplattform sagt zu SPIEGEL ONLINE: "Meines Wissen ist das der erste Fall, wo ein Gericht einen Verkäufer tatsächlich allein aufgrund solcher Indizien wegen Hehlerei verurteilt hat."


    Sollten andere Gerichte der Argumentation aus Pforzheim folgen, müssten Schnäppchen-Jäger bei eBay fortan Hehlerei-Vorwürfe fürchten. Sören Siebert, Jurist und Internetrechts-Experte: "Dann müssten Käufer bei jedem eBay-Schnäppchen die Annahme des Pakets verweigern, wenn sie bis dahin keinen Beleg haben, dass der Verkäufer auch Eigentümer ist."


    Wann ist Sparsamkeit strafbar?


    Spinnt man diesen Gedanken fort, wird die Absurdität des Urteils deutlich. Michael Schilpp, Anwalt des verurteilten Schnäppchenjägers, sagt SPIEGEL ONLINE: "Viele seriöse Händler nutzen Auktionen mit 1-Euro-Startpreis als Lockmittel. Wie soll denn ein Käufer wissen, ab wann Sparsamkeit nicht mehr strafbar ist?" Der Pforzheimer Anwalt hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.


    Ob die nächste Instanz dem Gedankengang der Amtsrichterin folgt? Ihre Argumentation ist in vielen Punkten angreifbar. Doch bis zum nächsten Urteil hat ein deutsches Gericht mal wieder etwas zusätzliche Rechtsunsicherheit im Netz geschaffen (mehr...).


    Wenn in einer zwielichtigen Kneipe ein Handy für einen 50-Euro-Schein den Besitzer wechselt, ist klar, dass sich Käufer und Verkäufer einig sind: Der Preis ist niedrig, weil das Risiko wegen der unklaren Herkunft der Ware hoch ist. Bei eBay-Auktionen liegt die Sache anders. Da einigen sich nicht Käufer und Verkäufer allein auf einen Preis - den beeinflussen auch viele andere Faktoren.


    Internet-Rechtsexperte Siebert bezweifelt daher, dass der Endpreis einer Auktion als Indiz für Hehlerei gelten kann: "Der hängt von vielen Faktoren ab, die der Käufer nicht beeinflussen kann: Wann läuft die Auktion? Wie ist der Text formuliert? Wie ist das Interesse anderer Bieter? Gibt es andere Angebote?"


    Streitpunkt: 1-Euro-Startpreis


    Etwas anderes ist es, wenn der Sofortkauf-Preis eines eBay-Angebots bei einem Drittel des Neupreises liegen würde. Da sollte man als Käufer skeptisch sein, wenn keine begründeten Anhaltspunkte für den niedrigen Preis ersichtlich sind - Macken zum Beispiel. Sieber: "Wer da ohne einen weiteren Beleg für die Rechtmäßigkeit kauft, nimmt meines Erachtens schon billigend in Kauf, dass es sich um Ware mit nicht-rechtmäßiger Herkunft handelt."


    Wählen nur Händer gestohlener Waren einen Startpreis von einem Euro? Nein. Niedrige Startpreise sind ein gutes Lockmittel, um Interesse zu wecken und Gebote zu locken. eBay-Sprecherin Maike Fuest sagt zu SPIEGEL ONLINE: "Auktionen, die bei einem Euro starten, erzielen bei eBay häufig sogar höhere Endpreise als Auktionen, die mit einem Startpreis nahe dem Neupreis beginnen. Das haben auch wissenschaftliche Untersuchungen bestätigt."


    Niedrige Einstiegspreise seien ein wichtiges psychologisches Moment, sagt Fuest. So würden Interessenten das Gefühl bekommen, dass dieser Artikel ihnen gehören könnte. Fazit: "Es ist bei eBay üblich, dass auch hochwertige Waren zu einem Startpreis von einem Euro angeboten werden."


    Die "erschwerte Rechtsverfolgung" in Polen


    Verkäufer illegaler Waren seien gut beraten, ihre Ware von Polen aus bei eBay Deutschland anzubieten, weil das die Rechtsverfolgung erschwere - so die Einschätzung der Pforzheimer Amtsrichterin. Dem widerspricht Wolfgang Weber, Leiter der Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden bei eBay, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Gegen die Versuche, Ware aus rechtswidrigen Quellen bei eBay zu verkaufen, werde die Plattform gemeinsam mit vielen Polizeibehören aktiv.


    Bei solchen Fällen gehe die Polizei gegen die Verkäufer vor, das sei am effektivsten. Und, sagt Weber: "Dass ein Anbieter in Polen oder im Baltikum sitzt, erschwert heutzutage die Ermittlungen kaum. Erstens ist das EU-Raum, zweitens sind gerade die polnischen Behörden bei solchen Delikten sehr engagiert und kooperationsbereit."


    Aktenzeichen: 8 Cs 84 Js 5040/07



    Quelle: [URL=http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,496462,00.html]http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,496462,00.html[/URL]



    Der Verdacht der Hehlerei kann somit jeden treffen, der bei einem Artikel ab 1 eur mitsteigert. Da man ja im vorhinein nicht weiss, ob die Gebote bis auf den offiziellen Verkaufspreis steigen.


    In diesem Sinne: Vielen Grüsse an die Käufer beim Bodenseepowershop (es konnte da ja keiner damit rechnen, dass die Auktionen unter dem Verkaufspreis von ProAurum oder Westgold enden)

  • Das Urteil ist doch ein absoluter Witz. Da dürfte ich kein Besteck von Karstadt kaufen für 99 Euro runtergesetzt von angeblich Phantasievolle 499 Euro. Es wird doch nur noch mit märchenhaften undverbindlichen Preisen rumgeworfen.
    Was anderes wäre es wenn ein neuer Mercedes z. B. für 5000 Euro sofortkauf angeboten würde. Dies wäre nun für den dümmsten ersichtlich.
    So gesehen dürfte es auch keine Startpreise mehr geben die unter Wert liegen. Lachhaft kann man da nur sagen.

  • Marcher
    wir haben halt Sommerloch...
    Die nächste Instanz kassiert das Urteil wieder ein.
    Die Richterin muss halt noch zwischen Theorie und Praxis zu unterscheiden lernen.
    Wird wahrscheinlich ne Mittdreißigerin sein die grad frisch im Amt ist....


    Und was Bodensee betrifft....keine Panik.
    Sollte man auf dich zukommen sagts du die zwei Zauberworte: VERMISCHUNG UND VERMENGUNG
    dann wars das mit der Sicherstellung :D


    Davon abgesehen...selbst wenn du die Auktion mit 1,- € gewinnen würdest, jeder Wald und Wiesenanwalt kippt eine Anklage gegen dich wegen Hehlerei. :D


    Also verbuch dieses Urteil getrost unter Kabinettstückchen deutscher Amtsgerichtsrichter- und innen :D


    Sanfte Grüße
    Der Misanthrop


  • Vermutlich sollte die Frau Richterin in den 70er Jahren in Pension gehen - die Dame ist somit wohl hoch in den Neunzigern. Da ist es verzeihlich, wenn die Kenntnisse von Kombjudern und inder-nett beschränkt sind :D


    Etwas peinlich, dass sie das gesamte deutsche Justizsystem blamiert!


    Und eine bodenlose Frechheit, dass die Frau Richterin polnische Staatsbürger mit Betrügern gleichsetzt (ich hoffe die zwei polnischen Regierungschefs rücken ihr ´mal auf den Pelz X()

  • Zitat

    Original von fabio
    Vermutlich sollte die Frau Richterin in den 70er Jahren in Pension gehen - die Dame ist somit wohl hoch in den Neunzigern. Da ist es verzeihlich, wenn die Kenntnisse von Kombjudern und inder-nett beschränkt sind :D
    Etwas peinlich, dass sie das gesamte deutsche Justizsystem blamiert!
    Und eine bodenlose Frechheit, dass die Frau Richterin polnische Staatsbürger mit Betrügern gleichsetzt (ich hoffe die zwei polnischen Regierungschefs rücken ihr ´mal auf den Pelz X()


    fabio
    Ich würd fast mein linkes Ei verwetten das die grad frisch als Richterin eingesetzt wurde.
    Solche Urteile kommen nur von in der Praxis unerfahrenen Richtern. Ich kann da ein Lied von singen ;)
    Der Staatsanwalt wird ziemlich dumm aus der Wäsche geguckt haben, das sein Antrag durchging...ausser das war auch so ein Anfänger :D


    Sanfte Grüße
    Der Misanthrop

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