Heute Morgen zwischen 05:30 und 09:00 Uhr im ARD Morgenmagazin Service:
Dort wo üblicherweise von Gallensteinen, Hausratsversicherungen und Schminktipps die Rede ist, wurde heute "Gold als Geldanlage" betrachtet. Im Zuge mehrerer jeweils ca. 3 minütiger Interviews kam Thomas Becker der Edelmetallexperte der Kreissparkasse Köln zu Wort.
Eine Analyse:
Schon in den Aufmachern zu den kurzen Gesprächseinspielern wurde immer wieder auf den "Goldrausch in Deutschland" hingewiesen, dass Gold nur "vermeintliche sicher" ist, keine Zinsen zahlt und natürlich ein Risiko von Kursschwankungen besteht. Mit so viel "Sachverstand" versorgt erhielt der Zuschauer anschließend einen etwas spröde wirkenden Experten präsentiert, der anhand eines Häufchens auf dem Tisch verteilten Bullion (1x 1000g Barren, 4x Unze) einer nicht mehr ganz frischen Anne Gesthuysen und der Zuschauerschaft das Thema Goldanlage näher bringen sollte.
Schon der einleitende Satz von Frau Gesthuysen: "Jetzt haben Sie mal eben hier so Gold mitgebracht, die sind tatsächlich 60.000 Euro wert - so wenig? Ahem!" - war nicht nur eine interessante grammatikalische Konstruktion, sondern verwies auch gleich zu Anfang in welche Richtung sich das ganze Gespräch bewegen sollte.
Nichts desto trotz griff die Moderatorin bereits nach wenigen Sekunden instinktiv nach dem auf den Tisch geworfenen 1000g Barren und war offenbar von dem Teil sofort fasziniert. Obwohl Frau Gesthuysen brav ihre Sprüchlein vom "wahnsinnig gestiegenen Goldpreis" und der Frage "ob sich die Anlage in Gold überhaupt noch lohne oder ob es nicht schon zu spät sei?" durch plapperte, schien es als wollte sie das herumliegende Gold gar nicht mehr loslassen. In annähernd jeder Aufnahme hatte Sie es entweder in der Hand oder ihre Finger dran.
In den kommenden Schalten wurden dem Experten häufig "anonym" oder von "Herr / Frau Müller" gestellte Fragen präsentiert in denen sich Großmütterchen nach den Verkaufspreisen von Zahngold und alten Kettchen informierten. Diese mehr oder minder nutzlosen Fragen beantwortete der Experte zwar übermittelte damit aber für die breite Masse auch mehr oder minder nutzlose Information.
Diese Situation verbesserte sich während der kompletten Sendung kaum. Was sich jedoch verbesserte war die Beziehung von Moderatorin Gesthuysen zum präsentierten Feingold. Es wurde gefummelt, gestreichelt und angefasst, dass Frank Plasberg neidisch werden könnte und sich heute Abend sicherlich wünscht, er wäre oder hätte einen 1000g Barren .
In einer der letzten Schalten gegen 08.00 Uhr war es dann soweit. Gerade als der Herr Experte wieder eine tief greifende Zahngold-Frage beantwortet hatte, nahm Frau Gesthuysen den 1000 Grammer, hob ihm auf Gesichtshöhe und strahlte gemeinsam mit dem Barren in Großaufnahme in die Kamera. (Wobei wurde leider klar, dass Gold unvergänglich ist, Frau Gesthuysen leider nicht, sie ist halt auch keine zwanzig mehr...).
Weitere nützliche Informationen gab es keine, außer der ohnehin schon bekannten Erkenntnis, dass das öffentlich rechtliche Fernsehen keinerlei Interesse daran hat, die deutsche Bevölkerung mit auch nur irgendwie nützlichen Informationen zum Thema Edelmetalle zu versorgen. Während z.B. auf dem WDR zwar lange Reportagen zum Thema "Welche Schokolade ist wirklich gut für uns" (23.05.2011) oder "Trickserei mit Mineralwasser" (22.07.2011) laufen, verliert man keine Sendezeit an die dringende Notwendigkeit zur Absicherung des eigenen Vermögens.
Bleibt zu hoffen, dass man in den Sendestuben und Redaktionszimmerchen eines Tages auf die harte Tour erkennen muss, dass die "vermeintliche Sicherheit" eher nicht aufs Gold sondern auf die Papierwährungen zu beziehen war. Das konnte dann schon wieder niemand voraussehen...
Spätestens dann sehen die Damen und Herren so alt aus, wie manche Moderatorinnen des Morgenmagazins.