Norbert Röttgen im Interview, Quelle. gmx seite.
Es geht um einne Vorschlag von Draghi, wie die EU das Energieembargo beenden könnte.
Was hat das mit dem Preis zu tun?
Statt eines Totalembargos beenden wir das russische Geschäftsmodell. Wir deckeln den Verkaufspreis derart, dass Russland zwar seine Kosten deckt, aber mit Öl- und Gasverkäufen keine Gewinne mehr erzielt. Europas Energieversorgung wäre gesichert. Es spricht viel dafür, dass Russland sich darauf einlässt, denn wenn das Öl im Boden bleiben und die Quellen geschlossen werden müssten, wäre fraglich, ob sie je wieder wirtschaftlich betrieben werden könnten. Der wirtschaftliche Schaden für Russland wäre viel größer, als wenn es zu einem geringeren Preis liefern muss. Darum halte ich den Vorschlag Draghis für brillant und finde es wirklich unverständlich, dass die deutsche Regierung sich weder in der Person des Bundeskanzlers noch in der Person des Wirtschaftsministers auf diesen Vorschlag Italiens einlässt. Das zeigt, dass das Denken in der Bundesregierung eben doch nicht so europäisch ist, wie sie das gerne behaupten. Man lässt dieses wichtige Partnerland mit seinem Vorschlag allein dastehen. Und es gibt sogar noch einen weiteren Vorteil dieser Idee.
Welchen?
Draghi schlägt vor, die Differenz zwischen dem horrenden Energiepreis von heute, der ja nichts mit Angebot und Nachfrage zu tun hat, und dem, den wir bei einem Preisdeckel wirklich bezahlen, in einen Fonds zum Wiederaufbau der Ukraine einzuzahlen, so dass am Ende auch die Ukraine davon profitiert. Das ist also ein perfekter Vorschlag.
Aber er geht von der Annahme aus, dass Putin lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach akzeptiert...
Genau so ist es. Aber darin liegt auch das Staatsmännische, der Mut und auch die Risikobereitschaft in Draghis Vorschlag. Während die Regierungsmentalität in Deutschland lautet: Alles, was wir nicht glauben wirklich mit Sicherheit berechnen zu können, machen wir erst gar nicht. Lieber zahlen wir horrende Preise an Putin, als dass wir uns auf Draghis Vorschlag einlassen, der ein Restrisiko beinhaltet. Dabei können wir leider mit Sicherheit sagen, dass die wahnsinnigen Preise, die die Regierung bereit ist zu zahlen, einigen riesigen Schaden verursachen. Sie stabilisieren die russische Währung und verlängern damit den Krieg in der Ukraine. Mit dieser Mentalität wird die Regierung der Krise und dem, was sie uns an Außergewöhnlichem abverlangt, nicht gerecht.
Wenn es diesen Preisdeckel gäbe, würde dann nicht noch mehr russisches Gas gekauft, statt die Abhängigkeit zu verringern?
Dieser Einwand wäre berechtigt, wenn wir nicht das gerade beschriebene dritte Element hätten, nämlich dass die Preisdifferenz in einen Fonds einbezahlt wird. Das heißt, wir machen jetzt nicht russische Energie billiger, sondern wir entscheiden, den Spekulationsaufschlag zwar im Markt zu behalten, ihn aber für den Wiederaufbau der Ukraine zu reservieren.