Technische Analyse: Gold vom 5.4.2021
Lesen des Marktes durch Kombination eines faktenbasierten Multi-Handelsansatzes:
Schon eine Zeitlang bin ich stiller Mitleser im Forum hier. Das Forum hebt sich wohlwollend von dem üblichen, relativ oberflächlichen Geschreibe im Internet ab. Interessant sind die unterschiedlichen Handelsansätze der einzelnen aktiven Forumsteilnehmer, die jeder für sich genommen berechtigt sein mögen und für den einzelnen Anwender logisch und sinnvoll erscheinen dürfen. Hinter jedem Handelsansatz steht eine individuelle Persönlichkeit. Inwieweit der ein oder andere Ansatz dauerhaft funktioniert und damit profitabel ist, mag ich nicht zu beurteilen. Keinem steht jedenfalls zu, eine Wertung über den Handelsansatz eines anderen abzugeben, da dieses Recht alleinig der Markt hat. Fakt ist, dass Märkte sich verändern (können) und damit Handelsansätze, die einmal funktioniert haben, plötzlich nicht mehr funktionieren und umgekehrt. Das kann sicher jeder, der etwas länger dabei ist, bestätigen.
Da ich nun in meinem gesetzten Alter ein bisschen mehr Zeit habe, möchte ich hier in diesem Faden „meinen“ technischen Handelsansatz anhand des Goldmarktes vorstellen.
Ein paar Punkte will ich aber wertfrei zur besseren Einordnung vorausschicken:
- Ich handle (Futures/ Aktien) und investiere (Aktien) seit ca. 45 Jahren.
- Ich trade ca. 5 Prozent meines liquiden Kapitals.
- Seit ca. 20 Jahren tummle ich mich ausschließlich nur noch in den Rohstoffmärkten.
- Seit ca. 2005 tätige ich fast ausschließlich meine Investitionen in silber-gewichteten Minen (Junior-Produzenten) und Explorer. Die Analyse des Goldmarktes setze ich lediglich als Trigger für den Silbermarkt ein, da Silber extrem gut mit Gold korreliert und dem Gold wie ein „Hündchen“ zuverlässig nachfolgt. Wenn Du eine Vorstellung hast, wie Gold tickt, weißt Du was Silber machen wird. Eines hat die Historie mir gezeigt, dass Silber im letzten Drittel eines Bullenmarktes Gold um ein Vielfaches ausperformen wird!
- Vor ca. 40 Jahren zockte ich in Goldminen bis zum „Erbrechen“.
- Ich halte wenig von Diversifikation im „engeren Sinne“. Natürlich halte ich keine großen Trading-Positionen gleichzeitig in Öl, Gold und Silber! Diversifikation zerstört aber nach meiner Meinung jede langfristige Rendite. Das beweisen Fonds seit Jahrzehnten!
- Ich war noch nie pleite, habe in meiner Trading-Laufbahn jedoch gigantische Hypes und Draw-downs erlebt! Meine Investitionen haben mich bis jetzt immer gerettet!
- Ich verwende heute keine Charttechnik im klassischen Sinne (das war nicht immer so!).
- Ich verwende keine technischen Indikatoren, ausgenommen die Fibonacci-Zahlen (liegt wohl daran, dass ich mich seit ca. 35 Jahren beruflich mit dem „Golden Schnitt in der Natur“ gerne beschäftige.)
- Ich habe fast alle verfügbaren Trading-Bücher dieser Welt gelesen. Natürlich habe ich den „heiligen Gral“ gefunden.
- Geduld ist meiner Meinung nach, die wichtigste Eigenschaft, die ein Investor, aber auch ein Kurzfrist-Trader haben sollte.
Und nun zu meinem Handelsansatz.
Ich versuche, den Markt durch eine Kombination einzelner faktenbasierter Ansätze etwas besser zu verstehen.
Hier sind die einzelnen Handelsansätze, die ich verwende:
- COT-Daten-Analyse,
- Saisonalitäten,
- Korrelations-Analyse,
- Price Action-Analyse,
- Volumen Profile-Analyse
- (Orderflow-Analyse)
Sie sind faktenbasiert, resultieren aus einem regulierten Marktgeschehen, sind überall auf der Welt transparent, nicht verrückbar und können von jedem objektiv nachvollzogen werden. Sie können auch nicht unterschiedlich von verschiedenen Personen subjektiv oder divergent interpretiert werden.
Meine Grundentscheidung für die Richtung meiner Trades treffe ich in den Rohstoffmärkten allein nach den COT-Daten, wobei die Saisonalitäten einigermaßen passen müssen. Die Korrelationsanalyse dient lediglich der Konfirmierung.
Adrian Kömel kombiniert die COT-Daten-Analyse mit „seiner Terminkurven-Analyse“. Dies macht Sinn und scheint nicht nur bei Ihm auch gut zu funktionieren. Ich entnehme die COT-Daten von seiner exzellenten Webseite. Die COT-Daten werden wöchentlich am Freitag um 21:30 Uhr von der CFTC frei veröffentlicht. Früher musste ich diese per Hand mühsam in Excel eingeben.
goldseiten-forum.com/wcf/attachment/148436/
Die COT-Datenanalyse sollte nicht als Timing-Instrument verwendet werden. Dafür fehlt ihr die Präzision in der Bestimmung des optimalen Zeitpunktes für einen Einstieg oder Ausstieg. Sie verfügt allerdings über eine vorzügliche Richtigkeit in der Bestimmung, ob demnächst der Markt nach oben oder unten läuft, egal von welchem Niveau er kommt.
Meine Erfahrung ist, dass die Cot-Daten einen „Vorlauf“ zum anschließenden Kursverlauf des Rohstoffs haben. Entscheidend ist allerdings nicht die Anzahl der Kontrakte, d.h. wie hoch die Commercials „short“ positioniert sind, sondern die Veränderung der Höhe in den Netto-Shortpositionen der Commercials (ich nenne es Bewegungs-Delta!). Die Veränderung der Höhe der Netto-Shortpositionen der Commercials bildet die Veränderung der Erwartungshaltung der Commercials im Markt ab. Das ist für die Kursrichtung des Basiswertes relevant!
Da die Commercials (beim Rohstoff Gold sind das die Minenunternehmen) den Markt am besten kennen, vertraue ich deshalb diesen Marktinsidern und nicht den „Analysten“!
Die Commercials (in der obigen Grafik rot) sind fast ausschließlich immer „short“ positioniert, da sie ihre Produktion hedgen wollen und zum großen Teil auch müssen. Das heißt, dass sie Futures-Kontrakte auf der short-Seite zur Absicherung ihrer Produktion eingehen. Sie sichern sich dadurch gegen zukünftige Kurseinbrüche des produzierten Rohstoffs (Gold) ab.
Dies ist ein ganz normaler betriebswirtschaftlicher Vorgang, keine Spekulation. Für Wirtschaftsminister scheint das zumindest in unserem Land (wie lange noch?) sehr suspekt zu sein!
Die Gegenpositionen (Long-Positionen) nehmen die großen Spekulanten (large Trader in der obigen Grafik blau) ein, da der Futures-Markt im Gegensatz zum Aktienmarkt ein Null-Summen-Spiel darstellt.
Die kleinen Trader (im Gold unter 100 Kontrakte wie wir es sind; in der obigen Grafik grün) sind unbedeutend und bewegen den Markt nicht!
Bei meinen Trading-Entscheidungen will ich deshalb den Profis, den Commercials folgen!
Larry Williams hat einmal gesagt (ich glaube, es war Anfang 2000 auf einem seiner legendären Seminare):
„Gold wird von den Commercials bewegt, nicht von den Politikern. Wenn die Commercials im Gold netto +/- null positioniert sind, dann verkaufe Haus und Hof und gehe all in!“
Wie oben erwähnt, sind die Commercials (hedgende Minenunternehmen) im Gold in der Regel "short" positioniert. Nur einmal, im Oktober 2018 (dicker grüner Pfeil) war es anders. Da dippten sie kurz die 0-Linie an. Ich weiß jedoch nicht, ob Larry Williams seine Farm wirklich verkauft hat und heute in einer Mietswohnung wohnt. Ich konnte damals nicht mehr viel nachlegen, da ich bereits voll bis zur Oberkrause investiert war!
Die Grundentscheidung beim langfristigen Investieren treffe ich dagegen ausschließlich nach fundamentalen Gesichtspunkten, aber manchmal auch nach „Bauchgefühl“ (ach wie unprofessionell!). Beim Timing, Einstieg, Ausstieg, Positions-Management, Bestimmung der Positionsgröße vertraue ich auch beim Investieren den Regeln meines Multi-Handelansatzes. Beim Investieren verwende ich allerdings nieeinen StoppLoss. Hier lasse ich die Aktie einfach liegen. Entweder sie läuft oder sie verschwindet eben vom Kurszettel. Das ist ganz einfach!
Die Saisonalität bei Gold ist auf folgendem Chart dargestellt
(Chart ist der Website von Adrian Kömel entnommen. Auch Dimitri Speck beschäftigt sich sehr intensiv mit dem Thema Saisonalität!):
goldseiten-forum.com/wcf/attachment/148439/
Der Chart stellt die Saisonalität von Gold in den letzten 5 Jahren dar.
Gold steigt „meist“ Ende Dezember bis Mai/ Mitte April. In den meisten Jahren verhält es sich auch sehr stark von Anfang Juni bis Mitte August. Im Herbst ist meist saure Gurkenzeit.
Beachtet man diese einfachen Erkenntnisse, kann man sich sehr viel Frust ersparen!
Natürlich trifft diese Saisonalität nicht immer zu. Z.B. stimmte sie perfekt im Jahr 2020. Anfang 2021 zeigte sie jedoch eine Divergenz zum tatsächlichen Kursverlauf. Das macht bei einem Multi-Handelsansatz absolut nichts. Die Saisonalität ist für mich nie ein alleiniger Entscheidungs-Indikator, schon gar nicht ein Timing-Indikator, ähnlich der oben beschrieben COT-Analyse! Hierfür gibt zuverlässigere Instrumente, auf die ich später zu sprechen komme.
Die Saisonalität ziehe ich zum Zwecke der Konfirmation für meine Entscheidungen hinzu. Dies gilt besonders für das Handeln in Agrarmärkten, was natürlicherweise logisch ist! Aber auch bei Gold, Silber oder Crude Oil funktioniert es in den meisten Fällen sehr gut.
Wenn ich schon bei Gold, Silber oder Crude Oil bin, dann müssen natürlich Korrelationen angesprochen werden.
Euer silberfan_bt