Beiträge von golden_eye

    Mal mystisch, mal kantig


    1. Wormser Bildhauer-Symposium / Neun Künstler auf Form- und Sinnsuche


    Sonnenluft streichelt goldenen Glanz, die Hand will gleiten über schmeichlerische Flächen - ein dralles Männchen macht dazu einen Handstand. Zehn Holzbildhauer haben aus Pappelstämmen ihre Visionen geformt, aus dem widerborstigen Material herausgeholt, was die Natur für sie darin verborgen hatte.


    Klaus Krier ist zufrieden. Der Wormser Grafiker und künstlerische Leiter des 1. Internationalen Wormser Holzbildhauer-Symposiums, das drei Tage lang auf dem Gelände der Prinz-Carl-Anlage stattfand, spricht von einem lebendigen und kreativen Miteinander, von herausragenden Ergebnissen. Er lobt die Künstler, die sich auf das Experiment einließen, bei der Premiere mitzumachen, und die Spannendes schufen. Verschmerzen kann er da leicht, dass ein Künstler wieder ausgeladen wurde und ein zweiter erst gar nicht kam. Er erlaubt der erstmals durchgeführten Veranstaltung, dass sie sich findet, sich langsam in festen Regeln etabliert: Worms soll zum festen Ort einer Symposiumsreihe werden.




    Und was dann zum Ende der Bildhauer-Tage auf dem Freigelände Akzente setzt, amüsiert, beeindruckt, begeistert - die Bandbreite reicht von Handwerklich-Kunstfertigem bis hin zu Stelen, die Balancen wagen, die in die künstlerische Tiefen führen. So setzt Werner Ratering auf architektonische Anmutung, sein Ensemble schafft neue Räume aus Holz und Gold. Bei Frank Raendchen schraubt sich scheinbare Leichtigkeit nach oben, glitzernd schweben grüne Gläser zwischen feuergeschwärztem Holz. Schwarz und kantig sind die Kuben, die Till Hausmann dem Organischen abgerungen hat - der Lauf der Säge durfte mitbestimmen, spannende Gegensätze wahr werden lassen. Mario Gasser setzt mystische Akzente, seine Nibelungengeister kommen arktisch kühl, grobkantig, sphärisch daher - Michael Koch nähert sich fließend dem Lebenden, dem Körperlichen.


    Martin Schäfer und Usch Quednau bleiben gefällig, Organisch-Weiches und ein Drache, der eher knuffig denn bedrohlich wirkt, sind solide erarbeitet. Wie freut sich da der Kunst-Kiebitz über pointierte Ironie und ebensolche Ausführung bei Peer-Oliver Nau. Hier müht sich ein Geschäftsmann trotz eines vors Auge geklemmten Löffels um Seriosität - und scheitert. Bei Lothar Seruset macht ein Männlein den Handstand und schafft es dabei, ein Boot zu balancieren - nach dem Schmunzeln macht hier die Erkenntnis über den tieferen Sinn besonderen Spaß.


    Die Plastiken bleiben ein Jahr lang auf dem Gelände der Prinz-Carl-Anlage, Worms, und sind jederzeit zu besichtigen.

    PEIXOTO DE AZEVEDO, im November. Der vierzigjährige Lenilton war immer einer von den Kleinen, und er hat ganz klein angefangen. Als er 1987 aus Südbrasilien hierher kam in die Goldgräberstadt Peixoto de Azevedo, die damals ein Zehntel der gesamten brasilianischen Goldes erzeugte, da wollte er erst mal nur eins: Abhauen. "An meinem ersten Tag in Peixoto sind drei Leute umgebracht worden, aber dann habe ich mir gedacht, dass nur der stirbt, der den Tod sucht", sagt Nilton. Und weil er so eine schöne Schrift hatte, fing er als Kassierer beim illegalen Glücksspiel an, bevor er in den Goldankauf überwechselte, später zehn bis zwanzig Kilo pro Monat vermarktete und schließlich Riesenverluste machte.


    Vor zwölf Jahren war Schluss, zwölf Jahre, das ist wirklich keine Zeit, und trotzdem hören sich all die Episoden aus der Zeit des Goldfiebers so an, als sei das alles ewig her: Der Goldgräber, der immer ein Taxi für sich und ein zweites für seinen Hut nahm. Die Spelunken, in denen die Garimpeiros pro Nacht und Nase hundert Gramm Gold ausgaben. Der Autobesitzer, der grundsätzlich Mineral- als Kühlwasser verwendete. Die legendäre Hure Jacqueline, die es pro Nacht auf 500 Gramm brachte und alles in Mietshäuser anlegte. Die Flugzeuge, die damals das Bargeld nach Peixoto de Azevedo brachten. Die Hinterhältigkeit, mit der den Goldtauchern die Schläuche durchgeschnitten wurden. Und die tödliche Krankheit namens Balaria, die damals grassierte - die Kombination aus Malaria und Ballerei. Soll das wirklich erst zwölf, fünfzehn oder zwanzig Jahre her sein?


    Malaria und Tripper


    Peixoto de Azevedo ist vermutlich die einzige Stadt weltweit, die erst 25 Jahre alt ist, aber schon ein historisches Zentrum besitzt. Das ist natürlich ein großes Wort für die Atmosphäre hoffnungslosen Verfalls, die sich in der Rua do Comércio und den paar Seitenstraßen breit macht, in denen es früher Bars und Bordelle, Diskotheken und Nachtlokale zu Hunderten gab, außerdem jede Menge Goldaufkäufer. Und vor allem Apotheken, wegen der Malaria und dem Tripper. Nicht einmal der Abglanz der früheren Glorie liegt heute über dem ehemaligen Zentrum: Von fünf Läden haben vier die Rollläden für immer heruntergelassen.


    Anderthalb Tonnen Gold pro Monat wurden hier einmal umgeschlagen, aber das Gold, sagt Nilton, "bringt keinem Glück". Ihm jedenfalls hat es keins gebracht, und der Stadt auch nicht, die früher einmal das zweithöchste Steueraufkommen im Bundesstaat Mato Grosso hatte. In ihren besten Zeiten wohnten in der Goldgräberstadt an die 100 000 Einwohner, im vergangenen Jahr waren es noch 22 747 Menschen im Munizip Peixoto de Azevedo - auf einer Fläche fast so groß wie Schleswig-Holstein. Die hohen Energiekosten, die niedrigen Weltmarktpreise, die Folgen der Wirtschaftsliberalisierung Anfang der Neunziger - das alles kam zusammen, und so wurde Peixoto 1992 in ein paar Monaten vom Goldfieber kuriert.


    Und jetzt? Was Peixoto am Leben erhält, ist die Landwirtschaft. Tropen so traurig, wie sich wohl auch der französische Ethnologe Claude Lévi-Strauss nicht vorstellte, als er in den dreißiger Jahren durch Mato Grosso zog: Wenn man die Stadt Peixoto verlässt, fährt man endlos durch eine zersetzte, zerwühlte, zerstörte Landschaft. Die nächste Phase der gewaltsamen Ausbeutung der Natur liegt förmlich in der Luft. Wie Novembernebel legt sich der Rauch der endlos brennenden Rodungen vor die Sonne. Unbekümmert lassen sie die angekohlten Stämme einfach stehen. Den Rindern ist es egal, dass das traurig aussieht, und den Menschen auch. Fleisch, darauf gründet sich Peixotos Gegenwart. Und auf die Edelhölzer, die in den riesigen Wäldern eingeschlagen werden.


    Vielleicht wird ja auch alles wieder anders mit dem Gold. Luiz Alberto de Jesus, den sie in Peixoto alle Nenê nennen, ist davon überzeugt. Er ist der Besitzer der Firma Ouro Sharp - "Sharp, so wie der Taschenrechner" -, einer von fünf Goldaufkäufern, die sich in Peixoto noch halten können. "Das mit dem Gold ist nicht vorbei. Was sich ändern wird, ist nur die Art, es zu gewinnen", sagt er, "was wir brauchen, sind Investitionen". Luiz Roberto Campos, ein anderer Goldhändler, teilt die Zuversicht. Sicher werde nicht noch einmal so ein Goldfieber ausbrechen wie 1979, als jede Woche Hunderte von Menschen aus ganz Brasilien in Peixoto ankamen. Aber dass Großunternehmen mit viel Kapital und hohem Maschineneinsatz in den Untergrund vorstoßen, das hält Campos für wahrscheinlich. "Und dann", prophezeit er, "gibt es wieder Handel in Peixoto, und Geld und Jobs".


    "Noite negra", schwarze Nacht, heißt das Lokal des Transvestiten Nashi, die abends die rote Birne anschaltet und in schwarzglitzerndem Trägerkleid auf Kunden wartet. Das Lokal hat Nashi günstig gekauft, also will sie bleiben. Sie hofft auf bessere Zeiten. Die blonde Vânia träumt dagegen vom Weggehen. "Hier ist nichts mehr los. Aber in Novo Progresso, da gibt es Farmen, da gibt es Gold, da hast du an jeder Ecke eine Nummer", sagt sie. Novo Progresso liegt ein paar Hundert Kilometer weiter nördlich. Vorher kommt noch Castelo dos Sonhos: Schloss der Träume. Als wären sie erfunden, diese Ortsnamen. Aber das sind sie natürlich auch.

    Es ist immer wieder erfrischend, auch ältere Wirtschafts-Literatur zu lesen. Sie würden und werden sich wundern, was bekannte Akteure der Finanz-Szene früher gedacht und geschrieben haben, wenn Sie das mit der Realität des heute Faktischen vergleichen.


    Besonders in den 60er-Jahren war eine Gruppe überzeugter Wirtschaftswissenschaftler und –philosophen sehr aktiv, die sich selber „radicals for capitalism“ nannten. Die grosse Denkerin dahinter war Ayn Rand, die nächstes Jahr ihren 100sten Geburtstag hätte. Die „Radikalen“ hatten eine Grundüberzeugung: Sie favorisierten als das einzig moralisch einwandfreie und dem Wesen des Menschen entsprechende Wirtschaftssystem den „laissez-faire“-Kapitalismus. Staatseingriffe wurden strikt abgelehnt, die einzige Aufgabe der Regierung sah man in der Gewährleistung der körperlichen Unversehrtheit der Bürger (Gewaltmonopol) gegen Angriffe von innen und aussen, und die Garantie der Eigentumsrechte des Individuums.


    Die Verfechter dieser Wirtschaftsphilosophie setzten in der Währungspolitik auf den Goldstandard. Im Folgenden beziehe ich mich auf die Ausführungen eines bekannten US-Bürgers, dessen Name ich Ihnen erst am Ende verraten werde. Wenn Sie fertig gelesen haben, machen Sie sich einmal die Mühe und vergleichen Sie diese Thesen mit der heutigen Praxis!


    Dieser Mr.X begründete die Notwendigkeit des Goldstandards (oder irgendeiner anderen Form der Deckung mit einem allgemein als wertvoll akzeptierten, in seiner Menge begrenzten Gut) sehr überzeugend. Er kommt zu dem Schluss: „Unter dem Gold-Standard steht ein freies Banken-System als der Beschützer der Stabilität und eines ausbalancierten Wachstums der Wirtschaft“. Weiter geht er auf historische Beispiele ein und betont, dass es Wirtschaftszyklen auch unter dem Goldstandard gab, diese jedoch „scharf, aber kurzfristig“ gewesen seien.


    Der Dammbruch geschah dann mit der Gründung der FED im Jahre 1913. Diese war die Folge voriger Wirtschaftskrisen, deren Gründe laut unserem Mr. X fehlinterpretiert wurden. Die Kreditausgabe der Banken war durch die Menge an vorhandenem Gold limitiert, und so wurde peu a peu die heute existierende, defacto unbegrenzte Geldvermehrung etabliert.


    Weiter berichtet unser grosser Unbekannter: Als 1927 die US-Wirtschaft durch eine milde Rezession ging, öffnete die FED die Geldschleusen (auch um Grossbritannien darin zu unterstützen, die eigenen Zinsen niedrig zu halten).“Die ausufernde Liquidität die die FED in die Wirtschaft pumpte gelangte in den Aktienmarkt und löste damit einen fantastischen spekulativen Boom aus“. Und weiter: „Als Folge kollabierte die US-Wirtschaft“.
    Das muntere Drucken von ungedeckem Papiergeld hat eine logische Konsequenz: „ Fakt ist dass nun mehr Forderungen ausstehen als reale Aktiva vorhanden sind“. Und das führt zu Inflation. „In Abwesenheit des Gold-Standards gibt es keinen Weg, Ersparnisse vor der Konfiskation durch die Inflation zu schützen“.


    Wissen Sie inzwischen, wer vor rund 40 Jahren diese Zeilen schrieb, ihren Inhalt aber scheinbar vergessen hat? Es ist kein Geringerer als Alan Greenspan.