Eine Siemens fuer 36 EUR ist gemessen an ihrer Faehigkeit, langfristig hohe cash flows zu generieren, einfach zu billig. Gleiches gilt fuer eine BASF bei 20 EUR oder eine Metro bei 19 EUR. Das interessiert kurzfristige Trader und Algorithmus-basierte Trade-Systeme nicht. Das interessiert auch im Behavioural Finance nicht. Auch den Hedge Fund der auf stop losses getriggert wird oder den Anleger, der seinen Wertpapierkredit tilgen muss interessiert al das im entscheidenden Moment wenig. Sie alle verkaufen aus anderen Gruenden - unter Wert. Dann heisst es, beherzt zuzugreifen, Uebertreibungen auszusitzen und aus der Not anderer Kapital zu schlagen. Das ist Kapitalismus.
Ein Grossteil Deiner scheinbar geliebten Charttechnik ist nichts als eine self-fulfilling prophecy. Der Rest fuehrt per se oft zu genau den Fehlbewertungen, die rationale Anleger nicht begehen wuerden. Den klassischen Charttechniker interessiert nicht, ob eine Metro bei 20 EUR fundamental unterbewertet ist, er sieht patterns & statistics und folgt historischen Musterbewegungen. Solche Leute sind es, die auch unterbewertete Assets verkaufen - seien wir dankbar, dass es sie gibt.
Im Falle eines Unternehmens- bzw. Beteiligungserwerbes sind die zu erwartenden Erträge aus Käuferperspektive unter Einbezug von Synergien, Kapitalkosten etc. maßgeblich, und Outsidererwartungen bezüglich der Kursentwicklung können vernachlässigt werden. Dominantes Anlagekriterium für den Privatanleger ist jedoch die zu erwartende Kursentwicklung einer Aktie. Während die Fundamentalanalyse impliziert, dass sich Aktien ihrem fairen Wert annähren neigt die Börse häufig zu oft jahrelangen Unter- bzw. Übertreibungen.
Ja der Charttechniker würde eine unterbewertete Aktie verkaufen und eine überbewertete kaufen solange sich keine Trendwende abzeichnet. Die Kenntnis der Unter- bzw. Überbewertung sind überspitzt formuliert nicht von Bedeutung bis der Markt beginnt seinen Irrtum einzusehen. Allein unter dem Gesichtspunkt der Opportunitätskosten ist die Anwendung einer wie auch immer gearteten technischen Analyse zwecks Timing notwendig. Spielt es eine Rolle ob die Charttechnik self-fulfilling prophecy oder law of nature ist? Was geschieht denn am Ende bei einer self-fulfilling prophecy?
Die Risikobewertung bildet sich deshalb aus den durch ein technisches Regelwerk entstehenden potentiellen Kurszielen im Verhältnis zum Stoppkurs.
Meine These ist: die Anlageentscheidung eines Privatanlegers an den Aktienmärkten hat, unabhängig von dem Zeithorizont, mehr mit dem „spekulativen“ Ansatz eines Daytraders zu tun, als mit einer klassischen Investitionsentscheidung, deshalb sollten auch die Methoden des Traders zur Risikobegrenzung angewendet werden.