Am Goldmarkt müssen die Haussiers Nackenschlag auf Nackenschlag einstecken

  • Der Dollar sitzt den Haussiers am Terminmarkt für Gold nun heftig im Nacken 8) – Ein kleiner gedanklicher Spaziergang durch einen Irrgarten
    (26.02.2004)

    Am Goldmarkt müssen die Haussiers Nackenschlag auf Nackenschlag einstecken. Genauer gesagt: Am Terminmarkt für Gold. Sie sind netto noch immer übermäßig stark auf der Kaufseite engagiert.


    Dass eine inverse Beziehung zwischen dem in Dollar gemessenen Goldpreis und dem US-Dollar besteht, ist schon lange nicht mehr Gegenstand der Diskussion. Die entscheidenden Impulse für den Goldpreis gehen seit nunmehr fast zwei Jahren von der amerikanischen Währung aus.


    Im Laufe dieser Zeit hat sich der Kauf von Gold auf Termin als ausgezeichneter Hedge gegenüber der Abwertung des Greenback erwiesen. Ausgezeichnet auch deshalb, weil alle, die Gold auf Termin gekauft haben, dank der den Terminmärkten eigenen Hebelwirkung höchstprozentige Gewinne zu erzielen vermochten. Das war so etwas wie ein „free lunch“ oder, vulgärer ausgedrückt, Freibier.


    Bei dieser Konstellation musste aber auch jedem klar sein, dass eine Korrektur des Dollar, woran man ihn auch immer misst, unmittelbar eine Korrektur auch des Goldpreises bewirken würde. In der Tat kann man sich nur wundern, dass die bisherigen, vom Dollar ausgelösten Korrekturen der Terminnotierungen für Gold angesichts des enormen Hebeleffekts so mild ausgefallen sind.


    Doch nun zum aktuellen Geschehen: Der Preiseinbruch vom Mittwoch wurde weithin damit begründet, dass eine eher wenig bekannte Quelle berichtet habe, aus Kreisen der Europäischen Zentralbank (EZB) sei die Bereitschaft zu Interventionen gegen den Euro kundgetan worden. Zudem bestehe Einigkeit zwischen der EZB und der Notenbank in Tokio, gemeinsam gegen eine weitere Abwertung des Dollar vorzugehen, hieß es.


    Genau das war die Offenbarung, auf die der Devisenmarkt und der Gold-Terminmarkt gewartet hatten! Eine verschwommene Nachricht aus einer sonst nicht eben viel beachteten Quelle zu einem heißen Thema!


    Die Wirklichkeit sieht wohl anders aus. Der Dollar wollte nach oben, und das Gold wollte nach unten. Aus sehr gut nachvollziehbaren technischen Gründen. Es fehlte, wie so oft in gleichgelagerten Fällen, halt nur noch die passende Nachricht. Dass sie von drittklassiger Qualität war, störte die Märkte nicht.


    Selbst wenn wir einmal annehmen, dass das, was angeblich aus „Kreisen der EZB“ verlautete, zutrifft, könnte es als Teil der „verbalen Intervention“ angesehen werden, deren sich die EZB bedient, um kostenlos gegen die Aufwertung des Euro anzugehen und zugleich den Devisenmarkt zu testen.


    Wenn es sich so verhalten hätte, wäre dies ein Armutszeugnis für die EZB. Doch solche Kanäle würde sie gewiss nicht wählen, um mit dem Markt zu spielen. Noch eine Aktion von dieser Qualität, und sie hätte ihre Glaubwürdigkeit stark ramponiert.


    Im übrigen weiß jeder nur halbwegs Erfahrene, dass die EZB selbst mit Flankenschutz der japanischen Notenbank auf Dauer nichts gegen eine weitere Abwertung des Dollar unternehmen könnte, solange die Regierung Bush, am Devisenmarkt vertreten von der Notenbank in Washington, einen solchen Prozess nicht wenigstens wohlwollend dulden würde.


    Eine solche Duldung, geschweige denn eine aktive Teilnahme an einer Stützung des Greenback, liegt gegenwärtig und auch in überschaubarer Zukunft nicht im Interesse der Regierung Bush. Dies gilt um so mehr, als die Wirtschaft in den USA zunehmende Anzeichen von Instabilität offenbart. Mehr und mehr benötigt sie Impulse vom Exportgeschäft, um nicht in unkontrollierbares Schlingern zu geraten.


    Das einzige Interesse der Regierung Bush und, aus gewichtigen monetären Gründen, auch der Notenbank in Washington besteht darin, die Abwertung des Dollar so geordnet verlaufen zu lassen, dass das zur Finanzierung der internen und der externen Defizite dringend benötigte Auslandskapital nicht scheu wird. Andernfalls müssten die Zinsen in den USA erhöht werden, und das wäre das K.O. der Konjunktur dort.


    Um den Kreis zum Gold zu schließen: Der US-Dollar macht eine Erholung durch, die den stark gehebelten „Gold-Hedge“ am Terminmarkt für das Edelmetall teuer werden lässt. Die vielen unsicheren Kantonisten werden aus dem Rennen geworfen, bis dieser Markt technisch wieder „sauber“ ist. Und dann beginnt das Spiel von neuem.


    Schon in wenigen Monaten wird man auf das, was gegenwärtig geschieht, wohl wie auf eine bedeutungslose Episode zurückblicken.



    Arnd Hildebrandt

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