Eberswalder Goldschatz

  • 26.01.2004 17:16


    Moskauer Goldschatz: Protest gegen TV-Aufnahmen

    Berlin (dpa) - Mit scharfen Worten hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz gegen die Umstände

    der TV-Aufnahmen des Eberswalder Goldschatzes im Moskauer Puschkin-Museum protestiert. Die Aufnahmen eines Teams von «Spiegel-TV» mit den ersten Bildern des legendären Schatzes seit 60 Jahren waren am Sonntagabend ausgestrahlt worden, obwohl deutschen Wissenschaftlern jeder Zugang zu dem 1945 nach Russland gelangten Schatz bisher verweigert wurde. Die Stiftung sprach daher von einem «Affront gegen die deutsche Regierungs- und Fachebene» und einer «fernsehgerechten Inszenierung».


    Alle Versuche, die Leiterin des Puschkin-Museums, Irina Antonowa, zu bewegen, den deutschen Wissenschaftlern Zugang zum Goldschatz zu geben, seien abgelehnt worden, zuletzt im Oktober vergangenen Jahres. «Diese Position steht im krassen Gegensatz zu den Ergebnissen der auf höchster Regierungsebene geführten deutsch-russischen Konsultationen, die den ungehinderten Zugang zu den Depost vorsehen», betonte die Stiftung in ihrer Presseerklärung.


    Am Sonntag hatte «Spiegel-TV» nun einen Bericht über den erstmaligen Zugang eines deutschen Fernsehteams zu den Geheimdepots und die Präsentation der glanzvollen Exponate aus dem 9. Jahrhundert v. Chr. gesendet. «Es war gut zu sehen, dass die Goldfunde unversehrt den Krieg überstanden haben und damit eine absolut einmalige Sammlung gerettet ist.» Die Umstände und die Botschaft dieser Fernsehaktion müsse man aber als Affront nicht nur der Wissenschaftler sondern auch der deutschen Regierungsebene ansehen, betonte die Preußen-Stiftung.


    Wissenschaftler wissen seit 1996, dass sich der Goldschatz im Geheimdepot für Beutekunst des Moskauer Puschkin-Museums befindet. Dort lagert auch seit 1945 der legendäre «Schatz des Priamos». Der Schatz aus Eberswalde ist der größte und bedeutendste deutsche Goldfund aus der Bronzezeit. Das Tongefäß mit fast drei Kilogramm Goldbarren, reich verzierten Trinkschalen sowie Hals- und Armbändern war 1913 auf dem Gelände eines brandenburgischen Messingwerkes gefunden worden. Nach deutscher Auffassung ist noch immer die Stiftung Preußischer Kulturbesitz der Eigentümer des Goldschatzes.
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  • Spiegel-TV ist eben liquider als die deutsche Regierung und
    die Wissenschaftler.Bei solchen Geschichten entscheidet das
    finanzielle Vermögen; gerade in Rußland wird mit Geld sehr viel möglich.
    Deshalb betrachte ich Investitionen dort sehr skeptisch, da schlicht
    und ergreifend Rechtssicherheit fehlt.Da muß noch sehr hart gearbeitet werden und zwar sehr wohl mit deutscher Beteiligung, damit ich nicht
    falsch verstanden werde.

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    Die Stadt Eberswalde hat dem Fund ihren Namen gegeben. Aber hüten kann sie ihn nicht. Er liegt in einem geheimen Depot des Moskauer Puschkin-Museums. Wäre er nicht dort, dann eben in Berlin. Der Ort, wo der Schatz gehoben wurde, ist ziemlich leer ausgegangen.


    Eberswalde - Wir nehmen die Spur in der Messingwerksiedlung auf. Die Hirsch Kupfer- und Messingwerke A.G. hatte sie vom Berliner Architekturbüro Mebes & Emmerich für ihre Arbeiter und Angestellten entwerfen lassen. Am 16. Mai 1913, an einem Freitagnachmittag, zertrümmerte ein Arbeiter dort beim Ausschachten für das Fundament eines Wohnhauses einen Tonkrug. Zwischen den Scherben schimmerte gelbes Metall: Schalen, Schmuck, Klumpen, Drahtspiralen. "Da haben se jar eenen alten Pott mit Messing injebuddelt", soll der Arbeiter ausgerufen haben. Er irrte. Es war Gold. 2,6 Kilogramm. 81 Teile.


    Die Siedlung öffnet sich hinter einem großzügigen Tor, das in einem Wohnhaus ausgespart wurde. Der Zahn der Zeit hat an den Bauwerken arg genagt. Unmittelbar hinter dem Tor wirken sie heruntergekommen, jedoch ist das denkmalgeschützte Ensemble immer noch ein beeindruckendes Zeugnis sozialer Architektur des beginnenden 20. Jahrhunderts. Das große Mehrfamilienhaus, unter dem der Goldschatz entdeckt wurde, hat die Adresse Gustav-Hirsch-Platz 1/3. Der Platz ist vorbildlich saniert. Aber nichts erinnert dort an die Entdeckung des bedeutendsten vorgeschichtlichen Goldfundes Deutschlands.


    Prof. Carl Schuchardt vom Königlichen Völkerkundemuseum taxierte seinen Wert 1913 auf 20 000 Mark. Korrekt löste Aron Hirsch, Seniorchef des Messingwerke A.G., daraufhin die Eigentumsansprüche der beteiligten Arbeiter auf die Hälfte des Schatzes mit 10 000 Mark aus; allein der Polier Rhangnow wurde mit 6000 Mark abgefunden, ein Vermögen damals! Damit wurde die Firma als Grundstücksbesitzerin alleinige Eigentümerin. Kurz darauf stellte Hirsch den Schatz Kaiser Wilhelm II. "zur freien Verfügung" (1919 ging er in den Besitz des preußischen Staates über). In Finow, 1970 mit Eberswalde verschmolzen, wurden Fund und Fundstätte noch eine Zeit lang präsentiert, dann verließ der Schatz endgültig Eberswalde, zunächst nach Berlin, dann nach Moskau.


    Neuerdings haben sich Stadtobere Hoffnung gemacht, das Original zur diesjährigen 750-Jahr-Feier Eberswaldes wenigsten vorübergehend heimzuholen. Es klappt aber nicht.


    Zur weiteren Spurensuche geht es von der Messingwerksiedlung stadteinwärts. Nach ein paar hundert Metern zweigt von der B 167 nach Süden die Schönholzer Straße ab. Hierzu gibt ein Ortskundiger einen Hinweis: Polier Rhangnow, durch die Entdeckung ein gemachter Mann geworden, investierte seine Abfindung an dieser Straße in ein Mehrfamilienhaus.


    Es geht schnurstracks zum Marktplatz von Eberswalde. Vor der Einkehr in das älteste Fachwerkhaus der Stadt, die Adler-Apotheke, die heute das Museum beherbergt, überrascht auf der Breite Straße an einem Schaufenster der modernen Rathauspassage zwischen Deutscher Bank und Deichmanns Schuhen der Schriftzug "Eberswalder Goldschatz".


    Eine viel versprechende Spur - aber sie führt in die Irre. Es ist der Firmenname eines seit fünf Generationen etablierten Schmuck- und Uhrenateliers. Als es in der 90er-Jahren so getauft wurde, schmückten Bilder des verschollen geglaubten Horts das Geschäft. Als sie verblichen waren, verschwanden sie, geblieben ist nur der Name. Ist er wenigstens werbewirksam? Der Inhaber wiegelt ab. Bekannte hätten nach dem Wirbel um die Fernsehsendung vor einer Woche, die den Schatz zum ersten Mal in Moskau zeigte, gesagt, sie hätten um den Bezug des Geschäfts zum Fund nicht gewusst.


    Nun ins Museum. Der Goldschatz? Selbstverständlich, bitte die Treppe hoch. In einer Vitrine breitet er sich aus, freilich nur als Nachahmung. Etwas unglücklich scheint er platziert zwischen Exponaten anderer Ausstellungen, auf der einen Seite der Dokumentation "Eberswalde 1900 bis 2000", und vis à vis Zeugnisse der sowjetischen und russischen Garnison. In diesem Kontext steht die Vitrine vielleicht ja doch goldrichtig.


    Hier endet die Spur des Schatzes. Aber demnächst wird sie in alle Himmelsrichtungen verlängert: Für den Museumsshop sind Kopien ausgewählter Stücke geplant, aus Silber, vergoldet, manche exklusiv aus reinem Gold. Die kann man sich zu Hause in die Vitrine stellen. Oder ins Geheimdepot. Angefertigt werden sie übrigens nicht im "Eberswalder Goldschatz", sondern beim Meister Elling, dem Konkurrenten um die Ecke.
    www.morgenpost.de

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