Ludwig von Mises zur Goldwährung

  • da das thema ja gerade wieder diskutiert wurde, hier mal die gedanken von herrn mises aus dem jahr 1940!


    zu finden in seinem werk "nationalökonomie"


    man könnte fast meinen er wäre oft in diesem forum gewesen :D (die argumente die gebracht werden ähneln doch sehr den threads die hier immer wieder auftauchen. wenn man mal annimmt dass nicht alle die hier schreiben mises gelesen haben folgt daraus doch, dass die argumente FÜR das gold der vernunf entspringen und sich aus logischen schlussfolgerungen ergeben).


    Die geologischen, physikalischen und chemischen Eigenschaften der beiden Edelmetalle Gold und Silber haben dazu geführt, dass ihnen von den Menschen in der Wahl des Geldstoffs der Vorzug gegeben wurde. Dass es in der Marktwirtschaft Geld geben muss, ist praxeologische Notwendigkeit. Dass gerade das Gold Geld ist, ist eine historische Tat-sache, die sich als solche rational nicht ganz begreifen lässt; auch in der Währungsgeschichte muss man zu verstehen suchen, wo man nicht begreifen kann.
    In den Gang der Währungsgeschichte hat bewusste Wirtschaftspolitik der Regierungen einzugreifen gesucht. Die Verdrängung des Silbers aus der Geldstellung, die erst vor Kurzem ihren Abschluss durch Maßnahmen der chinesischen Regierung gefunden hat, ist wohl als Ergebnis solcher Regierungsintervention anzusehen. Es ist müßig, sich die Frage vorzu-legen, wie sich das Nebeneinanderbestehen von zwei Geldarten ohne diese Eingriffe gestaltet hätte und ob es auch dann zur Verdrängung des einen der beiden Metalle gekommen wäre. Wichtig aber ist festzustellen, dass der Monometallismus nicht das Ziel war, dem die Regierungen von Anfang an zustrebten. Die Währungspolitik wollte aus dem Nebenein-anderbestehen zweier Geldarten, aus der Parallelwährung, die sich im Marktverkehr herausgebildet hatte, ein einheitliches Währungssystem schaffen, indem sie ein festes Austauschverhältnis zwischen Gold und Silber dekretierte. Diese ungeachtet aller Fehlschläge immer wieder erneuerten Bestrebungen, die das Wesen des Marktverkehrs so vollkom-men verkannten, wie es nur Regierungen verkennen können, mussten Schiff-bruch leiden. Aus diesem Versagen der Regierungen, nicht aus Erfolgen ihrer Politik ist die moderne Goldwährung entstanden.


    Schon im 17. Jahrhundert hatte die Tarifierung der Gold- und der Silbermünzen durch die englische Regierung, die die Goldmünze, die Guinea, den Silbermünzen gegenüber höher bewertete als den damals herrschenden Marktverhältnissen entsprochen hätte, zum Verschwinden der Silbermünzen aus dem englischen Geldumlauf geführt. Nur die stark abgenützten Silberstücke, deren Silbergehalt so herabgemindert war, dass ihre Verwertung auf dem Edelmetallmarkte nicht rentierte, erhielten sich im Verkehr. So kam England wider die Absichten der staatlichen Währungspolitik zur Goldwährung. Erst als die Goldwährung schon lange de facto bestanden hatte, wurde sie vom Staate auch rechtlich anerkannt. Man verzichtete auf weitere Versuche, Silberkurantgeld in ein festes Austauschverhältnis zum Goldgeld zu setzen, und begann damit, für den Kleinverkehr Silberscheidemünzen auszuprägen. Diese Scheidemünzen waren nicht mehr Geld, sondern Geldsurrogate, deren Wert nicht durch ihren Silbergehalt bestimmt wurde, sondern durch den Umstand, dass sie gegen Gold eingelöst werden konnten, mithin de facto eine jederzeit fällige, als durchaus sicher angesehene Forderung auf einen aliquoten Teil der Goldkurantmünze darstellten. Sie waren silver printed notes, Noten, auf Silber gedruckt.
    Später, im 19. Jahrhundert führte die Doppelwährung in Frankreich und in den übrigen Ländern der lateinischen Münzunion zur de facto Goldwährung; als dann der Niedergang des Silberpreises in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre bei Aufrechthaltung der Doppelwährungs-gesetzgebung automatisch den Übergang zur de facto Silberwährung hätte bewirken müssen, beseitigte man die freie Silberprägung, um am Golde festzuhalten. Den Vereinigten Staaten hatte die Doppelwährung schon vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges faktisch die Goldwährung gebracht. Nach der Greenback-Zeit wurde die Goldwährung wiederhergestellt, gegen die Angriffe der Silberpartei verteidigt und schließlich auch gesetz-lich verankert. Nachdem so die reichsten, im Weltverkehr führenden Völker die Goldwährung angenommen hatten, folgten die anderen Länder nach. Nach den Inflationen des Weltkriegs und der auf ihn folgen-den Revolutionszeit kehrte man entweder zum Golde zurück oder traf wenigs-tens die Vorbereitungen zur Rückkehr zur Goldwährung.


    Die Goldwährung war zur Weltwährung der liberalen Epoche und des kapitalistischen Zeitalters geworden. Ihr wesentlicher Vorzug war in den Augen der Freihändler gerade der Umstand, dass sie eine internationale Währung war, wie sie der internationale Handel und der internationale Geld- und Kapitalmarkt benötigen.1 Sie war das Tauschmittel, mit dessen Hilfe die westeuropäischen Wirtschaftsmethoden und das westeuropäische Kapital die europäische Zivilisation über die ganze Ökumene trugen, überall die Schranken uralter Vorurteile niederreißend, neues Leben und Streben befruchtend, die Geister befreiend und ungeahnten Reichtum spendend. Sie begleitete den unvergleichlichen Siegeszug der Kultur, die sich anschickte, die Welt zu einer Einheit einträchtiger Zusammenarbeit und friedlichen Wettbewerbs aller Völker zu verbinden. Es war nicht merkwürdig, dass man im Gold ein Symbol dieser gewaltigen Umwälzung erblickte und dass die reaktionären Bestrebungen in der Goldwährung nicht nur das vorzüglichste Werkzeug zur Ausbreitung weltwirtschaftlich-er Gemeinschaft, sondern auch das Wahrzeichen des ihnen verhassten Systems der Freiheit und des Friedens bekämpften. Beim Streit um die Goldwährung ging es um weit mehr als um Währung und Wechselkurse.


    In der Goldwährung sah man das Hindernis, das einer Politik schrankenloser Kreditausweitung im Wege steht. Durch die Loslösung vom Golde wollte man den nationalen Kapital aus der Verflechtung mit dem Weltkapitalmarkt lösen, um unbehindert von den Rücksichten, die die Einlösungspflicht den Umlaufsmittelbanken auferlegte, den Zinsfuss möglichst tief herabzudrücken. ( Es ist charakteristisch, dass diese Bestre-bungen in den Ländern, deren Wirtschaft durch den Zustrom auswärtigen Kapitals befruchtet worden war, früher und stärker auftraten als in den Gläubigerländern.) Man wollte die Goldwährung beseitigen und Inflationspolitik betreiben, um die Schuldner auf Kosten der Gläubiger zu begünstigen und um die Ausfuhr zu fördern und die Einfuhr zu hemmen. Man wollte durch vermehrte Notenausgabe den Staat von der Notwendig-keit befreien, die Ausgaben den Einnahmen anzupassen.
    Man hat an der Goldwährung manches auszusetzen gewusst; man hat ihr den Vorwurf gemacht, dass sie nicht vollkommen sei. Doch niemand weiß anzugeben, wie man an Stelle der Goldwährung Vollkommeneres und Besseres setzen könnte. Gewiss, die Goldwährung ist nicht wertstabil. Doch Wertstabilität und Kaufkraftfestigkeit sind Unbegriffe. In einer sich verändernden Welt, das heißt in einer lebenden Welt, kann es keine Festigkeit der Kaufkraft und keine Wertstabilität geben. Dass die Kaufkraft des Geldes schwankt, ist für ein Geld eines nicht starren Systems der Marktbeziehungen notwend-ig; in einem erstarrten System, das dem Gedankenbild der gleichmäßigen Wirtschaft entspräche, wäre aber für Geld überhaupt kein Raum. Die Goldwährung macht die Gestaltung der Kaufkraft von dem Einfluss der Politik und der schwankenden wirtschaftspolitischen Anschauungen wechselnder Majoritäten unabhängig. Das ist ihr Vorzug. Jede Währungs-manipulation muss willkürlich sein; alle Verfahren, die durch Messung der Kaufkraftveränderungen einen objektiven Maßstab gewinnen wollen, der der Kaufkraftgestaltung als Richtschnur dienen könnte, verkennen die Unmessbarkeit der Kaufkraftbewegungen. Sowohl in der Auswahl der der Berechnung zugrundezulegenden Preisdaten als auch in der Wahl der für ihre mathematische Verarbeitung zu Mittelwerten zu verwendenden Methode liegen Probleme, für die keine eindeutige, dem Widerstreit von Sonderinteressen und Parteien entrückte Lösung gefunden werden kann.
    Man weist darauf hin, dass auch die Goldwährung als manipulierte Währung anzusehen sei, weil die Regierungen durch Umlaufsmittel-ausgabe, selbst wenn sie sich innerhalb der durch die Rücksichtnahme auf die Aufrechthaltung der Goldparität des Währungsgeldes gebotenen Grenzen hält, und durch Maßnahmen, die mittelbar zur Herabsetzung der Kassenhaltungen führen, die Gestaltung der Kaufkraft des Goldes zu beeinflussen vermögen. Das ist nicht zu bestreiten, und sicher ist, dass das Steigen der Preise zwischen 1896 und 1914 zu nicht unbeträchtlichem Teil durch derartige Regierungsmanipulationen zu erklären ist. Doch das Wesentliche ist doch das, dass die Goldwährung allen derartigen Maßnahmen enge Grenzen steckt. Gerade weil diese Beschränkung den Bestrebungen der Inflationisten im Wege steht, wollen sie die Goldwährung beseitigen.


    Man hat schließlich behaupten wollen, dass die Goldwährung unter den Verhältnissen der Gegenwart nicht mehr so funktionieren könne, wie sie im Zeitalter des Liberalismus und Kapitalismus funktioniert habe. Die Erfahrung habe gezeigt, dass Zinsfusserhöhung nicht mehr imstande sei, den Abfluss von Gold aufzuhalten oder Gold aus dem Auslande heranzuziehen. Die Diskontpolitik der Notenbanken und der Währungs-ausgleichsfonds sei damit sinnlos geworden; sie verteuere zwar der inländischen Produktion den Kredit, könne aber die gefährdete Währung nicht retten. Diese Auffassung mancher Erscheinungen der jüngsten Vergangenheit ist jedoch durchaus verkehrt. Die Zinsfussgestalt-ung hat ihre Bedeutung für die Bewegung der anlagesuchenden flüssigen Mittel von Land zu Land und für die Auswahl der Anlagemöglichkeiten auf den nationalen Geld- und Kapitalmärkten keineswegs verloren. Doch es können Umstände eintreten, die es den Kapitalisten angezeigt erscheinen lassen, die Vorteile, die höhere Verzinsung bietet, gegenüber besonderen Nachteilen, die ihnen aus dem Handel erwachsen könnten, abzuwiegen. Der Aussicht, eine gewisse Zeit hindurch höheren Zinsbezug zu genießen, steht heute oft das Risiko gegenüber, durch Währungsver-schlechterung oder durch Maßnahmen der Devisenbewirtschaftung einen großen Teil des Kapitals einzubüssen. Selbst eine um 10 % höhere Verzinsung in Paris kann einem Ausländer nicht verlockend erscheinen, wenn er befürchtet, 30 oder 50 % des Kapitals durch Entwertung des französischen Francs zu verlieren. Kein Ausländer wird es rätlich finden, flüssige Mittel in jenen Ländern anzulegen, deren Devisengesetzgebung Zinszahlung und Kapitalrückzahlung an Ausländer nicht zulässt. Grosse Geldbeträge sucht man heute so anzulegen, dass man sie einer drohenden Geldabwertung durch schnelle Übertragung in eine im Augenblick weniger gefährdete Währung entziehen kann; der Zinsentgang, der mit solcher Anlage verbunden ist, spielt keine Rolle im Hinblick auf die Verlustmöglichkeiten, die mit besser verzinslichen Anlagemöglichkeiten verbunden sind.


    Der Mechanismus des internationalen Geldmarktes versagt heute, weil die Regierungen durch ihre Politik sein Funktionieren verhindern. Die Goldwährung hat nicht versagt, doch die Regierungen versuchen es, sie zu beseitigen, weil sie sich dem Wahn hingeben, sie könnten damit den Zinsfuss im Lande so niedrig halten, als sie es wünschen, und die Handelsbilanz «verbessern».
    Keine Regierung vermag die Goldwährung abzuschaffen. Die Gold-währung ist die Währung des internationalen Verkehrs und des Welt-marktes und kann als solche durch Maßnahmen einzelner Regierungen nicht berührt werden. Solange ein Land nicht im strengen Sinn des Wortes selbstgenügsam geworden ist, solange es noch irgendein Loch in den Mauern gibt, durch die die Regierung ihr Staatsgebiet von der übrigen Welt abzuschließen sucht, hat das Gold seine Geldstellung für die Wirtschaft der Bewohner dieses Landes selbst dann nicht eingebüsst, wenn der Besitz von Gold als todeswürdiges Verbrechen angesehen wird. Die Clearingverträge, die den Austausch zwischen den Angehörigen zweier Staaten vom Golde unabhängig machen sollen, suchen zwar ängstlich jeden Hinweis auf das Gold zu vermeiden; doch die Umsätze, die auf Grund dieser Verträge durchgeführt und abgerechnet werden, sind an den Goldpreisen orientiert. Wer im Auslande kauft oder verkauft, berechnet die Vorteile und Nachteile dieser Geschäfte in Gold. Aber auch die inländischen, in einem auf das Staatsgebiet beschränkten Kredit- oder Zeichengeld ausgedrückten Preise sind mit den Goldpreisen des Auslandes fest verbunden, und wenn die Regierung die Käufe und Verkäufe, die sich aus dieser Verbindung ergeben könnten, verhindern will, muss sie besondere Maßnahmen ergreifen.


    Nahezu alle Regierungen sehen es heute als eine ihrer vornehmsten Aufgaben an, gegen den Gebrauch des Goldes als Geld anzukämpfen. Bisher haben sie damit Schiffbruch gelitten. In einer Welt von im strengen Sinn des Wortes selbstgenügsamen Staatsgebieten wird für ein internationales Geld kein Raum sein. Von diesem Ideal der Nationalisten ist aber die Wirklichkeit heute noch immerhin ziemlich weit entfernt.
    Die Regierung eines die ganze Welt umfassenden Staates könnte den Versuch unternehmen, das Goldgeld durch ein Weltkreditgeld oder durch ein Weltzeichengeld zu ersetzen. In der Weltanarchie der Gegenwart sind solche Versuche von vorneherein aussichtslos.
    Man darf den Kampf gegen die Goldwährung nicht losgelöst von der politischen Haltung betrachten, die in ihm eine ihrer Erscheinungsformen findet. Die Goldwährung wird bekämpft. als ein Stein in dem größten Werk, das Menschen je aufzurichten versucht haben, dem Werk der friedlichen Vereinigung aller Menschen zu einer einzigen großen Gesellschaft der Arbeitsteilung und der einträchtigen Zusammenarbeit durch Austausch von Gütern und Diensten. Was an der Goldwährung aus-gesetzt wird, ist, dass sie diesem System des ökumenischen Friedens und der Kooperation aller Menschen zugeordnet ist. Das, was man ihr als Unvollkommenheit ankreidet, ist gerade das, dass sie der Absperrungs-politik des einzelstaatlichen Separatismus im Wege steht. Vom Stand-punkte der auf die Zerstörung der weltwirtschaftlichen Verbundenheit der Völker gerichteten Politik ist die Goldwährung zweifellos als ein Werk des Teufels zu betrachten. Betrachtet man sie aber im Rahmen der Weltwirtschaft, dann kann man nur zu dem Urteil gelangen, dass sie eine immerhin brauchbare Lösung des Währungsproblems darstellt. Sie ist das Ergebnis desselben geschichtlichen Prozesses, der von dem Kampfe aller Horden gegen alle Horden zur politischen und ökonomischen Verfassung des 19. Jahrhunderts geführt hat. Kein Kritiker oder Gegner der Goldwährung wüsste ein Geldsystem vorzuschlagen, das besser als die Goldwährung funktionieren könnte.
    Es kann wohl sein, dass eines Tages die Technologie einen Weg findet, die Goldmenge so billig zu vermehren, dass das Gold nicht länger mehr für den Gelddienst geeignet sein wird. Dann wird man das Gold durch ein anderes Geld ersetzen. Es wäre zwecklos, über die Lösung, die dieses Problem dann finden könnte, schon heute Betrachtungen anzustellen. Alle Bedingungen, unter denen diese Entscheidung zu treffen sein wird, sind uns heute unbekannt.

  • Sehr schön. Es gibt noch andere Leute, die Werke von L. von Mises lesen. "Nationalökonomie" ist ein sehr gutes Buch. Zwei Sätze, die mir geblieben sind:


    1. (aus meinem Gedächtnis, sinngemäss): "Dass jemand für seine Interessen bezahlen kann, beweist nicht, dass er herrrscht. Nicht die Herrscher zahlen Tribute, sondern die Beherrschten."


    2. "Dass es möglich ist, vor lauter Bäumen den Wald nicht zu sehen, wie ein Sprichwort aussagt, ist zu bezweifeln. Sicher ist aber, dass wer keine Bäume erkennen kann, auch keinen Wald sieht."


    Vermutlich wäre "Die Theorie des Geldes und der Umlaufmittel" von L. von Mises zu "Geld und Gold" noch besser. Ist aber nicht mehr im Buchhandel erhältlich.


    Zum Thema "Gold und Geld" empfehle ich eher das Buch von Murray N. Rothbard "Das Schein-Geld-System".

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