Zertifikate als Geldanlage

  • Ich hatte heute einen Beratungstermin bei einer deutschen Großbank, ein Pfandbrief wurde endfällig und die Neuanlage steht an. Nun wollte mir die Beraterin allen ernstes Zertifikate auf einen Index aufs Auge drücken. Nachdem ich erklärt habe, daß ich an spekulativen Anlagen nicht interessiert sei, meinte sie daß es ein beinah risikoloses Zertifikat gibt, bei dem die Gewinne begrenzt seien und damit die Verluste auf maximal 2% abgesichert seien, und jetzt kommt's: das Ganze ist steuerfrei. Auf meine Nachfrage wie das funktioniern soll, kam als Erklärung man spekuliert mit Calls und Puts auf bestimmte Aktienindizes und dadurch hat man gute Gewinne, bei gleichzeitiger Absicherung des Kapitals.
    Meine Frau war von der Argumentation sehr angetan, ich habe das Gespräch aber abgebrochen, weil ich das System nicht verstehe. Calls und Puts sind mir schon klar, aber wie kann sowas gesamtwirtschaftlich funktionieren. Meiner Meinung nach operiere ich mit hochspekulativen Instrumenten, und bin dabei vor Totalverlust geschützt, wie soll das gehen? Habe ich die letzten 30 Jahre was falsch gemacht, wo ich brav nur in Pfandbriefe und Festverzinsliche investiert habe?
    Mir wäre es sehr recht, wenn mir jemand die Erleuchtung geben könnte ob ich falsch gestrickt bin, oder die Bank zur Spielbank mutiert ist.

    Grüße Peter


    PS: Mir wurde auch gesagt, daß der Rentenmarkt ziemlich ausgetrocknet ist und nur so vor sich hin dümpelt.

  • "Risikoloses Zertifikat"? Für eine solche Aussage würd' ich die glatt verurteilen ... Alle Zertifikate, die ich kenne, haben eine zeitlich beschränkte Laufzeit. X( X( Gut, vielleicht möglich, aber dann ist die Rendite nahezu 0 %.


    Frag' doch die Bankberaterin mal, wieviele der "risikolosen Zertifikate" in ihrem privaten Depot lagern. :P Womöglich hat die den Kursvelauf der letzten Jahre im Auge und folgert daraus, dass er dies auch die nächsten Jahre tun wird. Meiner Meinung nach der Kardinalfehler im Wirtschaftsleben. Woher will die das wissen? Heisst sie Urielle und hat eine Kristallkugel?? ?(


    Wie schon häufig hier erwähnt: Lass' die Finger von allem, was Du nicht verstehst. Meist ist es schon unverständlich, welche Unternehmen mit wievielen % bei einem Index gewichtet werden.


    Jemand hat doch mal gesagt, die Börse sei das grösste Casino der Welt ... 8) :P

  • Die erträge aus indexzertifikaten sind tatsächlich (noch) [URL=http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,457958,00.html]steuerfrei,[/URL] wenn man länger als 1 jahr hält.


    So etwas sollte man aber am low kaufen und nicht ausgerechnet jetzt. Zudem performen "normale" zertifikate dann wesentlich besser als irgendwelche produkte mit kapitalerhalt-garantien.

  • Zitat

    Original von PeterJ
    ... Nachdem ich erklärt habe, daß ich an spekulativen Anlagen nicht interessiert sei, meinte sie daß es ein beinah risikoloses Zertifikat gibt, bei dem die Gewinne begrenzt seien und damit die Verluste auf maximal 2% abgesichert seien, und jetzt kommt's: das Ganze ist steuerfrei. ... Meiner Meinung nach operiere ich mit hochspekulativen Instrumenten, und bin dabei vor Totalverlust geschützt, wie soll das gehen?


    Ich denke, es ist sehr wichtig, hier drei Arten von Risiken zu unterscheiden:
    [list=1]
    [*]Das Kursrisiko. Da gebe ich der Bankberaterin recht, das kann man durch entsprechenden Einsatz von Puts und Calls ausschließen. ABER: Man hat dabei sehr wohl noch die beiden folgenden Risiken!
    [*]Das Emittenten-Risiko. Zertifikate sind Inhaber-Schuldverschreibungen der jeweiligen herausgebenden Bank. Wenn diese Bank pleite macht, d.h. ihre Schulden nicht mehr bedienen kann, sind ihre Zertifikate im Extremfall nichts mehr wert. Zwar hat man auch bei anderen Schuldverschreibungen wie z.B. Pfandbriefen oder Staatsanleihen grundsätzlich immer ein Schuldnerrisiko, aber das kann man ja anhand der üblichen Ratings ein bisschen einordnen: Zum Beispiel hat der Schuldner "Bundesrepublik Deutschland" mit seinem Rating "AAA" sicher ein geringeres Ausfallrisiko als z.B. ein mittelgroßes Bankhaus, das im Eigenhandel hochspekulative Geschäfte betreibt (siehe z.B. der Zusammenbruch der Baring-Bank vor einigen Jahren).
    [*]Das Marktstörungs-Risiko. Auch wenn das herausgebende Bankhaus selbst nicht pleite geht: Jeder Zertifikate-Emittent sichert sich selbst durch entsprechende Gegengeschäfte an den (Termin-)Börsen oder im Interbanken-Handel ab. Im Kleingedruckten eines Zertifikate-Prospekts steht dann üblicherweise auch irgendwo, dass die Bank ihre Verpflichtung gegenüber dem Endkunden nur dann erfüllen kann, wenn ihre eigene Absicherung funktioniert. Das kann dann nicht mehr der Fall sein, wenn eine sog. "Marktstörung" eintritt, z.B. wenn der Börsenhandel aufgrund irgendeiner massiven (Finanz-, Natur-, Terror-)Katastrophe unterbrochen wird.
    [/list=1]
    Jeder muss selbst für sich entscheiden, wieviel von jeder Risikoart er für sich in Kauf nehmen will/kann und sollte dann entsprechend verteilt in verschiedene Anlageinstrumente wie z.B. Zertifikate, Staatsanleihen, 10 Euro-Silbermünzen, Gold etc. investieren.


    "My 2 cents' worth" - ich hoffe, das hilft Dir ein bisschen weiter.

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