... von Universitätsprofessor Dr. Gerhard Merk, Siegen
Begriffsbestimmungen aus der Geldpolitik im allgemeinen und aus der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) insonderheit sowie aus dem Bereich des Aufsichtsrechts und der Staats-Schuldenverwaltung,
auf mehrfachen Wunsch ergänzt auch um – etwelche, zum Verständnis der Zentralbankpolitik notwendige Grundbegriffe des Bank- und Börsenwesens und um – ‚ die Beschreibung einiger für die europäische und die weltweite geldpo-litische Zusammenarbeit wichtiger Gremien und Foren sowie – ƒ Hinweise auf entsprechende Fachartikel im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank (unter der Adresse <http://wwwbundesbank.de> abrufbar) bzw. im Monatsbericht der Europäischen Zentralbank (unter der Adresse <http://www.ecb.int/> downloadbar).
Alphabetisch geordnet, mit den jeweiligen englischen Fachbegriffen, und erarbeitet haupt-sächlich aufgrund offizieller Druckschriften, vor allem der Monatsberichte der Europäi-schen Zentralbank. – Kursiv gesetzte Begriffe verweisen frühere oder spätere Erklärungen innert dieser Aufstellung.
Bei den angegebenen Verweisungen auf das (von allen Gesetzen mit am meisten Änderungen un-terworfene) deutsche "Gesetz über das Kreditwesen" (KWG) sollte im Zweifelsfall immer auf die neueste Textfassung zugegriffen werden. Diese findet sich bei <http://www.bafin.de/>; dort auf "Rechtsnormen und Schreiben" und sodann auf "Gesetze" klicken
Achtung! F Wenn von Geldpolitik "der EZB" die Rede ist, meint man in der Regel die Europäi-sche Zentralbank in Frankfurt am Main und die nationalen Zentralbanken jener Länder, welche den EUR eingeführt haben (das "Eurosystem"). – Das ESZB (Europäische System der Zentralbanken, siehe Artikel 105 EGV) umfasst rechtlich auch jene EU-Staaten, die den EUR (noch) nicht einge-führt haben. – Im folgenden ist mit EZB immer der Verbund von Zentralbanken im Eurosystem gemeint. – Eine einheitliche Geldpolitik des ESZB wird es erst dann geben, wenn die Zentralban-ken aller EU-Mitglieder den EUR eingeführt haben.
Abschlussvermittlung (contract brokerage): die Anschaffung und Veräusserung von Wertpapieren, Geldmarktinstrumenten oder Derivaten im fremden Namen für fremde Rechnung. In Deutschland unterliegen entsprechende Dienstleister der Kontrolle durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht; siehe auch § 32 KWG.
Abschlusstag (trade date, abgekürzt: T): Bei der EZB Datum, an dem ein Abschluss (d. h. eine Übereinkunft bezüglich über eine finanzielle Transaktion zwischen zwei Geschäfts-partnern) getätigt wird. - Dieses Datum kann mit dem Abwicklungstag für die Transaktion zusammenfallen (gleichtägige Abwicklung) oder dem Abwicklungstag um eine bestimmte Anzahl von Geschäftstagen vorausgehen (der Abwicklungstag wird bezeichnet als T plus Zeit bis zur Abwicklung).
Abschottungsverfahren (Chinese Wall): Im Zuge der Compliance die organisatorische und personelle Trennung einzelner Vertraulichkeits-Bereiche innert einer Bank. Von den Aufsichtsbehörden teilweise im einzelnen genau vorgeschrieben und überwacht. – Siehe Chinese Wall, Corporate Governance, Insider-Meldepflicht, Mitarbeitleitsätze, Need-to-know-Prinzip, Organkredite, Wall Crossing.
Absicherung (hedging): Die Übertragung eines aus einer ungünstigen Preisbewegung allfällig entstehenden Verlustrisikos durch den Kauf oder Verkauf von Kontrakten im Terminmarkt. - Soll eine Gut (Finanzprodukt, Ware) in der Zukunft gekauft werden, so kauft man heute einen Terminkontrakt (long hedging). Soll die Ware in der Zukunft verkauft werden, dann verkauft man heute einen Terminkontrakt (short hedging). – Siehe Hedging, Ersatz-Sicherungsgeschäft, Option.
Abstand zur Ausfallschwelle (distance to default): Messgrösse zur Beurteilung der Stabilität im Finanzmarkt. Bei dem Mass handelt es sich genauer um die Anzahl der Stan-dardabweichungen des Vermögenswertes von der Ausfallschwelle (definiert als der Punkt, an dem der Wert der Aktiva einer Bank genau dem Wert ihrer Passiva entspricht; ihr Ei-genkapital also Null ist). Ermittelt wird die Messgrösse anhand des Marktwertes der Aktiva unter Berücksichtung der Volatilität des Marktwertes sowie der Verbindlichkeiten der Bank. Das Mass gilt weithin als eine der verlässlichsten in die Zukunft gerichteten Risikoein-schätzungen. – Siehe Liquiditätsrisiko, Rendite-Abstand, Risiko, banktechni-sches, Risiko, operationelles, Risikogewichtung, Risikotransparenz. – Vgl. Monatsbericht der EZB vom August 2002, S. 66.
Abwicklungssysteme (settlement systems): Verfahren, durch welche Finanzinstitute Da-ten und Dokumente über Zahlungen oder Wertpapierübertragungen vorlegen und unter-einander austauschen. In der Regel schliessen die Verfahren auch Regeln für die Berech-nung der bilateralen und multilateralen Nettopositionen der Teilnehmer ein. Durch ein sol-ches Netting wird die Abwicklung der Transaktionen vereinfacht, indem eine grosse An-zahl einzelner Positionen auf eine geringere Zahl verkleinert wird. Die EZB ist um eine Vereinheitlichung der Systeme europaweit bemüht. – Siehe Clearingstream Banking Frankfurt, Verwahrstelle, Zentralverwahrer. – Vgl. Monatsbericht der EZB vom April 2002, S. 51 ff.
Abwicklungstag (settlement date): Bei der EZB Datum, an dem eine Transaktion ausge-führt wird. - Die Abwicklung kann am gleichen Tag (gleichtägige Abwicklung) oder einen oder mehrere Tage nach dem Abschluss stattfinden (der Abwicklungstag wird definiert als der Abschlusstag T plus Zeit bis zur Abwicklung). – Siehe Abschlusstag.
Abzug, pauschaler (standardised deduction): Bei der EZB bestimmter Prozentsatz der Summe der ausgegebenen Schuldverschreibungen mit einer vereinbarten Laufzeit von bis zu zwei Jahren sowie der Geldmarktpapiere, der von der Mindestreservebasis derjenigen Emittenten abgezogen werden kann, die nicht in der Lage sind nachzuweisen, dass diese Verbindlichkeiten gegenüber anderen der Mindestreservepflicht des Eurosystems unter-liegenden Instituten, der EZB oder einer nationalen Zentralbank bestehen.
Abzugskredit (deducting credit): In der Sprache des deutschen Aufsichtsrechts Darlehn an nahestehende Personen und Institutionen, die bei der Ermittlung des Eigenkapitals ei-ner Bank nach § 10 KWG zu berücksichtigen sind. In § 5 der Anzeigenverordnung wird die Art und Weise der Meldung solcher Kredite an die Bundesanstalt für Finanzdienstleis-tungsaufsicht geregelt.
Accounting Task Force (so auch im Deutschen): In Zusammenhang mit Basel-II ein Gremium, das in erster Linie die Harmonisierung der Rechnungslegung der Banken für aufsichtsrechtliche Zwecke zur Aufgabe hat. Weiterhin werden Richtlinien zur Abschluss-prüfung und damit auch über die Qualität der Revisionsabteilungen der Banken erarbeitet. – Siehe Public Company Accounting Oversight Board, Sarbanes-Oxley-Act, Verlusttar-nung.
Acting in concert (so auch im Deutschen gesagt): Ein abgestimmtes Verhalten, ohne dass dem eine rechtsverbindliche Vereinbarung zugrunde liegt. Die Bundesanstalt für Fi-nanzdienstleistungsaufsicht betrachtet bezügliche Übereinkommen als den Vorschriften der Stimmrechts-Offenlegung unterliegend. – Siehe Ad-hoc-Mitteilung, Anteileignerkontrol-le, Stimmrechts-Datenbank, Publizität, situationsbezogene, Verbindung, enge.
Ad-hoc-Mitteilung (ad hoc disclosure): In Deutschland Pflicht der in den Segmenten amt-licher Markt und geregelter Markt (nicht jedoch auch im Freiverkehr) börsenzugelassenen Aktiengesellschaften, über wichtige Veränderungen der finanziellen oder wirtschaftlichen Situation in ihrem Geschäftsbereich die Öffentlichkeit zu informieren. Diese der Markt-transparenz dienende Vorschrift nach § 15, Abs. 2 WpHG wird von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (auch hinsichtlich eines allfälligen Missbrauchs durch schön-färberische Verlautbarungen) im einzelnen kontrolliert. - Eine ad-hoc publizitätspflichtige Tatsache ist unverzüglich (d. h. ohne schuldhaftes Verzögern) mitzuteilen und zu veröf-fentlichen. Dies hat unabhängig von den Börsenhandelszeiten zu geschehen. - Vorsätzlich oder grob fahrlässig, unvollständig oder unrichtig abgegebene Ad-hoc-Meldungen begrün-den eine Schadensersatzpflicht. - Nicht mit Sanktionen belegt bleiben bis anhin Äusserun-gen der Organvertreter ausserhalb von Ad-hoc-Mitteilungen, vor allem in Hauptversamm-lungen, Presse, Funk und Fernsehen. – Siehe Angaben, verschleierte, Delisting, Fron-trunning, Kursmanipulation, Publizität, situationsbezogene, Schadensersatzpflicht, Stimmrecht-Offenlegung, Veröffentlichung, unverzügliche, Scalping, Werbebeschränkun-gen. – Vgl. die Adressenliste zu elektronisch verbreiteten Ad-hoc-Mitteilungen im Jahres-bericht 2001 des Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel, S. 34; vgl. auch Vgl. Jah-resbericht 2002 der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, S.158 ff.
Adverse Selection (so auch häufig im Deutschen): Siehe Negativauslese.
Agent, gebundener (agent bound by contract): Person, welche die Anlage- oder Ab-schlussvermittlung ausschliesslich für Rechnung und unter Haftung eines Einlagenkredit-instituts oder Wertpapierdienstleistungs-Unternehmens im Inland betreibt. Da die Institute die Gewährleistung für die gebundenen Agenten übernommen haben, kann der Kunde bei (Beratungs)Fehlern des Agenten allfällige Schadensersatzansprüche gegenüber dem In-stitut geltend machen, woraus sich ein mitunter erhebliches Haftungsrisiko ergibt. Die Auf-sichtsbehörden verlangen daher eine angemessene Unterlegung dieses Haftungsrisikos. – Vgl. Jahresbericht 2001 des Bundesaufsichtsamts für den Wertpapierhandel, S. 13.
Aggregate, monetäre (monetary aggregates): Ein monetäres Aggregat wird von der EZB definiert als Summe des Bargeldumlaufs zuzüglich jener ausstehenden Verbindlichkeiten von monetären Finanzinstituten, die einen hohen Geldgrad oder eine hohe Liquidität im weitesten Sinne aufweisen. - Nach der Definition des Eurosystems umfasst die weitgefasste Geldmenge M3 neben dem Bargeldumlauf folgende Verbindlichkeiten des Geldschöpfungssektors des Euro-Währungsgebietes in den Händen von Ansässigen des Euro-Währungsgebietes: – täglich fällige Einlagen, – ‚ Einlagen mit vereinbarter Laufzeit bis zu zwei Jahren, – ƒ Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist bis zu zwei Jahren, – „ Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist bis zu drei Monaten, – … Repo-Geschäfte, – † Geldmarktfonds-Anteile und Geldmarktpapiere sowie – ‡ Schuldverschreibungen mit einer Ursprungslaufzeit bis zu zwei Jahren. – Siehe Geldmenge, Geldschöpfungssektor, Finanzinstitut, monetäres, Liquidität, M1, M2, M3. – Vgl. Monatsbericht der EZB vom September 2003, S. 9 ff. (Neuerungen bei der statistischen Erfassung).
Agio (premium): Siehe Aufgeld.
Agiopapiere (premium securities): Anleihen, die bei Auslosung oder Kündigung mit einem Aufgeld zurückbezahlt werden. Vor allem bestimmte Unternehmensanleihen sind mit ei-nem solchen Zuschlag tilgbar.
Akkreditiv (letter of credit, L/C): Ein Brief, durch welchen jemanden bei einem Dritten (in der Regel: bei einer Bank) ein Kredit eröffnet wird. Früher wurde ein solcher Brief gewöhn-lich Reisenden mitgegeben, die durch denselben gleichzeitig dem Adressaten empfohlen wurden.
Aktienblase (share [US: stock] bubble): Der Anstieg des Aktienkurses eines Unterneh-mens (oder aller börsennotierter Unternehmen) auf ein Niveau, das aufgrund der ökono-mischen Grunddaten ("fundamentals" wie Vermögen, Gewinn, Stellung im Markt, künftige Absatzaussichten) nicht gerechtfertigt ist. Die Forschung hat klar aufgezeigt, dass solche Blasen rational nicht erklärbar und meistens auch nicht sofort erkennbar sind. – Siehe Bla-se, spekulative, Dotcom-Blase, Spekulationsblase, Überbelastung, Vertrauens-Hypertrophie.
Aktienfonds (share fund). Hauptsächlich in Aktien angelegtes Vermögen einer Kapitalan-lagegesellschaft. – Im jeweiligen Monatsbericht der EZB finden sich ("Statistik des Euro-Währungsgebiets") detaillierte Aufstellungen über die Aktienfonds in Euroland.
Aktienindex (share index): Anhand eines Musterdepots (Aktienkorb) errechnete statisti-sche Kennzahl über die Entwicklung der erfassten Aktienkurse an einer oder mehrerer Börsen. Der Stand des jeweiligen Index hat (wie die Erfahrung zeigte) für Kauf- und Ver-kaufsentscheidungen eine erhebliche Bedeutung. Auch gelten Gesamtmarkt-Indizes (wie etwa der Dax) als Konjunkturbarometer – Siehe Dax, Dow-Jones-Average, Kursindex, Nemax, Performanceindex, Xetra. – Vgl. den Verlauf wichtiger Indizes im Teil Statistik des Euro-Währungsgebiets des jeweiligen Monatsberichts der EZB.
Aktienkapital (share capital): Der Nennwert (Nominalwert im Unterschied zum Kurswert) aller ausgegebenen Aktien einer Aktiengesellschaft, ohne Rücksicht darauf, in wessen Hände diese sich befinden.
=======================
Ist das so i.O. oder haut das den Server zusammen?
Ich würde ggf. mit dieser Einstellung fortfahren...
Gruß
HORSTWALTER
PS: Ist für Einsteiger gedacht, die noch begriffliche Unsicherheiten haben.