oder meinst Du den hier?
Thorium-Reaktor / Spitzname: "Rubbiatron"
TA-Studie Frankreich
Eine Studie der parlamentarischen TA-Stelle Frankreichs hat in der Öffentlichkeit für Aufsehen gesorgt: Im April stellte Claude Birraux, Chemieingenieur und Experte für Kernenergie-Anlagen, seine TA-Studie über einen neuen Thorium-Reaktor vor. Dessen Prinzip beruht darauf, geschmolzenes Blei durch einen Strom von Protonen zu bombardieren, um Neutronen zu erzeugen. Diese werden auf Thorium-232-Atome gelenkt, die sich in spaltbares Uranium-233 verwandeln und damit eine Kettenreaktion einleiten, die indes auf die konstante Protonenzufuhr angewiesen ist.
Der Förderer dieses Reaktortyps, Nobelpreis-Gewinner Carlo Rubbia, bescheinigt dem neuen Verfahren zahlreiche Vorteile: So sei es möglich, den Reaktor durch einen Unterbruch der Protonenzufuhr schneller als konventionelle Typen abzuschalten. Zudem fielen - vorausgesetzt, dass tatsächlich Thorium verwendet werde - weniger radioaktive Abfälle an. Auch sei er im Energieertrag trotz der hohen Anfangskosten wettbewerbsfähig. Namentlich die Aussicht auf einen "sicheren und sauberen" Reaktor weckte Interesse und Hoffnungen in der Öffentlichkeit; im Frühsommer verging nahezu kein Tag, an dem nicht irgend eine Zeitung aus der Romandie über das sogenannte "Rubbiatron" - so lautet der Spitzname des neuen Reaktors - berichtete.
Der TA-Bericht von Claude Birraux war das Resultat einer Anhörung von Rubbia durch den Nationalkongress, der darüber zu befinden hat, ob ein solcher Reaktor gebaut werden soll. In seiner umfassenden Darstellung nuanciert Birraux etliche der euphorischen Ankündigungen von Rubbia: Technische Probleme lägen insbesondere in der Konstruktion der Eingangsschleuse, durch welche die Protonen in den Reaktor geleitet würden. Diese hätte nämlich sowohl den Hochenergie-Protonen wie auch dem geschmolzenen Blei standzuhalten. Die Schleuse müsste realistischerweise jedes Jahr ersetzt werden - unter hohen technischen Schwierigkeiten. Auch seien die thermohydraulischen Eigenschaften und das Korrosionsvermögen von geschmolzenem Blei weitgehend unbekannt. Ausserdem stellt Birraux die Behauptung in Frage, die beim Thorium-Reaktor anfallenden Abfall- bzw. Zwischenprodukte (insbesondere das Uranium 233) eigneten sich nicht für die Waffenherstellung.
Auf jeden Fall hält der Autor die Ankündigung Rubbias für unrealistisch, ein Prototyp des Reaktors könne in den nächsten 5-6 Jahren gebaut werden. Ausdrücklich kritisiert Birraux den Erfolgsdruck und Machbarkeitszwang der am Rubbiatron beteiligten Forschenden und mahnt zu mehr Vorsicht.
Hingegen gesteht Birraux dem neuen Reaktor auch gewisse Vorteile zu: Indem Thorium durch Plutonium oder andere Transurane ersetzt würde, könnte der Reaktor zur Vernichtung dieser radioaktiven Abfälle verwendet werden. Birraux stützt seine Empfehlung, einen Testreaktor zu bauen, nicht zuletzt auf ein Gesetz aus dem Jahr 1991, das vorsieht, die wissenschaftliche Forschung zur Atommüllbeseitigung zu unterstützen. Allerdings solle die französische Regierung in erster Linie die internationale Zusammenarbeit anstreben, um den Reaktor zu finanzieren.
Den in der Studie von Birraux zusammengefassten Ergebnissen kommt für das TA-Programm nicht zuletzt im Hinblick auf das PubliForum "Strom und Gesellschaft" eine grosse Bedeutung zu.
(Quelle: Birraux Claude, 1997: Contrôle de la sûreté et de la sécurité des installations nucléaires. Paris: Assemblée nationale. ISBN 2-11-105362-7.)
http://www.ta-swiss.ch/www-rem…r/97/3_97/3_rubbia_d.html
Grüße GW