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US-Regierung sorgt mit neuer
Statistik für Erholung am Arbeitsmarkt
04. Jun 11:59
US-Präsident George W. Bush
Foto: AP
Der Wahlkampf in den USA macht auch vor Konjunktur-Daten nicht Halt: Eine neue Statistik hilft bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze kräftig mit. Experten sprechen von «Marketing» für die US-Wirtschaft.
Von Marcus Gatzke
In den vergangenen Monaten hat US-Präsident George W. Bush beim Blick auf die Arbeitsmarktzahlen wohl mehr als einmal kräftig durchgeatmet. Ein großes Problem im Wahlkampf scheint sich zumindest nicht weiter zu verschärfen. Die jüngsten Zahlen zu den neu geschaffenen Stellen deuten sogar auf eine deutliche Verbesserung der Arbeitsmarktlage in den Vereinigten Staaten hin. Die oft beschworene Gefahr einer so genannten «jobless recovery» – eines Aufschwungs, der keine Arbeitsplätze schafft – scheint sich nicht zu bewahrheiten.
Ist der amerikanische Arbeitsmarkt aber wirklich auf dem Weg der Besserung? Unter Präsident Bush gingen immerhin mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze verloren. Der Präsident hatte darauf wenig Einfluss – zugestanden. Die geplatzte Spekulationsblase an den internationalen Kapitalmärkten stürzte die Wirtschaft in eine Rezession, und die Terroranschläge vom 11. September 2001 sowie die Bilanzskandale bei verschiedenen US-Konzernen taten ein Übriges, um das Vertrauen der Verbraucher und Unternehmen in die amerikanische Volkswirtschaft zu erschüttern.
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So wenig Bush Schuld an der Job-Misere hat – so schuldig könnte er aber am scheinbaren Aufschwung am Arbeitsmarkt sein. «What are they smoking at the labour department?», fragte etwa der Kolumnist der «New York Post», John Crudele.
Das amerikanische Arbeitsministerium hat jüngst eine neue Statistik-Methode eingeführt. Mit dem so genannten Net-Birth/Death-Modell sollen die neuen Arbeitsplätze erfasst werden, die durch Selbstständigkeit oder in kleinen und mittleren Firmen geschaffen werden. Bisher war die Erfassung von solchen neuen Selbstständigen - in Deutschland auch unter dem Namen Ich-AG bekannt - nicht möglich. Da den Experten des Ministeriums aber kein echtes Datenmaterial zur Verfügung steht, wird die Zahl der entstandenen Jobs einfach statistisch geschätzt. Und siehe da: 270.000 von insgesamt 288.000 Arbeitsplätzen entstanden im April allein aufgrund der neuen statistischen Methode.
Qualität und nicht Quantität
«Das Ministerium unterstellt, dass bei den Selbstständigen Arbeitsplätze entstehen, hat aber keine Beweise dafür», wirft Carsten Fritsch, Volkswirt bei der Commerzbank, den Beamten vor. Es sei ungeklärt, wie viele Jobs tatsächlich geschaffen worden sind und wie viel davon lediglich «Phantomjobs» waren, fügt der Experte an.
Es gelte zudem, «nicht nur auf die Quantität, sondern auch auf die Qualität des Stellenzuwachses zu achten». Die neu geschaffenen Stellen im März seien zu großen Teilen auf Teilzeitjobs zurückzuführen.
Auch das Wachstum könnte zu hoch sein
Die Arbeitsmarktdaten für April
Das neue Modell des Ministeriums
Den Zahlen lägen keine «erfassten Daten zugrunde», meint auch Folker Hellmeyer, Chefanalyst bei der Bremer Landesbank. Die Schätzungen basierten allein auf Umfragen. Zudem würden in den USA mittlerweile zwölf saisonale Faktoren bei der Erfassung der Arbeitsmarktdaten berücksichtigt, so Hellmeyer. Üblich seien aber allenfalls vier.
Problematisch ist nach Meinung der Experten grundsätzlich, dass die konjunkturellen Daten aus den USA nur noch quantitativ und nicht mehr qualitativ bewertet würden. Nach einem Artikel des Wirtschaftsmagazins «Economist» könnte das auch Wirtschaftswachstum in den USA deutlich überbewertet sein. Das Magazin bezieht sich dabei auf Berechnungen des Goldman-Sachs-Volkswirtes Jan Hatzuis.
Alles nur Marketing
George Bush setzt auf John Maynard Keynes
Bush läuft der Haushalt aus dem Ruder
Analyst Hellmeyer geht sogar noch weiter: «Die neuen statistischen Methoden dienen allein dem Marketing, um die hohen Defizite in den USA finanzierbar zu halten.» Die Daten spiegelten nicht die Realität in den USA wider. Ein Vergleich mit der Situation in der Euro-Zone oder auch in Deutschland sei damit, «wie ein Vergleich von Ananas und Eigelb».
Die amerikanische Wirtschaft wuchs im ersten Quartal nach ersten Schätzungen offiziell um 4,4 Prozent - die deutsche auf Jahresbasis um 1,5 Prozent. Aber Amerika hat derzeit mit einem so genannten Double-Defizit zu kämpfen. Neben einem hohen Haushaltsdefizit leidet die amerikanische Wirtschaft auch mit einem exponentiell steigenden Leistungsbilanzdefizit.
Nach 2009 könnte das Defizit im Haushalt gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis auf mehr als zehn Prozent steigen. Davon gehen sogar die sehr optimistischen Prognosen der Regierung Bush aus. Zum Vergleich: Deutschland hatte im vergangenen Jahr ein Defizit von knapp unter vier Prozent - und verstößt bereits damit gegen den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt