Während der Pariser Konferenz der "Inter-Allied Reparation Ageny" 1945, die von den USA dominiert wurde, hielten die Delegierten fest, dass die Alliierten unter Raubgold ausschließlich Zentralbankreserven verstehen, obwohl monetäres Gold nach der Haager Landkriegsordnung theoretisch als Siegerbeute einbehalten werden darf, keinesfalls aber nichtmonetäres Gold von Privaten. Könnte es sein, dass diese grundsätzliche Rechtsauffassung, mit der die Haager Landkriegsordnung auf den Kopf gestellt wurde, schon im Hinblick auf den Fernen Osten präjudizierend formuliert wurde, da Japan während des Zweiten Weltkriegs dort fast ausschließlich nichtmonetäres Gold (das damit möglicherweise dann nicht restitutionspflichtig wäre) geraubt hat (vgl. dazu: Maissen, Thomas, "Die Raubgoldproblematik 1933-1955", vertraulicher Bericht für die Credit Suisse Group, August 2001, sowie: NARA, RG 82/2000, S. 670f.)?
Auch wenn es im Westen nach 1945 kaum noch bekannt ist: Das Horten von Gold ist seit Jahrhunderten traditionell Bestandteil nicht nur der indischen und chinesischen, sondern generell der asiatischen Kultur in allen Ländern des Fernen Ostens (vgl.: "Enzyklopädisches Lexikon des Geld-, Bank- und Börsenwesens", Frankfurt, 1999, S. 411, sowie: Hans, J., "Geld und Gold in Asien", Wien, 1930, S. 5-6). Das asiatische Gold war von den Statistiken des Westens bis 1945 aber nie erfasst worden (vgl. dazu die von Green, Tomothy veröffentlichten Angaben und Statistiken auf S. 16-23 in "Central Bank Gold Reserves - an historical perspective since 1845", Research Study No. 23, World Gold Council, 1999).
Neben eigener Goldproduktion und -tradition in Asien seit Jahrtausenden waren außerdem riesige Mengen des westlichen Goldes (schließlich auch ein großer Teil des kalifornischen Goldes ab Mitte der 1850er Jahre) Jahrhunderte lang vor allem über Europa, aber auch direkt von Amerika aus, im Rahmen des Handels in den Fernen Osten abgeflossen. Gleichzeitig floss russisches Gold gen Süden nach China, während Gold aus dem heutigen Indonesien und Australien nach Norden strömte und im Reich der Mitte und in den Nachbarländern landete. Umgekehrt hatte die Asiaten aber keinen großen Bedarf an Gütern aus dem Westen. Um wenigstens einen Teil des nach Asien abgeflossenen Goldes aus Asien wieder zurückzuholen, betätigte sich die britische Regierung im 19. Jahrhundert als erster global agierender Drogendealer und verkaufte Opium an die Chinesen (siehe: Opiumkriege).
Da Gold in Asien kein monetäres Metall war, gleichwohl als hochwertiges Geldersatzmittel und auch wegen seiner großen Schönheit geschätzt war , verschwand es Jahrhunderte lang in der Hortung.
Anfang des 20. Jahrhunderts bereiteten sich die asiatischen Länder auf einen Währungswechsel von der Silber- zur Goldgrundlage vor: China ab 1895/1930, Britisch-Indien (1927), Siam (1928), Indochina und Persien (1930). Damit war für den Westen ein Problem von "weltwirtschaftlicher Bedeutung" entstanden. Er befürchtete, dass der Übergang Asiens von der Silber- zur Goldgrundlage bei gleichbleibender Weltgoldproduktion eine "Verknappung der monetären Goldreserven der Welt" auslösen würde. 1930 fragte sich nicht nur der österreichische Nationalökonom J. Hans ("Geld und Gold in Asien"), ob "der Mehrbedarf durch die Mobilisierung und Überleitung des besonders in Südasien als Schmuck und Tempelschatz gehorteten Goldes in die Kanäle des modernen Bankverkehrs" gedeckt werden könne.
Warum also wird in den Publikationen der zum internationalen Goldkartell zählenden Institutionen und Organisationen, die von den USA dominiert werden, der Eindruck erweckt, als sei der Ferne Osten bis 1945 in weiten Teilen eine nahezu goldfreie Region gewesen?
Fortsetzung folgt.