Koste es, was es wolle
Von Peter Boehringer Tuesday, 10. November 2009
Angela Merkel: "Die spannendste Frage, um Mauern zu überwinden, wird sein: Sind die Nationalstaaten bereit und fähig, Kompetenzen an multilaterale Organisationen abzugeben - koste es, was es wolle."
Finanzgeschichte ist zwar oft mühsam und professoral vernebelt. Meist ist sie aber auch aktuell, lebendig und lehrreich.
Ohne seit 2008 erlebte Finanzgeschichte wüsste die Welt vermutlich bis heute nicht, was eine Milliarde [10 hoch 9; engl. billion] in der Praxis bedeuten kann. Z.B. für Mitarbeiter eines Autobauers OPEL, dessen US-Mutter unseren ehemaligen Wirtschaftsminister in dessen nur 5-monatiger Amtszeit mal eben um mindestens 5 x 10 hoch 9 Steuer-Euros erleichtert hat, die nun vermutlich in Detroit oder New York gute Verwendung finden werden.
Oder was eine Billion [10 hoch 12; engl. trillion] in der Praxis bedeuten kann. Z.B. bei den Bankenrettungen, die die Welt bislang mindestens 5 x 10 hoch 12 Steuer- und Druckerpressen-Dollars gekostet hat. Selbst meine eigene Schätzung vom Mai 2008 i.h.v. EINER Billion, für deren "Exorbitanz" und "Lächerlichkeit" ich damals verspottet worden war, ist mittlerweile um mindestens den Faktor 5 überschritten!
Oder was eine Billiarde [10 hoch 15; englisch quadrillion] in der Praxis bedeuten könnte. Z.B. bei den Derivatenbergen der Welt, die mittlerweile diese Billiarden-Grenze überschritten haben und bei deren auch nur teilweisen Meltdowns ganze Staaten und bis dato zivilisierte Gesellschaften zusammenbrechen würden.
Wie das letzte Beispiel zeigt, setzt die menschliche Vorstellungskraft zumindest bei der Billiarde restlos aus. Und da eine Nanny-Politikerin wie Angela Merkel ja immer für den "Menschen" [nicht etwa für den freien, selbstbestimmten und mündigen Bürger] denkt, schirmt sie die Menschen nun endgültig vor diesen vielen vielen Nullen ab. Zwar nicht vor denen im Kabinett - aber immerhin vor der Debatte um die Kosten der derzeit so beliebten "Menschenbeglückungen" [früher: "Volksbeglückungen"].
Ihr Zitat anlässlich des Mauerfalls vor 20 Jahren zeigt ihren unbedingten Führungswillen, nun endlich und dauerhaft die kleinlichen Kostendebatten zu beenden. Dafür greift sie zum ultimativen Argument. Zitat vom 9.11.2009:
"Die spannendste Frage, um Mauern zu überwinden, wird sein:
Sind die Nationalstaaten bereit und fähig, Kompetenzen an multilaterale Organisationen abzugeben - koste es, was es wolle."
"Koste es, was es wolle"! Sic!
Ist das nicht beste Schröder´sche "Basta"-Politik?! Das hat zwar somit vielleicht keine neue Qualität - ganz sicher aber völlig neue Quantität!
Man sollte allerdings Ex-Kanzler Schröder zugute halten, dass auch er nicht der erste war, der Basta-Politik betrieben hat. Kosten sind aus staatsmännischer Sicht seit der Erfindung des ungedeckten Papiergelds nur noch etwas für Erbsenzähler, denn die Kosten werden ja seitdem nicht mehr nur über offene und unpopuläre Steuern, sondern über versteckte Staatsschulden und Zinsen immer klaglos vom Bürger - äh Bürgen - äh "Menschen" getragen. Und Steuergelder sind aus Politikersicht immer "Fremdkapital". Volkswirtschaftlich-bilanziell ist das falsch. Aber "fremdes Geld" ist es für Politiker schon - denn keiner zahlt die von ihm verursachten Kosten aus eigener Tasche!
Schon Adenauer und Brandt und Schmidt und Kohl weigerten sich, den "europäischen Frieden" kleinlich in DM zu messen. Dass wir nie wieder gegen Frankreich zu Feld ziehen würden, war jedes Opfer wert [was sogar ein valides Argument wäre, wenn wir nicht anno 2009 völlig andere und viel gefährlichere Fronten in dieser Welt hätten!]:
Die Aufgabe nationaler Souveränität zugunsten der Montanunion/EWG/EU; sowie die Abgabe des deutschen Volksgoldes; sowie die Aufgabe der DM zugunsten des Euro; sowie die EUropa-weite Quersubventionierung fast aller EU-Defizite mit Abermilliarden deutscher Überschüsse seit 40 Jahren und ganz besonders seit 2002, seitdem fast alle anderen EU-Staaten nur noch Defizite erwirtschaften. Mitterand sagte nicht umsonst "Der Euro ist wie Versailles - nur ohne Krieg". Von den vielen vielen "multilateralen" Kosten für "multilaterale Organisationen" jenseits der EU wollen wir hier gar nicht erst anfangen...
Dennoch: Irgendwie erscheinen all diese Milliarden-Debatten aus heutiger Sicht des Jahres 1 nach den Billionen-schweren Bankenbailouts seit 2008 irgendwie kleinlich und anachronistisch.
Angela Merkel zeigt: Politiker sind doch lernfähig. Die kleinlichen Kostendebatten gehören von nun an der Vergangenheit an. Wenn es um die Klimarettung, um die Bankenrettungen oder um die Volks- äh Menschenrettungen vor den Gefahren der Vogel- äh Schweinegrippe geht, ist das Füllhorn künftig per definition und immer zur Stelle.
Und wenn es gar um die "Kompetenzabgabe an multilaterale Organisationen" geht, ist die Merkel-Skala für deutsche Kostenübernahme nach oben offen und unbegrenzt. Seit dem gestrigen 9. November 2009 nun ganz offiziell.
Aber da die Weltregierung mit den ausführenden Organen "multilaterale Organisationen" ja zu unser aller Wohl eingerichtet wird, sollte sie uns auch "Alles, was es wolle" wert sein. Oder widerspricht hier etwa irgendein niederer Erdling?
Lloyd Blankfein von Goldman geht sogar noch einen Schritt weiter: Er verrichtet erklärtermaßen kein menschliches Werk mehr. Er sieht sich wie die Blues Brothers "on a mission from God" und verrichtet dementsprechend mit seinen göttlich bezahlten Mitarbeitern und der auch von ihm gesponserten Welt(en)regierung "Gottes Werk"...
Wie man auf der betragsmäßig nach oben offenen Exter-Pyramide erkennen kann, sind die Nullen solch "multilateraler" oder auch "göttlicher" Budgets dann grundsätzlich unbegrenzt ["T" = "trillion" bzw. "Billion"]:
Heute sind es im Derivatbereich in der Spitze bereits 15 Nullen. Morgen in noch inflationäreren Zeiten werden dann nur noch Darstellungen in Zehnerpotenzform die Beträge zumindest mathematisch "real" darstellen können, die die Bankenbailouts und die Budgets von IWF, Weltbank und IFC künftig umfassen werden.
Merkels "Koste es, was es wolle" ist daher eine reale, wahre und auch nicht widerlegbare Aussage. Oder ist es eine Drohung? You bet: Eine Drohung gegen (u.a.) das deutsche Volk, von dem sie gemäß Amtseid "Schaden abwenden" muss - das aber offenbar nun "multilateral" aufgehen soll und als Volk und Staat zu verschwinden hat!
Es soll und kann später keiner sagen, wir hätten es nicht gewusst und Merkel und Blankfein und Gore und Brown hätten uns nicht gesagt, wo es hingehen soll!
"Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten,
vom Feinde bezahlt und dem Volke zum Spott.
Doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten,
dann richtet das Volk und es gnade euch Gott."
Carl Theodor Körner. Deutscher Dichter. Gefallen 1813 im Freiheitskrieg gegen Napoleon.
Besuchen Sie den Autor auf seinem Blog: --->goldseitenblog.com/peter_boehringer