Klapsmühlen-Gipfel: Sigmund Freud zu Besuch in der Fed
markus gaertner
So stellt man sich das Treiben in einem indischen Finanzamt in Maharashtra vor, aber nicht in der Hauptstadt der USA: Seit Monaten werden Buchungstricks angewandt und Zahlungen an staatliche Pensionsfonds reduziert, um die Regierung der größten Volkswirtschaft der Erde am Laufen zu halten.
Jetzt droht trotzdem das Anstoßen an der vom Kongress definierten Schuldengrenze. Und Finanzminister Jack Lew muss kleinlaut zugeben, dass der Barbestand in der Bundeskasse Mitte Oktober nicht einmal mehr 50 Milliarden Dollar betragen wird. Bisher wurde beim Kassensturz stets mehr angegeben.
Aber, ooops, in den vergangenen Wochen sprudelten die Einnahmen des Staates etwas weniger, erfahren wir heute bei CNBC. Wir hoffen und beten alle, dass die Verwaltung der atomaren Sprengköpfe in Washington besser gemanagt wird, als der Cashflow der Regierung.
In diesem ganzen Schlamassel behauptet Obama: Mit den Republikanern verhandle ich nicht über das Schuldenlimit. Und die Reps geloben ihrerseits: Wir halten im Plenarsaal so lange Reden, bis wir umfallen – sprich: Bis die Schuldendecke durchstoßen wird.
Das wird aller Voraussicht nach in zwei Wochen sein. Wie bis dahin eine Lösung in Washington gefunden werden kann, weiß bis heute niemand. Aber in einer Welt, die mit großem Aufwand für das “richtige” Erscheinungsbild sorgsam manipuliert wird, muss man ja nur den Ratingagenturen einen Maulkorb verpassen.
Dann gibt´s an der Wall Street keine schlechten Nachrichten, die Kurse stabilisieren sich, CNBC jubelt – und das Wall Street Journal erklärt, die USA seien auf dem Weg der Besserung. So ungefähr wird ja auch an den medialen Prachtbauten im Land Merkel geschweißt.
Das chaotische Washington beherbergt die Weltmacht, die stets dann irgendwo auf dem Planeten interveniert, wenn die Dinge aus dem Ruder laufen: Bürgerkrieg, “falsche” Regierung am Ruder, oder Islamisten im Anmarsch – oder so ähnlich.
Es scheint, als sei in Washington so gut wie jeder, der etwas zu sagen – oder die Hand an einem wichtigen Ruder – hat, weit hinter der Kurve: Die US-Währungshüter haben für 2013 bis zu 2,3% BIP-Wachstum prognostiziert. Im ersten Halbjahr waren es mit Ach und Krach 1,8%. Im dritten Quartal, das am Montag zu Ende geht, sollen es auch wieder etwa 1,8% sein.
Die US-Konjunktur müsste also im Schlussquartal aufdrehen wie ein Stealth-Bomber, um das noch hin zu kriegen. Die Fed – und die Börsenkurse in New York – laufen hinterher. Das ist der wahre Grund, warum der DOW seit vier Tagen ohne Unterlass – und trotz des Versprechens der Fed, kein bisschen langsamer zu pumpen – der Realität entgegen korrigiert.
Der Präsident trabt auch hinterher: Noch 2009 setzte sich Obama stur gegen das FBI durch, um seinen Blackberry zu behalten. Damals trug man das Smartphone noch stolz neben der NYT eingeklemmt. Inzwischen ist es eher peinlich, damit erwischt zu werden. Und Obama verwendet es immer noch.
Und während uns diverse Wall Street-Analysten versprechen, dass die Konjunktur bald schneller wächst, lesen wir, dass die Häuserpreise so schnell steigen wie seit sieben Jahren nicht mehr, während der Index des Konsumentenvertrauens – heraus gegeben vom Conference Board – auf den niedrigsten Stand seit Mai fällt.
Ein eklatanter Widerspruch, der vielen völlig egal ist und von noch viel mehr Menschen in den USA gar verstanden zu werden scheint. Manchmal hat man das Gefühl, die Schulen werden deshalb immer schlechter, weil die Ahnungslosigkeit der Wähler mit dem Wahnsinn in Washington synchromisiert werden soll, damit es keine Aufstände gibt.
Das wäre ja mal ein zukunftsgerichtetes Programm. Aber keines, das eine Demokratie weiterbringt.
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