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http://www.welt.de/data/2004/10/06/342586.html
Donnerstag, 7. Oktober 2004 Berlin, 08:40 Uhr
Neuverschuldung auf Rekordniveau
Kabinett billigt den Nachtragshaushalt 2004. Die Kreditaufnahme des Bundes beträgt nun 43,7 Milliarden Euro. Der "Rekordwert" wird von der Union scharf kritisiert
[Blockierte Grafik: http://www.welt.de/media/pic/000/182/18207v1.jpg]Finanzminister Hans Eichel legte in Berlin Nachtragshaushalt auf Rekordniveau vor Foto: AP
Berlin - Das Bundeskabinett hat den Nachtragshaushalt für das laufende Jahr im Umfang von 43,7 Milliarden Euro beschlossen. Ursprünglich hatte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) in diesem Jahr nur 29,3 Milliarden Euro neue Schulden geplant. Grund für die höhere Neuverschuldung seien Steuerausfälle gegenüber der jüngsten Steuerschätzung von 13 Milliarden Euro, hieß es in der Erklärung des Finanzministeriums. Zudem hinterlasse die „ungewöhnlich lange fast dreijährige Stagnationsphase“ in diesem Jahr noch ihre Spuren im Bundeshaushalt. Hinzu kämen Mindereinnahmen beim Bundesbankgewinn sowie durch die Verschiebung der Arbeitsmarktreform „Hartz IV“ und die noch unbefriedigende Lage auf dem Arbeitsmarkt, hieß es weiter.
Seitens der Opposition wurde der Nachtragshaushalt scharf kritisiert. Der haushaltspolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Dietrich Austermann (CDU), stellte fest, bei der Kreditaufnahme handele es sich um einen „Rekordwert“. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Michael Glos, warf Eichel eine „nachhaltige Verletzung der Vorgaben des Grundgesetzes und des Europäischen Stabilitätspakts“ vor. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andreas Pinkwart, nannte den Nachtragshaushalt ein „Dokument des Scheiterns und der Ohnmacht“.
Austermann warf der Bundesregierung vor, mit der Neuverschuldung seien die Kosten des „rot-grünen Versagens in der Wirtschafts- Finanz- und Haushaltspolitik“ noch nicht vollständig erfaßt. Tatsächlich sei das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland von 2001 bis 2003 nur um 0,9 Prozent gewachsen. Im gleichen Zeitraum sei es in Großbritannien um 6,2 Prozent, in den USA um 5,8 Prozent und sogar in Japan um 2,6 Prozent gewachsen. „Hätte Deutschland zwischen 2001 und 2003 das gleiche reale Wirtschaftswachstum erreicht wie Großbritannien, läge unser aktuelles Bruttoinlandsprodukt um mehr als 100 Milliarden Euro höher“, sagte Austermann.
Glos warf Eichel vor, zum dritten Mal in Folge den europäischen Stabilitätspakt zu verletzen. Damit habe Deutschland die frühere Vorbildfunktion auf europäischer Ebene endgültig verloren. Die internationale Glaubwürdigkeit der deutschen Finanzpolitik sei erschüttert. WELT.de/ddp
Artikel erschienen am Mi, 6. Oktober 2004