Eric Fry, Investor´s Daily 18. Mai 2004
"Die Märkte sind verwirrt, die Fed ist verwirrt, wir sind verwirrt",
das hörte ich von meinem Kollegen Addison Wiggin. Er meinte weiter:
"Gute News sind schlechte News für die Aktien; Inflation ist eine
schlechte Nachricht für Gold und eine gute Nachricht für den
Dollar ... natürlich gibt es Erklärungen für alle diese Phänomene.
Manchmal tun die Märkte das, was sie wollen, und nicht das, was sie
sollten. Kurzfristig ist das "sollte" irrelevant. Langfristig
allerdings tendiert das "sollte" dazu, sich durchzusetzen.
Günstig bewertete Aktien, die steigen sollten, steigen, während teure
Aktien, die fallen sollten, fallen. Und Währungen, die an keinen
festen Wert gekoppelt sind, tendieren dazu, relativ zum Goldpreis zu
fallen. Und das sollten sie auch.
Vor kurzem allerdings ist der Dollar gestiegen, während der Goldpreis
gefallen ist. Wird das monetäre Metall bald wieder der sichere Hafen
sein, von dem man annimmt, dass es das ist? Oder werden die steigenden
Zinsen ein Problem für das Gold sein?
Diese Fragen hat John Hathaway, Fondsmanager des "Tocqueville Funds",
in einem brillanten Essay mit dem englischen Titel "Interest Rates and
The Death of Gold" (Zinsen und der Tod des Goldes) untersucht.
Hathaway stellt die Frage: "Wie entwickelt sich der Goldpreis in
Zeiten steigender Zinsen?" Seine Antwort: "Die allgemeine und
vielleicht oberflächliche Antwort lautet ( ...), dass sich Gold dann
schwach entwickelt."
Hathaway betont, dass die ART UND WEISE, in der die Zinsen steigen,
viel wichtiger für den Trend des Goldpreises ist als die absolute
Größe des Zinsanstiegs. Ein Beispiel: Wenn die Inflationsrate noch
schneller als die Zinsen steigt, dann ist der Goldpreis trotz der
steigenden Zinsen ein Gewinner.
Hathaway meint, dass die heutige wirkliche US-Inflationsrate schneller
steigt als die Zinsen - ein Phänomen, das ihn an das Jahr 1968
erinnert. Und das war kurz vor Beginn des großen Gold-Bullenmarktes
der 1970er.
"Es ist nahe liegend zu sagen, dass ( ...) das Jahr 2004 große
Parallelen mit dem Jahr 2004 vorweist. Damals hatte der Dow Jones bei
einem Stand von 1.000 Punkten sein Topp erreicht, und dieses Niveau
sah er bis 1982 nicht wieder. Die Zinsen standen 1968 bei 5,66 % und
stiegen bis 1981 auf 16,39 %. Die Erträge mit Aktien und Anleihen
waren in diesen 14 Jahren schwach. Aber Gold und Goldminen-Aktien
brachten eine exzellente Performance ein."
Der Grund dafür ist die Tatsache, dass die Inflation deutlich
schneller als die kurzfristigen Zinsen stieg. Hathaway: "Ende der
1970er wurden Anleihen als 'Zertifikate der Konfiszierung' beschimpft,
und wenn man bullish für Amerika gestimmt war, dann war das für das
eigene Vermögen nicht gesund. Die Idee, dass Aktien positive Renditen
einbringen könnten, war radikal - und es war sozial riskant, solche
Thesen bei einer Cocktail-Party zu vertreten."
Heute werden Aktien weithin verehrt, als Standardinvestment, während
das Gold nur für merkwürdige Außenseiter etwas ist. "Das Ende von Gold
als Investment ist ein bisschen näher gekommen", so die Financial
Times, die die Stimmung des Augenblicks wiedergibt.
Es stimmt, dass wenige Investoren sich über die Entwicklung der
Inflation Sorgen machen - während die meisten immer noch daran
glauben, dass "Aktien langfristig jede andere Anlagekategorie
schlagen". Vielleicht werden sich die Trends ändern ... vielleicht ist
2004 das monetäre Zwillingsjahr des Jahres 1968. Wenn das so ist, dann
sollten Sie sich eine Blume ins Haar stecken, eine Liebeskette um den
Hals hängen und ein bisschen Gold kaufen.