Was mich an der EM-Messe besonders reizt, ist aus unterschiedlichen Blickwinkeln ähnlich Themen beleuchtet zu bekommen. Deshalb habe ich mir auch bewusst Referenten ausgesucht die ich einerseits als kompetent erachte und die unterschiedliche Blickwinkel auf die Wirtschaftslage haben. Kurz meine Meinung:
- Herr Polleit
Referierte über das Geldsystem aus der Sicht der Wiener Schule der Nationalökonomie. Wie oben schon einem GS Mitglied beschrieben, war der Vortrag sehr theoretisch und zwischendurch konnte ich den Theorien gedanklich nicht mehr folgen, vielleicht auch weil keinerlei visuelle Unterstützung geliefert wurde. Trotzdem interessant. Mal ein paar Stichpunkte
- Die Nationalbanken sind schon seit Jahren in einem Geldentwertungswettlauf.
- Geld hat vor allem eine Tauschfunktion, andere Funktionen (z.B. Werterhaltung) sind unterfunktionen.
- ohne staatlichen Zwang --> Zwangsgeld --> würden die Fiatwährungen vom Volk nicht akzeptiert werden.
- von Mises hatte die die Probleme die eine FIAT Geldsystem mit sich bringen wird, schon theoretisch formuliert, bevor diese Art von Geld tatsächlich eingeführt wurde.
- beim Erzeugen von frischem Fiat Geld, gibt es Verlierer und Gewinner. Wer das neu geschaffene Geld als erster in der Hand hält kann zu einem besseren Preis kaufen als der, der es als letzter in die Hand bekommt. (falls überhaupt).
- sehr interessant war sein Hinweis darauf, warum es bei steigender Geldmenge trotzdem zu sinkenden Preisen kommen kann. Wenn das neu ausgegebene Geld noch nichts kauft, dann kann es gleichzeitig zu einer Geldmengeninflation und zu einer Preisdeflation kommen. Hier können dann alle Zustände eintreffen:
- steigende Preise
- ausgeglichene Preise
- fallende Preise
Nochmal, das alles, während gleichzeitig eine Geldmengeninflation stattfindet.
- Mack von Mack und Weise.
Dieses Unternehmen ist eine Vermögensberatung, die sich um das Geld vermögender Menschen sorgt. Sie haben immer verdammt gute Chart, Analysen usw.
Hr. Mack betrachtet also den Markt aus der Sicht eines Beraters der sehen muss wo und wie er das Geld seiner Kundschaft anlegen muss. Er hat versucht zu zeigen, dass wir keineswegs in einer Goldblase sind, sondern dass die Geldmengen weit höher gestiegen sind als der Goldpreis.
Er hat auch schön gezeigt wie sich die Bailout Klausel der EU im Laufe der Zeit klammheimlich veränderte, das ging von:
'Keine Unterstützung' über 'Unterstützung nur in Notfällen und einstimmiger Erlaubnis' zu 'Unterstützung in Notfällen und mit einfacher Mehrheit'.
Hr. Trittin hat wohl seine Kundschaft aufgerüttelt mit dem Satz: 'Sie (die reichen Anleger) können ruhig die Koffer packen und fliehen, wir stellen Ihnen auch noch rückwirkend eine Rechnung.' (sinngemäss)
Fakt scheint zu sein, dass sein Clientel wohl ernsthaft darüber nachdenkt den Euroraum zu verlassen. (Nur schade dass keine Diskussion darüber aufkam wohin).
- Celente
sehr lebhafter Vortrag, typische Mischung aus italienischem Temperament und amerikanischer Show.
LuckyFriday hat das weiter oben bestens beschrieben.
- Hellmeyer.
Auf seinen Vortrag war ich gespannt. Man muss dazu sagen er ist Chefvolkswirt einer Landesbank, das heisst er sieht die Gesamtdaten einer Volkswirtschaft, die Lage des einzelnen Bürgers innerhalb der Volkswirtschaft ist für ihn nebensächlich, bzw. nur als Durchschnittszahl auf dem Papier wichtig. Zumindest so lange, so lange die herrschende Politik Ihren Kurs fahren kann. (Also käme es zu einem Aufstand der Bürger, dann würde es ihn wieder interessieren (müssen).) Aber bis dahin ist es ihm Wurscht.
Die ersten 10 Minuten habe ich verpasst. Da zog er wohl gegen die EU Kritik von Professor Sinn los.
Er hat das bestätigt was ich von ihm erwartet hatte. Er will dem europäischen Rettungskurs den Rücken stärken. Das heisst er zeigte auf, das Griechenland auf einem prima Kurs ist, das die Politik der EZB Wirkung zeigt.
Er zeigte ebenfalls auf, dass in der USA und in UK im Gegensatz dazu keinerlei Korrekturen erfolgt sind. Sie seien, was Ihre Verschuldung betreffe auf dem Niveau von GR.
Italien aber zwar eine hohe Verschuldung, aber 90 % der Schulden seien von staatlichem vermögen gedeckt, usw.
Er versucht also massiv darzustellen, dass die Wirtschaftliche Lage des Euroraumes zwar nicht gut sei, aber Korrekturen würden greifen und man sei deshalb auf einem wesentlich besseren Weg als die angloamerikanischen Freunde.
Er zeigte ebenfalls auf, dass die Ratingagenturen und die Finanz-Medien, diesen Fakten keinerlei Rechnung zollen. Mit dem Deutschlandchef der Ratingagentur S&P hatte er deshalb auch einen offenen Schlagabtausch im Handelsblatt.
Er meinte auch, dass die Kanzlerin, das nun erkannt habe und dass sich Europa und namentlich auch Fr. Merkel jetzt auch massiv gegen den angloamerikanischen Raum stellen würde. Deshalb und um die Spekulationen der letzteren zu unterbinden sei der ESM auch die richtige Lösung.
Ich finde diesen Ansatz gedanklich auch gar nicht schlecht, wenn man wirklich erkennen würde, dass man sich in einem Wirtschaftskrieg, bzw. einem Währungskrieg befindet und dann auch entsprechend hart gegen halten würde, dann wäre das durchaus ein gangbarer Weg. Allerdings fehlt mir dafür komplett der Glaube. Ich denke eher, dass die europäische Politik für jeden Gedanken froh ist, der sie darin unterstützt noch existierende Vermögen zur Schuldentilgung zu nutzen und dass man, wenn man alles gegeben oder garantiert hat die Geschichte eben nicht zu Ende bringen wird, sondern dem angloamerikanischen Raum das Primat überlassen wird. Wie gehabt.
- Saiger
Er analysierte ein Chart-Phänomen: Den Oktobercrash.
- Dieser Crash geschieht immer nach einem Anstieg z.B. des Dax in Sommer wobei es zu einer M Formation kommt. Danach wird bis Oktober eine Unterstützungslinie dreimal getestet. Mit zwischenzeitlichem Hoch, das ein 'i' ausbildet. Bricht diese Unterstützungslinie beim dritten Mal weg, kommt es zu starken Aktienverlusten.
Der Oktobercrash findet selten statt, aber wenn, dann zeigt er eben immer diese ähnlichen Muster auf. (M+ I + crash). Dieses Jahr zeigt sich diese Formation wieder. Es könnt lt. Saiger zu einem Crash bei den Aktien kommen, wenn auch etwas später, da vor dem Abschluss der US-Wahl nichts mehr passieren darf .
Er zeigte endlos diese Muster bei den 3 grossen Crashes des 20. Jahrhunderts. Für den Dax, den S&P für das Gold, usw.
Danach allerdings brachte er das Ganze in einen grösseren Zusammenhang und das gefällt mir bei ihm. Wann immer ich etwas von ihm hörte, dann vergass er nie den machtpolitischen Faktor. Er stellte die Frage, bei wem die ganzen Schulden den gemacht wurden. Wer sind denn die Gläubiger? Und welche Interessen haben Sie denn? Das seinen Internationale Grossbanken die wiederum hauptsächlich in der Hand weniger Familien seien.
Wollen diese Gläubiger Ihr Geld denn lieber in Form von inflationierten Geldscheinen bekommen oder in Form von zwangsversteigerten Sachwerten?
Er hält das letztere für wahrscheinlicher und hält deshalb einen deflationären Crash für nicht unwahrscheinlich. Wenn das passiert sei und die Sachwerte eingesammelt worden seien, dann dürfe sich der Staat gerne immer noch mit einer starken Inflation entschulden.