Silber bleibt in den Schlagzeilen - Flop-These

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    Silber bleibt in den Schlagzeilen – Über seltsame argumentative Verrenkungen und eine neue Verschwörungstheorie - Mehr denn je überzeugt uns unsere Flop-These -
    (25.02.2004)

    Das Silber lässt uns keine Ruhe. Schon weil uns immer wieder Zuschriften erreichen, die auf geradezu bestürzende Weise offenbaren, wie gering das Wissen um diesen Markt in breiteren privaten Kreisen zu sein scheint.


    Um es vorweg zu sagen: Wir wollen niemandem, der in Silber spekuliert, den Spaß nehmen. Und es ist unbestreitbar, dass die Tendenz hier eindeutig nach oben weist. Wir freuen uns sogar, wenn richtig liegende Spekulanten riesengroße Gewinne einstreichen.


    Doch wir sind nicht angetreten, um Tipps für Spekulanten zu produzieren oder uns an Tagesschwankungen eines Marktes zu ergötzen. Vielmehr beobachten wir die Märkte und versuchen Schlüsse aus den vorliegenden Informationen, ergänzt durch eine gewisse Erfahrung, zu ziehen. Besonderes Augenmerk richten wir darauf, das Wichtige vom Unwichtigen zu unterscheiden.


    Mit Blick auf den Silbermarkt stellen wir fest, dass selbst gestandene Fachanalytiker fast verzweifeln, wenn sie begründen müssen, was sich an diesem Markt ereignet hat und noch ereignen könnte. Viele von ihnen drehen und wenden sich, um noch einigermaßen plausibel darlegen zu können, was sich hier tut, ohne die Preistendenz in Frage stellen zu müssen.


    Als einziges Argument überzeugt uns, dass die Spekulation das Silber neu entdeckt hat und glaubt, es müsse angesichts der allgemeinen Hausse an den Märkten für Industrie- und Edelmetalle neu bewertet werden. Das ist aber, wie gesagt, Glaubenssache.


    Doch wir beginnen schon zu verzweifeln, wenn selbst von seriöser Seite behauptet wird, Kupfer werde von China nach oben getrieben, und auch Silber unterliege dem China-Faktor. Wahr ist vielmehr, dass China in großen Mengen Kupfer importiert, weil es dort dringend benötigt wird und/oder die chinesischen Strategen meinen, hohe Vorräte im eigenen Land anlegen zu müssen, um sich vor einer drohenden Knappheit zu schützen.


    Was Silber angeht, so ist China ein von Jahr zu Jahr bedeutender werdender Exporteur. Angaben hierzu sind in unserem ARCHIV zu finden. Noch Fragen?


    Dann ist da das Argument der Neubewertung des Silbers vor dem Hintergrund der allgemeinen Metallhausse. Wissen die Verfechter dieser Theorie vielleicht nicht mehr, dass ein beachtlicher Teil der Weltproduktion von Silber bei der Gewinnung von Kupfer, Blei und Zink gewissermaßen als „Abfallprodukt“ anfällt?


    Die Preissteigerungen bei den genannten Industriemetallen dienen nicht dazu, der Spekulation Spaß zu verschaffen. Vielmehr haben sie nur einen einzigen ökonomischen Zweck: Sie sollen die Produktion anregen und den Verbrauch dämpfen, um schließlich idealerweise ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu herzustellen.


    Und was geschieht wohl, wenn die Bergwerksproduktion von Kupfer, Blei und Zink wegen steigender Preise zunimmt? Es wird zwangsläufig auch mehr Silber gewonnen. Ob der physische Markt angesichts seiner gegenwärtigen und künftig zu erwartenden Konstellation in der Lage sein wird, die zusätzlichen Silbermengen zu stabilen oder zu womöglich noch weiter steigenden Preisen aufzunehmen, ist, vorsichtig ausgedrückt, höchst zweifelhaft.


    Nicht vergessen werden darf, dass die Silbergewinnung aus reinen Silberminen unter anderem in Mexiko und in Peru angesichts der gestiegenen Preise mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit spürbar zunimmt.


    Und schließlich müssen wir noch auf eine neue Verschwörungstheorie eingehen. Sie soll suggerieren, dass nach dem Goldmarkt auch der Silbermarkt manipuliert wird. In einem offenen Brief an den besonders „scharfen“ Generalstaatsanwalt des Bundesstaates New York behauptet der Fabrikant dieser Theorie, er verfüge über verlässliche Informationen darüber, dass China heute bereits bis zu etwa 75 Prozent der „wahrscheinlichen“ Weltproduktion von Silber des Jahres 2005 unter seine Kontrolle gebracht habe. Gottlob schränkt der Autor, der notorisch bekannte Vorsitzende des Gold Anti-Trust Action Committee (GATA), diese „Nachricht“ mit der Anmerkung „Falls meine Information zutrifft....“ ein, bevor er seine gedanklichen Fäden weiterspinnt.


    Wir beobachten die Märkte schon lange, aber eine derart abstruse These hat Seltenheitswert. Doch sie scheint, wie wir Zuschriften entnehmen, hier und dort auf fruchtbaren Boden zu fallen.



    Arnd Hildebrandt

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