15.08.2006 15:10
US-Inflation überraschend verstorben
von Detlev Landmesser.
Das war das Letzte, womit die Börsianer gerechnet hatten: In den Vereinigten Staaten sind die Erzeugerpreise ohne Energie und Lebensmittel sogar zurückgegangen. Damit ist die Zinsangst wie weggewischt.
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Um 14:30 Uhr meldete das US-Arbeitsministerium, die Produzentenpreise seien im Juli um 0,1 Prozent zum Vormonat gestiegen. Die viel beachtete Kernrate, die die besonders stark schwankenden Lebensmittel-und Energiepreise ausklammert, sank sogar um 0,3 Prozent. Damit ging die Kernrate erstmals seit Oktober 2005 zurück. Dagegen hatten die von AFX News befragten Volkswirte im Schnitt ein Plus von 0,2 Prozent erwartet. Für den Gesamtpreisindex lag ihre Prognose mit plus 0,5 Prozent ebenfalls deutlich höher.
Dax schnellt ins Plus
Eine handfeste Überraschung für die Finanzmärkte, die prompt reagierten: Die US-Indexfutures schnellten nach oben, was auch den Dax nach wenigen Augenblicken ins Plus beförderte. Auch der Euro legte gegenüber dem Dollar deutlich zu.
Schließlich scheinen die Zinssorgen an den Märkten damit mit einem Mal weggewischt: Der offenbar schwindende Inflationsdruck macht eine Zinserhöhung der US-Notenbank Fed im September immer unwahrscheinlicher.
Diese Erwartung lässt sich direkt an den US-Zinsfutures ablesen: Während vor der Veröffentlichung der Inflationsdaten die Zinsfutures die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung im September auf über 40 Prozent bezifferten, sank die Wahrscheinlichkeit in Folge der Daten auf 25 Prozent.
Die Erzeugerpreise beeinflussen die allgemeine Teuerung nicht direkt, schlagen aber erfahrungsgemäß irgendwann zumindest teilweise auf die Verbraucherpreise durch. Vor allem niedrigere Auto- und Lebensmittelpreise hielten den Anstieg in Grenzen, teilte das US-Arbeitsministerium mit.
Stagflationsgespenst verblasst
Mit den aktuellen Daten scheint auch eine Furcht eingedämmt, die die Börsenprofis zuletzt eher unter der Hand beschäftigt hat: Was wäre, wenn die US-Konjunktur abkühlt, ohne dass der Preisdruck abnimmt? Eine solche "Stagflation" wäre so ziemlich das Schlimmste, was dem Aktienmarkt passieren kann.
Um deflationäre Tendenzen hatten sich dagegen bisher die Wenigsten den Kopf zerbrochen. Sollte die jüngste Preistendenz anhalten, wird aber zumindest die Sorge um die Unternehmensgewinne zunehmen: Schließlich hat die Preissetzungsmacht der Unternehmen im Juli offenbar gelitten.
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