Ist wirklich alles Geld Kreditgeld??

  • Hier der Auslöser meiner Frage:


    Auszug aus http://www.win-projekt.de


    "Henry Ford sagte um 1920 „Es ist gut dass die Menschen ihr Geldsystem nicht verstehen, denn sonst hätten wir noch vor morgen früh eine Revolution“
    Das ist das Dilemma am Zins-Geld-System, dass es nur sehr wenige Menschen wirklich verstehen. Ich möchte hier an einem einfachen Beispiel darstellen wie es funktioniert. Das Land „Michelland“ hat in diesem Beispiel 1 Million Einwohner. Um den Austausch für Waren und Dienstleistungen der 1Million Einwohner unter einander zu ermöglichen führen wir 1948 ein Zins-Geld-System ein und geben 100 Millionen Mark in den Wirtschaftskreislauf. Für diese 100 Millionen Mark haben die Einwohner von „Michelland“ 5 % Benutzungsgebühr an die Kapitalgeber jährlich zu bezahlen, weil die Einwohner das Geld ja zum Austausch unter einander benutzen. Das sind jährlich 5 Millionen Mark Benutzungsgebühr. Nehmen wir weiterhin an, dass niemand der Einwohner einen Kredit von der Bank nimmt und auch sonst keine Schulden hat damit das Beispiel einfacher zu verstehen ist. Die Einwohner benutzen nur das Geld zum Austausch unter einander, niemand der Einwohner hat auch nur einen einzigen Pfennig Schulden. Wie hoch ist nun die Schuld der 1 Million Einwohner von „Michelland“ nach 57 Jahren, also im Jahre 2005. Die Schulden von „Michelland“ an die Kapitalgeber sind in 57 Jahren bei 5 % Zinsen Benutzungsgebühr jährlich, auf fast 395 Millionen Mark angewachsen. Das heißt, das Volk von „Michelland“ muss jährlich für ca. 19,75 Millionen Mark zusätzlich mehr arbeiten um die 5% Benutzungsgebühr aufbringen zu können. Also täglich ca. 54 Tausend Mark Benutzungsgebühr, nur damit die Einwohner von „Michelland“ Waren und Dienstleistungen unter einander austauschen können. Und die 395 Millionen Mark Schulden wachsen weiter, mit jedem Tag schneller, weil, wie jede/r weis der Zinseszinseffekt die Schulden bald in eine nicht mehr zu bewältigende Höhe wachsen lässt. Die Einwohner von „Michelland“ stehen dann ganz überrascht vor einem Crash und niemand kennt die wahre Ursache des Crash´s. Die Aktuellen Zahlen in Deutschland: Deutschland (also auch Sie und ich) hat bei den Kapitalgebern eine Schuld von ca. 6,6 Billionen Euro, das sind 6.600 Milliarden Euro. Dafür müssen wir täglich ca. 1.1 Milliarden Euro bezahlen...."


    Meine Frage ist:


    Ist alles Geld von Anfang an Kreditgeld, also nichts als Schulden? Das Beispiel "Michelland" verstehe ich als die stark vereinfachte Form unseres jetzigen Kreditgeldsystems...Es wär praktisch ja völlig absurd das Geld für ein neu gegründetes Land von Anfang an durch Kredite zu bewerkstelligen. Jeder Volkschüler durschaut, dass dies von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, weil ich nicht mehr zurückzahlen kann, als überhaupt Geld vorhanden ist und zum ewigen Schuldenmachen zur Bedienung der Zinsen der alten Schulden verdammt wäre bis zum Kollaps. Funktioniert es nicht eher so, dass ganz am Anfang schuldenfreies Geld in den Kreislauf kommt...also schlichtweg der Staat selbst ein paar Zettelchen druckt und die zum offiziellen Zahlungsmittel erklärt (wobei die Menge dieses Staatsgeldes nie wieder erhöht wird) und erst später durch Kreditmissbrauch durch den Staat (der Staat borgt sich für seine Finanzierungen Geld von der Notenbank) die Schulden+ Zinsen der Schulden so stark wachsen, dass sie die Menge an "schuldfreien Geld" übertsteigt und so eine Rückzahlung unmöglich macht.


    Bzw. umgelegt auf unsere reale Welt: Ist nicht ein kleiner Teil unseres Geldes schuldfreies Geld (worauf also weder Schulden noch Zinsen liegen), nämlich genau der kleine Teil an Geld, der früher durch Gold gedeckt war? Und ist erst durch die Schuldenpolitik des Staates das Kreditgeld+Zins so weit gewachsen, dass die Menge an schuldfreien Geld nicht mehr ausgereicht hätte um Schulden+Zins zurückzuzahlen??
    Und man so verdammt war immer mehr und mehr Schulden zu machen um zumindest die Zinsen (die Schulden+Zins können ja nicht einmal theoretisch zurückgezahlt werden, weil die vorhanden Geldmenge nicht reicht) bedienen zu können?


    Ich checks nämlich einfach nicht....


    mfg


    Zarathustra

  • Zitat

    Original von Zarathustra
    Es wär praktisch ja völlig absurd das Geld für ein neu gegründetes Land von Anfang an durch Kredite zu bewerkstelligen. Zarathustra


    Das siehst du falsch. Nehmen wir mal an, du bist fleißig, und ich intellegent. Du willst durch deine Arbeit zu Wohlstand kommen, ich will auch durch deine Arbeit zu Wohlstand kommen. Was mache ich ?( Ganz einfach, ich nehme Papierfetzen, die ich mit einer Zahl bedrucke. Ich erkläre dir , das ist unser Tauschmittel, du brauchst nur 5% Gebühr bezahlen. Da du ja etwas erwerben musst um zu überleben, bleibt dir nichts anderes übrig, als dieses Spiel mitzumachen. Mit dem ZinsesZins Effekt werde ich immer Reicher, während du immer mehr arbeiten musst. ;)

  • Hallo SO4,


    Zitat

    Original von S 04
    Mit dem ZinsesZins Effekt werde ich immer Reicher, während du immer mehr arbeiten musst. ;)


    nun habe auch ich endlich verstanden, wie ihr so drauf seid auf Schalke! ;)


    Danke+Gruß
    clarius

  • recht anschaulich (wenn auch länger) finde ich folgende geschichte:
    http://www.denkmalnach.org/dow…%20welt%20plus%205%25.pdf


    läuft aber auf das gleiche (und noch ein wenig mehr) hinaus.


    ich sehe es sogar noch ein bisschen anders:
    für mich ist geld einfach nur papier (eigentlich baumwolle, aber papier klingt halt besser) von dem ich glauben muss, dass es eine bestimmmte menge gibt die nur geringfügig (noch besser gar nicht) wächst.


    damit haben die tollen bunten scheine nur den effekt, dass sie handlich und endlich sind. und für jeden leicht zu tauschen. und irgendwie nimmt sie doch jeder nur, weil er/sie weiß, dass man dafür wieder etwas erwerben kann.
    für mich macht geld also nur seine einzigartigkeit aus.



    und zum ursprünglichen gedankengang:
    wen "gehört" denn das geld? also wem ist das bunt bedruckte papier? diese institution müsste das geld unter die leute bringen ohne etwas dafür zu bekommen. dann hätten wir das oben beschriebene zinsproblem nicht.



    mfg
    ade

  • Hallo Zarathustra,


    das Michelland-Beispiel enthält einen logischen Fehler. Denn wenn die Einwohner jährlich 5% Benutzungsgebühr bezahlen, ist die Frage, was am Ende des Jahres mit den 5% geschieht? Nur wenn sie im Geldkreislauf verbleiben, tritt der Zinsesnzinseffekt in Kraft. Da sich aber niemand zusätzlich verschuldet: wer fragt denn die "übrigen" 5% nach? Wenn aber keiner nachfragt, kann der Empfänger der 5% nicht zusätzlich in den Kreislauf bringen.


    Viele Grüße,
    Victor

  • Zum Thema Zinsen: es ist eine Mär, dass die Zinsen in einer Volkswirtschaft am Ende eines Jahres als zusätzliches Geld in Umlauf kommen müssen, damit sie bezahlt werden können. Tatsächlich gilt das nur für denjenigen Teil der Zinsen, die nicht "konsumiert" werden.


    Beispiel:
    Es gäbe nur 2 Teilnehmer in der Volkswirtschaft: einen Bäcker und einen Bankier. Der Bäcker leiht sich am Anfang des Jahres Geld beim Bankier und muss am Ende des Jahres dafür 100 Euro Zinsen zahlen.
    Der Bankier kauft jeden Tag Brötchen beim Bäcker und zahlt dafür aufsummiert übers Jahr 150 Euro an den Bäcker. Mit den 150 Euro Einnahmen kann der Bäcker problemlos am Ende des Jahres die Zinsen an den Bankier zahlen und behält sogar noch 50 Euro übrig.
    Es gibt also kein Problem, die anfallenden Zinsen in dieser "Mini"-Volkswirtschaft zu bezahlen!
    Hätte der Bankier dagegen übers Jahr gerechnet nur für 20 Euro beim Bäcker eingekauft, hätte dieser am Ende des Jahres 80 Euro seiner Zinsen nicht bezahlen können. Diese hätte er sich zusätzlich beim Bankier leihen müssen (oder Insolvenz anmelden). Dann hätte der Bankier tatsächlich 80 Euro "neues" Geld "schöpfen" müssen!


  • Hallo Zarathustra,


    wie viel Geld muss deiner Meinung nach mindestens vorhanden sein, um 100 Euro Schulden zu machen?
    Und wie viel Geld muss deiner Meinung nach mindestens vorhanden sein, um 100 Euro Schulden wieder abbezahlen zu können?


    Um es kurz zu machen: für beide Fälle genügt ein einziger Cent!


    Beispiel:
    Ein Kunde hat kein Geld, möchte aber beim Bäcker Brötchen für 1 Cent kaufen. Der Bäcker leiht ihm 1 Cent und der Kunde kann einkaufen. Beim nächsten mal das selbe Spiel und immer so weiter. Nach 10000 Durchläufen hat der Kunde 100 Euro Schulden beim Bäcker. Und die sind mit nur einem einzigen Cent entstanden.
    Umgekehrt funktioniert das Spiel ebenso:
    Der Kunde backt nun seine Brötchen selbst. Ausserdem stellt er Wurst her. Der Bäcker kommt nun jeden Tag bei ihm für 1 Cent Wurst einkaufen. Jedesmal gibt der Kunde dem Bäcker den Cent sofort wieder zurück. Damit sinken seine Schulden. Nach 10000 Durchläufen ist der Kunde schuldenfrei. Und das nur mit einem einzigen Cent :)


    Viele Grüße,
    Victor

  • sorry, noch eine Anmerkung zum Thema "schuldenfreies" Geld:
    Geld wird prinzipiell auf zwei Arten emmittiert:
    1. Indem jemand ein Darlehen bei einer Bank aufnimmt und diese dafür Geld "schöpft" (was aber nur dann notwendig ist, wenn nicht genügend Einlagen vorhanden sind !)
    Ich nehme an, das ist das, was Zarathustra unter nicht "schuldenfreiem" Geld versteht.
    2. Indem die Zentralbank ein Offenmarktgeschäft durchführt (z.B. Gold kauft) und zu diesem Zweck Geld "schöpft". In diesem Fall könnte man von "schuldenfreiem" Geld sprechen.


    Aber selbst Geld, das "schuldbehaftet" emmittiert wird, kann im Laufe seines "Lebens" "schuldenfrei" werden.
    Beispiel: Firma Insolvenzia leiht sich bei der Bank 100000 Euro Bargeld. Nehmen wir an, die Bank hat nicht genügend Einlagen und muss die 100000 Euro neu "schöpfen". Firma Insolvenzia gibt das Geld aus und geht anschliessend leider bankrott. Die 100000 Euro Forderungen der Bank an die Firma (Kredit) werden abgeschrieben - existieren also nicht länger. Die ausgezahlten 100000 Euro Bargeld laufen aber weiterhin um. Man könnte also sagen, dass es sich um "schuldenfreies" Geld handelt.


    Viele Grüße,
    Victor

  • Adevon


    Deine Geschichte ist im Grunde die längere Fassung von Michelland. Auch hier wird proklamiert, dass Geld von Anfang an aus Schuld besteht. Das ist aber genau mein Problem. Wie kann sich so ein System überhaupt durchsetzen? Ist doch vollkommen logisch, dass es über einen schmerzlichen Weg am Ende zugrunde gehen muss.


    Victor

    Zitat

    das Michelland-Beispiel enthält einen logischen Fehler. Denn wenn die Einwohner jährlich 5% Benutzungsgebühr bezahlen, ist die Frage, was am Ende des Jahres mit den 5% geschieht? Nur wenn sie im Geldkreislauf verbleiben, tritt der Zinsesnzinseffekt in Kraft. Da sich aber niemand zusätzlich verschuldet: wer fragt denn die "übrigen" 5% nach? Wenn aber keiner nachfragt, kann der Empfänger der 5% nicht zusätzlich in den Kreislauf bringen.


    Der Staat hat das Geld schöpfen lassen und bringt den Zins über Steuern herein. Angenommen der Staat hat für ein neugegründetes Land 100 Einheiten "Geld" schöpfen lassen mit einem Zinssatz von 5%. Um also Schulden+Zins zurückzuzahlen müsste er 105 Einheiten Geld hereintreiben...abgesehen davon, dass dann kein einziger Cent mehr im Kreislauf wäre und die Leute wieder zur Tauschwirtschaft zurückkehren müssten, fehlen noch immer 5 Einheiten! Zahlt er aber Jahr für Jahr die Zinsen wird das Geld immer knapper, obwohl die Schulden gleich bleiben.


    Zitat

    Es gäbe nur 2 Teilnehmer in der Volkswirtschaft: einen Bäcker und einen Bankier. Der Bäcker leiht sich am Anfang des Jahres Geld beim Bankier und muss am Ende des Jahres dafür 100 Euro Zinsen zahlen.Der Bankier kauft jeden Tag Brötchen beim Bäcker und zahlt dafür aufsummiert übers Jahr 150 Euro an den Bäcker. Mit den 150 Euro Einnahmen kann der Bäcker problemlos am Ende des Jahres die Zinsen an den Bankier zahlen und behält sogar noch 50 Euro übrig.
    Es gibt also kein Problem, die anfallenden Zinsen in dieser "Mini"-Volkswirtschaft zu bezahlen!


    1. Wo hat der Bankier sein Geld für die Brötchen her?
    2. Die Schulden hat der der Bäcker ja nach wie vor. Er hat nur die Zinsen bedient.


    Zitat

    Die Frage bei Schulden ist also nicht, ob die Geldmenge ausreicht. Sondern ob der Schuldner in der Lage ist, genügend Einnahmen zu erwirtschaften, um Tilgung und Zinsen zahlen zu können


    Wenn in einem geschlossenen Wirtschaftskreislauf alles Geld aus Schulden besteht, auf die Zinsen (Benutungsgebühr) bezahlt werden müssen, so kann jemand seine Schulden+Zinsen nur zurückzahlen, wenn ein anderer dafür mehr oder minder in den bankrott geht...anders funktioniert es nicht. Beim reinen Goldstandard wäre das nicht so...hier wäre es ein reines Tauschgeschäft oder jeder könnte seine Waren handeln, ohne jemand anderen dafür ausstechen zu müssen.


    Zitat

    Indem die Zentralbank ein Offenmarktgeschäft durchführt (z.B. Gold kauft) und zu diesem Zweck Geld "schöpft". In diesem Fall könnte man von "schuldenfreiem" Geld sprechen.


    Stimmt..die Zentralbank druckt Geld, dass sie nichts kostet und kauft damit Regierungsgold..dann hätten wir die entsprechende Menge schuldfreies Geld im System (was aber marginal ist, im Verhältnis zur Gesamtmenge an Schuldgeld)


    Zitat

    Aber selbst Geld, das "schuldbehaftet" emmittiert wird, kann im Laufe seines "Lebens" "schuldenfrei" werden. Beispiel: Firma Insolvenzia leiht sich bei der Bank 100000 Euro Bargeld. Nehmen wir an, die Bank hat nicht genügend Einlagen und muss die 100000 Euro neu "schöpfen". Firma Insolvenzia gibt das Geld aus und geht anschliessend leider bankrott. Die 100000 Euro Forderungen der Bank an die Firma (Kredit) werden abgeschrieben - existieren also nicht länger. Die ausgezahlten 100000 Euro Bargeld laufen aber weiterhin um. Man könnte also sagen, dass es sich um "schuldenfreies" Geld handelt.


    Stimmt...damit also ein klein wenig schuldenfreies Geld entsteht, müssen erst reihenweise Firmen in bankrott gehen. Tolles System nicht?


    mfg
    Zarathustra

  • Hallo Zarathustra,


    ich antworte dir mal ohne Zitate, weil das zu unübersichtlich wird.


    Zum Thema 'Michelland' möchte ich auf mein Bäckerbeispiel verweisen: wenn Gläubiger wertmässig so viel konsumieren, wie sie an Zinsen bekommen, wird kein neues Geld benötigt, um die Zinsen zu bezahlen. Da liegst du (wie viele andere) falsch. Wenn die Gläubiger wertmässig so viel konsumieren, dass sowohl Zinsen als auch Tilgung für fällige Kredite kompensiert werden, können Kredite ebenfalls zurückgezahlt werden, ohne dass zusätzliches Geld emmittiert wird! Das zeigt mein 1 Cent Beispiel.


    Das Michelland-Beispiel geht davon aus, dass der Staat nur Geld emmittiert, aber gar nichts konsumiert. Deshalb bleibt am Schluss die Zinsforderung übrig. Dieses Beispiel wird in diversen Varianten immer wieder angeführt - dadurch wird es aber trotzdem nicht praxisrelevanter.


    Das mit den Bankrotten gefällt mir auch nicht. Ist aber eine Tatsache.


    Viele Grüße,
    Victor

  • Hallo Zarathustra,


    ...Wenn in einem geschlossenen Wirtschaftskreislauf alles Geld aus Schulden besteht, auf die Zinsen (Benutungsgebühr) bezahlt werden müssen, so kann jemand seine Schulden+Zinsen nur zurückzahlen, wenn ein anderer dafür mehr oder minder in den bankrott geht...anders funktioniert es nicht. Beim reinen Goldstandard wäre das nicht so...hier wäre es ein reines Tauschgeschäft oder jeder könnte seine Waren handeln, ohne jemand anderen dafür ausstechen zu müssen.
    ...


    Das Problem sind nicht die Schulden, die entstehen, wenn Geld emmittiert wird, sondern die Schulden, die beim Zirkulieren des Geldes entstehen. Diese können zurück gezahlt werden, ohne neues Geld emmittieren zu müssen! In einem Goldstandard hat man exakt das selbe Problem. Was man mit einem Goldstandard nicht mehr hätte: der Staat könnte nicht mehr beliebig ungedeckte Schulden machen, solange er sich an den Goldstandard halten möchte. Aber dazu kann ihn niemand zwingen (siehe USA in den 70'er Jahren).

  • dann formulier ich eminen gedanken mal um:


    Geld ist auch nur eine Ware. Jemand stellt sie her und verkauft sie (tauscht sie). Waren kann man gegen andere Waren (oder auch Arbeitskraft) tauschen. Geld ist sozusagen eine (die?) universalware. passt immer.


    bei geld als ware ist nur das paradox, dass der wert des geldscheines nicht dem wert entspricht der drauf steht. und damit haben wir ein problem. irgendwo hier im forum hat mal jemand eine geschichte aus einem südamerikanischen land geschrieben: da wurden scheine der währung (ich nenn sie jetzt X) gefälscht. ich glaube es waren 100 X scheine. die gab es in massen. weil die regierung der lage nicht her wurde wurden alle scheine als regulär anerkannt (ich weiß nicht mehr genau wie die story war, aber so ähnlich) der wert der scheine ging dann natürlich rapide in den keller. aber sie wurden nicht wertlos. sie waren mehr wert als das papier. der wert war ein paar cent (umgerechnet). das entsprach wohl dem betrag der umgerechnet etwa notwendig war die scheine herzustellen und ins land zu bringen.


    wenn ich dir ein stück land zur verfügung stelle und du mir jedes jahr etwas von der ernte abgibst (einen sack kartoffeln z.b.), dann sind das ja auch zinsen. die hast du mit deiner arbeitskraft erwirtschaftet. für geliehenes land habe ich früchte bekommen.


    das geld ist in michelland nicht in der menge verfügbar wie es vorhanden sein müsste um es zurück zu zahlen. aber es ist ein äquivalent verfügbar. (meine arbeitskraft, etwas dass ich damit gebaut/erwirtschaftet habe)


    daher mein fazit: Nein, das geldsystem beruht nicht auf schulden. nur die zinsidee ist krank. wenn ich mir geld leihe, dann muss ich mir bewusst sein, dass ich (oder jemand anderes) den prozentsatz den ich mehr zurück zahlen muss praktisch aus dem nichts generieren muss.


    wenn es in michelland keine zinsen gäbe, dann könnte das gesamte volk die schulden immer zurück bezahlen.


    eine bank bietet mir ja nur zinsen auf mein erspartes, weil sie meint, aus dem geld mehr machen zu können als aus den zinsen die sie mir gibt. ich sollte also auch nur geld leihen, wenn ich mir sicher bin, dass ich mehr aus dem geld machen kann als die zinsen die ich der bank gebe. sonst macht es ja keinen sinn. ich gebe in dem moment ja der bank zinsen für ihr erspartes.


    es stimmt schon, dass es ein größeres verbrechen ist eine bank zu gründen, als eine zu überfallen.


    mfg
    ade

  • quote]Original von Adevon
    ... nur die zinsidee ist krank. wenn ich mir geld leihe, dann muss ich mir bewusst sein, dass ich (oder jemand anderes) den prozentsatz den ich mehr zurück zahlen muss praktisch aus dem nichts generieren muss.


    ...
    mfg
    ade[/quote]


    Also dass sich dieser Irrtum so hartnäckig hält ....
    Michelland ist ein extrem statisches Modell, dass nicht der dynamischen Realität entspricht.


    Ich versuche es noch mal mit einem anderen Beispiel:
    Nehmen wir an, es wäre Januar und es würde eine neue Währung eingeführt.
    Der erste Vorgang würde daraus bestehen, dass sich Firma 'Innovative Systems'
    500 Euro in bar von der Geschäftsbank 'Geldproduzent' leiht - zu 10% Zinsen im Jahr.
    Da noch kein Geld im System ist, wird es von der GB neu "geschöpft".
    Und zwar ein 500 Euro-Schein mit der Nummer 123.
    Die Geschäftsbank 'Geldproduzent' wurde neu gegründet und hat am Anfang des Jahres noch keine
    Einnahmen. Da sie aber Ende Januar Geld benötigt, um ihren ersten Mitarbeiter zu bezahlen,
    nimmt sie bei der Zentralbank ein Darlehen von 50 Euro in bar auf (ebenfalls zu 10% Zinsen).
    Dazu werden von der ZB zehn 5 Euro-Scheine mit den Nummern 1,2,3 ... 7,8,9,0 emmittiert.


    Im System befinden sich nun 550 Euro Bargeld. Es gibt Schulden von insgesamt 550 Euro.
    Und Zinsforderungen von 55 Euro. Die Frage ist, muss zusätzliches Geld geschaffen werden, um
    diese 55 Euro Zinsen zu bezahlen? Schauen wir, wie die Geschichte weitergeht ...


    Ende Januar bezahlt die GB ihren Mitarbeiter - Herrn Schmidtke mit den zehn 5 Euro-Scheinen.
    Herr Schmidtke kauft im Februar bei Firma 'Innovative Systems' einen MP3-Player und bezahlt dafür mit den
    zehn 5 Euro-Scheinen.


    Ende des Jahres bezahlt die Firma 'Innovative Systems' mit den 50 Euro, die sie eingenommen hat, ihre Zinsen
    an die Geschäftsbank 'Geldproduzent'. Die Geschäftsbank zahlt mit dem 5 Euro-Schein mit der Nummer 7 ihre Zinsen
    bei der Zentralbank.


    Ergebnis:
    Obwohl alle Zinsen bezahlt sind, befinden sich im System nach wie vor nur 550 Euro Bargeld. Die Geldmenge ist
    also nicht gestiegen - trotzdem sind alle Zinsen bezahlt. Die Tatsache, dass keine Tilgung erfolgt ist, spielt
    hierbei keine Rolle, denn es ging hier nur um die Frage, ob die Zinsen bezahlt werden können, ohne neues Geld
    zu emmittieren.
    Man kann das Beispiel übrigens auch so erweitern, das die 550 Euro Geldmenge sogar ausreichen, um auch alle Schulden
    zu tilgen, ohne dass die 550 Euro am Ende des Jahres aus dem Kreislauf verschwinden.


    Viele Grüße,
    Victor

  • Diesbzgl. Erleuchtung ist bei Gunnar Heinsohn in seinem Buch
    "Eigentum, Zins und Geld" nachzulesen. Ich zitiere aus einer Rezession:
    - Hinsichtlich des Geldes lassen sich die Autoren dabei als Banking-Theoretiker einordnen, für die „Geld" immer eine Forderung/Verbindlichkeit darstellt. Viele Ökonomen wehren sich mit Händen und Füßen gegen einen solchen Ansatz - ohne überzeugende Argumente.-

    "Mein Volk, dem ich angehöre und das ich liebe, ist das deutsche Volk; und meine Nation, die ich mit großem Stolz verehre, ist die deutsche Nation. Eine ritterliche, stolze und harte Nation. … "
    Ernst Thälmann, Arbeiterführer, 1944 im KZ ermordet. Antwort auf Briefe eines Kerkergenossen, DietzVerlag Berlin 1961, S. 73

  • Zitat

    Original von Kellermeister
    Diesbzgl. Erleuchtung ist bei Gunnar Heinsohn in seinem Buch
    "Eigentum, Zins und Geld" nachzulesen. Ich zitiere aus einer Rezession:
    - Hinsichtlich des Geldes lassen sich die Autoren dabei als Banking-Theoretiker einordnen, für die „Geld" immer eine Forderung/Verbindlichkeit darstellt. Viele Ökonomen wehren sich mit Händen und Füßen gegen einen solchen Ansatz - ohne überzeugende Argumente.-


    In dem Moment, in dem "neues" Geld emmittiert bzw. geschöpft wird, entsteht gleichzeitig eine Verbindlichkeit. Diese kann aber abgetragen werden, ohne dass das Geld gleichzeitig wieder verschwindet! Insofern könnte man sagen, beide haben Recht.


    Viele Grüße,
    Victor

  • Zitat

    Original von Victor
    Da noch kein Geld im System ist, wird es von der GB neu "geschöpft".
    Und zwar ein 500 Euro-Schein mit der Nummer 123.


    Und wie schöpft die GB die 500€? wieso leiht sie dann geld bei der ZB wenn sie es auch selber schöpfen könnte? das geld der GB und der ZB sind nicht identisch (da unterschiedliche Hersteller) und somit nicht vergleichbar. ich denke eigentlich müssten die 500€ auch bei der ZB geliehen werden (von IS direkt oder von der GB und dann weiter)


    und schauen wir weiter:
    anfang des jahres lagen 500€ bei IS, 50€ bei der GB und 0€ bei der ZB.


    ende des jahres liegen bei IS 500€, 45€ bei der GB und 5€ bei der ZB.


    die wesentliche frage iust nun: was für einen status haben die 5€ bei der ZB? sind sie im system oder nicht? im system sind sie, wenn die ZB sie vollständig ausgibt. ich denke aber sie sind nicht im ursprünglichen system. weil:
    den 545€ die IS und GB zusammen besitzen stehen echte schulden von 550€ gegenüber. den 5€ bei der ZB stehen keine schulden gegenüber. das ist somit geld ohne verbindlichkeiten. und anderes geld als die 545€ (vom status her). ein system, entsteht nur, wenn die ZB das geld das sie durch zinsen einnimmt auch immer wieder ausgibt und nicht mit zinsen verleiht. weil dann wären mehr verbindlichkeiten im umlauf als geld.
    wesentlich ist also, was der hersteller des geldes macht. das ist ausschlaggebend ob geld zum fiasko führt oder nicht.


    ich wandel also meine aussage ein kleines bissl ab: zinsen müssen nicht zwangsläufig zum fiasko führen, aber es ist extrem schwierig das auf lange zeit zu halten. also sind zinsen imo meistens krank


    mfg
    ade

  • Hallo Ade,


    in meiner Geschichte leiht sich die GB die 5 Euro bei der ZB, weil ich vermute, dass GBs selbst nur Geld zum Zwecke der Kreditvergabe schöpfen dürfen. Ansonsten könnten sie ja um ihre Kosten zu decken einfach selbst Geld erzeugen und müssten sicherlich keine Mitarbeiter entlassen (Beispiel: Deutsche Bank).


    Ob sich die 5 Euro jetzt im System befinden oder nicht: darüber können wir wahrscheinlich tagelang ohne Ergebnis diskutieren - deshalb lasse ich es sein.


    Entscheidend für mich ist, dass wir bezgl. des Folgenden auf einen Nenner gekommen sind:
    "... zinsen müssen nicht zwangsläufig zum fiasko führen ..."


    Und das trifft meiner Meinung nach speziell auf diejenigen Zinsen zu, die durch das Emmittieren von "Geld" anfallen. Denn das ist nur ein ganz kleiner Teil der Zinszahlungen in einer Volkswirtschaft. Der grosse Anteil an Zinsen kommt dadurch zustande, dass sich die Wirtschaftsteilnehmer untereinander Geld verleihen und dadurch potentiell eine immer höhere Verschuldung entsteht. Das würde selbst dann passieren, wenn Geld emmittiert wird, ohne dass jemand dafür Zinsen zahlen muss!


    Viele Grüße,
    Victor

  • ich denke wir sehen es im prinzip nicht groß unterschiedlich.


    also ich für meinen teil sehe in zinsen zumindest eine gefahr.


    nur ob zaratustra jetzt seine frage beantwortet sieht weiß ich nicht. ich klink mich aber jetzt hier erstmal aus und wünsche allen ein paar schöne feiertage.


    mfg
    ade

Schriftgröße:  A A A A A