3 große Irrtümer: US-Zinsen & USD steigen wieder, Notenbanken können den Crash lange hinauszögern

  • Hallo Ihr kritischen Geister,


    es ist gut zu wissen, dass es ausserhalb der öffentlichen Naivität noch eigenständig und dialektisch denkende Menschen gibt - aber noch nicht in letzter Konsequenz.


    1. Irrtum: US-Zinsen steigen wieder


    Als Volkswirt in den Diensten einer europäischen Großbank mache ich derzeit bei Aussagen kompetenter Kollegen eine interessante und symptomatische Beaobachtung. Das Verwundern über die extrem offensive Geldpolitik der Fed mit historisch niedrigen Zinssätzen bei gleichzeitig historisch hoher Wachstumsdynamik.


    Als logische Begründung wird hier der Basiseffekt zu 2002 und die Rücksichtnahme der FED auf den noch schwachen Arbeitsmarkt in den USA herangeführt.


    Dies wird sich in diesem Jahr ändern, die Arbeitsmarktstatistiken werden sich verbessern. Liquidität und Wahlkampf stützen die Erholung weiter.
    Die Zinsen werden trotzdem am lange Ende weiter fallen.


    Warum?


    Die FED hat keine andere Chance, den Kollaps zu verzögern. In den letzten 2 1/2 Jahren wurde eine Wirtschaftskrise in den USA nur verhindert, weil den einbrechenden Unternehmensgewinnen und 2,8 Mio. verlorenen Arbeitsplätzen (AP) ein um ca. 20% gestiegener Konsum gegenüber stand (Vergleich Deutschland -2,3%).


    Wie war das möglich ?


    Durch Steuerrückzahlungschecks und Cash-Out-Refinanzierungen im Immobilienbereich von 1,2 Billionen (europ.) USD.


    Die Strategie Greenspans war, den Crash der US-Wirtschaft so lange aufzuhalten, bis sich ein neuer Ersatzinvestitionszyklus etabliert. Diesen sehen wir aktuell.


    Problem: es müssenen jedes Jahr 4 Mio. neue AP geschaffen werden, nur um das aktuell hohe Konsumniveau aufrecht zu erhalten. Das ist jedoch unrealistisch. Das Off-Shoring von AP nach Süd-Ost Asien bremst neben dem hohen Produktivitätswachstum und den niedrigen Kapazitätsauslastungen die Job-Entwicklung.


    Also müssen zum einen weitere Steuerschecks versand werden. Ende Q1 diesen Jahres werden weitere 150 Mrd. USD an den Konsumenten in bar verschickt.


    Zum anderen müssen die Immobilienmärkte ihre Rolle als Cashmaschine fortführen. Dies funktiniert nur, wenn die Zinsen am langen Ende (10 Jahre) weiter sinken - nur dann lohnt sich die Umfinanzierung eines Hypothekendarlehens.


    Beide Effekte zusammen, werden in diesem Jahr den Konsum weiter stark stützen, zusätzlich zu ca. 2 Mio. neuen AP.


    Was passiert, wenn die Zinsen steigen, hat man Mitte letzten Jahres sehen können, nachdem Greenspan die Märkte mit unfundierter Deflationspanik enttäuschte, um die Zinsen am langen Ende weiter zu senken-> nachdem daraufhin eine Inflationsrate von 1,8% gemeldet wurde, brachen die US-Rentenmärkte ein. Und mit ihr die von der AMB (Amer. Mortgage Bankers Ass.) geführte Statistik über Hausrefinanzierungen - um 70%. Glücklicherweise wurde dies durch die Steuerschecks in Höhe von 55 Mrd. USD im Q3 und Q4 überkompensiert. Aber die Wirkung nicht weiter sinkender oder gar steigender US-Zinsen muss seit dem jedem Volkswirten bewußt sein - die Notenbank kennt diese Zahlen ebenfalls.


    Der Konsum machte 2002 über 2/3 des US-BIP und 74% des Weltwirtschaftwchstums aus.


    Steigen die Zinsen am langen Ende, platzt die US-Immobilien- und Refinanzierungsblase unweigerlich und mit ihr die USD-Illusion.


    Selbst wenn, um die Verwirrungen bei Volkswirte in Anbetracht der Diskrepanz zwischen Leitzinsen und Wachstum zu mildern, der Ankerzins sukzessive von 1 auf 2 Prozent erhöht wird, das lange Ende wird weiter sinken und die Zinsstrukturkurve wird sich stark abflachen. Die Treasury-Bonds werden im interesse der Offenmarktpolitik der FED stehen und anders als alle momenetanen Erwartungen weiter stark performen - die 10-j. Zinsen werden in den nächsten 2-3 Jahren auf 0% fallen.
    Ein Anleihecrash ist bis zum entgültigen Zusammenbruch des USD auszuschließen. Wenn die Japaner nicht mehr kaufen, wird die FED die von ihrer eigenen Regierung emittierten Bonds aufkaufen.





    2. Irrtum: Der USD steigt wieder


    Kurzfristig mag dies durch Spekulationen resp. Glattstellungen möglich sein. Die weiter zwangsläufig niedrigen Zinsen machen den USD aber als Anlagewährung für Europäer extrem unattraktiv. Die Zinsen sind momentan in allen Laufzeitbereichen niedriger als in Europa.


    Bei Aktien ist es ähnlich. Die Konjunturerholung findet global statt. Investoren können sich an Global Playern überall auf der Welt beteiligen und deren Preise vergleichen. Gemessen an der Rentabilität, sind asiatische Unternehmen zwar noch hintenan, die Bewertung beträgt dafür nur 1/3 der US-Aktien. Die Statistiken aus dem Jahr 2003 zeigen, das kaum noch privates Geld in die USA fließt. Lediglich die nicht erwerbswirtschaftlich orientierten asiatischen Notenbanken kaufen US-Papiere in hohen Mengen.


    Selbst Amerikaner denken um. Der Großinvestor Warren Buffet sagte kürzlich bei einem Symposium in Chicago:"Erstmals ist der Dollar für mich weniger attraktiv als ausländische WÄhrungen".


    Da sich weder an den hohen Bewertungen (Dividendenrendite, KGV, PEG, KUV, KBV) noch an den niedrigen Zinsen in den USA etwas ändern wird, werden private Investoren attraktivere Anlagen für ihr Geld in Aisen und Europa suchen und finden.


    Ausländische Investments sind in den amerikanischen Wirtschafts-Medien verstärkt ein Thema. Besonders Asien steht im Fokus.


    Die asiatischen und europäischen Notenbanken können den USD aber nicht ausreichend gegen den Markt stützen. Die US-Politik wird das in Sachen China und Japan eher weiter kritisieren. Amerika braucht einen schwachen USD und fordert dies auch offen.


    Der USD wird schwach bleiben. Hier hat der Konsens recht - auch wenn er die falschen Begründungen anführt.


    Kommt es zum Crash des Weltwährungssystem ist, anders als in diesem Board beschrieben, der USD keine gute Fluchtwährung.


    Warum?


    Die USA sind der größte Gläubiger der Welt. Die USA halten 55% der globalen Assets. Alle Welt ist nach wie vor extrem in den USA überinvestiert. Nichtamerikanische Notenbanken halten durchschn. 80% ihrer Reserven in USD.


    Was auf dem Devisenmarkt passiert, wenn das Vertrauen in diese Währung entgültig schwindet, kann sich jeder vorstellen. Die über Jahrzehnte in USD angelegten Investments werden wie ein Elefant durch ein Mäuseloch flüchten. Keine gute Idee, dann gegen den Strom zu schwimmen. Und was das Argument der US Goldbestände angeht:
    Durch die seit den Achtzigern explodierende USD-Geldmenge deckt das US-Gold gerade noch 1/3.500 der Geldmenge ab. Kaum noch messbar.




    3. Irrtum: DIe Notenbanken können den Crash noch Jahre hinauszögern:


    Da sie dies , besonders die Fed (87- iger Crash, Lateinamerika-Krise, Asien-Krise, Russaland-Krise, LTSM-Krise) seit langem tun, haben sich unumkehrbare Verzerrungen die immer deutlicher zu Tage treten gebildet.


    Viele meiner ansonsten stromlinienförmigen Kollegen werden langsam stutzig und beginnen unkonventionelle Fragen zu stellen.


    Da die Notenbanken und Regierungen weiter den Konsum stützen müssen um die extrem überdrehten Niveaus zu halten und asuzubauen (für mehr Waschtum), werden sich zwangsläufig auch die Verzerrungen in den Haushaltsbudgets und Leitzinsen ausweiten und von interessierter Seite verstärkt in das Licht der Öffentlichkeit gezogen.


    Aktuelle Beispiele sind die Aufstockung des 2005 Defizitplans auf 500 Mrd. USD nach 350 Mrd. für 2004 (ein gefundenes Fressen für die Opposition) und die Erhöhung der Interventionssummen der Bank of Japan von 150 Mrd. USD 2003 auf 600 Mrd. USD 2004 (Ein echter ANsporn für die Devisenspekulanten).


    Natürlich können die Notenbanken dieses Spiel unendlich weitertreiben. Sie haben schliesslich die Hoheit über die Geldschöpfung (Zins- und Offenmarktpolitik).


    Das Problem ist die öffentliche Wahrnehmung. Bereits jetzt äußern sich durchschnittliche Wallstreetbanker besorgt über das Haushalts-Defizit und würden lieber einen Teil ihrer Steuergeschenke zurückgeben als eine weitere Ausweitung des US-Defizits zuzulassen - echte Patrioten.


    Wachstumsvertrauen ist alles, was noch hinter dem USD steht. Spätestens, wenn Amrika wieder nachhaltig zu wachsen scheint, werden die extrem niedrigen Zinsen und die weiterhin expansive Fiskalpolitik unklärbare Fragen aufwerfen (aktuell im Ansatz)..
    Spekulanten werden wie beim Zusammenbruch des Bretton-Woods System die Gründe eruieren, finden und kompromisslos den spekulativen Finger in die Wunde legen.


    Das Problem des USD ist die relative Meinungsfreiheit, Transparenz der Märkte und die globale Mobilität des Kapitals, das nach klaren Regeln spielt - Profit. Etabliert sich ein Trend, für den es nachvollziebare Gründe gibt, wird eine gigantische Spekulative Welle in Gang gesetzt. Der Millenium-Boom lässt grüssen.


    Selbst wenn die US-Notenbanken anfangen, die Statistiken zu fälschen, die Zinsen müssen sie unten halten - andernfalls kippt der Konsum, der Immobilienmarkt bricht ein, der Rentenmarkt kippt, der AKtienmarkt und der USD werden verkauft.


    Die Zinsen und der US-Haushalt sind die Schlüsselindikatoren. Der USD hängt nur hinten dran. Mitte 2005 bis Anfang 2006 wird die Skepsis das Vertrauen in den USD untehölen und ihn kippen. Von ganz normalen Marktteilnehmern, die die Zinswelt nicht mehr verstehen werden und anfangen skeptisch zu werden. Das ist das Ende der Währung, die nur durch eine Sache gestützt ist - auf naives Vertrauen.


    Wir alle werden das noch erleben, auch Greenspan. Spätestens 2006.

  • Interessante Ansichten.


    Ich hatte eigentlich gehofft, der Prozeß würde sich von den Notenbanken noch etwas länger aufhalten lassen (bis ca. 2oo8-2o1o).


    Gibt es denn Deiner Meinung nach eine Obergrenze für die US-Staatsverschuldung, ab der die Öffentlichkeit noch stärkeres Interesse daran zeigen wird?.



    In diesem Sinne
    Zurück zum Goldstandard....

  • @ theta


    Bin weitgehend gleicher Ansicht, rsp. machte mir die gleichen Gedanken. Ich glaube (wie wohl die meisten der hier im Forum Versammelten) auch nicht an eine Wiedererstarkung des Dollars, zumindest nicht auf mittlere bis längere Sicht.
    Was die Aktienmärkte betrifft, so könnte statt eines Crashs m.E. auch eine liquiditätsgetriebene Seitwärtsbewegung eintreten bei gleichzeitig anziehender Inflation, so dass real die Aktien an Wert verlieren. Meines Erachtens aber weniger schnell als der USD. Zumindest jene Aktien, welche noch nicht allzu stark überbewertet sind, rsp. welche in hohem Masse durch Sachwerte gedeckt sind.


    Gruss,
    Thom

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