Staatsverschuldung-Video

  • Daß die Schuldenblase (die echte, nicht Ich!) die Volkswirtschaft erdrücken wird, scheint zunehmend ein offizielles Thema zu werden:


    Hier aus Der Welt am Sonntag von heute:


  • Die Hälfte seiner Steuereinnahmen gibt der Bund laut dem Gutachten schon jetzt für die gesetzliche Rentenversicherung, für die Pensionen früherer Beamter sowie die Alterssicherung in der Landwirtschaft aus.


    Kaum zu glauben?


    Schaut hier:


    Steuern für Rente

  • Demographie sprengt die Staatshaushalte


    Ifo-Studie warnt vor Schuldenexplosion, zeichnet aber auch Wege für Reformen auf


    DONATA RIEDEL HANDELSBLATT, 22.9.2004 BERLIN. Wenn heute der Finanzausschuss des Bundestages über Subventionskürzungen für die Bauern diskutiert, geht es um die geringe Summe von 350 Mill. Euro - gering jedenfalls im Vergleich zu den Gesamtausgaben des Bundeshaushalts 2005 von 258 Mrd. Euro. Dabei müssten die Politiker längst viel grundsätzlicher auf Sparkurs gehen, fordern Wissenschaftler. Wegen der Alterung der Bevölkerung werden die öffentlichen Haushalte ab 2012 beginnen, vollkommen aus dem Ruder zu laufen: mit einer Staatsverschuldung von bis zu 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und einer jährlichen Neuverschuldung weit über sieben Prozent vom BIP.


    Zu diesem Ergebnis kommt eine noch unveröffentlichte Studie des Münchner Ifo-Instituts über die "langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen", die dem Handelsblatt vorliegt. Zu ähnlichen Ergebnissen waren zuvor Untersuchungen der Industrieländer-Organisation OECD und der EU-Kommission gekommen. Die Ifo-Studie zeigt aber auch, wie Politiker am ehesten verhindern können, dass das Worst- Case-Szenario eintritt: Mit Reformen, die dazu führen, dass möglichst viele Menschen auf eine möglichst lange Lebensarbeitszeit kommen werden.


    Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) will auf Basis der Studie erstmals einen "Tragfähigkeitsbericht" erstellen, der regelmäßig fortgeschrieben werden soll. Seit Ende August befindet sich die Studie in der Abstimmung zwischen den Ressorts Finanzen, Soziales, Wirtschaft, Innen und Forschung.


    Eichels Beamte sorgen sich, dass die Minister und später die Abgeordneten das Demographie-Problem nicht als dringlich erachten könnten, weil die Konsequenzen der demografischen Entwicklung erst in der Zukunft spürbar werden. Denn bis zum Jahr 2012 bescheinigt die Studie der Bundesregierung, dass ihre Reformen wirken: Die Beiträge zu den Sozialversicherungen und die Neuverschuldung des Staates werden sinken - um dann aber ohne neue Reformen umso schneller zu wachsen.


    Ab 2012 wird die Zahl von Menschen über 65 Jahren im Vergleich zu jener der 15- bis 64-Jährigen stetig steigen - bis auf einen Altersquotienten von 50 Prozent im Jahr 2050. Daran würde sich auch durch hohe Einwandererzahlen nur wenig ändern: Die Neubürger würden zwar laut Ifo verhindern, dass die Bevölkerungszahl in Deutschland ab 2030 schrumpft - das Zahlenverhältnis von Rentnern zu Arbeitenden bliebe aber fast unverändert.


    Die Alterung verursacht steigende Kosten für Rente, Gesundheit und Pflege. Bei der Bildung bleiben die Ausgaben vermutlich in etwa stabil, so die Forscher: Weniger Kinder werden besser, aber in kürzerer Zeit ausgebildet. Einzig die Kosten der Arbeitslosigkeit werden sinken.


    Die Studie beruht auf Modellrechnungen, die nach Aussage der Wissenschaftler hohe Unsicherheiten bergen: etwa die Annahme, dass die Zinsen durchschnittlich bei 3,5 Prozent liegen werden und das Wachstum von 2,2 Prozent im Jahr 2010 auf 1,1 Prozent 2050 zurück geht. Der CDU-Haushaltsexperte Dietrich Austermann hält auch die Annahme für fragwürdig, dass Eichels Haushalt 2005 ohne neue Milliardenlöcher umgesetzt wird und seine mittelfristige Finanzplanung bis 2008 stimmt.


    Haushaltspolitiker der Koalition sehen die Stärke der Studie vor allem in den Sensitivitätsanalysen: Sie zeigen, wie stark unterschiedliche Reformansätze die Grundszenarien verändern. So kann es 2050 in Deutschland noch ebenso viele Arbeitsplätze geben wie heute - wenn dann wirklich jede Frau und jeder Mann bis 65 Jahre arbeitet.


    Rentenkassen und Staatshaushalte spürbar entlasten würde vor allem die stufenweise Anhebung des Rentenalters auf 67. Die Diskussion über diesen Vorschlag der RürupKommission hat die Bundesregierung allerdings vertagt: auf die Zeit nach der Bundestagswahl Ende 2006.


    Quelle: Handelsblatt

    Die Börse ist wie ein Paternoster. Es ist ungefährlich,
    durch den Keller zu fahren.


    Man muss nur die Nerven bewahren !

  • ftd.de, Di, 28.9.2004, 11:32
    Steuerzahlerbund sieht öffentliche Verschwendung auf Rekordhoch


    Die öffentliche Verschwendung von Steuergeldern liegt nach Angaben des Bundes der Steuerzahler auch in diesem Jahr auf Rekordhoch. Verbandspräsident Karl-Heinz Däke wies den Vorwurf des "Populismus" aber zurück.


    Nach Schätzungen des Bundes der Steuerzahler hat die Öffentliche Hand im vergangenen Jahr 30 Mrd. Euro unnötigerweise ausgegeben. Das geht aus dem neuen Schwarzbuch der Organisation hervor, das am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. Verbandspräsident Däke forderte am Dienstag in diesem Zusammenhang eine härtere Bestrafung für die "Veruntreuer öffentlicher Mittel".


    Der Steuerzahlerbund nennt in seinem Schwarzbuch mehr als 100 Fälle von Steuergeld-Vergeudung. Mit der diesjährigen Summe liege der Verlust für die Staatskasse auf der Rekordmarke des Vorjahres, hieß es. Als ein Beispiel für die Verschwendung von Steuer-Millionen wird das Projekt "German TV" hervorgehoben, bei dem mehr als 20 Mio. Euro "zum Fenster hinaus geworfen worden seien". Hier spiegele sich das wider, was von Bundespräsident Horst Köhler als "Zementierung des Subventionsstaates" oder von Bundeskanzler Gerhard Schröder als "Mitnahmementalität" beklagt worden sei, sagte Däke. Dabei gehe es um so genannte Mischfinanzierungen durch mehrere staatliche Ebenen.




    Däke: Nur Beispiele aufgelistet



    Der Vorsitzende der Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, bezweifelte im Deutschlandradio die Richtigkeit der Angaben. "Schon im Schwarzbuch der vergangenen Jahre waren sehr viele Luftnummern enthalten. Das macht den Wert dieses Buches zweifelhaft." Manche Verschwendung sei durch fehlgeschlagene Umsetzung von Projekten entstanden, sagte Ondracek weiter. Als Beispiel nannte er das Lkw-Maut-Projekt. Die Beamten hätten keine Schuld daran, wenn das Konsortium aus Privatunternehmen das System nicht zum Laufen bringe. Die Forderung des Steuerzahlerbundes nach einer härteren Bestrafung verschwenderischer Staatsdiener sei "Populismus pur".



    Verbandspräsident Däke wies die Kritik am Schwarzbuch zurück. "Ich habe immer gesagt, dass das eine Schätzung ist. In unserem Schwarzbuch können wir natürlich nicht 30 Mrd. Euro auflisten", sagte Däke im Bayerischen Rundfunk. Im aktuellen Buch seien 750 Mio. Euro aufgelistet, die seiner Ansicht nach verschwendet worden seien.

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  • Zitat

    Original von hpopth
    # hallo schwabenpfeil


    dazu kommt ja noch die Verschleierung der Ost-Transfers, ist auch sehr erhblich, ebenso die Kosten der Wiedervereinigung geht ja über 1,5 Billionen € hinaus.


    gruß hpoth


    Kann man DAS nicht irgendwann mal vergessen?
    Würdest Du Spenden, Finanzhilfen in Überschwemmungsgebieten, Erdbebenzentren usw auch als "sinnlose" Ausgaben kennzeichnen? Ich als Ossi fühle mich da ziemlich angepisst, dauernd die Ausgaben für die Wiedervereinigung sehen zu müssen. Es geht hier um Menschen, die früher getrennt gelebt haben (bzw. es mußten) und jetzt wieder zusammengehören.
    Kann man sowas in minus 1,xx Billionen Euro ausdrücken!? Das Aufrollen von solchen Beträgen halte ich für geschmacklos oder so ähnlich.
    Sicher kann man über die sinnlosen Projekte reden, die gerade auch in den neuen Bundesländern realisiert wurden. DARÜBER kann man reden.

  • #Poki Beloki,


    Nein dass kann ich nicht vergessen, habe eine Firma im Ossi Land gehabt, durch die tolle Motivation dieser MItarbeiter habe ich mal gerade meinen Soli Beitarg auf gute 400.000.00 Euro durch Verluste erhöht, das hatte ich nicht zu vertreten und was ist jetzt? Nun ganz einfach hier im Westen sind die Aarbeitsplätze auch fast kaputt Dank dieser tollen Ost-Mitarbeitern.
    Ich hätte mich niemals so geäußeret wenn Du nicht mit Deiner Mitleidenschafts-Gejammere davon angefanngen hättest.Übrigens gehen jährlich fast 14 MRD € für die Rentenkasse nach OSt.Dort hat niemand eingezahlt, dort gibt es Rentner die ein vielfaches an West Rentern beziehen.Hatte 1999 2 Renter aus Ostdeutschland in Mauritius getroffen die bleiben gleich 4 Monate dort weil es billiger ist für sie / mir ist es ja egal aber ich kenne keine West-Rentner aus dem normalen Arbeitsbereich, sprich Facharbeiter die 4 Monate auf Mauritius in einem 4 Sterne Hotel 4 Monate leben können.)Möcht e das hier nicht vertiefen aber das Gejammere Ihr müßt uns geben wir sond doch so benachteiligt kann ich nicht mehr höhren. Das sagten mir ständig die Ossi Mitarbeiter , selbst jetzt sind sie auch in der teuren Schweiz in großer Zahl anzutreffen nach so kurzer Zeit, das konnten wir Wessi nicht so schnell vollziehen, tut mir leid wenn ich mich jetzt etwas im Ton vergriffen habe aber irgendwie geht mir das auf den Seier.
    gruß hpoth

  • Zitat

    Original von hpopth
    #Poki Beloki,


    Nein dass kann ich nicht vergessen, habe eine Firma im Ossi Land gehabt, durch die tolle Motivation dieser MItarbeiter habe ich mal gerade meinen Soli Beitarg auf gute 400.000.00 Euro durch Verluste erhöht, das hatte ich nicht zu vertreten und was ist jetzt? Nun ganz einfach hier im Westen sind die Aarbeitsplätze auch fast kaputt Dank dieser tollen Ost-Mitarbeitern.
    Ich hätte mich niemals so geäußeret wenn Du nicht mit Deiner Mitleidenschafts-Gejammere davon angefanngen hättest.Übrigens gehen jährlich fast 14 MRD € für die Rentenkasse nach OSt.Dort hat niemand eingezahlt, dort gibt es Rentner die ein vielfaches an West Rentern beziehen.Hatte 1999 2 Renter aus Ostdeutschland in Mauritius getroffen die bleiben gleich 4 Monate dort weil es billiger ist für sie / mir ist es ja egal aber ich kenne keine West-Rentner aus dem normalen Arbeitsbereich, sprich Facharbeiter die 4 Monate auf Mauritius in einem 4 Sterne Hotel 4 Monate leben können.)Möcht e das hier nicht vertiefen aber das Gejammere Ihr müßt uns geben wir sond doch so benachteiligt kann ich nicht mehr höhren. Das sagten mir ständig die Ossi Mitarbeiter , selbst jetzt sind sie auch in der teuren Schweiz in großer Zahl anzutreffen nach so kurzer Zeit, das konnten wir Wessi nicht so schnell vollziehen, tut mir leid wenn ich mich jetzt etwas im Ton vergriffen habe aber irgendwie geht mir das auf den Seier.
    gruß hpoth


    Und Du meinst, die paar Leute sind repräsentativ für alle, oder was? Mir und vielen anderen geht es aber auf die Nerven, daß alle Dinge, die schiefgegangen sind, auf die ach so bösen Ossis geschoben werden, die ja soviel Geld kassieren, obwohl sie ja sooooo faul sind.
    Mein Vater verdient gerade 80% des Westlohns, wenn wir schon dabei sind. Das BASF-Werk in Bitterfeld zahlt ebenfalls 80% des Leverkusener Lohns bei 2,5h Mehrarbeit. Warum!?
    Wo bleibt denn da Dein Geld, was wir ja so hinterhergeworfen bekommen? Glaubst Du, meine Mutter zahlt weniger Geld für einen Liter Milch, einen Liter Benzin oder weiß der Teufel was!? Außerdem jammert KEIN Mensch "Gib mir was!" sondern eher "Behandelt uns gleich!"
    Schlimm genug, daß nach 14 Jahren Einheit immernoch Begriffe und Vorurteile wie "fauler Ossi" und "arroganter Wessi" existieren.
    Aber ich als "fauler Ossi" lerne jedoch leider immernoch arrogante Menschen kennen, ob Ossi oder Wessi ist mir sch***egal.
    Dir offensichtlich nicht. Schade.


    P.S. Ich werde hier nicht all Deine Argumente widerlegen.

  • Hallo Poki Beloki !!


    die früher getrennt gelebt haben (bzw. es mußten) und jetzt wieder zusammengehören.


    Das ist schon richtig. Die Feststellung sei erlaubt, man kann nur das geben was man hat. Wer ist also der leidtragende wenn die Endrechnung aufgemacht wird, wer gibt also ??????????????????. Bestimmt nicht der Staat, und bestimmt auch nicht die Neuen Ländern. Man kann nur dort etwas wegnehmen wo etwas ist. Zu den neuen Ländern fällt mir nur ein " Da wo nichts mehr ist, hat der Kaiser sein Recht verloren ". Das ist nicht die Schuld der neuen Länder, sondern die total verkehrte Politik.


    Wer im Osten nicht wahrhaben möchte, dass es den Menschen im Westen keineswegs mehr besser geht, der sei herzlich eingeladen, sich mit eigenen Augen davon zu überzeugen." (S. 149f).


    .
    http://www.eichborn.de/niebling/isbn/3821855592





    Hängt der Osten ewig am Subventionstropf ? Was ist falsch gelaufen bei der Wiedervereinigung 1?


    Ein sehr informative und interessante Analyse verdanken wir Helmut Schmidt, die im folgenden wiedergegeben wird:


    Sieben Kardinalfehler bei der Wiedervereinigung (S. 29 - 35)
    aus:



    _
    Kardinalfehler 1: Unterschätzung der Schwierigkeiten


    "Die naive Unterschätzung der voraussehbaren Schwierigkeiten der wirtschaftlichen Vereinigung war der erste Kardinalfehler. Daraus sind weitere Fehlentscheidungen und Unterlassungen erwachsen, die heute nur schrittweise, nur teilweise und insgesamt auch unzureichend korrigiert werden."
    Kardinalfehler 2: naiver Glaube an die Marktwirtschaft



    "Der naive Glaube, Marktwirtschaft an sich werde schon in wenigen Jahren (Kohl: «Bis 1994!») die ehemalige DDR in ein wirtschaftlich blühendes Land verwandeln, war der zweite Kardinalfehler."
    Kardinalfehler 3: Eins-zu-eins-Aufwertung der Ost-Mark



    "Der dritte Kardinalfehler lag in der De-facto-Aufwertung der alten Mark (Ost) auf etwa das Dreifache. Damit ist die Wettbewerbsfähigkeit auch derjenigen ostdeutschen Unternehmen untergraben worden, deren Produkte qualitativ für den deutschen, den gemeinsamen europäischen und für den Weltmarkt durchaus geeignet waren, wenn sie nur im Preis wettbewerbsfähig geblieben wären. Der damalige Bundesbankpräsident Pöhl sah das Unglück kommen, er hat eindringlich gewarnt. Jedoch hat der Bun- [>30] deskanzler sich von seinem Kurs nicht abbringen lassen, schließlich wollte er durch den Umtausch von einer Mark (Ost) in eine DM (West) auch denjenigen Menschen im Osten etwas Gutes tun, deren Stimme er sich in der ersten gemeinsamen Bundestagswahl ein halbes Jahr später erhoffte." (...)
    Kardinalfehler 4: Fehlender langfristiger Finanzausgleich



    "Der vierte Kardinalfehler war der im Einigungsvertrag liegende Verzicht auf einen weitreichenden generellen Finanzausgleich zugunsten der neuen Länder. Nur bis zum Ende des Jahres 1994 soll der «Fonds Deutsche Einheit» laufen, den der Bund und die westdeutschen Länder gemeinsam alimentieren. Von 1995 an sollen die östlichen Bundesländer durch Gesetz in den «horizontalen» Finanzausgleich der sechzehn Länder und den «vertikalen» Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern einbezogen werden. Inzwischen ist der Fonds erheblich, aber immer noch unzureichend aufgestockt worden. Alldem, auch der zeitlichen Begrenzung bis Ende 1994, liegt der Kardinalfehler Nr. 2 zugrunde, nämlich die naive Annahme, im Jahre 1994 werde im Osten die Wirtschaft blühen. Die Annahme, Ende 1994 würden die östlichen Bundesländer im Prinzip finanziell auf eigenen Beinen stehen können, ist freilich schon heute als tragikomische Illusion entlarvt; die Verschuldung der neuen Länder nimmt schnell zu, sie steuern in wenigen Jahren in eine Finanzkrise." (...)


    Die heutige finanzielle Abhängigkeit der östlichen Bundesländer hat für sie gefährliche politische und psychologische Konsequenzen. Sie sind gegenüber der Bundesregierung (und den ihr unterstehenden Behörden wie Treuhandanstalt, Bundesanstalt für Arbeit usw.) in die Rolle ständiger Bittsteller gedrängt. Damit ist ihre politische Position kategorisch schlechter als die der westlichen Bundesländer. Ihre Entscheidungsfreiheit ist wesentlich kleiner, obschon sie der ungewöhnlichen Probleme wegen mindestens gegenwärtig eigentlich größer sein müßte. Diese Abhängigkeit wirkt sich natürlich auf die seelische Befindlichkeit der in den Landtagen und Landesregierungen tätigen Personen aus, ebenso auf die öffentliche Meinung in den östlichen Bundesländern. Das Bewußtsein der Trennung und der Unterordnung unter westdeutsche Organe und Personen wird vertieft - das Gegenteil von dem, was man sich wünschen möchte. Viele Ostdeutsche fühlen sich vom Westen beherrscht."
    Kardinalfehler 5: Autonome Treuhandanstalt



    "Ein ähnlicher psychologischer Effekt geht zwangsläufig von der Arbeit der Treuhandanstalt aus, und damit bin ich beim fünften Kardinalfehler. Wenn in Thüringen oder in Sachsen-Anhalt ein größeres, früher «volkseigenes» Unternehmen verkauft wird, so liegt die Entscheidung nicht bei den Regierungen in Erfurt oder Halle, sie liegt auch nicht bei den Landtagen, sondern bei der Treuhandanstalt in Berlin. Das gleiche gilt für Stillegungen, Teil-Stillegungen, selbst für Verkäufe von ungenutzten Flächen an einen [>32] Investor. Die Treuhandanstalt ist de facto ein Bundesministerium für die strukturelle Umgestaltung der ostdeutschen Unternehmenslandschaft. Da sie für ihre Operationen jedoch keine Gesetzgebung benötigt, unterliegt sie praktisch lediglich dem Erfordernis der Zustimmung ihres Verwaltungsrates und dessen Aufsicht. Kein Parlament hat mitzureden. Im Ergebnis ist sie für die Landesregierungen und die Landtage aller östlichen Bundesländer eine überaus mächtige, mit großen Kompetenzen und Finanzmitteln ausgestattete Nebenregierung, die lediglich vom Bundesfinanzminister abhängt. Ostdeutsche Bundesbürger haben an diesen Kompetenzen keinen Anteil, es sei denn, sie sind im Einzelfall leitende Mitarbeiter der Treuhandanstalt. Vielen Ostdeutschen stellen sich die Privatisierer und Sanierer als «Bilderbuch-Kapitalisten» dar (Bohley); dabei darf man nicht vergessen: In der Sprache der SED bezeichnete das Wort Kapitalist einen Menschen, der andere versklavt. Diese Gleichsetzung ist politisch und psychologisch unerfreulich." (...)


    Letztlich gehören die Entscheidungen über die jetzt noch verbliebenen Betriebe in die Hände der Landesregierungen oder neu zu schaffender, ihnen unterstehender regionaler Treuhandanstalten; dazu aber brauchen die östlichen Länder eigenen finanziellen Spielraum. Durch die verfehlte Konstruktion und den Auftrag der heutigen Treuhandanstalt sind lebenswichtige Entscheidungen über die Zukunft des ostdeutschen Bundesbürgers - aber nicht nur über seine Zukunft - in der Anonymität verschwunden, also dorthin, wo sie auch schon zu Honeckers und Mittags Zeiten waren." (...)
    Kardinalfehler 6: Falsch: Rückgabe vor Entschädigung



    "Der sechste Kardinalfehler liegt auf einem benachbarten Feld, nämlich in der Vermögensregelung aufgrund des Einigungsvertrages. Zwar ist inzwischen das gesetzliche Prinzip der Rückerstattung früheren Privateigentums, der Grundsatz «Rückgabe vor Entschädigung», etwas abgemildert worden. Aber da in den allermeisten Fällen die Enteignungen schon vor langer Zeit erfolgt sind, handelt es sich bei den Anspruchsberechtigten in der Regel um Erben der früheren Eigentümer. Insgesamt sind inzwischen 2,4 Millionen Ansprüche angemeldet, davon ist bisher nur rund ein Zehntel erledigt. Der Rest ist ein fabelhaftes Beschäftigungsprogramm für Rechtsanwälte und Gerichte, das bis ins nächste Jahrhundert reicht.


    In der Zwischenzeit aber besteht weiterhin Unsicherheit über den endgültigen Eigentümer, mit zwei bösen Folgen. Zum einen haben sich viele Wohnungsbesitzer darauf verlassen, zu Recht in [>34] ihrer Wohnung zu sein, jetzt haben sie Angst, zu einem ungewissen Zeitpunkt hinausgeworfen zu werden. Zum anderen unterbleiben Reparaturen und Investitionen, was sowohl betriebs- als auch volkswirtschaftlich außerordentlich schädlich ist. Das Rückgabeprinzip hat sich als «formidables Investitionshemmnis» (Biedenkopf) erwiesen." (...)
    Kardinalfehler 7: Explosion der Lohnstückkosten



    "Für den siebten Kardinalfehler sind in erster Linie die Verbände der Arbeitgeber und die Gewerkschaften verantwortlich, allerdings ist auch die Bundesregierung nicht schuldlos. Ich spreche von der Tariflohnentwicklung der Jahre 1990, 1991 und 1992. Schon 1990 ist die Tariflohnentwicklung für Ostdeutschland von den (westdeutschen!) Tarifpartnern weit über den Produktivitätsfortschritt hinaus nach oben getrieben worden, der öffentliche Dienst machte den Vorreiter. Die Explosion der Lohnstückkosten hat besonders diejenigen Unternehmen der ehemaligen DDR getroffen, deren Produkte ohnehin kaum wettbewerbsfähig waren. Ende 1989 lag das monatliche durchschnittliche Einkommen im Osten bei 1170 Mark (Ost), Anfang 1992 war es auf 2090 DM (West) gestiegen. Für diejenigen, die ihren Arbeitsplatz behalten konnten, war das eine fabelhafte Verbesserung. Für Millionen anderer war es der wichtigste Grund für den Verlust ihres Arbeitsplatzes.
    Die Bundesregierung muß sich vorwerfen lassen, nicht schon [>35] bei den ersten Anzeichen dieser Fehlentwicklung die Spitzenverbände der Arbeitgeber und Arbeitnehmer an ihren Tisch gebeten zu haben, um ihnen die zu befürchtende Lohnstückkostenentwicklung im Osten eindringlich vor Augen zu führen und sie um Mäßigung zu ersuchen. Niemals vorher wäre eine «konzertierte Aktion» im Sinne Karl Schillers notwendiger gewesen.
    Die Arbeitslosigkeit ist durch Kurzarbeit, vorzeitigen Ruhestand, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen und Beschäftigungsgesellschaften (sogenannter zweiter Arbeitsmarkt, in Wahrheit verdeckte Arbeitslosigkeit) deutlich gemildert worden, unter Aufwendung ganz erheblicher Finanzmittel des Bundes. Gleichwohl: Die gegenwärtige Arbeitslosigkeit ist in vielen Industriestädten Ostdeutschlands heute weit höher, als sie 1932 zur Zeit der ersten großen Weltwirtschaftskrise gewesen ist - damals wurde die Hoffnungslosigkeit der Arbeitslosen zu einem der Hauptmotive für die Wahl der NSDAP und Hitlers. Heute ist die wirtschaftliche Lage der Arbeitslosen ungleich besser als damals. Sie birgt jedoch ein Element der Bitterkeit und Enttäuschung, das zusammen mit anderen Ängsten ein bedrückendes Gemisch aus Resignation und Aggression hat entstehen lassen, besonders unter den Jugendlichen. Rostock-Lichtenhagen ist ein Beispiel dafür. Wahrscheinlich ist die hohe Arbeitslosigkeit, deren Ende für viele gar nicht abzusehen ist, der wichtigste der Negativfaktoren, die zu Beginn des Jahres 1993 die gedrückte Stimmung im Osten Deutschlands ausmachen.
    Im Westen gibt es nur noch wenige, die sich an eine derartige Massenarbeitslosigkeit überhaupt erinnern. Deswegen können sich auch die meisten Westdeutschen nicht in die Lage der Arbeitslosen im Osten einfühlen. Neben der offiziell gemeldeten Arbeitslosigkeit gibt es eine gewaltige verdeckte. Tatsächlich gingen 1992 nur noch rund 45 Prozent derjenigen Erwerbspersonen einer regulären Beschäftigung im Osten nach, die 1989 voll beschäftigt gewesen waren."


    ***
    Soweit der kritische Rückblick, den Helmut Schmidt schon 1993 verfaßte. Inzwischen ist die Lage nicht gebessert, sondern eher - wie vorhergesagt - noch schlimmer geworden. Dies alles zeigt, daß der Vereinigungskanzler Kohl nicht die geringste Ahnung, Kompetenz und auch kein Verantwortungsbewußtsein hatte. Ein solches Desaster von hilflosem Pfusch geht wirklich über alle Vorstellungskraft.

    Entweder man stellt nun realistische Marktbedingungen her und führt eine richtige Gleichstellung in jeder Hinsicht durch ("gesund manchestern") oder man schränkt die Freizügkeit und die Gültigkeit des Grundgesetzes für die Dauer der Angleichung ein und führt eine partielle und beschützte Planwirtschaft durch, die Zug um Zug offener und freier wird. Beides wird nicht gehen, vor allem weil unser Rechtssystem und seine InterpretInnen seit jeher jeder vernünftigen Regelung im Wege steht.



    Die Soli-Abzocke - Fazit aus Kapitel 17 und Schluß: Missverständnisse vermeiden
    http://www.sgipt.org/politpsy/…0aus%20Kapitel%2017%20und



    Gruß Jürgen

  • Zitat

    Original von Jürgen
    [...]
    Das ist nicht die Schuld der neuen Länder, sondern die total verkehrte Politik.
    [...]


    GENAU DAS ist richtig!!
    Meine Eltern (ich wohne ja in den alten Bundesländern) haben gar nichts von den ganzen Beiträgen und den Millionen, Millarden und Billionen, die in den "Osten" geflossen sind. Beide haben sich neue Jobs suchen müssen, sind glücklich die gefunden zu haben und arbeiten hart, die bis zur Rente behalten zu dürfen.
    Der im Osten wohnende Bürger an sich hat eher weniger von den Soli-Beiträgen.
    Klar, daß hier andere sauer sind, daß soviel Geld ausgegeben wurde. Aber die Schuld der Ossis ist es nicht, ich hab auch kein Geld bekommen.
    Das Begrüßungsgeld mal ausgenommen!
    :))

  • Poki,


    so kannst Du nicht rechnen,dann hätten unsere Banker doch nichts bekommen, es glaubt doch wohl keiner im ernst,dass das Geld,auch dort angekommen ist,wo es eigentlich landen sollte.Warum ist das Modrow Konzept gescheitert,der für eine Übergangsfrist,eine Föderation,ohne Währungsanbindung wollte.Warum hat man gleich nach Amtsantritt Rohwedder ermordet,der sich zum Ziel gesetzt hatte,nicht die westdeutschen Unternehmen zu fördern,sondern gezielt ostdeutsche Unternehmen,warum hat man Schalk solange am Tegernsee versteckt,warum sind etliche Unternehmen in Bayern,aus dem Umfeld von Franz Josef Strauss (z.B Moxel) buchstäblich verreckt?


    Fragen über Fragen



    Jürgen,


    Schmidt hat mal gesagt,lieber 5% Inflation als 5% Arbeitslosigkeit,gerade,in den siebziger Jahren,als Ölkrise,Rezession und Inflation das vorherschende Thema war,konnte der öffentliche Dienst,Lohnerhöhungen von bis zu 11% jährlich durchsetzen.viele,die immer wieder auf die siebziger verweisen,bitte ich dies einmal zu berücksichtigen,denn heute werden die Löhne gekürzt.



    hpopth,



    irgentwann müssen die Jungs von der Treuhand, doch auchmal in die Schweiz,um sich an den Früchten ihrer Arbeit zu erfreuen,habe doch verständnis dafür :D



    habe doch für alles Verständnis,nur lasst es nie zu,das sie es schaffen die Gesellschaft zu spalten,denn dann haben wir alle verloren.


    Grüsse


    Kalle

  • Sparen ??? Aber doch bitte nicht an den Luxus-Versorgungen unserer politischen Kaste ;)


    Gruß
    Schwabenpfeil




    ROT-GRÜNES REFÖRMCHEN


    Üppige Politiker-Versorgung bleibt erhalten


    Von Petra Bornhöft


    Was die Regierung den Bürgern zumutet, soll den Bundestagsabgeordneten weitgehend erspart bleiben. Nach Informationen von SPIEGEL ONLINE will die Koalition nur minimale Einschnitte in der Altersversorgung durchsetzen. Ministerbezüge bleiben unangetastet.


    Berlin - Nach monatelangem Hin und Her hinter den Kulissen verständigten sich die Spitzen der rot-grünen Bundestagsfraktionen am Dienstag beim Frühstück darauf, das Abgeordnetengesetz leicht zu verändern. Während die Grünen noch im Dezember 2002 eine "grundlegende Reform" der Altersversorgung für Abgeordnete angekündigt hatten, fallen die Änderungen nun bescheiden aus.


    Folgende Neuregelungen sind geplant:



    Mit Hilfe eines so genannten Nachhaltigkeitsfaktors werden die Politikerpensionen in den kommenden vier bis acht Jahren schrittweise um bis zu vier Prozentpunkte auf maximal 67 Prozent der heute bei 7009 Euro liegenden Diäten gekürzt. Demnach erhielte ein Abgeordneter, der mindestens acht Jahre dem Bundestag angehört hat, ab dem 65. Lebensjahr eine Pension in Höhe von 1541,98 Euro - das wären 140,18 Euro weniger als nach derzeitigem Recht.
    Pro Dienstjahr soll der Anspruch weiterhin um drei Prozent steigen. Somit könnte ein Abgeordneter, der mindestens 23 Jahre im Parlament gesessen hat, mit 67 Prozent oder 4750, 30 Euro rechnen. Gegenüber heute wäre das ein Verlust von 85,91 Euro. Beiträge zahlen die Abgeordneten nicht.
    Hinterbliebene eines ehemaligen Abgeordneten sollen nur noch 55 statt 60 Prozent der Altersversorgung erhalten.
    Ab sofort müssen auch die Parlamentarier für die Pflegeversicherung aufkommen.
    Erst in der nächsten Wahlperiode, also ab Ende 2006, sollen private Erwerbseinkünfte auf die Altersversorgung angerechnet werden, wenn ein früherer Abgeordneter vor seinem 65. Lebensjahr zum Beispiel als Anwalt, Berater oder Lobbyist tätig ist.



    "Abgeordnete müssen Lebenswandel umstellen"


    Diese Neuregelungen, welche die Koalitionsfraktionen am Nachmittag verabschieden wollten, sind nach Ansicht des Parlamentarischen Geschäftsführers der SPD, Wilhelm Schmidt, "noch nicht die große Reform, aber doch schon eine anständige Zumutung für die Abgeordneten". Viele müssten ihre "Lebensplanung jetzt etwas umstellen", meint der Genosse ohne einen Anflug von Ironie.


    Unbeeindruckt von allen öffentlichen Protesten können sich also die Abgeordneten wie bisher auf saftige Übergangsgelder nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag freuen: Pro Jahr Mitgliedschaft im Bundestag erhält der Abgeordnete nach seinem Ausscheiden ein monatliches Übergangsgeld von derzeit 7009 Euro. Maximal 18 Monate kann er so hundert Prozent seiner früheren Bezüge kassieren, insgesamt rund 126.000 Euro.


    Der durchschnittliche Arbeitnehmer unter 55 Jahren hingegen wird ab Januar nächsten Jahres 60 Prozent seiner früheren Nettobezüge für maximal ein Jahr erhalten, danach ist er auf das weitaus niedrigere Arbeitslosengeld II angewiesen.


    Solche Vergleiche findet SPD-Mann Schmidt absurd: Wie seine Kollegen wolle er "nicht ständig mit Rentnern oder Sozialhilfeempfängern verglichen werden". Politiker müssten nicht in Sack und Asche wandeln. Man müsse daran erinnern, so Schmidt erbost, "dass keiner der 750 leitenden Angestellten bei Volkswagen mit uns Abgeordneten finanziell tauschen würde". Er, Wilhelm Schmidt, Salzgitter, wolle "als leitender Angestellter gelten".


    Große Reform erst im Sommer


    Auch die Minister und Parlamentarischen Staatssekretäre müssen bis auf weiteres keine Einbußen fürchten. An eine Änderung des entsprechenden Gesetzes wagen die rot-grünen Abgeordneten sich gar nicht erst heran. Schmidt: "Die Initiative muss eigentlich von der Regierung ausgehen." Doch im Kabinett war der Reformdrang in eigener Sache noch nie sonderlich ausgeprägt.


    Großzügige Übergangsgelder (für Kanzler Schröder rund 310.000 Euro, für Außenminister Fischer noch etwa 250.000 Euro) und üppige Pensionen von monatlich bis zu 11.000 Euro (Finanzminister Eichel) hat der Steuerzahlerbund aus den geltenden Tabellen errechnet.


    Im nächsten Sommer, verkünden Wilhelm Schmidt und sein grüner Amtskollege Volker Beck, wolle Rot-Grün eine "große Reform der Politiker-Versorgung" vorlegen.


    Dann soll es auch um die private Vorsorge der Abgeordneten gehen. Doch die hatte eine unabhängige Kommission des Bundestages unter Leitung des früheren Bundesarbeitsgerichts-Präsidenten Otto Rudolf Kissel schon 1993 als zu teuer und zu kompliziert verworfen, wie die Grünen im vergangenen Jahr erfreut nachgelesen hatten. So kam der kleine Koalitionspartner zu dem schnellen und schönen Ergebnis, dass nur eine "Reform im bestehenden System" möglich sei. Dabei wird es wohl bleiben.


    Quelle: Spiegel online

    Die Börse ist wie ein Paternoster. Es ist ungefährlich,
    durch den Keller zu fahren.


    Man muss nur die Nerven bewahren !

  • Eichel bricht Waigels Schuldenrekord
    Der Finanzminister rechnet mit einer Neuverschuldung von bis zu 44 Milliarden Euro. Nachtragshaushalt soll nächste Woche stehen. Union zitiert Eichel vor den Haushaltsausschuss

    [Blockierte Grafik: http://www.welt.de/media/pic/000/175/17525v1.jpg]


    Berlin - Der Bund wird 2004 so viele Schulden machen wie niemals zuvor in einem Jahr. Finanzminister Hans Eichel bezifferte den Kreditbedarf am Mittwoch in Berlin auf 43 bis 44 Milliarden Euro - mindestens drei Milliarden mehr als der bisherige Spitzenwert von Theo Waigel (CSU) aus dem Jahr 1996. Als Grund nannte der SPD-Politiker ausbleibende Steuereinnahmen und die angespannte Lage am Arbeitsmarkt, die den Staat zu Mehrausgaben für soziale Leistungen zwingt.



    Ursprünglich wollte Eichel die Neuverschuldung auf 29,3 Milliarden Euro begrenzen. Nun will er – überraschend - bereits am kommenden Mittwoch einen Nachtragshaushalt vorlegen. Bisher hatte er die Linie vertreten, auf die Steuerschätzung Anfang November zu warten. Eine Verschärfung des Sparkurses lehnt der Finanzminister ab. Er fürchtet im Fall einer neuen Rotstift-Aktion ein Abwürgen der Konjunkturerholung, weshalb er lieber Kredite aufnehmen will.


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    Weitere Hiobsbotschaft zur Steuerschätzung erwartet


    In Koalitionskreisen hieß es, bei der Steuerschätzung sei mit einer weiteren Hiobsbotschaft zu rechnen, vor allem für den Bund. Die Länder kämen wahrscheinlich besser davon, die Kommunen könnten sogar auf ein leichtes Einnahmeplus hoffen. Als Ursache wurde der Einbruch bei der Tabak- und der Mineralölsteuer genannt, die beide allein der Bund kassiert. Geringere Einnahmen seien - wegen der schwächelnden Binnenkonjunktur - auch bei der Mehrwertsteuer zu erwarten. Die Job-Krise drücke zudem die Einkommensteuer.



    Neue Haushaltslöcher



    Eichel hatte bereits im Frühjahr zusätzliche Haushaltsrisiken eingeräumt. Die damals veranschlagten zehn bis elf Milliarden Euro Aufschlag zum Haushalt werden aber nicht reichen. Neue Haushaltlöcher haben sich aufgetan: So werden die mit 1,8 Milliarden Euro angesetzten Einkünfte aus der Tabaksteuer nach Eingeständnis des Finanzministeriums verfehlt. Dies gilt auch für die zwei Milliarden Euro aus der Amnestie für reuige Steuersünder. Der Bund rechnet laut Finanzministerium nun noch mit etwas mehr als einer halben Milliarde.



    Die erhoffte eine Milliarde Euro aus dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ist ebenfalls fraglich. Durch das Debakel mit der Lkw-Maut gehen dem Bund einkalkulierte zwei Milliarden Euro verloren. Auch der geplante Bundesbankgewinn hat den Haushalt ins Wanken gebracht. Statt der veranschlagten 3,5 Milliarden Euro überwies die Bank Eichel knapp 300 Millionen Euro.



    Schon vergangenes Jahr war Eichel lediglich um eine Milliarde Euro unter dem Schuldenrekord geblieben. Weil auch die meisten der 16 Länder üppige Kredite benötigen, wird Deutschland dieses Jahr die Euro-Verschuldungsgrenze von drei Prozent klar verfehlen. Eichel geht von 3,7 Prozent aus. Kommendes Jahr will er 22 Milliarden Euro Kredite aufnehmen und die Euro-Kriterien wieder einhalten.



    Union zitiert Eichel vor den Haushaltsausschuss



    Die Unionsfraktion will Eichel am Donnerstag vor den Haushaltsausschuss des Bundestags holen, um seinen angekündigten Nachtragshaushalt darzulegen. Der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter sagte: „Jedes Jahr die gleiche Prozedur: Eichel belügt das Parlament und rückt dann in der zweiten Jahreshälfte mit der Wahrheit raus.“ Er sehe auf Eichel noch weiteren Korrekturbedarf aus der Steuerschätzung im November zukommen. Kampeter forderte erneut ein Gesetz zur Haushaltssicherung, das Ausgabenkürzungen und Eingriffe in staatliche Leistungen beinhalten sollte.


    Quelle: http://www.welt.de


    Artikel erschienen am Di, 28. September 2004

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