Hallo zusammen,
wie unser Freund "Dottore" alias Paul C. Martin im Gelben heute mit 7-monatiger Verspätung gezwungen ist anzuerkennen, ist die Krise nun endgültig in der Realwirtschaft angekommen:
http://www.dasgelbeforum.net/forum_entry.php?id=14815
Als damals im August die IKB zusammenbrach, war die Sache für mich persönlich eigentlich klar, d. h. gelaufen. Ich habe in verschiedenen Gesprächen die Zusammenhänge deutlich geschildert und darauf hingewiesen, dass die Situation in etwa mit dem Abschuss einer Interkontinentalrakete vergleichbar ist: sobald die einmal fliegt, gibt es kein Zurück mehr. Sie wird einschlagen, man weiß nur nicht wo genau, etwas eher wann in etwa.
Für mich war damals ein Zeithorizont von ca. 9 Monaten realistisch anzunehmen, bis sich die Folgen in der Realwirtschaft zeigen würden, und dies scheint sich nun auch zu bewahrheiten. Warum gerade 9 Monate:
- Der Entscheidungsvorlauf mittlerer und größerer Investitionsvorhaben liegt in etwa bei 9 - 12 Monaten, bei manchen Themen auch mehrere Jahre, gerechnet von der Bestellung bis zur Lieferung/Inbetriebnahmen. Alle Projekte, die im August bereits liefen, würden sicher nicht storniert aufgrund der Krise einer "kleinen" Mittelstandsbank.
- Die Auftragnehmer für die oben zititerten Bestellungen wiegten sich in Sicherheit aufgrund der Kontinuität der bereits beschlossenen Projekte und praktizierten Business as usual, expandierten sogar noch ihre Kreditlinien wo möglich. Nunmehr jedoch zeigt sich, dass die Investitionstätigkeit zusehends vor dem Hintergrund der erschwerten Kapitalbeschaffung neu überdacht wird und die Folgeaufträge nur mehr sehr zögerlich und zu härteren Bedingungen vergeben werden. Dies betrifft große Firmen wie z. B. Automobilzulieferer (Continental, Thyssen Krupp) genauso wie kleine Handwerksbetriebe. Wer hohe Fremdkapitalquoten hat, kommt zusehends in Bedrängnis und die sich restriktivere Praxis der Banken bei Kreditvergaben erschwert die Situation zusätzlich.
- Ein großteil der Entscheidungsträger sowie die Masse der Konsumenten hat die Situation im August schlicht nicht begriffen und weiter gemacht als wenn nichts wäre. Der versiegende Kapitalmarkt sowie die steigenden Verbrauchsgüterpreise machen ihnen aber mehr und mehr in Form sich zügiger leerender Kassen bzw. nicht mehr gewährter (Konsum-)Kredite einen Strich durch die Rechnung. Wer Geld hat, spart nun mehr bzw. ist dazu gezwungen, wer keines hat, bekommt keinen oder nur einen teureren Kredit mehr.
In Summe zeigt sich allerdings auch, dass die Zündung des "Lichtbogens" von der Finanzwirtschaft in die Realwirtschaft auf andere Weise erfolgt als viele Teilnehmer auch hier im Forum vermuteten. Bisher war eigentlich (siehe auch Eichelburg) immer der vorherrschende Tenor, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die von den Zentralbanken geschaffenen Geldmengen sich den Weg auf den Gütermarkt bahnen würden und dadurch eine starke Inflation auslösen. Nun zeigt sich jedoch, dass die Aktionen der Zentralbank eigentlich völlig irrelevant sind, da die von ihr zur in den Markt gepumpten Summen sehr gering sind im Vergleich zu den Ausfällen auf der Asset-Seite. Es handelt sich um klassische Deflation im Asset-Sektor, welche durch die ZB-Aktionen nur etwas gemildert wird.
Die Konsequenz der sich abzeichnenden Deflation ist ein Rückgang der realwirtschaftlichen Aktivität auf breiter Front. Dies wiederum führt im Teufelskreis zu weiteren Konkursen und Forderungsausfällen, etc. Weitere Folgen werden die Lieferung nur mehr gegen Vorkasse bzw. im schlimmsten Falle Bartergeschäfte sein, wenn das Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Gegenüber weiter sinkt, was wiederum die wirtschaftliche Aktivität verlangsamt.
Dieser Teufelskreis wird so lange gehen, bis der Staat die Ansprüche seiner Leistungsempfänger nicht mehr bedienen kann. Es wird der Tag kommen, wo die Entscheidungsfrage bevorsteht, ob nun Beamte, Rentner oder Sozialempfänger bezahlt werden, und wenn ja in welcher Höhe, oder ob Zinszahlungen für Staatsanleihen geleistet werden. Dies ist dann der Punkt, an dem die Staatsgebilde in der heutigen Form aufhören werden zu existieren und an der Schuldenlast und ihren Zahlungsverpflichtungen zusammenbrechen. Die Situation wird dann sein wie in Russland 1998 oder Argentinien 2001. Für Vorsorge ist es dann zu spät.
Dies sollte so weit klar und verstanden sein.