Schöne Aussichten
Euro vor dem Comeback / amerikanisches Handelsbilanzdefizit auch 2004 auf Rekordhoch / im kommenden Jahr kräftige Ausweitung des US-Handelsbilanzdefizits
Schonend bereitet Notenbankchef Greenspan die Märkte auf eine Zinserhöhung vor. Doch schon bald dürfte die Phantasie aus dem Greenback weichen und der Euro wieder deutlich anziehen, sagen Experten der Deutschen Bank.
Unlängst hatte das Analysehaus Morningstar weltweit 60 Fondsmanager nach ihrer Einschätzung zum künftigen Wechselkursverhältnis befragt. Demzufolge gehen die institutionellen Investoren davon aus, dass der Dollar auf mittlere Sicht nicht mehr von Zinsspekulationen profitieren wird. Sie führen hier als Argument insbesondere die wirtschaftlichen Ungleichgewichte in den USA wie etwa das Haushalts- und Leistungsbilanzdefizit an.
Zwar rechnet auch die Deutsche Bank damit, dass die US-Notenbank spätestens im August den Leitzinssatz anheben wird, räumt zinspolitischen Schritten allerdings nicht die entscheidende Bedeutung im Wechselkursverhältnis ein. "Wir gehen davon aus, dass den hohen außenwirtschaftlichen Ungleichgewichten in den USA diesmal die entscheidende Rolle bei der Findung der künftigen Wechselkurse zufällt. Zum Jahresende sollte der Dollar damit deutlich schwächer notieren als zur Zeit", schreibt Ulrich Beckmann in seiner jüngsten Analyse vom Research Büro Frankfurt der Deutschen Bank.
Zustimmung erhält der Experte vom Londoner Kollegen Thomas Meyer. Solange das hohe Leistungsbilanzdefizit in den USA nicht zurückgehe, bleibe der Dollar unter Druck. "Das ist die Lektion aus der letzten Baisse", zitiert das "Handelsblatt" den Experten. Der US-Dollar befinde sich derzeit lediglich in einer Phase der Zwischenerholung wie es sie auch in der Baisse zwischen 1985 und 1995 gegeben habe. Die zuletzt reihenweise guten Konjunkturdaten können Mayer nicht überzeugen. "Investoren werden einsehen, dass sie für US-Anlagen einen zu hohen Preis zahlen", zeigt sich der Europa-Chefvolkswirt der Deutschen Bank überzeugt.
Auch fundamentale Gründe für jüngste Erholung des Dollar
Nach Einschätzung der beiden Deutsch-Banker könnte der seit 2002 zu beobachtende Abwärtstrend des Dollar bis 2006 anhalten. Korrekturphasen während dieses langfristigen Trends habe es in der Vergangenheit mehrfach gegeben. Dabei dürfte die jüngste Erholung des Greenback allerdings nicht nur als rein technische Gegenbewegung interpretiert werden.
Vielmehr werde die jüngste Zwischenkorrektur von fundamentalen Daten gestützt, wie man sie vor wenigen Monaten noch nicht erwartet hätte. Dazu zählt der Experte Michael R. Rosenberg von der Deutschen Bank unter anderem die zuletzt wieder angewachsenen Nettokapitalzuflüsse aus dem Ausland und das infolge eines stärkeren Exportwachstums etwas gefälliger ausgefallene US-Handelsdefizit. Letzteres scheine sich bei monatlichen Zwischenwerten von 40 bis 42 Milliarden Dollar "stabilisiert zu haben".
Die "Schlüsselfrage" lautet nach Ansicht Rosenbergs, "ob und wenn ja, in welchem Ausmaße die Einfuhren letztlich stärker wachsen werden als die US-Exporte". Sollten US-Importe und US-Exporte in den kommenden zwölf Monaten genauso stark ausfallen wie in den zurückliegenden zwölf Monaten, dürfte das durchschnittliche monatliche Handelsbilanzdefizit binnen Jahresfrist nur moderat von derzeit 41 Milliarden Euro auf 44 Milliarden Euro ansteigen. Dies werden die Märkte dann allerdings als "nicht allzu belastend" einstufen. Damit könnte die die Korrektur des Dollar womöglich deutlich längern andauern als es bei einer typisch technischen Korrektur der Fall ist.
Die Erholung des Dollar könnte in diesem Jahr dagegen von relativ kurzer Dauer sein, wenn - wie in einem zweiten Szenario unterstellt - Exporte und Importe der Vereinigten Staaten eher dem "historischen Entwicklungsmuster" folgen sollten. Dann nämlich, so die Berechnungen Rosenbergs, könnte das monatliche, durchschnittliche Handelsbilanzdefizit auf bis zu 50 Milliarden Dollar ansteigen und damit in 2004 den Rekordwert von rund 600 Milliarden Dollar erreichen. Auch ein möglicher Anstieg der Kapitalzuflüsse könnte den dann ausgeweiteten Fehlbetrag im Außenhandel nicht kompensieren.
Auf mittel- bis langfristige Sicht bleibt allerdings auch Rosenberg dem Dollarkurs gegenüber pessimistisch eingestellt, da spätestens im kommenden Jahr mit einer "kräftigen Ausweitung" des US-Handelsbilanzdefizits zu rechnen sei.