KEMPTEN – Das Landgericht Kempten hat gestern einen 37-jährigen Lindauer zu drei Jahren Haft wegen Betrugs verurteilt. Der Mann hatte von seiner Wohnung aus über die Internet-Auktionsbörse Ebay Goldmünzen angeboten, dafür 500 000 Euro kassiert, die bezahlten Münzen aber nicht geliefert.>>
>>
Dieses Gerichtsverfahren war harte Arbeit. Zuerst für die Ermittler, weil sie ein schier unüberschaubares Finanzgewirr entheddern mussten, was schließlich zu einer sechs>>
Leitzordner dicken Prozessakte führte. Zweitens für das Gericht, das sich durch die Ordner zu kämpfen hatte und drittens für die Staatsanwaltschaft: Denn der Staatsanwalt musste geschlagene 20 Minuten lang alle 112 Fälle vorlesen, in denen der angeklagte Lindauer Krügerrands oder Maple Leaves verkauft hatte, die es gar nicht gab.>>
Verfahren wegen Internet-Betrugs sind für deutsche Gerichte mittlerweile zwar an der Tagesordnung, aber in derartigem Umfang und dazu noch mit einfachsten Mitteln bislang eher ungewöhnlich. Dennoch ist es erstaunlich, wie einfach die Geschädigten es dem Angeklagten gemacht haben.>>
Und dabei ist der Lindauer keineswegs mit krimineller Absicht ins Münzgeschäft eingestiegen. Der frühere Filialleiter bei McDonalds hatte schon 2005 angefangen, Goldmünzen zu verkaufen. Er hatte sie im Internet zunächst bei Ebay, dann in einem eigenen Online-Shop zum Verkauf angeboten. Die Käufer bezahlten, der Täter kaufte die Münzen ein paar Tage später oder Wochen später beim örtlichen Münzhändler oder bei der Raiffeisenbank in Bregenz – und da die Goldpreise sanken, machte er einen kleinen Gewinn.>>
Er hatte zwar ein Gewerbe angemeldet, aber von Buchführung keinen Schimmer, weshalb er sich offensichtlich von den hohen Beträgen, die über sein Konto wanderten, blenden ließ, seinen Job aufgab und voll ins Geschäft einstieg. Das ging gut, solange die Goldpreise sanken. Es fiel nicht auf, solange das Geschäft lief und er mit dem Geld der neuen Kunden die Münzen für die alten Kunden kaufen konnte. Aber es wurde spätestens im April 2007 kritisch, als der Goldpreis stieg, die Verbindlichkeiten immer größer wurden und er immer mehr Münzen, die er nicht hatte, verkaufen musste, um die wartenden Kunden bedienen zu können.>>
>>
Lieferungen bleiben aus>>
>>
Bis zu diesem Zeitpunkt war es einfach ein schlechtes Geschäft gewesen, aber spätestens jetzt wurde es Betrug. Immer mehr verkaufte er, und wie bei einem Schneeballsystem wurden die Löcher immer größer. Die ersten Kunden drohten, erstatteten Anzeige und Ende Juli 2007 flog alles auf. In 112 Fällen hatte er zu diesem Zeitpunkt für Münzen kassiert, und zwar in der Regel zehn Unzen zu einem Preis von 4000 bis 5000 Euro, konnte aber nicht liefern. Das Geschäft implodierte buchstäblich, und der Mann, der sich ein paar Wochen vorher noch als einen erfolgreichen Unternehmer gesehen hatte, plagte ein Riesenproblem.>>
Zig Anzeigen, Privatinsolvenz, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und ein Heer enttäuschter, wütender Kunden – bis hin zur Gewalttätigkeit. Einer von ihnen tauchte vor dem Elternhaus des Täters auf, beschlagnahmte kurzerhand die Kennzeichen des elterlichen Autos und verschwand wieder – er ist mittlerweile vom Amtsgericht Lindau wegen Nötigung und Erpressung verurteilt.>>
Vor Gericht war der 37-jährige Lindauer entsprechend kleinlaut. Mit hochrotem Kopf saß er da und hörte sich eine gewaltige Strafpredigt des Vorsitzenden Richters Dietmar Herrmann an. „Ich weiß einfach nicht, wo das Geld geblieben ist“ beteuerte der Angeklagte, als ob er bis heute nicht begriffen habe, dass die Sache systematisch schief gehen musste.>>
Da es trotz der intensiven Ermittlungen der Lindauer Kripo keinen Hinweis gab, dass er Geld ins Ausland geschafft hatte, da er Ersttäter ist und da ihm viele allzu gutgläubige Käufer nicht zuletzt die Internet-Plattform Ebay das Betrügen leicht gemacht haben, ist er mit einer verhältnismäßig geringen Haftstrafe von drei Jahren davongekommen. Die ihn allerdings nicht davor schützt, dass alle seine Gläubiger das Recht haben, ihr Geld zurückzubekommen, zumindest theoretisch. Einen Gewinner gibt es übrigens doch bei der Angelegenheit. Ebay hat allein zwischen Mai und Juli 2007 Gebühren in Höhe von 90 000 Euro für die Verkäufe in Rechnung gestellt. Und diese Rechnung wurde bezahlt.>>