Wolfgang Münchau: Es kommt dicke
von Wolfgang Münchau
Die große Finanzkrise fängt jetzt langsam an. Sie lesen richtig: Die Krise fängt langsam an. Was die gemeldeten Verluste oder die Zahl der Insolvenzen im Finanzsektor angeht, haben wir noch nicht einmal zehn Prozent der Krise gesehen - und was die Folgen für die Gesamtwirtschaft betrifft, noch nicht einmal fünf Prozent.
In den USA wird es die längste Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg geben. Der Harvard-Ökonom Kenneth Rogoff hat recht, wenn er warnt: zunächst Rezession, dann Inflation. Die Geldpolitik nach dem Crash wird extrem restriktiv.
Mittlerweile besteht kein Zweifel mehr daran, dass dem Staat die Aufgabe zufallen wird, den Dreck im Finanzsektor aufzukehren. Nur sollten sich Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann und seine Kollegen nicht allzu sehr freuen, wenn ihr Ruf nach staatlicher Hilfe erhört wird. Für die Rettung des globalen Finanzsystems wird der Staat seine Aufwendungen in Rechnung stellen. Je größer der Bail-out, desto größer die Rechnung. Diese gibt es in Form einer stärkeren Regulierung und höherer Steuern.
Ich erwarte, dass die Rache der Öffentlichkeit nach den Jahren moderater Lohnentwicklungen besonders brutal ausfallen wird. Dass im Finanzsektor in den kommenden Jahren viel Geld zu verdienen ist, ist eher unwahrscheinlich. Wer auch nur etwas Grips im Kopf hat, wird um diesen Sektor einen großen Bogen machen - sowohl als Investor als auch als jemand, der Karriere machen will.
Von der Über- zur Unterbewertung
Eine weitere wichtige Konsequenz dieser Krise ist ein säkularer, also jahrelanger Bärenmarkt.
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Ich gehe davon aus, dass es in ein paar Jahren keine Hedge-Fonds mehr gibt oder zumindest dass die Hedge-Fonds-Industrie wieder ein Schattendasein führt. Auch das für Banken so lukrative Modell, Kredite sofort weiterzuverkaufen, geht dem Ende entgegen. Bankregulatoren werden die Baseler Eigenkapitalregeln anders als bislang auslegen. Man wird Banken, die mit Tricks versuchen, diesen Regeln zu entgehen, auf Kosten ihrer Eigentümer verstaatlichen - oder wie im Fall Bear Stearns an die Konkurrenz verscherbeln. Das kann auch bei uns passieren.
Die aktuelle Finanzkrise ist wahrscheinlich die größte aller Zeiten, schlimmer noch als jene, die mit dem Börsencrash 1929 ihren Anfang nahm. Man sollte die Parallelen mit 1929 bis 1932 allerdings nicht überstrapazieren. Damals wurde aus einer schwerwiegenden Finanzkrise eine ökonomische Katastrophe, weil die Wirtschaftspolitik eklatante Fehler beging.
Wie schlimm die ökonomischen Folgen der Krise sein werden, hängt deshalb davon ab, wie wir darauf reagieren. Die Kunst liegt im richtigen makroökonomischen Management, was nicht damit gleichzusetzen ist, den Geldhahn möglichst weit zu öffnen. Die geldpolitische Überreaktion in den USA ist ebenso falsch wie die geldpolitische Apathie der 30er-Jahre. Der Kurs der Fed lässt nichts Gutes ahnen.