Techn. Analyse allgemein

  • Hallo,


    ich hatte heute ein Vorlesung in der u.A. die Technische Analyse von Wertpapieren besprochen wurde.
    Mein Prof war davon gar nicht begeistert und hat die auch entsprechend rübergebracht.
    Mit einigen Beispielen hat er dann auch verdeutlicht, wie man sich in die Charts beliebig etwas hineininterpretieren kann.


    Angeblich soll die Erfolgsquote auch nur bei 50% liegen, also könnte man theoretisch auch gleich irgendetwas kaufen.


    Mich würde jetzt mal interessieren, wie ihr dazu steht.

  • Hallo Lord Excalibur,


    Dein Prof fuer Finanzwirtschaft sollte sich mal mit eurem Prof fuer Psychologie zusammensetzen, dann kommt er vielleicht zum Schluss, dass Boerse a) viel mit Psychologie (Herdenverhalten, Panik, Gier, etc.) zu tun hat und eben durch dieses Verhalten auch beeinflusst wird, dass b) viele Marktteilnehmer ein aehnliches Verhalten z.B. beim Setzen von Stop Loss Kursen aufweisen, und dass c) im Endeffekt allein der Glaube vieler an solche Zusammenhaenge die technische Analyse zur sich selbst erfuellenden Prophezeiung werden laesst.


    Allerdings sind m.E. technische Analysen (die nabenbei gesagt nicht auf die Analyse von Preischarts begrenzt sein muessen, sondern auch open interest, gehandelte Volumina, etc. quantitativ erfassen sollten) nur fuer kurz- bis maximal mittelfristige Rueckschluesse hilfreich und aussagefaehig.


    Ich kenne viele Haendler, die mit dem Tool der technischen Analyse seit Jahrzehnten ihre Handelsstrategien erfolgreich verfeinern & verbessern.


    50/50 ist lachhaft.


    Im uebrigen koenntest Du Deinen Prof auf den Unterschied zwischen Boersenkurs einerseits und dem fair value der Aktie andererseits hinweisen. Der vollkommene Kapitalmarkt, den wir Volkswirte so gern aus Simplifizierungsgruenden unterstellen, ist und bleibt eine Modelvorstellung.




    schoene Gruesse an die Uni!

  • Technische Analyse allein ist ganz bestimmt kein Vehikel zur Trendbestimmung. Man versucht doch nur, Kursentwicklungen in bekannte Muster zu pressen und stellt dabei schnell fest, daß es immer mehrere (auch gegensätzliche) Optionen gibt. Anschließend doktert man solange an den Charts herum, bis das Geschehene nur so hatte kommen können. Dies betrifft die banale Charttechnik genauso wie die Elliot-Waves oder die Kerzencharts.


    Einen sinnvollen Aspekt gibt es dabei jedoch: Solange genug daran glauben, kann man (charttechnische markante) Entwicklungen prima verstärken und ausnutzen (Zyklik).


    Ganzheitliche Betrachtungen von Börse und Wirtschaft sind unabdingbar. Eine vernünftige Adresse findet Ihr hier:
    http://www.bogen-gmbh.de


    mfG Fab

    • Offizieller Beitrag

    LeFabrizio


    Prima Link,danke.


    Grüsse


    "Die Märkte haben nie unrecht, die Menschen oft." Jesse Livermore, 20.Jh.


    "Die Demokratie ist das Paradies der Schreier und Schwätzer, Phraseure, Schmeichler und Schmarotzer, die jedem sachlichen Talent weit mehr den Weg verlegen, als dies in einer anderen Verfassungsform vorkommt." E.von Hartmann


    Dieser Beitrag ist eine persönliche Meinung gem. Art.5 Abs.1 GG und Urteil des BVG 1 BvR 1384/16

  • Zitat

    Original von ghost_god
    Ich kenne viele Haendler, die mit dem Tool der technischen Analyse seit Jahrzehnten ihre Handelsstrategien erfolgreich verfeinern & verbessern.


    Verfeinern und verbessern, dann mag das wohl war sein. Allerdings verstehen diese Händler auch was von den Unternehmen oder Waren, mit denen sie handeln. Da kommt dann deutlich weniger Unfug raus und der Nutzen könnte durchaus überwiegen.


    Ich habe einen neue Threat aufgemacht "Öl wird billiger". In dem dort angesprochenen Artikel zum Ölpreis wird meiner Meinung nach die Chartanalyse als mathematisch-romantisches Mittel genutzt, ohne den wirtschaftlichen, technisch-technologischen Hintergrund zu betrachten.


    Hier stimme ich wieder dem erwähnten Professor zu. Wenn ich in meinem Kämmerlein Kurven und Linien auf einen Kursverlauf lege ohne das Umfeld zu betrachten, dann kann nur 50/50 rauskommen.


    Oskar

  • wichtige bestandteile der technischen analyse sind das chance risiko verhältnis und stop´s.


    so das du in der theorie bei einem gewinn mehr verdienst als du bei einem verlust verlierst.


    ausserdem gehört eine menge erfahrung dazu, es ist eine subjektive analysemethode also keine immer gleichen regeln das macht es so schwer.


    kritiker sagen dann dazu glückssache.

  • Lord:


    Was ist denn eine technische Analyse von Wertpapieren, willst Du damit etwa die Papierart analysieren? Ich kenne nur mathematische Analysen. Technisch kann man doch höchstens das Unternehmen analysieren. Der Begriff ist doch schon falsch!


    Bei der Chartanalyse - und darum geht es doch wohl hier - gibt es viele Probleme, die allein schon durch deren Formalismus entstehen. Im Prinzip kann man jedes kontinuierliche Diagramm in ein diskretes umwandeln, indem man die vorgegebene Kurve als Hüllkurve begreift. Damit sind wir dann schon mittendrin im schwierigen Gebiet der Statistik mit all ihren Verteilungsparametern und was sonst noch alles so dazu gehört.


    Um so eine Statistik aussagekräftig anzuwenden, brauchst Du aber genügend Ereignisse, sprich Handelsvolumen, sonst handelt es sich eben nicht um Statistik. Aber allein die Entscheidung "es handelt sich um Statistik", unterliegt bereits der Statistik. Das folgt einfach aus der Kausalitätsanalyse!


    Kurzum, bei marktengen bzw. umsatzschwachen Werten kannst Du die Chartanalyse getrost in die Tonne drücken. Aber auch bei hohen Umsätzen musst Du aufpassen, denn bei all diesen Methoden wird meist nur extrapoliert. Das heisst, der Verlauf und damit die Zukunft, wird aus der Gegenwart ermittelt. Man wünscht sich also für die Zukunft alles Gute!


    Wenn Du mit der Chartanalyse wirklich Erfolg haben willst, musst Du zu jeder mathematischen Methode auch diejenigen Wertpapiere heraussuchen, die dieser Methode folgen. Du erhälst dann für jede Methode die infrage kommende Wertpapiergruppe. Wenn Du dann mal eine Gruppe über einen längeren Zeitraum verfolgst, stellst Du fest, dass die dazugehörige Methode irgendwann nicht mehr so richtig hinhaut. Warum? Na, weil das Anlegerverhalten sich in der Zwischenzeit geändert hat. Weil immer neue Wertpapiere an die Börse kommen und alte verschwinden.


    Alle diese mathematischen Verfahren sind nur innerhalb eines bestimmten Zeitraumes hinreichend gültig. Man muss sie also ständig anpassen oder neue erfinden. Es gibt keinen allgemein gültigen Algorithmus zur Gewinnoptimierung. Man kann ein Kapital eben nicht herbeirechnen! Wenn Du so ein Verfahren hättest, würdest Du es dann verraten? Siehst Du!


    Ich meine, in die Sterne gucken ist mindestens ebenso gut. Zum Spekulieren gehört einfach sehr viel Glück. Ich halte deshalb nichts von Chartanalysen und setze lieber meine Nase und meine Ohren ein!


    :D


    @ghost:


    Was Du da ansprichst sind komplexe Handelssysteme, die nur zum Teil auf Chartanalysen beruhen.


    Ansonsten gebe ich Dir vollkommen Recht, die Psychologie ist an der Börse ausschlaggebend! Warum? Weil das Geld von Menschen gemacht und gebraucht wird. Weil nur Menschen Wertpapiere kaufen und verkaufen. Weil nur Menschen mit Tulpenzwiebeln handeln und sie im Keller lagern, bis sie keimen. Weil nur Menschen ... und und und ... Man muss also tatsächlich das Verhalten der Menschen genau studieren, um wirklich Erfolg an der Börse zu haben!


    Altmeister Kostolany wusste das natürlich und war ein überzeugter Verfechter der Börsenpsychologie und des gesunden Menschenverstandes. Ich möchte deshalb hier jedem ohne Eigennutz das Taschenbuch


    Der große Kostolany
    Börsenseminar - Börsenpsychologie - Die besten Geldgeschichten
    Econ-Verlag (Ullstein), ISBN 3-548-75045-1


    empfehlen, bevor er sich mit den komplizierten Algorithmen der Chartanalyse auseinandersetzt. Da hat man praktisch 3 seiner Bücher in einem. Ich habe damals 20,- DM dafür bezahlt und das ist es auch wert. Ich schmökere heute noch gerne darin herum, da es viele Binsenweisheiten und Anekdoten mit zum Teil kernigen Sprüchen enthält. Kostolany hat übrigens nichts von Volkswirten, Betriebswirten und Chartanalysen gehalten. Sein Spruch war immer: "my nose is my castle"


    So, und nun wünsche ich allen ein schönes und hoffentlich noch sonniges Wochenende, denn ...


    der Scheiding kommt, der Scheiding kommt ...


    8)

  • Ist es heute nicht mehr denn je so, dass die Medien das Denken der Massen steuern, was ge- und was verkauft wird?

    Freigeld macht unfrei, Humanwirtschaft ist unmenschlich, die natürliche Wirtschaftsordnung ist unnatürlich.
    Zum "Wunder von Wörgl" => Merke: Stimuli erhöhen zwar die wirtschaftliche Aktivität, aber kaum die Produktivität.
    Der Staat beseitigt nicht die Mißstände, er erzeugt und vergrößert sie. :whistling:
    "Gold ist der Ausstieg aus dem Hamsterrad." :thumbup:
    Es gibt nur einen aufrichtigen Gold-Bug: Der, welcher sein Vermögen NICHT in Fiat-Monopoly-Währung bemißt. :evil:

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