Ich habe mir gestern das o.g. Buch ausgeliehen und heute mittag das erste Kapital - "Unser Geldsystem", 8 Seiten - gelesen. Und nun bin ich erstmal heftig schockiert: Das Buch scheint - meinem ersten Eindruck nach - eine Anhäufung von Phrasen und Klischees zu sein. Es macht auf mich nicht den Eindruck, dass der Autor das Geldsystem wirklich durchblickt hat. Im Gegenteil: Er geht dem System m.E. auf den Leim.
Zwar erläutert Hannich einige Wissensgrundlagen und Zusammenhänge, die dem "Normalverbraucher" wohl nicht bekannt sein dürften. Das ist m.E. soweit auch in Ordnung. Aber er zieht daraus Schlüsse, die m.E. einer Unterstellung gleichkommen und nur dadurch zu erklären sind, dass seine Gedanken INNERHALB des heutigen Papiergeld-Lügen-Systems kreisen. Ich habe mir das Buch aber ausgeliehen, weil ich gehofft hatte, dass Hannich über diesen Tellerrand hinausblickt und das System VON AUSSEN STATT VON INNEN betrachtet. Das tut er m.E. aber nicht.
Nachdem ich nun quasi mein vorläufiges Fazit vorangestellt habe, möchte ich dies auch konkret begünden:
- Zunächst erläutert Hannich, warum ein Zinssystem auf Dauer seines Erachtens scheitern muss. Er führt Beispiele an. (Z.B. wäre ein im Jahre 0 ausgeliehener Pfennig bei 5% Verzinsung mit Zinseszins bis zum Jahre 1990 zu einem Wert von mehr als 100 Milliarden Erdkugeln aus Gold angewachsen.) Er folgert daraus sinngemäß, dass ein System, das auf beschleunigtes Wachstum ausgerichtet ist, in unserer endlichen Welt automatisch zum Scheitern verurteilt ist.
==> Mein Kommentar: Wer sagt denn, dass das Ausleihen auf Dauer geschehen soll?! Liegt das Scheitern nicht eher darin begründet, dass die Leute mit Zins und Zinseszins nicht umgehen können? In dem Fall wäre nicht das System schlecht, sondern der Umgang mit ihm. Dies ist m.E. ein eklatanter Unterschied, der - zumindest im 1. Kapitel - nicht aufgegriffen wird.
- Als nächstet erläutert Hannich, warum es überhaupt Geld gibt: Sinngemäß, weil damit erst eine effiziente Arbeitsteilung möglich wird, in der der einzelne sich auf seine besten Fähigkeiten besinnen und damit effizienter arbeiten kann als wenn er sich allein auf die Eigenversorgung konzentrieren würde. (Als Beispiel nennt er einen Schneider.) Geld wird nun als Tauschmittel benötigt, um unabhängig von Ort und Zeit Handel betreiben zu können. (Z.B. wird der Schneider seine Ware nicht ohne weiteres gegen Brötchen eintauschen können, wenn der Bäcker gerade kein Interesse an Kleidungsstücken hat.) Damit wird der effiziente Tauschhandel und damit die Arbeitsteilung erst mittels einem Tauschmittel (Geld) möglich: Der Schneider tauscht seine Waren gegen Geld mit jemandem, der diese Waren gerade benötigt. Das Geld kann der Schneider wiederum für den Kauf von Brötchen verwenden, und der Bäcker kann damit die von ihm benötigten Dinge erwerben.
==> Mein Kommentar: Dies ist völlig korrekt und nachvollziehbar.
- Als nächstes erläutert Hannich, dass Geld ja "gehortet" werden kann. Seines Erachtens entsteht Zins dadurch, dass das Horten ja ansonsten für die Geldbesitzer lukrativer sei - also müssten diejenigen Zinsen zahlen, die das Tauschmittel benötigen. (Diejenigen, die das Tauschmittel benötigen, sind - so verstehe ich Hannich - die potentiellen Verkäufer, die ohne dieses Tauschmittel in Absatzschwierigkeiten geraten, so dass die Geldbesitzer im Vorteil sind, weil sie ja abwarten können.) Hannich führt seine Logik weiter: Mit der Zeit gewännen die Geldbesitzer immer mehr an Bedeutung, weshalb aus einer Marktwirtschaft der Kapitalismus entstehe.
==> Mein Kommentar: Diese Logik ist genau das, was ich oben mit "Denken innerhalb der Papiergeld-Logik" beschrieben habe. Warum soll - um mal wieder zu den Wurzeln des Systems zu kommen - der Schneider nicht selbst darüber entscheiden können, wann und zu welchem Preis er die von ihm selbst erstellten Waren gegen etwas anderes eintauscht? (Immerhin - daran muss leider wohl erinnert werden - ist das Geld lediglich ein Tauschmittel: Der Schneider kann doch m.E. ruhigen Gewissens seine Waren heute gegen die Annahme von Geld tauschen und dann dieses Geld zu einem beliebigen anderen Zeitpunkt gegen eine benötigte andere Ware eintauschen. In dieser Werterhaltungsfunktion liegt doch eine der wichtigsten Antriebsfedern für die Leistungsbereitschaft: Heute etwas mit seiner Schaffenskraft erstellen, um es später - z.B. im Alter, wenn die Schaffenskraft nachgelassen hat - gegen etwas anderes einzutauschen. Ansonsten könnte der Schneider sich doch z.B. damit begnügen, nur 3 statt 6 Mäntel täglich herzustellen; warum sollte er sich für weitere 3 Mäntel abrackern, wenn er dazu gezwungen würde, diese sofort nach Fertigstellung gegen von ihm gar nicht gewollte oder benötigte andere Waren einzutauschen?! In diesem Fall - der Schneider stellt täglich nur 3 Mäntel her, obwohl er mehr könnte - führt der Schneider dem System ja auch nicht mehr an Schaffenskraft bzw. Tauschmitteln zu. Dieses Denken ist m.E. ein Denken INNERHALB der Papiergeld-Lügen-Logik, und Hannich geht dieser Logik m.E. auf den Leim.)
Kann es insgesamt einfach so sein, dass auch Hannich - trotz aller Kenntnisse - der Medienpropaganda auf den Leim geht und er glaubt, die Wirtschaft funktioniere nur mit einer geringen Spar- und einer hohen Konsum-Quote? Das fände ich fatal.
Mit Ferdinand Lips´ "Gold-Verschwörung" und seinen m.E. genialen Analysen kann das Buch von Hannich wohl nicht ansatzweise mithalten. Schade. (Das ist zumindest mein erster Eindruck.)
Ich werde heute abend weiterlesen. Allerdings bezweifle ich, dass ich es noch lange aushalten werde. Ich werde mir aber Mühe geben und weitere Eindrücke in diesem Thread schildern. Wer weiß: Vielleicht ändere ich meine Meinung ja noch. Optimal wäre es, wenn Hannich diese m.E. falsche Sichtweise selbst noch entlarven würde.