Hanau (dpa) Gold ist teuer in diesen Tagen - und auch Privatleute wollen daran verdienen. Zunehmend versuchen sie, Schmuck und Münzen beim Hanauer Edelmetall- und Technologiekonzern Heraeus zu versilbern. Die Preise locken: Der Goldpreis nimmt Kurs auf die 1000- Dollar-Marke (678 Euro) je Feinunze (31,1 Gramm).
Bei Heraeus standen aufgrund der stark gestiegenen Anfragen privater Goldverkäufer die Telefone nicht mehr still - bis das Unternehmen Konsequenzen zog: Der Ankauf von privat wurde komplett eingestellt. Seitdem konzentriert sich die Firma voll auf Geschäftskunden wie zum Beispiel Juweliere und Goldschmiede-Werkstätten.
«Die Flut der Anfragen hat den Geschäftsbetrieb gestört, nachdem sich herumgesprochen hat, dass wir auch Gold von Privatleuten annehmen. Dadurch wurde eine Lawine losgetreten», sagt der Bereichsleiter für den Schmuckankauf bei Heraeus, Jürgen Wachter.
«Wir sind ein Industrieunternehmen und keine Bank, wo man sein Gold auf den Tresen legen kann.» Das mehr als 150 Jahre alte Traditionshaus habe in jüngster Vergangenheit einen enormen Anstieg von Anfragen privater Schmuckverkäufer verzeichnet. «Viele dachten sich wohl: Ein guter Zeitpunkt, das alte Silberbesteck oder die Münzsammlung zu verkaufen.»
Wer jedoch nur ein paar Ringe oder gar Goldzähne zu Geld machen wollte, wurde abgewiesen. Da mussten schon Mindestmengen beim Ankauf vorliegen. Bei Gold lag die Untergrenze bei 500 Gramm, beim Silber bei mindestens zwei Kilogramm. Ohnehin machte der Privat-Ankauf einen ganz geringen Anteil im Geschäft aus.
Heraeus in Hanau ist ein Zentrum des Edelmetallhandels und der Verarbeitung von Gold, Silber und Platin in Deutschland. Kerngeschäft sind die industrielle Verarbeitung von Edelmetallen und der Rohstoffhandel. Weltweit ordnet sich das Unternehmen mit seinen über 11 000 Mitarbeitern unter die Top Drei der Branche ein. Der Umsatz stieg im Jahr 2006 um knapp 30 Prozent auf 12,1 Milliarden Euro.
Triebkraft war der Handelsumsatz mit Edelmetallen, der um gut 30 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro zulegte. Für die Sparte zeichnen bei Heraeus 50 Mitarbeiter verantwortlich, die mit dem Edelmetall-Handel in börsenähnlichen Abteilungen in Hanau, Hongkong und New York beschäftigt sind. Dank gestiegener Edelmetall-Preise dürften die Erlöse im Jahr 2007 erneut geklettert sein.
Der hohe Goldpreis macht Gold aber nicht nur für Verkäufer interessant: In Zeiten sinkender US-Zinsen und neu entfachter Inflationsängste werden andere Finanzprodukte als Anlageform zunehmend unattraktiv. «Der Vorteil von zinstragenden Wertpapieren gegenüber einem Gold-Investment ist aus Investorensicht stark reduziert», sagt Commerzbank-Rohstoffexperte Eugen Weinberg.
Dem Edelmetall-Spezialisten Heraeus treiben die hohen Gold-Preise nicht nur Privatverkäufer in Scharen in die Arme, auch industrielle Kunden stellen wegen der hohen Rohstoffpreise Forderungen. Kunden verlangten zunehmend, den Gold-Anteil in den Produkten zu verringern oder ihn durch günstigere Metalle zu ersetzen, sagt Nordholm Behrens, Geschäftsbereichsleiter in der Edelmetall-Sparte.
Ein Beispiel dafür sind sogenannte Bonddrähte für Halbleiterbausteine: Kunden wollen die nicht mal haarfeinen Fäden, die zum Beispiel in der Mikroelektronik verwendet werden, in dünneren Varianten, um Kosten zu drücken. 20 Tonnen Bonddrähte werden pro Jahr bei Heraeus produziert. Abnehmer sind beispielsweise Firmen wie Infineon, Siemens oder Bosch.
Insgesamt spielt Gold in der Industrie nur eine untergeordnete Rolle, den Löwenanteil der jährlichen Goldproduktion von weltweit 2500 Tonnen verwertet die Schmuckindustrie. In der Industrie sind es nach Angaben des Verkaufs- und Marketingleiters von Heraeus, Wolfgang Wrzesniok-Rossbach, nur zehn Prozent.