ZitatAlles anzeigenEin schlechtes Gefühl bei Subprime-Krediten
Von Joe Niedzielski
15. Februar 2007
Über den amerikanischen Häuser- und Kreditmärkten brauen sich von Tag zu Tag mehr dunkle Wolken zusammen. Die jüngsten Befürchtungen werden durch weitere Ausfälle auf dem Markt für zweitklassige (Subprime) Hypothekenkredite geschürt.
HSBC Holdings, weltweit tätiger Bankenriese und drittgrößter amerikanischer Kreditgeber im Subprime-Bereich, schrieb in der vergangenen Woche auf die von seiner amerikanischen Hypothekensparte vergebenen Kredite für das Jahr 2006 20 Prozent mehr ab, als die Analysten mit 8,8 Milliarden Dollar erwartet hatten.
Nur einen Tag später vermeldete New Century Financial, die Nummer zwei auf dem amerikanischen Subprime-Markt, dass man mit einem Verlust im vierten Quartal rechne und die Finanzergebnisse der ersten drei Quartale des vergangenen Jahres neu bewerten werde. Und zu Beginn der laufenden Woche meldete mit ResMAE, ein weiterer Subprime-Kreditgeber Konkurs an und erhöhte damit die Zahl der Pleiten seit Dezember auf 21.
Kreditinstitute müssen verbriefte Kredite zurückkaufen
Angesichts der rapiden Verschlechterung Im Bereich der Subprime-Kredite, insbesondere des Vergabejahres 2006, mussten viele Kreditgeber wie New Century einen wachsenden Teil dieser im Zuge der Emission von Asset-Backed-Securities an Investoren und andere Finanzinstitutionen veräußerten Kredite infolge der schneller als erwartet eingetretenen Ausfälle zurückkaufen.
HSBC identifizierte in seinem Hypothekenbestand vor allem nachrangig besicherte oder „Piggyback“-Darlehen (Kredite, die zusätzlich zu einer erstrangigen Hypothek aufgenommen werden, in der Regel, um dem Käufer die Anzahlungsleistung zu erleichtern) als diejenigen, die durch steigende Zinssätze Einbußen erleiden könnten, wenn bei variabel verzinslichen Hypotheken in den kommenden Jahren Neuverhandlungen über die Zinssätze anstehen.
HSBC räumte ein, dass einigen Kreditnehmern vor dem Hintergrund des schwächeren Anstiegs der Eigenheimpreise weniger Refinanzierungsmöglichkeiten offen stehen werden, während die Wertsteigerung ihres Immobilienvermögens niedriger ausfallen, wenn nicht gegen Null tendieren könnte.
Rückblende
Während der Zeit des Anstiegs der amerikanischen Häuserpreise um durchschnittlich sechs Prozent pro Jahr zwischen den Jahren 2000 und 2005 erfreuten sich Subprime-Kredite wachsender Beliebtheit, was noch dadurch gefördert wurde, dass sie häufig mit variablen Zinssätzen verbunden wurden und Gestaltungsmerkmale aufweisen, die den Kreditnehmern lediglich Zinszahlungen abverlangen oder eine weitere Reduzierung der Zahlungen ermöglichen.
Nach Angaben der Mortgage Bankers Association stellten Subprime-Hypotheken in der ersten Jahreshälfte 2006 einen Anteil von 19 Prozent an den insgesamt vergebenen Hypothekenkrediten.
Die jüngsten Veröffentlichungen von HSBC und New Century deuten jedoch darauf hin, dass die Abschwächung des amerikanischen Häusermarkts weiter reichende Auswirkungen auf die Konjunktur haben könnte als anfänglich angenommen. Als Folge der steigenden Anzahl von Ausfällen und Zwangsversteigerungen verschärfen die meisten Banken und Hypothekenkreditinstitute nun ihre Kreditvergabekriterien, ein Schritt, der vielen Verbrauchern den Zugang zu Krediten erschweren dürfte.
Erinnerungen an 1998
Am 8. Februar etwa gab New Century bekannt, dass seine höheren Kreditvergabestandards zu einem geschätzten Rückgang von 20 Prozent des Gesamtvolumens vergebener Hypothekenkredite im Jahr 2007 führen werde, während eine frühere Prognose noch von einem Nullwachstum ausging.
Die sukzessive eintreffenden schlechten Nachrichten der vergangenen Monate ähneln einer Zeitlupenversion der Kreditklemme von 1998 im Gefolge der Schuldenprobleme Russlands und des Untergangs des Hedge-Fonds Long-Term Capital Management.
Die anschließende Flucht in die Qualität amerikanischer Schatzanweisungen und Staatsanleihen sowie die mangelnde Bereitschaft der Investoren, mit Subprime-Hypothekenkrediten besicherte Wertpapiere zu kaufen, führten im Jahr 2000 letztlich zum Konkurs von Unternehmen wie ContiFinancial, der früheren Sparte des Agrargiganten Continental Grain.
Ein zur falschen Zeit erfolgtes Engagement in Spezialkredite durch den Lebensversicherer Conseco - in Gestalt des 1998 übernommenen Unternehmens Green Tree Financial, einem führenden Finanzierer von Fertighäusern - spielte eine bedeutende Rolle beim Konkurs Consecos gegen Jahresende 2002.
Erste Anzeichen von Problemen bei Großbanken
Dieses Mal haben Banken ihre für Unternehmen wie Ownit Mortgage und Sebring Capital Partners eingeräumten Kreditlinien gekündigt und damit deren Niedergang herbeigeführt. Auch im Hypothekenkreditbestand einiger der größten amerikanischen Banken treten erste Anzeichen von Problemen auf.
Nach Angaben von Standard & Poor's Credit Markets Services waren Subprime-Eigenheimkredite im vierten Quartal 2006 für einen wesentlichen Teil der gestiegenen Hypothekenausfälle bei Citigroup, JPMorgan und Wells Fargo verantwortlich.
Auch der Hausbausektor ist nicht immun. Sollte es Käufern schwerer fallen, die Kriterien der Hypothekenkreditvergabe zu erfüllen, könnte dies die Probleme der Bauunternehmen in einer Zeit verschärfen, in der viele von ihnen unter einem hohen Bestand an unverkauften Häusern und unter sinkenden Grundstückspreisen leiden.
RMBS könnten unter Druck geraten
Toll Brothers, der größte amerikanische Wohnungsbaukonzern im oberen Marktsegment, vermeldete am 8. Februar, dass seine Auftragseingänge im ersten Geschäftsquartal um 33 Prozent eingebrochen seien, während die außerplanmäßigen Abschreibungen auf Grundstücke in diesem Zeitraum mit 60 bis 160 Millionen Dollar veranschlagt werden und damit die im Dezember publizierten Schätzungen übersteigen.
In den im Januar veröffentlichten Quartalsberichten der Brauträgergesellschaften Centex und KB Home werden die Abschreibungen auf Grundstücke und Grundstücksoptionen mit 435 Millionen Dollar beziehungsweise knapp 494 Millionen Dollar beziffert.
In der Zwischenzeit haben Banken und andere Finanzinstitutionen gemeinsam mit weltweit anlegenden Investoren - von denen viele in den vergangenen Jahren auf den amerikanischen Markt für verbriefte Eigenheimhypotheken (Residential Mortgage Backed Securities, RMBS) strömten, da die dort gehandelten Anleihen mit attraktiven Renditen lockten - vermutlich mit notleidenden Krediten zu kämpfen haben.
Während des Anstiegs und Höhepunkts des jüngsten Booms auf dem Häusermarkt verzeichneten Hypothekenkredite in den Jahren 2000 bis 2005 jährliche Wachstumsraten von rund zehn Prozent. Im gleichen Zeitraum sahen sich Banken und andere Kreditinstitutionen höheren Hypothekenforderungen in Form von Darlehen und hypothekengesicherten Pfandbriefen gegenüber. Die gesamten Hypothekenforderungen stiegen im Zeitraum 2000 bis 2005 mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von elf Prozent bei Geschäftsbanken und knapp sieben Prozent bei Sparinstituten.
Kommt es noch schlimmer?
Für Investoren erweist sich die Kreditverschlechterung als Fallgrube. Nach Angaben von Standard & Poor's Credit Markets lagen die gesamten Ausfälle bei RMBS-Transaktionen mit Emissionsjahr 2006 im Durchschnitt bei 12,61 Prozent, bei den als notleidend eingestuften Krediten im Durchschnitt bei 5,97 Prozent. Und es gibt Berichte, dass der Derivatemarkt zu schwanken beginnt, nachdem dort die Kämpfe zwischen Käufern und Verkäufern von Sicherungsinstrumenten für Hypothekenkredite ausgetragen werden, so die Analysten von Action Economics.
Ausfälle und Zwangsversteigerungen könnten noch zunehmen. Nach Prognosen einer im Dezember veröffentlichten Studie des amerikanischen Finanzdienstleisters Center for Responsible Lending endet eine von fünf der in den vergangenen zwei Jahren abgeschlossenen Subprime-Hypotheken in der Zwangsversteigerung.
Das Unternehmen beobachtete ferner, dass es Eigenheimkrediten selbst bei steigenden Eigenheimpreisen schlecht ergeht, wobei einer von acht dieser Kredite (13 Prozent) innerhalb von fünf Jahren nach Vergabe mit der gerichtlichen Übereignung endet.
Die Immokrise kriecht langsam hoch zu einer Subprimebondmarktkrise.
mfg,
greenjg