Nochmal: Geldmenge und Inflation im Kapitalismus

  • Hey man, bin ich doch kürzlich hier im Forum gewesen, und habe meine Zeit damit verschwendet, auf einer falschen Baustelle rumzupuzzeln.


    Das hatte ich selber schon gemerkt, aber Pauli
    [Blockierte Grafik: http://www.kauka.de/kauka/cont…0f64f6850ff5ed675f21d.jpg]
    war so freundlich, in seiner dualen Eigenschaft ( Brainbug / Goldbug) mir den Pfad der Tugend (=also: "Du besser nix schreiben OT hier" ) zu weisen.


    Ihm gilt zunächst mein Dank.


    Da das Thema:
    "Nochmal: Geldmenge und Inflation im Kapitalismus"


    mir besser als Ort einer mildgewürzen Kritik, sowohl an unserem wunderbaren Wirtschaftssystem, als auch an dem hier so wohlfeil hoffierten "Goldgeld"...ähmm...erscheint,


    hier meine Beiträge nochmals...diesmal in hoffentlich themennäherem Umfeld.


    Mögen zukünftige Generationen von Schreibern ihren Gefallen daran finden.


    Zitat

    Original von Monopoly
    Hallöchen Dago...


    Weil irgend jemand Interesse am 1. und am 2. Weltkrieg hatte. Ein Krieg ist nämlich nicht zu bezahlen unter einem Goldstandard.


    Wieso nicht???


    Du müßtest als Aggressor nur mehr Gold durch DEINEN Krieg einnehmen, als DU ausgeben musst.
    D.h., wenn Du ein fremdes Land überfällst, und an die Goldreserven dieses Landes kommst, damit Deine Kosten begleichst, dann dürfte das mit dem Krieg kein monetäres Problem im Goldstandard sein.


    Haben nicht Hitlers Armeen zu Beginn des WK2 solche Raubzüge vorgenommen?


    Zitat:
    Ziegler: Ganz sicher. Die Schweizer Hehlerdienste haben den Krieg um ein bis eineinhalb Jahre verlängert. Deutsche Dokumente belegen, daß Hitler schon Anfang 1939 bankrott war. Erst das Raubgold aus den Zentralbanken eroberter Länder, aber auch die Juwelen, Eheringe oder das Zahngold der Juden aus den Konzentrationslagern und den Gettos verschafften den Nazis die Mittel, die sie brauchten. Als ein-zige nahmen die Gnome das Gold an und verschafften Hitler Devisen für den Kauf kriegswichtiger Rohstoffe auf dem Weltmarkt.


    http://www.focus.de/politik/ausland/ausland_aid_165314.html




    Hat der Dr. Martin nicht auch was zu Gold und Gewalt geschrieben?


    http://www.goldseiten.de/conte…umnen/download/pcm-17.pdf



    Außerdem besteht noch die Möglichkeit die Bevölkerung des überfallenen Landes unentgeltlich in die eigene Rüstungsproduktion "einzubinden". (ja, das ist euphemistisch)


    Falls Du als Aggressor genügend Land okkupierst, von dem Du dann die Rohstoffreserven ausbeutest....Problem gelöst.


    Daher verstehe ich im Moment noch nicht, warum gerade der Goldstandard Kriege wegen Unbezahlbarkeit verhindern soll.


    ....(ja, ...gelöscht.......aber was mich wundert, ist die Metall-Liebe die hier im Forum so liebevoll zelebriert wird...nach dem Motto: [B]"Gold wird kommen und alle Geldprobleme lösen

  • Zitat

    Original von Monopoly
    Daher verstehe ich im Moment noch nicht, warum gerade der Goldstandard Kriege wegen Unbezahlbarkeit verhindern soll.


    Das ist das eine. Das andere große Rätsel ist, wie man in heutigen fiat money Systemen "Schulden durch Inflation reduziert", und zwar in Summe über eine Volkswirtschaft hinweg. Das würde ich auch nochmal irgendwann gerne vorgerechnet bekommen, wäre auch bereit, für den Erfolgsfall eine Prämie auszuloben, sagen wir mal 1 troy oz Bullion Coin nach Wahl.

  • Dann probier ichs mal. Schulden sind die Möglichkeit von Konsum oder Güter schaffen jetzt, gegen Bezahlung später.
    Also Kommune A benötigt eine neue Brücke die ist sagen wir mal 2000 Arbeitstunden teuer. Bargeld haben sie keins also nehmen sie einen festverzinslichen Kredit auf zu sagen wir 5% Zinsen und tilgt den Kredit in einem Rutsch in 30 Jahren. Die Hausbank hat kein Problem damit, rechnet mit der Rückzahlung und schafft gegen 8% Reserven ihrer Einlagen aus dem Nichts das Geld für die Brücke. Jedes Jahr wird 5% Zinsen gezahlt also die Brücke nominal in Zinsen 1,5x. Gezahlt wird aus den Steuereinamen. Die steigen inflationsbedingt nominal jedes Jahr um 10% parallel mit der Geldmenge (sagen wir mal M3) zur Tilgung. Nach 30 Jahren wird die Summe zurückgezahlt, nominal noch das Gleiche, aber wegen der 10% Inflation über 30 Jahre nur noch den Gegenwert von 2000h / 17,44 = 115 Arbeiststunden. Entwertungsfaktor durch Inflation 1,10 hoch 30 = 17,44. Zinsen fallen an 5% also 2000*0,05= 100h im ersten Jahr. 90,9h im zweiten Jahr 82,6 usw. nach 30 Jahren insgesamt 1036h. Also durch den Trick muß für für die Brücke nicht der Gegenwert von 2000h Arbeit aufgewendet werden sondern nur 1036h+115h=1151h


    Beschissen dabei wird der blöde Spareinleger der gerade 5% bekommt, bei einer Inflation von 10%. Ich gehe jetzt mal vereinfachend davon aus das M3 Geldmenge, Preise für Waren und Löhne im Gleichschritt mit 10% pro Jahr steigen. Bargeld wird um den Faktor 17,44 über die 30 Jahre enteignet. So das ganze jetzt ohne Steuern und sonstige Abgaben gerechenet. Nehmen wir an, das der schlaue Sparer sich nicht mit den 5% auf dem Sparbuch zufrieden gibt sondern eine tolle Firmenaktie ohne Dividende gefunden hat, die aber jedes jahr um 10% steigt.
    Sie wird aus 100€ 1744€ in 30 Jahren machen und der Staat kassiert davon nach jetzigem Recht 411€ Abgeltungssteuer. Um die Abgeltungssteuer rauszuverdienen muß die Aktie ca. 11% jedes Jahr machen. Kann man 30 Jahre die Füsse still halten so muß der Ertrag einer Firma jedes Jahr 1% oberhalb der Inflationsrate liegen, damit der Einleger nur den Kaufwert behält.


    Hoffe, das jeder jetzt einen kleinen Eindruck bekommen hat, was nennenswerte Inflationsraten im Bereich 10% bedeuten. Es wird extrem schwierig bis unmöglich, Werte bzw. Kaufkraft zu erhalten.

  • Die führenden Staaten finden immer wieder mit den führenden Akteuren im Finanzsystem Mechanismen, mit der man die Geldmenge vergrössern kann. Es findet ein Deal zwischen beiden Seiten statt. Basel 2 ist in diesem Prozeß ein interessantes Instrument, weil man durch Variation der Risikotypen, der Kreditwünsche die man bedient, wenn man es richtig anstellt, im Prinzip die Kreditmenge substanziell vergrössern kann, also im Grunde die Geldmenge vergrössert. Somit gibt es immer mehr Geld, 150 Billionen USD 1995 zu 4,7 Billionen 1970, Finanzmarktprodukte eingeschlossen. Diesem Geld stehen immer weniger „Werte“ gegenüber, denn mit dem Wachstum des Finanzvermögens korrespondiert ein entsprechendes Kreditvolumen. Die Verschuldung stieg von 112 Prozent des Weltbruttoinlandsprodukts (BIP) 1970 auf 240 Prozent im Jahr 2005. Würde man diese Reihe fortschreiben, „dann wäre die Welt 2042 in Konkurs, denn sie müsse ihr gesamtes BIP für Zinszahlungen aufwenden“. Ursache ist vor allem die Verschuldung der öffentlichen Haushalte, wegen dem über die Steuergesetzgebung geführten Standortwettbewerb und der Möglichkeit, globaler Akteure, Steuerzahlungen zu umgehen. Um den Standort im internationalen Wettbewerb auf hohem Niveau zu halten, mussten die Staaten sich verschulden. Eine Spirale die sich immer weiterdreht.
    Wie lässt sich der Teufelskreis durchbrechen? Die Rezepte sind bekannt.
    1. Austrocknen der Steueroasen, die Verbindung zu diesen Inseln kappen, wie es Helmut Schmidt schon vorgeschlagen hat. > siehe Zumwinkel
    2. Eine Steuer von 0,1 Prozent auf Finanztransaktionen. Angesichts von Überweisungskosten von 15 bis 20 Euro, wie sie bis vor kurzem selbst in der EU üblich waren, ein verträglicher Betrag. Zudem geht es bei der Steuer weniger um das Geld als um die Informationen über Transaktionen, die dieser völlig intransparente Markt bislang nicht zur Verfügung stellt.
    Bis dahin kommt eine gigantische Inflation, am Ende mit einer neuen Währung und Zwangsentschuldung der öffentlichen Hand durch einen Schuldenschnitt. Die Staaten wären ihre Schulden los, die Sparer ihre Guthaben, wer jetzt schon reich ist wird noch reicher. Wie kann man sich schützen? Steck dein Geld in Werte wie Gold, der Prozess der Umverteilung von vielen zu wenigen ist im vollen Gange. Die Kontrolleure der Geldmenge teilen den physikalischen Besitz gerade unter sich auf. Nach einer Reform sind die Karten also schon verteilt. Ein kleiner Joker in Form von Münzen/Barren kann nicht schaden. Ein nartürliches Ende der Kreditausweitung ist unwahrscheinlich, trotz Krise.

  • Zitat

    Original von PMChris
    Dann probier ichs mal. Schulden sind die Möglichkeit von Konsum oder Güter schaffen jetzt, gegen Bezahlung später.


    Stimmt, aber das war nicht die Frage.


    Zitat


    Also Kommune A benötigt eine neue Brücke die ist sagen wir mal 2000 Arbeitstunden teuer. Bargeld haben sie keins also nehmen sie einen festverzinslichen Kredit auf zu sagen wir 5% Zinsen und tilgt den Kredit in einem Rutsch in 30 Jahren. Die Hausbank hat kein Problem damit, rechnet mit der Rückzahlung und schafft gegen 8% Reserven ihrer Einlagen aus dem Nichts das Geld für die Brücke.


    8% halte ich für etwas übertrieben, sagen wir mal eher 2%, aber egal. Die Kommune A hat jetzt den Gegenwert von 2000h zu Marktpreisen im Anschaffungszeitpunkt an Schulden.

    Zitat


    Jedes Jahr wird 5% Zinsen gezahlt also die Brücke nominal in Zinsen 1,5x. Gezahlt wird aus den Steuereinamen.


    In der Praxis zahlt die Kommune selbstredend nicht aus Steuereinnahmen, sondern aus zusätzlicher Verschuldung. Aber OK, ich will mal nicht so sein: sie zahlt also aus Steuereinnahmen, schöpft somit gegenüber dem Zeitpunkt, wo sie die Brücke angeschafft hat, Kaufkraft ab. Und zwar entweder, weil sie die Steuern um den Zinsbetrag erhöht hat, sprich die Privaten jetzt weniger kaufen können. Oder weil sie die Steuern nicht erhöht, aber im Haushalt entsprechend umschichtet, weg von eigenem Konsum hin zu Zinszahlung.
    Frage: in dem sie dem Markt dergestalt Nachfrage entzieht, wird es wirklich zur Inflation kommen ? - Wohl eher nicht, oder ? Es ist jetzt definitiv weniger Geld für Konsumnachfrage da, das ist aber - ceteris paribus - eher deflationär als inflationär.


    Zitat


    Die steigen inflationsbedingt nominal jedes Jahr um 10% parallel mit der Geldmenge (sagen wir mal M3) zur Tilgung.


    Wie kömmt's ? Die am Markt präsente Kaufkraft ist doch geringer als vorher, wie soll da Inflation überhaupt entstehen ?


    Zitat


    Nach 30 Jahren wird die Summe zurückgezahlt, nominal noch das Gleiche, aber wegen der 10% Inflation über 30 Jahre nur noch den Gegenwert von 2000h / 17,44 = 115 Arbeiststunden. Entwertungsfaktor durch Inflation 1,10 hoch 30 = 17,44. Zinsen fallen an 5% also 2000*0,05= 100h im ersten Jahr. 90,9h im zweiten Jahr 82,6 usw. nach 30 Jahren insgesamt 1036h. Also durch den Trick muß für für die Brücke nicht der Gegenwert von 2000h Arbeit aufgewendet werden sondern nur 1036h+115h=1151h


    Schön wär's. In deinem Beispiel ist die VoWi der Kommune leider bereits nach 2 Runden deflationär implodiert. Die Kommune ist pleite.


    Du hättest wie folgt argumentieren müssen, um überhaupt mal die Inflation zu "zünden": die Kommune kauft sich also die Brücke um diese 2000 Arbeitsstunden, bewerten wir die Stunde in t0 mal mit 10, kostet die Brücke in t0 also in Geld einen Betrag von 20.000. Das sind unsere Anfangsschulden, die wir jetzt "inflationär" abbauen wollen. Die 10 sagen wir entsprechen dem Gegenwert dessen, was ein am Brückenbau beteiligter Arbeiter an Gütern konsumiert, er hat also keine eigene Ersparnis. Das Basispreisniveau in der Kommune, bezogen auf den relevanten Warenkorb an Konsumgütern, ist somit also 10.


    Wie können wir die 10 steigen lassen, also Inflation erzeugen ? In dem irgendwer in t1 daherkommt und sagt: ich will jetzt nicht den Gegenwert von 1 Brücke bauen (i.e. 2000 Stunden), sondern den Gegenwert von zB 2 Brücken (= 4.000 Stunden). Ich erzeuge also eine Nachfrage nach insgesamt 4000 Stunden, und schaffe damit Einkommen (=Lohnzahlungen an Arbeiter für 4000 Stunden), welches wiederum Nachfrage von entsprechend vielen Konsumgütern erzeugen wird. D.h. das allgemeine Preisniveau in der Vowi der Kommune steigt, und zwar simpel und einfach wegen der gestiegenen Nachfrage, i.e. zunächst nach Arbeitsstunden und über die Arbeitsstunden nach Konsumgütern.


    Aufgrund der verdoppelten Nachfrage nach Arbeitsstunden wird der Stundensatz steigen. Nehmen wir der Einfachheit halber an, er verdoppelt sich ebenfalls auf 20. Du hast also jetzt insgesamt 4000 Stunden à 20, also einen Gegenwert von 80.000, was einem Wachstum von 60.000 gegenüber den 20.000 in t0 entspricht. Von den 60.000 sind 20.000 (= (4000-2.000) x 10) realer Zuwachs, und 40.000 (4.000 x (20-10))= 40.000 rein inflationärer Zuwachs. Die Inflation, die wir also gerade in Periode t1 vom Stapel gelassen haben, ist krass, sie liegt bei 50% (Probe: 20.000/0,5 = 40.000). Oder, mit anderen Worten, von unserem neuen BIP in t1, dass mit 80.000 gegenüber 20.000 in t0 sehr imposant daherkommt, sind 40.000 ein rein inflationärer Effekt, und läppische 20.000 entsprechen realem Wachstum.


    Und damit hätte ich jetzt auch mein Geld um rund 50% entwertet, d.h. wo ich mir vorher für 20.000 einen Gegenwert von 2.000 Stunden kaufen konnte, kann ich mir jetzt für 20.000 gerade mal 1.000 Stunden kaufen. Und weiters: wenn die Kommune die neuen Einkommen besteuert, dann bekommt sie also auf die gleichen realen Einkommen jetzt eine doppelt so hohe Steuer (Progression lassen wir aussen vor), und insoferne kann sie ihre Schulden supie einfach in der Hälfte der Zeit zurückzahlen ....


    Soweit alles klar ? - OK. Du siehst den Krügerrand bereits als deinen an ? - Muß dich leider enttäuschen ...


    Die allesentscheidende Frage lautet nämlich wie folgt: wer in dieser Vowi hat denn 4.000x20=80.000 Geldeinheiten, um jetzt diese 2 Brücken zu beauftragen ? ... Antwort: niemand. Die Arbeiter, die all diese Stunden abarbeiten, können sie nicht haben, weil die haben ja ihre ganze Knete für den Konsum ausgegeben (weil sonst hätten wir ja die Inflation nicht). Und die Kommune hat das Geld selbstredend auch nicht, weil sie mußte sich ja schon für einen deutlich niedrigeren Betrag (20.000 aus der 1. Runde) einen Kredit aufnehmen, wie sollte sie also jetzt einfach mal so locker und lässig die 80.000 aus dem Ärmel schütteln ? - Also woher kommt die Knete, damit unsere schönes Infla-Spielerchen tatsächlich so funzt wie beschrieben ?


    Die Antwort lautet: die Bank hat die Knete, sonst niemand. Die Kommune, oder irgendein anderer, der zufällig gerade 2 Brücken benötigt, marschiert also zur Bank und holt sich den Kredit über 80.000. Bank is happy, weil Schuldner ist kreditwürdig, also why not ... und jetzt flutscht die Geschichte, genauso, wie oben dargestellt.


    OK, jetzt deine Frage: kriege ich jetzt den Krueger ? - Antwort (du ahnst es bereits, nicht wahr?): .... leider nein.


    Warum ? Schlicht und ergreifend deshalb, weil das nicht meine Frage war ... die lautete nämlich: "Wie kann ich durch Inflation die Schulden einer VoWi reduzieren, sie quasi "entschulden", wie das immer so gerne behauptet wird, landauf, landab, in den Zeitungen, auf n-tv, etc ... ?" - Und die simple, aber leider in der Praxis der westlichen Staaten sehr dramatische Antwort lautet: gar nicht. Im Gegenteil: die Schulden werden umso höher, je höher die Inflationsraten ansteigen.


    Wir zählen mal die Schulden in Runde 2 in unserer kleinen Kommune zusammen: da wären die 20.000 in t0 (Laufzeit 30 Jahre), die die Kommun selbst gemacht hat. Und dann wären da noch die 80.000 in t1, die entweder die Kommune oder irgendein anderer gemacht hat. In Summe haben wir also in t1 jetzt 100.000 an Schulden ... das ist mehr, als 20.000, oder ?


    Damit verbleibt der Kruegerrand leider bis auf weiteres bei mir.


    Übrigens: die beiden Tranchen, also die 20.000 aus t0 und die 80.000 aus t1, sind jeweils für sich "real" nicht das gleiche wert. Die Kommune bedankt sich selbstverständlich, dass sie ihre 20.000 jetzt auf einem Preisniveau von 20 statt einem von 10 tilgen darf, also simplifiziert gesprochen doppelt so schnell tilgen kann, als geplant. Aber auf der gesamten Volskwirtschaft lasten jetzt auch die anderen 80.000, und für die ergibt sich überhaupt kein Infla-Effekt, die sind zu 20 entstanden und zu 20 zurückzubezahlen (weitere Inflationsrunden nach t1 mal außen vor gelassen). Mit anderen Worten: auf der VoWi dieser Kommune lasten jetzt zum Preisniveau in t1 die vollen 80.000 an Schulden aus t1, und die "halben" Schulden aus t0, sprich 10.000. In Summe also 90.000. Diese 90.000 müssen jetzt abgetragen werden, unter exakt genau denselben realen Wertmaßstäben wie in t0. Sprich die effektive, vergleichbare Schuldenlast zu t0 ist 4,5x so hoch wie vorher.


    Wir können daher hier auch abkürzen, weil niemand wird sich diesen Kruegerrand oder den Maple Leaf verdienen können, da die simple Wahrheit wie folgt lautet:


    In einer Inflation können existierende Schulden keineswegs "abgebaut" werden, sondern sie können lediglich durch noch höhere Schulden "entwertet" werden. Diese noch höheren Schulden sind dann aber in der Regel real deutlich erdrückender, als die Ersparnis, die sich durch die Entwertung der alten Schulden einstellt. Die "benign inflation" ist deshalb keineswegs was "angenehmes", sondern sie ist der Turbo zur Katastrophe.


    Aber dennoch, PMChris, der Versuch ehrt dich ...



  • Hi Archie,


    der Spruch mag so überliefert sein, aber er ist nicht richtig: in der Inflation sterben die Gläubiger, weil sie real immer weniger für das einstmals fixierte Nominale des Kredits bekommen. In der Deflation sterben die Schuldner, und zwar wie die Fliegen, warum, weil ihnen mit schrumpfenden asset-Bewertungen die Beleihungsbasis ihrer Kredite zerrint ...


    Die "Springer" an der Wall Street anno 1930 waren allesamt Margin-Spekulanten, die Einschuss-Calls von ihren Brokern erhalten hatten, weil die Beleihungsbasis (= der Kurswert der auf Kredit gekauften Aktien) schmolz wie Butter in der Sonne.

  • Zitat

    Original von weissgarnix


    In einer Inflation können existierende Schulden keineswegs "abgebaut" werden, sondern sie können lediglich durch noch höhere Schulden "entwertet" werden. Diese noch höheren Schulden sind dann aber in der Regel real deutlich erdrückender, als die Ersparnis, die sich durch die Entwertung der alten Schulden einstellt. Die "benign inflation" ist deshalb keineswegs was "angenehmes", sondern sie ist der Turbo zur Katastrophe.


    Aber dennoch, PMChris, der Versuch ehrt dich ...


    Danke für die Blumen. Also kurz gesagt das Schneeballsystem Kredit durch "Fractional Reserve" führt zwangsläufig zum Kollaps. Laufzeit wenn man es geschickt anstellt, ca. ein Kondratjew Zyklus. Bisher kam der "Reset" immer von weltkriegsartigen Ereignissen. Bin schon gespannt, wie es diesmal gelöst wird.

  • Zitat

    Original von weissgarnix In einer Inflation können existierende Schulden keineswegs "abgebaut" werden, sondern sie können lediglich durch noch höhere Schulden "entwertet" werden. Diese noch höheren Schulden sind dann aber in der Regel real deutlich erdrückender, als die Ersparnis, die sich durch die Entwertung der alten Schulden einstellt.


    ... womit Du mit viel zu vielen Worten eine Trivialität hergeleitet hast. :rolleyes:


    Was ist an dieser Erkenntnis für Goldbugs neu?


    Schon Deine Ausgangsfrage war nicht wirklich originell: "Wie kann man Schulden durch Inflation reduzieren?"
    => Du hast die Frage wie immer mathematisch-monetär-buchhalterisch gestellt. Wenn "wir" (einige) im Forum diese Aussage "Schuldenreduktion durch Inflation" aufstellen, meinen sie zunächst nur die reale Kaufkraft der nominal konstanten, individuellen Schuld bei hoher Inflation, die (wenn die Einkünfte im Einzelfall beim Schuldner inflationär mitsteigen) für den Schuldner etwas leichter bedienbar sind.


    Von der "Reduktion der Schulden über die ganze Volkswirtschaft hinweg" (wie Du es formuliert hast) spricht hier fast nie jemand. :rolleyes: Die Pragmatiker hier interessiert eher, ob man REAL durch Inflation eine Chance hat, seine INDIVIDUELLEN Schulden zu entwerten. Und hier gilt eben: Prinzipiell ja - auch wenn ich TROTZDEM vom Schuldenmachen abraten würde - weil ja auch temporär mal Deflation erzeugt werden kann. Und ich sage bewusst "erzeugt werden" - so etwas kommt nicht mit naturwissenschaftlich vorhersehbarer Präzision wie sich das dottore offenbar vor einigen Wochen vorgestellt hat! Das ist in unserem fiat-System alles Menschen- / Banken gemacht.


    Trotzdem hast Du mit Deinen Thesen BEZOGEN auf die GANZE Volkswirtschaft mathematisch recht. Kaum ein Goldbug würde das bestreiten. Es interessiert aber die Pragmatiker nicht - weil ... Modelltheorie.


    Deinen Krüger wirst Du in der Tat behalten können. Du hast nur -was schon bei der Frage absehbar war- an PMChris vorbeigeredet bzw. auf verschiedenen Ebenen argumentiert.


    Du willst eben partout in Deiner MODELLebene bleiben. Wir leben aber in der Realität und argumentieren auch meist da.


    Aber: Dein Versuch, uns wortreich ins debitistische Modell zu ziehen ehrt Dich! :D


    Got Gold [for YOURSELF - NOT for the model economy] ?

    Erst wenn die letzte Bank pleite, der letzte Staat ruiniert, die letzte Währung wertlos geworden ist, werdet Ihr merken, dass man Gold nicht drucken kann.

    Einmal editiert, zuletzt von Pauli ()

  • Zitat

    Original von PMChris
    Danke für die Blumen. Also kurz gesagt das Schneeballsystem Kredit durch "Fractional Reserve" führt zwangsläufig zum Kollaps. Laufzeit wenn man es geschickt anstellt, ca. ein Kondratjew Zyklus.


    Das stimmt! dottore hat da mal was zu geschrieben glaube ich, dass die Kreditzyklen ziemlich genau mit den Kondratieffs zusammenpassen. Das brachte ihn ja dann auch indirekt zu diversen Wellentheoretikern wie etwa Bob Prechter.


    Vielleicht war Kondratieff wirklich nur einem Kredit-expansions-kontraktions-Zyklus auf der Spur, wer weiss ... kenn mich damit leider so gut wie gar nicht aus.

  • Zitat

    Original von weissgarnix


    Vielleicht war Kondratieff wirklich nur einem Kredit-expansions-kontraktions-Zyklus auf der Spur, wer weiss ... kenn mich damit leider so gut wie gar nicht aus.


    Mensch weissfastgarnix, bist Du Perfektionist? Okay, Mensch braucht Rituale, nur kannst Du doch nicht alle Nebenkriegsschauplätze mit dem lapidaren Nebensatz '- kenn mich leider damit so gut wie gar nicht aus' beenden.


    Oder? - Oder doch?

    Delphin
    --------------------------------------------------------------------------------------------------------------
    "Whee! This investing stuff is easy!"
    (Mogambo Guru)

  • Zitat

    Original von weissgarnix
    Vielleicht war Kondratieff wirklich nur einem Kredit-expansions-kontraktions-Zyklus auf der Spur, wer weiss ... kenn mich damit leider so gut wie gar nicht aus.


    Bis Mitte letzten Jahrhunderts gabs dafür starke zusätzliche "Oszillatoren". Bei vorwiegend landwirtschaftlicher Wirtschaft lässt sich pro Gewerbeeinheit (Bauernhof) nur eine Familie richtig ernähren. Überzählige Söhne wurden jede Generation in allen möglichen Kriegen, Kreuzzügen etc. verheizt. Selbst die Abstände 1870-1871 nach 1914-1918 nach 1939-1945 passen hierzu. Mit solch deformierten Bevölkerungspyramiden ließ sich auch eine rudimentäre Alterversorgung sicherstellen. Mit Babyboomergeneration und Pillenknick in den Kondratjew Winter (gibt beide Schreibweisen) wirds garantiert spannend.


    Ich glaube das Greenspann recht genau wußte was er tat, als er im Kondratjew Herbst noch zwei mal richtige Blasen aufgepustet hat.
    Dann den Schlamasel einem Princeton Elfenbeintürmer überlassen. Und wenns richtig losgeht alles einem schwarzen US-Präsidenten in die Schuhe schieben. Der weiß garantiert nicht, was ihn erwartet.

  • Zitat

    Original von Delphin
    Mensch weissfastgarnix, bist Du Perfektionist? Okay, Mensch braucht Rituale, nur kannst Du doch nicht alle Nebenkriegsschauplätze mit dem lapidaren Nebensatz '- kenn mich leider damit so gut wie gar nicht aus' beenden.


    Hast recht: man sollte sich hüten, vom 10ten über das 100ste das 1000ste ergründen zu wollen ... schafft man eh nicht. Und schon gar nicht mitten in der Nacht ...

  • nur ganz kurz.


    Wenn Kapitalismus ein Ponzi-System ist, dann endet dieses System immer dann, wenn die Pyramide keine "Neuzahler" bekommt. Es kollabiert.


    Damit reißt es sowohl die Schuldner als auch die Gläubiger um.


    Da damit eine vollständige Vertrauenszerüttung einhergeht, sind die darauf folgenden "Handlungen" wie Kriege etc. nur normal.


    Endet der Zyklus (radikal) ist jeder entschuldet und niemand besitzt mehr was.
    (Jedenfalls in der alten Währung)...


    Da ich solche systemischen Zusammenbrüche mit einrechne, gehört mir jetzt der Krüger???

  • Zitat

    Original von Monopoly
    nur ganz kurz.


    Wenn Kapitalismus ein Ponzi-System ist, dann endet dieses System immer dann, wenn die Pyramide keine "Neuzahler" bekommt. Es kollabiert.


    So ist es, wobei man hinzufügen sollte: es müßte nicht so sein!
    Schuldverhältnisse unter Privaten werden eingegangen und wieder getilgt. Einige werden nicht getilgt, müssen ausgebucht werden, was gelegentlich zur Vernichtung von sowohl Schuldner als auch Gläubiger führt. Und ab und an gibt es spekulative Bubbles, dann findet das halt in etwas größerem Ausmaß statt.


    Der Grund, warum diesesmal (wann immer das jetzt konkret sein wird) die Auswirkungen auf das Gesamtsystem dramatisch sein werden, ist weil viel zu viele Schulden, inkl. Zins und Zinseszins, des größten Ponzi-Spielers aller Zeiten im System sind, der da heisst: Staat. Sein Kollabieren werden wir alle sehr teuer bezahlen müssen.


    Zitat


    Da damit eine vollständige Vertrauenszerüttung einhergeht, sind die darauf folgenden "Handlungen" wie Kriege etc. nur normal.


    Ganz genau. Ich lese gerade ein extrem spannendes Buch, in 2007 erschienen und meines Wissens in Deutsch noch nicht erhältlich, "The forgotten Man - A new History of the Great Depression". Darin werden die gängigen Thesen zu 1930ff gänzlich umgeschrieben, und Roosevelt und seine Gang erscheinen nicht als die Retter ("New Deal"), sondern im Gegenteil, als Krisenverstärker. Und genau deine Frage wird aufgeworfen: "Wie kam es, dass in USA die Krise bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges andauerte, während in vielen europäischen Ländern bereits ab 1932 wieder deutliche Erholung einsetzte?" .... ja, das ist eine gute Frage, nicht wahr ?


    Das Buch wurde übrigens nicht von einem sektiererischen Verschwörungstheoretiker oder Geschichtsrevisionisten geschrieben, sondern von einer mehrfach preisgekrönten Journalistin von Bloomberg, Financial Times und Wall Street Journal.


    Der nächste US-Präsident wird daher ein paar spannende Fragen zu lösen haben ...


    Zitat


    Da ich solche systemischen Zusammenbrüche mit einrechne, gehört mir jetzt der Krüger???


    Die Frage war, wie entschulde ich mich durch "Inflation", nicht durch deflationären Kollaps ... aber trotzdem, deine Antwort war gut, sogar sehr scharfsinnig: ich entschulde mich durch Inflation (= mehr Schulden), in dem ich diese Inflation soweit treibe, dass sie in einem deflationären Crash mündet, in welchem ich pleite gehe, und mich so "entschulde" ...


    Ich sag's mal so: du kriegst dafür den "Krueger der Herzen" ...

  • Weißgarnix,


    Du mißverstehst uns tatsächlich.


    Das von mir genannte geflügelte Wort "In einer Inflation sterben die Schuldner"
    wird ja in Deiner Antwort als richtig bestätigt durch Deine Aussage, dass
    die Gläubiger immer weniger an realem Wert zurückbezahlt bekommen.


    Ich nehme einmal an, dass in diesem Spiel es keine zwei Gewinner geben
    kann, da der Verlust des einen immer der Gewinn des anderen ist : hier
    des Schuldners, der mit inflationsbedingten Lohnanpassungen seine
    Schulden immer leichter zurückzahlen kann.


    Im Übrigen ist es nachts immer kälter als draußen.


    Grüße

  • »Das Tao erzeugt die Eins.
    Die Eins erzeugt die Zwei.
    Die Zwei erzeugt die Drei.
    Die Drei erzeugt alle Dinge.
    Alle Dinge haben im Rücken das
    Dunkle und streben nach dem Licht,
    und die strömende Kraft gibt ihnen
    Harmonie.« Tao te king
    Das 'Eine', die Tilgung der Widersprüche, würde zu einer bewegungslosen totalitären Regression führen. Ein tausendjähriges Reich steht hier Pate als Modell für den tausendjährigen Schlaf.
    Die 'Zwei' steht hier für den erbitterten Kampf der Positionen. Der Kampf wird zwangsläufig zum Krampf. Im Imperialismus der Ideen verschwindet das Zuhören und damit die werdende Beziehung.
    Erst in der 'Drei' wird die schöpferische Bewegung möglich. Im Tanz des Miteinanders des Verschiedenen erscheint eine neue Ebene der Organisation - das Schauspiel kann beginnen.
    Ein ‘‘Wir’’ kann nur aus der Differenz entstehen.. Richhard Sennett zu Cosers Arbeiten über die sozialee Funkttionn von Konflikten::»Ein realistischerer Blick darauf, was Gemeinschaften zusammenhält, findet sich in Lewis Cosers klassischem Essay unter dem Titel The Social Functions of Conflict. Coser argumentiert, daß Menschen durch verbale Konflikte eher zusammengehalten werden als durch verbale Übereinstimmung. Im Konfliktfall sind sie zu gründlicherer Kommunikation gezwungen, um die Differenzen auszutragen. Wie es häufig in diplomatischen Verhandlungen geschieht, binden die grundsätzlichen Regeln der Auseinandersetzung, die streitenden Parteien aneinander. Coser stellt fest, daß die Differenzen sogar betont und schärfer gesehen werden, bevor die Parteien schließlich zu einer Einigung kommen. Der Schauplatz des Konflikts wird in dem Sinne zu einer Gemeinschaft, als die Beteiligten es lernen, einander zuzuhören und aufeinander einzugehen, obwohl sie ihre Differenzen sogar noch deutlicher empfinden. Das ist eine Sicht des kommunalen 'Wir', die viel tiefer geht als das oberflächliche Teilen gemeinsamer Werte, wie es im modernen Kommunitarismus erscheint oder in Riscos statischen Erklärungen von Familienwerten. Und sie steht den defensiven Erklärungen gemeinschaftlicher Solidarität fern, die heute die generelle Reaktion auf ökonomische Verschiebungen darstellt. In Cosers Augen gibt es keine Gemeinschaft, solange die Differenzen nicht anerkannt sind. Das heißt, daß er die Gemeinschaft als einen Prozeß versteht, indem im Laufe der Zeit die Differenzen ihrer Mitglieder verarbeitet werden« (Sennet,
    1998, S. 197).

  • Just that easy, creating a new window ?


    http://de.youtube.com/watch?v=QUBBMQDrlpY


    bezugnehmend auf das gelbe von weiss.... :


    Wenn man mal die Reserves-Statistik der FED anguckt, dann fällt auf, dass im Januar und Februar die "non-borrowed reserves" krass ins Minus gefallen sind, während die "Reserves" selbst grosso modo auf konstantem Niveau blieben. Die Entwicklung begann bereits im Dezember, als diese non-borrowed reserves von über 40Mrd auf rund 27 Mrd fielen.


    Soll das etwa heissen, dass die aktuelle Höhe an Reserves praktisch zu annähernd 50% aus Borrowings aus dem Discount Window und den TAFs bestritten wird ?????


    Ich glaube, mein Schwein pfeift!


    http://www.federalreserve.gov/releases/h3/Current/h3.htm


    Gruss


    Louis

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