Für mich ist nicht immer ganz klar, was mit "Beatmung" tatsächlich gemeint ist?
Ist es tatsächlich eine vollständige Beatmung, weil der Patient dies einfach nicht mehr eigenständig leisten kann - oder ist es eine zeitweilige Gabe von Sauerstoff (z.B. über eine Mund-/Nasenmaske), weil die Sauerstoffsättigung des Blutes nicht mehr optimal erscheint?
Gedanklich macht das für mich einen großen Unterschied, weil ich die zeitweilige Gabe von Sauerstoff als nicht wirklich dramatisch ansehe. Wir haben das in der Familie immer mal wieder und es hat den Patienten dann auch umgehend geholfen und die Genesung unterstützt (z.B. bei einer beginnender Lungenentzündung des Kindes oder einer Rippenfellentzündung des Vaters).
Ich glaube im Moment irgendwie eher, dass jede Sauerstoffgabe großspurig als "Beatmung" verkauft wird, um das Bild künstlich dramatischer zu gestalten. Mal ganz abgesehen davon, dass die Situation in den Krankenhäusern, aufgrund der fortwährend selbstverschuldeten Verknappung des Personals, tatsächlich ein immer dramatischeres Ausmaß annimmt.
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Hi in die Runde.
Vielleicht kann ich ein bißchen zum Thema Beatmung beitragen.
Ist mein Beruf, bin Intipfleger.
Prinzipiell unterscheidet man zwischen unterstützenden Maßnahmen und kontrollierenden.
Unterstützende Maßnahmen sind zB. Sauerstoffgabe bei O₂-Mangel im arteriellen Blut, das würde man üblicherweise invasiv über eine Blutgasanalyse feststellen, im nichtinvasiven Verfahren mit einem Pulsoximeter, das sind diese Fingerclips zum draufklammern, gibts gelegentlich bei Lidl fürn Zehner . Die Blutgasanalyse ist wesentlich genauer, wenn sie fachgerecht durchgeführt wird, weil sie mehr Parameter bearbeitet, die Pulsoximetrie kann fehleranfällig sein, da sie keine echte Sauerstoffsättigung mißt sondern die Farbdifferenz zwischen sauerstoffgesättigtem, hellen und nichtgesättigtem, dunklen Blut. Zudem können zentralisierte Kreisläufe, Nagellack, dunkle Haut die Ergebnisse verfälschen.
Die Indikation für Sauerstoffgabe ist Sauerstoffmangel, logisch.
Die Indikation zur Beatmung, egal ob über Maske, Helm oder Tubus ist eine schlechte Atemmechanik, zB. bei Thoraxverletzungen, starken Schmerzen, Opiatüberhang; eine weitere zB. der gemessene Anstieg von CO₂ im arteriellen Blut. Kurz: CO₂ ist ein Stoffwechselprodukt, was wir selbst produzieren, was wir über unsere Lungen rhythmisch abatmen. Fällt mehr an, zB. bei Sport, Fieber, erhöhtem Stoffwechsel allgemein atmen wir tiefer und schneller.
Bei Infektionen, speziell der Lunge, haben wir mehrere Probleme. Die funktionelle Oberfläche der Lunge kann durch eine Infektion quasi technisch verringert werden, das Gewebe kann anschwellen, ödematös werden, sich mit Sekret zusetzen. Dadurch wird der Mechanismus des Abatmens erschwert, wir reagieren mit Luftnot, es gibt da ein paar Rezeptoren, die messen das CO₂ und den Blut-pH und veranlassen uns, schneller und tiefer zu atmen. Ab einem bestimmten Punkt ist es nicht mehr möglich den CO₂-Austausch sinnvoll hinzubekommen. Die eigene Atmung wird zum Stressfaktor, da sie nicht mehr ausreicht.
Und dann kommt die „ Beatmung “.
Es wäre jetzt ein bißchen viel, aber man unterscheidet mehrere Beatmungsmodi und Zwischenvarianten. Prinzipiell zB. vollkontrollierte Modi, wo wirklich alles eingestellt wird, Frequenz, Atemtiefe, Drücke, Gasflüsse etc. zB. bei Operationen, und dann gibt es die Spontanmodi, die eingesetzt werden, um eine Spontanatmung solange wie möglich zu gewährleisten oder um Patienten abzutrainieren nach längeren Beatmungsphasen.
Die Indikation zur Beatmung stellen in der Regel intensiverfahrene Ärzte, meistens Anästhesisten auf Intensiv, ist aber kein Muss, es gibt auch sehr gute Internisten, Chirurgen, Pulmologen, Pädiater etc..
Die haben alle in der Regel eine Zusatzausbildung oder spezielle Fortbildung, je nach Fachgebiet. Eine Langzeitbeatmung beim jungen Querschnittpatienten sieht anders aus als eine Apnoebeatmung beim Schnarcher im Schlaflabor.
Prinzipiell kann man sagen, daẞ eine Beatmung indiziert sein kann, wenn pH-Verschiebungen, hohes CO₂, oder Bewußtseinsstörungen auftreten.
Im wesentlichen ist Beatmung mit einer mechanischen Unterstützung gekoppelt, die O₂-Gabe kann auch darunter fallen, wenn sie zB. über Drucksysteme wie Pharynx-Larynx-Systeme (Nasen-Rachen-Schläuche oder -Masken) stattfindet. Auch spezielle Lagerungen können dazu gehören.
Aus Erfahrung kann ich sagen, daß die Wenigsten an Dramaturgie interessiert sind, da die Beatmungen einen eigenen Teil in der DRG-Bewertung einnehmen und tatsächlich ziemlich minutiös dokumentiert werden müssen. Eine Dramatisierung hätte wenig Sinn, zumal gerade die Intensivdokumentationen sehr überprüft werden auf Stichhaltigkeit. Da legen die Kassen größten Wert drauf. Notfallpatienten bzw. Intensivpatienten werden schnell 5-6stellig im Aufwand.
In der Regel besteht tatsächlich ein hohes Interesse an der Gesundung und Lebensverbesserung der Patienten.
Oft kommt es zu Protesten nach Verlegungen, da der Pflegekomfort auf Intensiv schon wesentlich höher sein kann als auf einer Intermediate-Care- oder Normalstation. Da registriere ich die häufigsten Beschwerden, oft kommt es auch vor, daẞ Angehörige Intensivpersonal zum verlegten Patienten bitten/bestellen, um vermeintliche Mißstände aufzuzeigen oder sich bestätigen zu lassen.
Der Personalabbau in der Pflege wird mM. nach auch weitergehen, da die Zielvorgabe der Reduktion von Kliniken zugunsten großer Klinikverbünde und Klinikzentren weiter vorangetrieben wird, regelmäßig mit der Begründung der höheren Kompetenz bei speziellen Eingriffen wie zB. Knie-TEP etc.
Die kleineren Kliniken mit Grundversorgungsabsicht bestehend aus einer allgemeinchirurgischen, allgemeininternistischen, gynäkologischen und Geburtshilfeabteilung gehen zusehends unter, da sie nicht mehr finanzierbar sind. Diese kleinen Kliniken können sich in der Regel keine Radiologie/Röntgenabteilung, Labor und Apotheke leisten, geschweige denn eigene Küchen oder Reinigungsdienste, Techniker etc..
Damit werden die kleinen Dorfkrankenhäuser abgeschafft, die Transport- und Rettungswege zum Teil dramatisch verlängert. Von den hausärztlichen und lokalen Apothekendiensten fang ich erst gar nicht an.
Kleiner Nachtrag zur aktuellen Grippewelle: nach überstandener Coronapositivität (ohne nennenswerte Symptome) hatten auch wir das Vergnügen einer zweiten Infektion ca 2 Wochen nach der ersten. Die war echt ekelhaft, typisch abgeschlagen, Schmerzen beim Nichtstun, der Gang ins Badezimmer wurde zum Pilgermarathon.
Geholfen hat bei mir 1xtäglich Multivitamin, l-Lysin, Vit.C 1000 mg, Zink, Selen, D³ zum Essen, abends 50mg Diphenhydramin, Lopedium 2mg, bei Bedarf Paracetamol oder Novalgintropfen, zusätzlich 3 Liter Tee pro Tag. Damit konnte ich zumindest pennen, tagsüber ging nichts, selbst Glotze war zuviel Konzentration, außerdem lief da echt viel Müll.
Im Tran hab ich meine alten Pink-Floyd und Tangerine Dream Sammlungen wiederentdeckt, war gut. Nach 6 Tagen war der Spuk dann auch vorbei.
Bleibt wacker,
Blues B