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Fundamentale Argumente sprechen gegen den Dollar
14. Juni 2004 Kurzfristige Kursgewinne gegen den Euro und Meldungen wie „Zinsspekulationen stützen den Dollar“ zeigen die Kurzatmigkeit vieler Marktteilnehmer im Devisenbereich. Oft werden Kursbewegungen nur eindimensional erklärt. Aktuell sprechen Gerüchte über frühe und starke Zinserhöhungen in Amerika angeblich für den Dollar.
Denn sollten die Zinsen in Amerika rasch und deutlich steigen, während sie in anderen Teilen der Welt auf tieferem Niveau verharren oder auch nur langsam steigen, dann spräche die zunehmende Zinsdifferenz für den Dollar. So oder so ähnlich lauten oft die Überlegungen. Sie dürften allerdings relativ naiv sein. Denn entscheidend - wenn überhaupt - ist der Realzins. Damit kommt es darauf an, was schneller steigt: der Leitzins oder die Inflation. Die Zinsdifferenz würde sich folglich nur zugunsten des Dollars verändern, wenn die Leitzinsen schneller als die Preise zunehmen würden. Sonst wäre die Entwicklung negativ für den Dollar.
Wirkung steigender Zinsen nicht eindeutig
Und selbst, wenn das der Fall sein sollte, können die Effekte für die Währung recht unterschiedlich sein. Steigende Zinsen können den Dollar erstens aufwerten lassen, wenn sie ausländische Anleger anlocken, die dann verstärkt in amerikanische Rentenpapiere investieren wollen. Sie können den Dollar aber auch fallen lassen, weil ausländische Anleger, die schon längst in amerikanische Anleihen investiert sind, aussteigen wollen, um sich vor weiteren Kursverlusten zu schützen.
Höhere Zinsen beeinflussen nicht nur den Wert von Anleihen, sondern auch den von Aktien, Immobilien und anderen Wertgegenständen. Sie werden auf Grund der „Diskontierungsmechanismus“ bei steigenden Zinsen immer weniger wert und könnten ausländische Anleger ebenfalls zum Verkauf verleiten. Auch das spräche gegen den Dollar. Damit ist die Wirkung von Zinserhöhungen auf den Dollar zunächst keineswegs eindeutig.
Sie dürfte es dann werden, wenn man andere Faktoren einbezieht. Beispielsweise das bisher immer weiter zunehmende Leistungsbilanzdefizit, das allein im April bei einem Minus von 48,3 Milliarden Dollar lag. Es zeigt die zunehmende Verschuldung Amerikas gegenüber dem Ausland an. Bisher wurde die Leistungsbilanz vor allem von der Handelsbilanz - also dem realen Waren- und Güterverkehr - bestimmt, da die Kapitalverkehrsbilanz auf Grund der gigantischen Währungsinterventionen der asiatischen Staaten „frisiert“ wurde. Sollte sich das ändern, könnte das Leistungsbilanzdefizit noch schneller als bisher zunehmen.
Zahlungs- und Leistungsbilanz als wichtig Größen
In diesem Zusammenhang dürften Meldungen interessant sein, nach denen China in den vergangenen Monaten signifikante Mittel aus dem Dollarbereich abgezogen und in asiatische Währungen getauscht hat. Sollte sich dieser Trend fortsetzen - und mit Blick auf eine mögliche Aufwertung der chinesischen Währung gegen den Dollar wäre das nur konsequent - dann könnten deutlich höhere Zinsen in Amerika notwendig werden, um das Defizit überhaupt noch finanzieren zu können. Dramatisch könnte es dann werden, wenn auch Japan seine im Dollarraum investierten Mittel reduzieren sollte.
Steigende Zinsen könnten in Amerika gleichzeitig „die Mutter aller Carry-Trades“ zum Absturz bringen. Auf Grund extrem tiefer Zinsen haben sich die amerikanischen Konsumenten über alle Ohren verschuldet, um Autos, Häuser, schöne Einrichtungsgegenstände et cetera zu kaufen. Sie ließen sich dabei von ihrem auf Grund steigender Preise scheinbar zunehmenden Vermögen blenden. Preise - und damit das Vermögen - können aber bei steigenden Zinsen auch wieder fallen. Gleichzeitig wird die Bedienung der Kredite, die oft variabel sind, immer weniger machbar.
Was kein gutes Vorzeichen für den Konsum insgesamt wäre. Insgesamt steht damit nicht nur die amerikanische Wirtschaft, sondern vor allem auch der Dollar längerfristig auf schwachen Fundamenten. Die fundamentalen Argumente sprechen - trotz aller denkbaren Intermezzi - weiterhin gegen den Dollar.