Aufgrund der Tatsache, dass gestern wiederholt Gerüchte über Bank-Runs gestreut wurden, möchte ich mich heute diesem Thema widmen. Die klassische Auffassung von einem Bank-Run ist jene: wer zuerst kommt, rettet sein Geld, der Rest bekommt nichts mehr, weil die Bank aufgrund Unterschreitung der Mindestreserven geschlossen wird. Die Entschädigung über Einlagesicherung ist minimal.
Um ein Szenario ausmalen zu können, wie in der Praxis ein Bank-Run erfolgen bzw. wie darauf reagiert würde, möchte ich hier zuerst mit einer allgemeinen Kategorisierung anfangen.
1. Was ist Geld, und was nicht?
Es gibt heute verschiedenste Vermögenskategorien: Bargeld, Bankguthaben, Anleihen, Aktien, Lebensversicherungen, Bausparguthaben, Immobilien, Derivate, Future-Kontrakte und nicht zuletzt Edelmetalle. Die Notenbanken kategorisieren in den Geldmengenaggregaten M0 (Notenbankgeldmenge) - M3. Welche dieser Vermögenskategorien sind nun überhaupt Geld, in Hinblick auf einen Bank-Run? Diese Frage kann man z. T. über den Umweg der Liquidität bzw. eindeutigen Kursfeststellung beantwortet werden. Wir nähern uns vereinfacht an, in dem nur die Guthabenseite betrachtet wird; dies ist zulässig, da die letzten Aktionen in Amerika die Balance zwischen Guthaben und Forderungen sowieso schon zerbrochen haben.
- Definitiv als Geld zählt natürlich die Geldmenge M0 und genauso M1 (da unmittelbar verfügbar). Auch die anderen Geldmengenaggregate zählen in jedem Fall als Geld, da sie spätestens nach Ablauf der Bindefrist in eine der anderen, niedrigeren Geldmengenkategorien gewandelt werden könnten. Ein Bank-Run erfolgt primär in M0, ist aber auch in M1 möglich, wenn z. B. Giroüberweisungen für Einkäufe getroffen werden. M2 u. M3 sind nicht unmittelbar Bankrun-Relevant, da hier erst die Kreation von M0/M1 über den Umweg neuer Schulden erfolgen müsste. In Zeiten von Bank-Run wird jedoch die Gewährung von Neuschulden durch Geschäftsbanken sehr restriktiv gehandhabt werden, weshalb sich in unserer Erörterung ein Bank-Run auf die ersten beiden Kategorien beschränken kann.
- Kein Geld im Sinne der Geldtheorie sind Edelmetalle. Der aufgeprägte Nennwert ist zu vernachlässigen, da er weit unter dem Metallwert liegt. D. h. Eine Flucht in Edelmetalle ist nicht als Bankrun zu bezeichnen und kann auch keinen solchen auslösen, einfach deswegen nicht, weil lediglich ein Aktivatausch stattfindet: M1 gegen Edelmetall. Edelmetalle sind zeitlose Werte, deshalb für den Bankrun irrelevant. In der Konsequenz heißt das aber auch, dass in letzter Instanz ein stark steigender Goldpreis eben keine Bedrohung für das Bankensystem ist, und infolgedessen dieser über kurz oder lang auch freigegeben wird, allein schon deshalb, weil ein sehr hoher Goldpreis wiederum die Kreation neuer Schulden erlaubt und das System länger am Leben erhält.
- Immobilien und Aktien sind ebenfalls kein Geld, siehe Edelmetalle. Auch sie haben einen gewissen intrinsischen Wert, der allerdings von vielen Faktoren abhängt. Die Gefahr staatlicher Eingriffe, die Illiquidität in der Krise und das Totalverlustrisiko bei Aktien machen ein konsequentes Abstoßen dieser Investments sinnvoll. Einen Bankrun können diese jedoch ebenfalls nicht auslösen.
- Bedingt Geld sind Bausparkassenguthaben. Hier sehe ich die Gefahr, dass bei einem Ausfall der Schuldnerseite es zu ungesicherten Konkursen kommt und die Guthaben verschwinden. Eine staatliche Rettung ist hier in meinen Augen nicht zu erwarten, weil ein Bausparkassenbankrott keine wirkliche Systemgefährdung darstellt.
- Bedingt Geld sind Anleihen. Unternehmensanleihen leiden an mangelnder Kursfeststellung, während Staatsanleihen dieses Problem nicht haben. Jedoch auch hier ist wie bei Aktien zu beachten: werden diese Anleihen nur verkauft, sind sie kein Geld. Erst eine bedingungslose Monetarisierung durch die Zentralbank / Staat in Form M0/M1 macht diese zu Geld (diese Frage ist entscheidend, ob es zu einer Hyperinflation kommt oder nicht!).
- Bedingt Geld sind auch Lebensversicherungen, nämlich in dem Maße, wie diese in liquiden Werten investiert sind. Der Anteil, der in Immobilien, Aktien, etc. ist wie oben geschrieben definitiv kein Geld. Anleihen sind wie oben beschrieben entweder kein Geld, oder eben Geld, wenn eine Monetarisierung erfolgt.
- Definitiv kein Geld sind alle Derivate, Futures etc. Diese bestehen in der Regel aus Position und Gegenposition (zumindest beim Future) und werden auch nie und nimmer monetarisiert werden. Deshalb kann aus dieser Ecke auch keine Inflation kommen, ein Derivatencrash ist in ausschließlich deflationär.
2. Was passiert bei einem Bankrun?
Einen Bankrun definiere ich hier einmal als ein breitflächiges Abheben aller Guthaben M1 als Bargeld (==> M0) sowie auch einen Abverkauf von Lebensversicherungen, Fonds (haben wir oben vergessen), Anleihen, usw. Diese beiden Dinge müssen zusammenkommen, um eine wirkliche Systemkrise auszulösen.
Im Falle eines Bankruns, der nur aus Abhebungen bestünde, würde kurzerhand ein staatlich festgesetztes Auszahlungslimit erlassen werden und die Differenz zwischen M0 und M1, später auch M3, kurzerhand aufgefüllt, um die Guthaben zu gewährleisten. Einen unkontrollieren Massenkollaps von Banken wird keiner zulassen, da bin ich mir sicher. Das Inflationspotential, wenn wir gleiche Umlaufgeschwindigkeit unterstellen, beschränkt sich somit auf die Differenz von M0 zu M3, wahrscheinlich sogar weniger ==> eine Hyperinflation ist durch Bankrun allein völlig ausgeschlossen! In der Praxis würden die Abhebungen sogar eher gehortet, am Anfang, und somit die Umlaufgeschwindigkeit sinken, was wiederum deflationär wirken würde. Man sollte auch noch anmerken, dass bei einem Auszahlungslimit Überweisungen zwischen Banken voraussichtlich unberührt bleiben, z. B. Abbuchungsaufräge für Strom, Miete, etc. Somit hält sich der Schaden in Grenzen.
Interessanter wird es, wenn breitflächig versucht wird, Lebensversicherungen, Staatsanleihen und auch Derivate abzustoßen und diese direkt in M1 und M0 zu überführen.
- Bei den Derivaten ist die Sache klar: der Emittent geht pleite (bzw. in Staatsverwaltung), die Derivate werden wertlos erklärt ==> hier ist die Zeitfrage entscheidend, die ersten werden sicher noch rauskommen, der Rest wird Totalverlust erleiden. Eine Monetarisierung von Derivaten ist für mich nicht vorstellbar.
- Bei Lebensversicherungen würde eine Abverkaufswelle zu drastisch sinkenden Ausschüttungen führen. In letzter Instanz, wenn theoretisch alle Guthaben der Versicherungen verkauft werden um welchen Preis auch immer, hat auch nur ein Aktivatausch stattgefunden: von der Versicherung zu dem letzten Endes Aufkaufenden. Somit viel mehr deflationäres als Inflationäres Potential.
- Unternehmensanleihen: Im Ernstfall keine Liquidität, keine Kursfeststellung. Bankrottrisiko des Schuldners.
- Bleiben die Staatsanleihen: Hier wird sich in letzter Instanz die Frage Deflation - Hyperinflation entscheiden. In der ersten Phase einer Krise werden die Anleihen als sicherer Hafen profitieren. Aber was passiert bei einem Abverkauf? Ohne staatlichen Eingriff würden die Kurse zusammenbrechen und die Zinsen explodieren ==> Staatsbankrott. Bei einer unbegrenzten Monetarisierung in M0 und M1 (Banken bleiben offen) trifft eine riesige Geldmenge auf eine begrenzte Gütermenge ==> Crack-Up-Boom und Hyperinflation unvermeidlich
3. Fazit und Wertung:
Wie wir oben gesehen haben, kann eine Systemkrise zwar verschieden Facetten annehmen, letzten Endes entscheidend ist ausschließlich allein die Frage der Staatsanleihen, mehr nicht.
Gold als Anlageform hat auch nur 2 Punkte, die zu einem starken (relativen) Preisanstieg führen können:
- als sicherer Hafen im Falle eines Abverkaufs der anderen Asset-Kategorien: Es entsteht eine neue Blase bwz. in einer Deflation verliert alles andere wesentlich mehr.
- Als Profiteur des Crack-Up-Booms in der Hyperinflation: es wird alles gekauft, was halbwegs einen inneren Wert aufweist.
In Summe bleiben bei dieser analytischen Betrachtung nur wenige Handlungsempfehlungen in Hinblick auf Bankrun übrig:
- Verkauf aller Derivate zur Vermeidung von Totalverlust
- Verkauf aller Lebensversicherungen, fremdvermieteter Immobilien (vor allem Fonds und Anteile an großen Einheiten, z. B. ETW in Großwohnanlage) und Aktien zur Vermeidung von starken Wertverlusten.
- Verkauf von Staatsanleihen und Unternehmensanleihen aller Art
- Tilgung aller Schulden, auch Vorfälligkeitstilgung
- Kauf von Gütern mit intrinsischem Wert: Grund und Boden, Edelmetall, Geräte, selbstgenutzte Immobilie
- Sicherung einer Barreserve, um kurzzeitige Auszahlungsstops überbrücken zu können. Der Bedarf von 2 Monaten für Lebensmittel und Treibstoff reicht aus.
"Eine Großabhebung von Bankguthaben ohne weitere Aktionen ist schlichtweg Unsinn und bringt dem Abhebenden keine Vorteile, sondern trägt nur zu einer Eskalation der Krise bei. "
Anmerkungen und Diskussion?