T-Mobile USA lädt Nutzer mit IPv6-fähigen Mobiltelefonen zum IPv6-Test ein. Etwas verschämt in einer Google Group versteckt – und nicht etwa auf der offiziellen T-Mobile USA-Seite – findet sich der Aufruf an technikaffine und "abenteuerlustige" Nutzer, den IPv6-Betaservice zu nutzen. Das Unternehmen sei sich des Problems der zur Neige gehenden IPv4-Adressressourcen sehr bewusst, schreibt Cameron Byrne von T-Mobile USA zur Motivation des Betatests. Spätestens in fünf Jahren sei das Ende der Fahnenstange trotz Network Address Translation (NAT) und dedizierter privater IPv4-Adressen erreicht. Bereits im kommenden Jahr wird die Internet Assigned Numbers Authority (IANA) die letzten freien IPv4-Adressen an die regionalen Adressverwalter ausgeben.
Via Google Group gibt T-Mobile nun Kunden in den USA Tipps, wie sie die wenigen aktuell IPv6-fähigen Mobiltelefone so konfigurieren können, dass sie sich über IPv6 verbinden. Aus den Roaming-Netzen geht das freilich nicht. Die Geräteauswahl ist ziemlich überschaubar, möglich sei die Nutzung des Dienstes mit den beiden Nokia-Smartphones 5230 und E73. Das N900 erlaube ebenfalls einen ersten Test, sei aber "weniger IPv6-reif". Erste Diskussionen auf der Seite ergaben, dass mit Android ausgestattete Geräte mit Qualcomm-Chip IPv6 noch nicht unterstützen, anders sehe es aber wohl bei Android-Smartphones aus, die Chips anderer Hersteller verwenden. T-Mobile USA veröffentliche IPv6-Anforderung für die nächsten Geräte- und Chipgenerationen, heißt es, aber es werde noch dauern, bevor die notwendigen Standards in allen Geräten implementiert seien.
Abstriche müssen die IPv6-Pioniere unter den Nutzern aktuell auch noch bei den Inhalten und Diensten machen. Auf eine Reihe von T-Mobile-Diensten müssen die Beta-Nutzer verzichten. Visual Voice Mail, MyAccount, MMS, Web2go, Content Control oder das Network Address Book setzen weiterhin IPv4 voraus. E-Mail und Web funktionieren aber laut den T-Mobile-Experten gut. Eine Reihe von Anbietern im Netz haben zudem bereits nachgerüstet und sind wie T-Mobile selbst (ipv6.t-mobile.com) über IPv6 erreichbar. Dazu gehören etwa Google, Facebook und Comcast.
Ohne den Brückenschlag durch die Protokolle NAT 64 und DNS64, die die Verbindung aus dem IPv6-Netz zu klassischen IPv4-Inhalten schaffen, sähe die neue Internetwelt aber noch bescheiden aus. Aus Sicht des Beta-Testteams erlauben die beiden von der Internet Engineering Task Force (IETF) verabschiedeten Standards den langsamen Übergang auf IPv6. Sobald ein Angebot in IPv6 vorhanden sei, entfalle schlicht die Notwendigkeit zur Übersetzung. Für den eigenen Dienst stuft T-Mobile demgegenüber ein Dual-Stack-(IPv4/IPv6-)Netz als nicht sinnvoll ein, weil die dafür notwendigen IPv4-Adressressourcen schon zu knapp seien. Zudem verursache ein Dual-Stack-Netz grundsätzliche höhere Kosten, da ein paralleler Netzbetrieb erforderlich werde.
Inwieweit der Beta-Test in den USA die Entwicklung in anderen Ländern beflügelt, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Weder T-Online USA noch die hiesige Firmenzentrale standen kurzfristig für eine Stellungnahme gegenüber heise online zur Verfügung. Die Zahl der Kunden im deutschen (39 Millionen, 2009) und im US-Markt (33 Millionen, 2009) ist annähernd vergleichbar. Möglicherweise stehen hierzulande aber bisher noch größere IPv4-Adressreserven parat, die Experimente mit IPv6 verzichtbar erscheinen lassen.