Pressemitteilung von heute (21.06.21):
"Charité prüft neuen Therapieansatz in klinischer Studie"
"Die Verbindung mit dem größten antiviralen Effekt war das Bandwurmmittel Niclosamid, das sich in einer früheren Studie des Forschungsteams bereits als wirksam gegen das MERS-Coronavirus gezeigt hatte: Es senkte die Produktion infektiöser SARS-CoV-2-Partikel um mehr als 99 Prozent. „Niclosamid hat in unseren Zellkultur-Untersuchungen den stärksten Effekt gezeigt und ist außerdem ein seit Jahren für Bandwurm-Infektionen zugelassenes Medikament, das bei potenziell wirksamen Dosierungen gut verträglich ist“, sagt Privatdozent Dr. Müller. „Wir halten es für den vielversprechendsten der vier neuen Wirkstoffkandidaten. Deshalb prüfen wir an der Charité jetzt im Rahmen einer klinischen Studie, ob Niclosamid auch bei COVID-19-Betroffenen positive Effekte erzielen kann. Über diese Entwicklung freue ich mich sehr, denn sie zeigt, wie schnell Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung Patientinnen und Patienten erreichen können, wenn Forschung und Krankenversorgung eng verzahnt sind und effizient zusammenarbeiten.“
Die Phase-II-Studie mit dem Titel „NICCAM“ wird geleitet von Prof. Dr. Martin Witzenrath, Stellvertretender Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité. In der Studie wird untersucht, ob Niclosamid in Kombination mit dem ebenfalls zugelassenen Medikament Camostat bei Patientinnen und Patienten mit kürzlich (vor wenigen Tagen) diagnostiziertem COVID-19 sicher anwendbar, verträglich und wirksam ist. Für die Studie werden Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht. Interessierte können sich unter Tel. +49 30 450 539 210 bzw. patienten@charite-research.org bei der Charité Research Organisation über die Studie informieren."
Und nun ein Artikel vom 07.05.2020:
"Niclosamid und Spermidin
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"Nun hat das Forscherteam um Dr. Nils C. Gassen von der Universität Bonn nachgelegt. Auf einem Preprint-Server veröffentlichte es Daten zum aktuellen Coronavirus SARS-CoV-2. Auch der mittlerweile allseits bekannte Virologe Professor Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité ist Mitautor der Publikation. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass die Autophagie auch in SARS-CoV-2-infizierten Zellen herunterreguliert ist.
Die Forscher nennen zwei Mechanismen, mit denen das Virus dies erreicht. Zum einen sorgt es dafür, dass das Enzym Spermidin-Synthase gehemmt wird und damit weniger der körpereigenen Autophagie-induzierenden Substanz Spermidin vorhanden ist. Zum anderen kommt es zur virusinduzierten Proteinkinase-B-abhängigen Aktivierung des Enzyms S-Phase-Kinase-assoziiertes Protein 2 (SKP2), was letztlich zu weniger Beclin-1, einem wichtigen Protein für die Autophagie-Initiierung, führt. Klingt kompliziert und ist es auch.
Letztlich lassen sich aus diesen Wirkmechanismen aber mögliche Therapieoptionen gegen das neue Coronavirus ableiten: erstens Spermidin von außen zuführen, zweitens einen Proteinkniase-B-Hemmer verabreichen und drittens einen SKP2-Hemmer geben. Alle drei Varianten haben Gassen und Kollegen in Versuchen mit Nierenzellen von Meerkatzen ausgetestet. Sie infizierten die Zellen zunächst mit SARS-CoV-2 und gaben dann Spermidin, den Proteinkinase-B-Hemmer MK-2206 (noch nicht zugelassen und als Krebsmittel geplant) oder als SKP2-Hemmer das seit Jahrzehnten bekannte Bandwurmmittel Niclosamid hinzu – mit Erfolg. Die Virusvermehrung ließ sich um 85, 88 und mehr als 99 Prozent reduzieren.
In einem weiteren Versuch behandelten sie die Zellen zunächst mit Spermidin oder Niclosamid und infizierten sie nach 24 Stunden mit dem neuen Coronavirus. Auch dies war erfolgreich. Das Viruswachstum wurde in beiden Fällen um 70 Prozent reduziert."
Operation Slow-Speed läuft, oder besser, schläft.