Herbst-Blatt Nr.24, September 2001
Sieben - eine perfekte Zahl
Wer kennt sie nicht, die Märchen der Gebrüder Grimm: Siebenmeilenstiefel - die märchenhaften Stiefel, deren Träger bei jedem Schritt sieben Meilen zurücklegt - der Wolf und die sieben Geißlein, Schneewittchen hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen, das tapfere Schneiderlein, das Sieben auf einen Streich erlegt. Die Reihe könnte endlos fortgeführt werden. Immer wieder taucht in den Grimmschen Märchen die Siebenzahl auf, und das ist kein Zufall.
Seit Jahrtausenden ist die Sieben ein Symbol für Glück und Vollkommenheit. Jacob und Wilhelm Grimm waren Sprachforscher und Märchensammler. Sie trugen die aus dem Volksmund geschöpften Kinder- und Hausmärchen, die alte Überlieferungen aus Legende und Volksglauben sind, zusammen. Märchen lassen ahnen, wie vielfältig und wie eng der Aberglaube mit dem Leben des Alltags verbunden ist.
In fast allen Kulturkreisen besitzt die Sieben einen hohen Stellenwert. Geheime Informationen und esotherische Botschaften sind in symbolische Formen verschlüsselt.
Um das zu verstehen, müssen wir weit zurückblicken, denn die Wurzeln der Zahlen-Mystik liegen in der Vergangenheit, genauer gesagt, in der Keilschrift. Das Zeichen der Summe sieben wird als Dreier- plus Vierergruppe dargestellt. Vieles spricht dafür, daß diese Gruppierung mit den drei Mondphasen und den vier Himmelsrichtungen zusammenhängt.
Im Zweistromland beschäftigten sich Sumerer und Babyloner mit der Himmelskunde. Sorgfältig wurden Himmelserscheinungen, Mond- und Planetenlauf beobachtet und aufgezeichnet. Wir begegnen der Sterndeutung und astrologischem Wissen. Mit dem strahlenden Gestirn identifizierten sie ihre Gottheiten. Planeten ordneten sie nach dem System der Sieben. Sonne, Mond und Venus stehen für die Dreier-Lichter-gruppe, die Vierergruppe bilden Merkur, Mars, Jupiter und Saturn. Ihren verstorbenen Königen zu Ehren benannten sie die Tage nach den Planeten.
Der Aufbau des Kalenders war in ein Mondjahr gebunden. In einer Zahlenspielerei ergeben die Zahlen von 1 bis 7 addiert 28. In 28 Tagen durchläuft der Mond vier Phasen bis er in seine Ausgangsstellung zurück gekehrt ist. Ein "Mond" waren 28 Tage, abgeleitet davon ist unser heutiger Monat.
Die tiefe Bedeutung der Zahl sieben leitet sich aus Religion und Mystik ab. Das Göttliche, die Dreifaltigkeitszahl III, vereinigt sich mit der Weltzahl IV - 4 Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde, - 4 Himmelsrichtungen - und ergibt ein Ganzes, das Vollkommene.
Die Moslems wiederholen viele Gebete siebenmal, und auch im Buddhismus kehrt die Siebenzahl wieder. Das Laubhüttenfest der Juden dauert sieben Tage.
Im Christen- und Judentum bietet die Sieben eine religiöse Grundlage.
Die Juden übernahmen die Sieben-Tage-Woche, hinzu kam das Hal- oder Jubeljahr 49 - sieben mal sieben.
Der Talmud nennt den siebten Himmel als den Ort der größten erreichbaren Glückseligkeit. Er ist der höchste der sieben Himmel. Eine Anschauung der Babylonier, die sich ursprünglich die Himmel übereinander gewölbt vorstellten, wurde im Judentum übernommen: im siebten Himmel sein.
Sieben Stufen führen zum Salomonischen Tempel, wo die Menora steht, der siebenarmige Leuchter, der für die Juden voller Symbolik steckt.
Auch die Bibel ist eine wahre Fundgrube der Zahlen-Symbolik. Die Sieben ist dabei die wichtigste Zahl. Unzählige Male wird sie im Neuen und Alten Testament erwähnt:
Am siebten Tage ruhte Gott nach sechstägiger Schöpfung. Sieben Tage bleibt die Taube Noahs aus. (1.Mose)
Der Pharao schaut im Traum sieben fette und sieben magere Kühe und sieben dicke und sieben dünne Ähren, diese Zahlen kündigen sieben gute und sieben schlechte Jahre an. (1.Mose 41,1-7 ; 17 - 27)
Die Mauern von Jericho fielen nicht durch einen Krieg, sondern das Prinzip der Sieben ließ die Mauern in sich zusammenstürzen. (Josua 6)
Das Buch mit den sieben Siegeln. (Offenb.5,1)
Überhaupt gehört die Sieben in der Offenbarung des Johannes zu den meist genannten Zahlen.
Sieben Sakramente kennt die katholische Kirche: Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung, Ehe und Priesterweihe.
Wir sprechen von den sieben Todsünden (Stolz, Geiz, Neid, Unkeuschheit, Zorn, Unmäßigkeit und Trägheit) und von den sieben Tugenden: Glaube Liebe, Hoffnung, die drei theologischen Tugenden, und die vier Kardinaltugenden Klugheit, Mäßigkeit, Starkmut und Gerechtigkeit.
Sieben Aussagen im Vaterunser bringen die Drei- und Vierheit besonders zum Ausdruck. Die ersten drei Bitten beziehen sich auf die Ewigkeit, die vier folgenden Bitten sprechen für den irdischen Teil.
Infolge dieser religiösen Wertschätzung hat die Sieben im Aberglauben eine wichtige Funktion. Wie im Märchen, so finden wir auch in Sagen und Legenden den Bezug auf die Sieben. Eine Legende erzählt von den Sieben Schläfern und meint die sieben Brüder, die Kaiser Decius dienten, bei der Christenverfolgung im Jahre 251 aber wegen ihres Glaubens von ihm verfolgt wurden. Vor ihren Häschern verbargen sie sich in einer Höhle bei Ephesos. Dort schliefen sie ein und erwachten erst fast 200 Jahre später.
Rom, die heilige Stadt, wurde auf sieben Hügel gebaut und die sieben Weisen aus der Frühzeit der griechischen Philosophie waren Gelehrte, zumeist Staatsmänner, auf die kurze Sprüche praktischer Lebensweisheiten zurückgeführt wurden.
Noch heute leuchten die Plejaden, auch Sieben-Gestirn genannt, am Himmel. Es sind die sieben Töchter des Atlas, die nach griechischer Sage lange vom Jäger Orion verfolgt und dann von Zeus als Sternbild an den Himmel gesetzt wurden. Die sieben Weltwunder der Antike zeugten, der Überlieferung nach, im Altertum von menschlicher Schöpfungskraft.
Es sind:
die ägyptischen Pyramiden
die hängenden Gärten der Semiramis in Babylon
der Tempel der Artemis in Ephesos
die Zeusstatue des Phidias in Olympia
das Mausoleum in Halikarnassos
der Koloß von Rhodos
der Leuchtturm von Alexandria auf Pharos.
Auch in mittelalterlichen Schriften finden wir Hinweise auf die Zusammensetzung der Sieben. Dort bezieht sich die Vier auf die vier Elemente und meint den Leib des Menschen, während die Drei die drei Seelenkräfte Gefühl, Geist und Seele repräsentiert.
Heute leben wir im Zeitalter der Aufklärung, der Atome und Computer. Für die Sieben kennen wir das römische Zahlenzeichen VII, oder schreiben einfach "7". Trotzdem, etwas Aberglaube ist noch in uns geblieben. Oder ist es doch die Magie der wunderbaren Kräfte, die in der Natur wirksam sind?
Fragend schauen wir am 27. Juni zum Himmel, denn die alte Wetterregel kennen wir noch alle: regnet es an Siebenschläfer, so ist für die nächsten sieben Wochen Regen angesagt.
Und dann wären da noch die sieben Sachen des Mannes: Sex und Zigaretten
Sybille jammert über sieben Jahre Pech, die dem zerbrochenen Spiegel folgen würden, Klaus schwebt nach dem verflixten siebten Jahr noch immer auf Wolke sieben im siebten Himmel und Peter Maffay geht über sieben Brücken.
Um wieder zu den Brüdern Grimm zurückzukehren: beide gehörten zu den Göttinger Sieben, jener Gruppe von Professoren, die 1837 gegen die Abschaffung der Hannoverischen Verfassung stimmte.
Gisela Lehmann
Quelle: Lexikon der Numerologie und Zahlenmystik
Meine Quelle: http://www.unna.de/herbstblatt/hb24/hb24_10.html