Mal offen gesprochen: Von "klassischer Deflation" hast Du keine Ahnung?
Sei entschuldigt: Die Sache ist ziemlich komplex und überfordert viele.
Um es so einfach wie möglich zu formulieren fangen wir von der anderen Seite an, der Inflation:
Inflation entsteht, wenn die monetäre Kaufkraft innerhalb eines Währungsraums stärker steigt als das reale Angebot an Gütern und Assets auf sie trifft.
Die monetäre Kaufkraft wiederum ergibt sich aus der umlaufenden Geldmenge multipliziert mit Geldumlaufgeschwindigkeit.
So komplex das Ganze ist, eine einfache Wahrheit kann man auch jenseits von Simbabwe im Hinterkopf behalten.
Mein Problem ist, daß ich viele einfache ökonomische Wahrheiten nicht verstehe, vermutllch weil ich dafür zu blöd bin. Könnte mir vielleicht mal jemand erklären, was die 'Geldumlaufgeschwindigkeit' ist?
'Geschwindigkeit ist üblicherweise eine Kennzahl für Veränderungen von irgendwas ('X') in der Zeit. Im Alltag ist X z.B. eine Wegstrecke. 1m/1sec.ist eine Geschwindigkeit (ungefähr Gehgeschwindigkeit) , 2m/1sec. oder 1m/0.5sec. wäre die doppelte Geschwindigkeit. Daß man 'Geschwindigkeit' auch (vornehmer) als Differentialquotient definieren kann,überlassen wir den Mathematikern und konzentrieren uns darauf, daß man bei Kenntnis der Geschwindigkeit aus der Zeit die Wegstrecke oder aus der Wegstrecke die Zeit ausrechnen kann. Nämlich über die Beziehung:
Weg=Geschwindigkeit*Zeit
Mit den im Physikunterricht gewöhnlich verwendeten Formelzeichen:
s=v*t
Mein Problem ist, daß ich zur 'Geldumlaufgeschwindigkeit' nicht das 'X' (das Gegenstück zur Wegstrecke) finden kann, obwohl dasselbe in anderen Zusammenhängen gut klappt. Z.B. verstehe ich, was in der Chemie eine Reaktionsgeschwindigkeit oder bei einem Feuer die Abbrandgeschwindigkeit ist. MIttels v'=1Liter(Benzin)/sec. kann ich die verbrauchte Menge (Benzin) Q über v' wieder in eine zum obigen Beispiel analoge Beziehung zur Zeit setzen .
Q=v'*t
Ich weiß sogar, warum ich diese Formeln verstehe. Damit eine solche Formel überhaupt Sinn macht, muß die linke Seite nämlich dieselbe Einheit besitzen wie die rechte. Das prüfen wir für beide Fälle nach:
Meter=(Meter/sec.)*sec
Meter=Meter
Liter=(Liter/sec)*Liter
Liter=Liter
Stimmt also in beiden Fällen. Das heißt noch nicht, daß die Formel.inhaltlich(!) sinnvoll sein muß. Die zweite wäre z.B. sinnlos für Wasserfeuer, weil Wasser gar nicht brennt. Aber das Aufgehen der Gleichung für die Einheiten ist eine notwendige Bedingung dafür daß eine solche Formel überhaupt Sinn machen kann(!). Genau an dieser Stelle liegt das Problem mit der Öko-Formel zur Inflation und 'Umlaufgeschwindigkeit des Geldes', ab jetzt bezeichnet als V. Oben stand:
"Die monetäre Kaufkraft wiederum ergibt sich aus der umlaufenden Geldmenge multipliziert mit Geldumlaufgeschwindigkeit"
umgesetzt in eine Formel:
monetäre Kaufkraft=V*Geldmenge
V muß die Form X/t haben, wobei X für das noch gesuchte Ding steht, das sich in der Zeit ändert. Kaufkraft ist wie Geldmenge in Währung anzugeben (ich nehme EUR) und dann lautet die Gleichung für die Einheiten:
EUR=(EinheitX/sec)*EUR
Nach Kürzen von 'EUR':
1=EinheitX/sec
Die Einheit von X ist also die Sekunde und X daher die Zeit. V muß eine Kennzahl dafür sein, wie sich der Zeitablauf mit der Zeit ändert. Das kommt mir so sinnvoll vor wie der Rest der ökonomischen Wissenschaft. Die Untersuchung der Veränderung der Zeit mit der Zeit gehört m.E. aber eher in das Unterfach 'Krumme Philosophie und verbogene Logik' als unter die 'Erklärungen für Inflation'..
Auch rein sachlich sehe ich den Zusammenhang mit 'Inflation' nicht. Nehmen wir an, A habe 24000EUR unterm Kopfkissen und B habe 1000 Unzen Silber. B fürchtet, daß Silber weiter fällt, aber A sieht auf dem jetzigen Niveau den Boden erreicht. A und B treffen sich und A kauft dem B für 24EUR/Unze das Silber ab. Beide gehen nach Hause und hören unterwegs die neuesten Nachrichten über Griechenland. Jetzt sieht B den Boden erreicht, während A einen weiteren Fall befürchtet. Beide machen auf dem Absatz kehrt, treffen sich wieder und B kauft für 24EUR/Unze das Silber zurück. Kaum ist der Handel abgeschlossen, kommen neue Nachrichten rein und....(etc. etc.) Warum soll von solchen Vorgängen und insbes. der Häufigkeit ihrer Wiederholung eine allgemeine Preissteigerung ausgehen?
Gruß
Klaus_H.