Überlegung zur Umstellung von Privat- Firmenkonten und Krediten bei einer Währungsreform

  • Derzeit glaube ich nicht an eine Währungsreform mit „Haircut“ bzw. großen Haircut, trotzdem bin ich mal der Frage nachgegangen, was mit Firmen-Konten bei so einer Währungsreform passieren würde.


    Immer wieder wurde die Frage gestellt, ob es ratsam sei, mehr Geld auf Firmenkonten zu lassen, um in die Gunst eines besseren Umtauschsatzes zu kommen.



    Üblicherweise wird eine Währungsreform erst durchgeführt, wenn die Währung komplett zerrüttet ist und eine neue Währung- trotz Haircut – als Befreiungsschlag empfunden wird.


    Bei der Währungsreform 1948 wurden Privatvermögen drastisch abgewertet, Schulden blieben bestehen und wurden weniger abgewertet.
    Das hat einen Grund: Schulden sind wichtig, damit sich die Banken rekapitalisieren können.
    Die Banken brauchen irgendwelche Schuldner, die ihnen in der neuen Währung was erarbeiten.


    Firmen brauchen dagegen Geld, um Löhne bezahlen zu können.


    Bei Währungsreformen wird streng nach dem Prinzip „Cui bono“ verfahren, d.h. anhand der Ausgangslage werden die Gesetze und Umrechnungen so gestrickt, dass es Staat und Banken gut bekommt und Sparer möglichst effektiv enteignet werden.


    Enteignung ist natürlich das falsche Wort. Es besteht ein „Geldüberhang“, der sich nicht mit Werten einlösen lässt. Die Währungsreform ist nur die tatsächliche Anerkennung, dass das Guthaben nur fiktiv war.


    Zur Sache:


    Zur Auswahl stehen als wichtigste Parteien:
    Staat und öffentliche Haushalte
    Privatpersonen
    Firmen
    Banken


    Banken lasse ich mal außen vor. Und dass sich der Staat bei einer Währungsreform seiner Schulden entledigen wird, steht außer Diskussion.


    Unter Bundesbank.de gibt es öffentlich zugänglich die Statistiken mit den Sparvermögen und Schulden der einzelnen Parteien.



    Hier sind nur Sparvermögen und Kredite augezählt, die die genannten Parteien BEI BANKEN haben. Ein Großteil deutschen Privatvermögen ist aber bei Versicherungen und in Form von Anleihen gebunkert.


    Also:
    Spareinlagen von inländischen Privatpersonen bei Banken
    586 Mrd. €


    Kredite an wirtschaftlich unselbständige und sonstige Privatpersonen
    1.013 Mrd , davon 787 Mrd. Immo-Kredite


    Spareinlagen von inländischen Unternehmen bei Banken insgesamt
    Spareinlagen von Nichtbanken (Nicht-MFIs) insgesamt
    6,2 Mrd


    Kredite an Unternehmen und Selbständige insgesamt
    1.320 Mrd


    Kredite an Nichtbanken (Nicht-MFIs), insgesamt
    Eigenschaften
    3.992 Mrd


    Ein Viertel aller inländischen Kredite gehen an Privatpersonen, ein Viertel an Firmen.
    Der Löwenanteil der Privatkredite sind Immo-Kredite.


    Nun kommt es also darauf an, Regeln zu erfinden, die den Banken die größtmögliche Rekapitalisierung ermöglichen, Firmen halbwegs schonen und den Staat entschulden.


    Als erstes fällt bei den Firmen das extreme Verhältnis zwischen Spareinlagen und Schulden auf: 6,2 Mrd an Spareinlagen stehen 1320 mrd an Schulden gegenüber.
    Alleine das Baugewerbe hat bei Banken 64 Mrd euro schulden.


    D.h.: Hier macht es Sinn, den Firmen ein Umtauschverhältnis von 1:1 zu gönnen:
    Die 6 Mrd euro guthaben sind locker wegzustecken.
    Und man kann den Firmen dafür über 1000 Mrd euro in der neuen Währung als Hypothek mitgeben, um die Banken zu rekapitalisieren.
    Von daher ist es sehr wahscheinlich, dass reinrassige Firmenkonten 1:1 oder ähnlich die eine Währungsreform kommen.


    Bei den privaten Spareinlagen ist was zu holen: hier stehen über 600 Mrd an Guthaben aber 1320 Mrd an Schulden gegenüber, die zum größten Teil in Immo-Krediten gebunden sind.


    Hier würde es Sinn machen, einen Mechanismus einzubauen:
    z.B. einen Freibetrag 1:1 für alles bis 20.000€
    Alles was über dem Freibetrag ist, wird abgewertet oder eingefroren.
    In gleicher Weise könnte man mit den Schulden verfahren: alle Schulden bis 20.000€ werden 1:1 umgetauscht, alles darüber wird abgewertet.
    Außer bei besicherten Schulden: bei besicherten Schulden hat der Gläubiger, also die Bank,
    die Möglichkeit zwischen einer Umwandlung der Schulden oder der Inzahlungnahme der Sicherheit zu optieren.


    So eine Regelung, die besicherte und unbesicherte Schulden unterscheidet würde in den meisten Fällen dazu führen, dass die Bank zugunsten der Immobilie optiert.
    Und dann mit dem Schuldner einen neuen Kredit in der neuen Währung aushandelt, der sich am Preis der Immobilie in der neuen Währung orientiert.


    Der Schuldner kann sich natürlich aus dem Kredit befreien, d.h. der Bank die Immobilie überlassen und mit den gehair-cutteten Schulden vorlieb nehmen, aber viele wollen natürlich ihre Immobilie behalten.



    Da die meisten unbesicherten Kredite unterhalb von 20.000€ sind und die meisten besicherten Kredite oberhalb von 20.000€ würde eine solche Regelung dazu führen, dass die deutschen Banken mit vielen Forderungen in der neuen Währung starten können.


    Soweit mit echten Bankguthaben und echten Bankkrediten.


    Anders dürfte mit Anleihen verfahren werden, denn der größte Herausgeber von Anleihen ist der Staat, zweitgrößter sind Firmen. Privatpersonen geben keine Anleihen heraus.


    Von daher würde es hier Sinn machen, irgendeinen Grund zu erfinden, warum Anleihen anders behandelt werden als Kredite.
    Vielleicht, weil sie unbesichert sind?
    Das würde Sinn machen: Anleihen werden wie unbesicherte Kredite behandelt, d.h. sowohl private, als auch staatliche unbesicherte Schulden oberhalb von 20.000 € werden gehaircuttet, d.h mit Abschlag umgerechnet.



    Private Schuldner, die unbesicherte Kredite über mehrere Millionen haben , dürften sich also möglicherweise freuen.



    Das alles ist natürlich nur eine Gedankenspielerei.
    Anhand der Guthaben und Schulden habe ich ausprobiert, welche Regelungen bei einer Währungsreform aus staatlicher Sicht sinn machen würden.


    Eine entscheidende Schlussfolgerung ist wohl, dass echte Firmen, echte Kapitalgesellschaften wahrscheinlich bei Guthaben und Krediten ohne Haircut umgestellt werden. Von daher macht es wohl Sinn, im Angesicht möglicher Währungsreformen, auf dem Firmenkonto mehr Geld als nötig zu lassen.

  • Wow, Dr. Meyer, das hat mir jetzt imponiert.
    Von dieser Seite habe ich das ganze noch nicht betrachtet.
    Danke für die Analyse und Schlussfolgerung.

    Wenn man mir schon nicht das Wasser reichen kann, dann reicht mir wenigstens den Wein.

    Einmal editiert, zuletzt von hegele ()

  • Mensch Meyer,


    schliesse mich mit Lobpreisungen dem hegele an. Aber, ähem..., steh ich auf dem Schlauch oder Du?

    Wer eine Kapitalgesellschaft hat, die keine Schulden, aber Guthaben hat, der würde bei einer klassischen Währungsreform mit Haircut besser gestellt sein.

    Wenn eine Gesellschaft keine Schulden hat und das Guthaben 1:1 umgestellt wird, dann steht diese schlechter da, als wenn ein Schnitt erfolgen würde?

  • Ich bin beeindruckt, das ist einer der besten Beiträge dieich hier jemals gelesen habe. Wenns einen Verbeug mich Smile hier geben würde dann würdest Ihn bekommen Dr.Meyer,somusst haltmit den hier Vorlieb nehmen [smilie_blume]

    "Demokratie ist, wenn zwei Wölfe und ein Schaf entscheiden, was es zu Essen gibt" (Thomas Jefferson)

  • Zitat


    Wenn eine Gesellschaft keine Schulden hat und das Guthaben 1:1 umgestellt wird, dann steht diese schlechter da, als wenn ein Schnitt erfolgen würde?


    nein!


    die kapitalgesellschaft, die NUR guthaben hat, kann das guthaben möglicherweise 1:1 hinüberretten.


    wie gesagt, "überlegungen". aber es lohnt sich, sie anzustellen.

    "What we in the Western world are about to learn is that there is no such thing as a Keynesian free lunch."

  • Leute, die klassische Sparguthaben besitzen, sind voll angeschmiert, ich denke soweit besteht hier Konsens.
    Was passiert aber mit Aktien-Depots bei Privatanlegern? Ich kann mir gut vorstellen, daß man diese Klientel nicht ungeschoren davon kommen läßt. Schon im Zuge der "Gerechtigkeit" gegenüber den klassischen Sparern. Vielleicht zieht der Staat einfach 30 % der Aktien ein, oder es gibt irgendeine Form der Zwangsbeleihung - wie auch immer die aussehen mag. Habt ihr Ideen dazu? ?)

    "Die Goldanleger müssen immer wieder bestraft werden, denn wenn diese Inflationsspekulanten überhand nehmen sollten, wäre das ganze System vom Zusammenbruch bedroht." André Kostolany


    Gerechtigkeit ohne Barmherzigkeit ist Grausamkeit; Barmherzigkeit ohne Gerechtigkeit bedeutet Auflösung. Thomas von Aquin

  • Leute, die klassische Sparguthaben besitzen, sind voll angeschmiert, ich denke soweit besteht hier Konsens.
    Was passiert aber mit Aktien-Depots bei Privatanlegern? Ich kann mir gut vorstellen, daß man diese Klientel nicht ungeschoren davon kommen läßt. Schon im Zuge der "Gerechtigkeit" gegenüber den klassischen Sparern. Vielleicht zieht der Staat einfach 30 % der Aktien ein, oder es gibt irgendeine Form der Zwangsbeleihung - wie auch immer die aussehen mag. Habt ihr Ideen dazu? ?)


    Schwierig. Wie willst du in ein bei einer ausländischen (Nicht-EU) Bank gehaltenes Aktiendepot eingreifen? Schon die Trennung nach aus- und inländischen Eigentümern macht da Schwierigkeiten. Und soll ein EU-Österreicher (EURO-Land) belastet werden, ein EU-Ungar (nicht-EURO-Land) aber nicht? Und was macht man, wenn der Österreicher sein Depot vor dem Stichtag auf seinen Cousin in Ungarn überträgt (im Tausch gegen ein Haus in Kroatien)?


    Den allgemeinen Aktienschnitt könnte eine Weltregierung durchführen, nicht aber die EU oder gar eine nationale Regierung. Eine Regierung für 'Euroland' gibts noch nicht mal.


    Was eher denkbar wäre: eine allgemeine einmalige Vermögensabgabe auf alle Vermögen (edit: Privatvermögen!). Das wäre im Sinne des BVerfG 'gerecht'. Wenn man systemnotwendige Vermögen (ab 10 Mio., die von FDP-Spendern usw....) per klar formuliertem Gesetz ausnimmt, wäre es sogar gerichtsfest 'sachgemäß'. Wo versteckt man dann vorher seine Goldbarren sicher vor Metalldetektoren? Im Motor von einem Schrottauto?


    grübelt
    Klaus_H.

  • die frage, die sich bezüglich der goldbarren wohl eher stellt ist: wo und wie tauscht man sie um, wenn sie nicht "offiziell" registriert sind? oder sollen sich die nachkommen mit den "fundstücken" im acker beschäftigen? die bekommen dann wohl eher einen finderlohn. ****schmunzel***** schließlich muß man die welt doch vor den........ shützen :hae:

    "What we in the Western world are about to learn is that there is no such thing as a Keynesian free lunch."

  • Danke Dr. Meyer. Wieder schlüssig spekuliert. Inbesondere die Firmenkonten-Umstellung wäre logisch zur Vermeidung ungezählter Brüche in verschiedensten elementaren Kreisläufen. Für Privat verbleibt wie gehabt Sachwert, bevorzugt anonymes Gold außerhalb jeden Zugriffs dessen Rücktausch zum Zeitpunkt X am Ort X ein Problem wäre, welches Geld"wert"-Sparer wirklich nicht mehr hätten.


    Silverman

  • Ich bin beeindruckt, das ist einer der besten Beiträge dieich hier jemals gelesen habe. Wenns einen Verbeug mich Smile hier geben würde dann würdest Ihn bekommen Dr.Meyer,somusst haltmit den hier Vorlieb nehmen [smilie_blume]

    Vielen Dank für die Blumen!
    Ich hatte die Überlegungen für meine eigene Firma angestellt und es hat keine große Mühe gemacht, sie hier aufzuschreiben.

  • […]

    In Argentinien ging Geld durch eingefrorene Konten verloren, in Russland gab es nach dem Staatsbankrott 1998 einen Bank run.
    In beiden Ländern gab es meines Wissens keine Umverteilungen von Sachanlagen und aktienbesitzern zugunsten von Konto-Inhabern.
    am ehesten könnte man nachsehen, wie es 1948 gemacht wurde: auch da gab es ja Leute, die Aktien und ein Konto in der Schweiz hatten.

  • Hallo Doc,


    wiedermal interesante Gedanken. Nur eine Deiner Grundannahmen ist falsch.
    Die Sache mit den Spareinlagen ist halt so, daß diese Form besonders von Privaten bevorzugt wird, kommt bei Firmen kaum vor ist z.T. auch garnicht zulässig. Die haben eher Sicht- und Termineinlagen als Spareinlagen. Daher hinkt der Vergleich etwas.


    Bessere Zahlen habe ich nicht auf die Schnelle aber wie gesagt Spareinlagen sind die falsche Basis für das Gedankenspiel.


    PS.:
    Ich kann mir eigentlich garnicht vorstellen, daß mit unterschiedlichen Tauschsätzen gearbeitet wird. Als es das schonmal gab war der Gegenpart immer der Staat, z.B. bei den begrenzten 1:1 DDR --> BRD. Aber wie sollten die Bilanzen aufgearbeitet werden, es gibt ja keine staatliche Bank mehr als "Clearingstelle". Da würde m.E. viel zu viel ineinander greifen und endlose Rechenketten auslösen.


    Einfacher wären da sicher Sonderabgaben für "Währungsumstellungsgewinner", vielleicht mit Freibeträgen --> also mal wieder Eichhörnchentaktik am Besten.

  • Hat jemand Ahnung, wie aussländische Aktien- z. B. kanadische, bei einer Währungsumstellung/ --reform abschneiden werden ? Danke.

    bei einer euro-währungsreform passiert nichts. bei einer can-dollar-währungsreform passiert auch nix. vorher eine aktie, nachher immer noch. wie das mit dem nominal aussieht hängt von den details der währungsreform ab.

  • Hat jemand Ahnung, wie aussländische Aktien- z. B. kanadische, bei einer Währungsumstellung/ --reform abschneiden werden ? Danke.

    stimmt nicht ganz: eine aktie, bleibt zwar eine aktie,
    aber da der Kreis der potenziellen Käufer deutlich schwindet, dürfte der Kurs nach der Währungsreform deutlich anders aussehen.


    in den 50er Jahren gab es das Wirtschaftswunder, aber der aktienmarkt darbte.
    Geld wurde für Wurst und Fleisch ausgegeben, nicht für aktien.


    erst als durch Geldvermehrung und Zins sich die Liquidität erhöhte, gab es eine aktienhausse.


    da bei einer Währungsreform die Geldmenge schrumpft, braucht es ca. 10-20 jahre, bis das depot richtig wieder was wert ist.


    im falle von Hyperinflationen halten sich aktien meist recht gut.

  • erstens muss die nächste währungsreform nicht so aussehen, wie die von 1948, beispielsweise muss die nächste währung nicht zwangsläufig eine fiat-währung sein und zweitens würde bei einer identischen währungsreform der blick der anleger zurück auf 1948 sicher auch das verhalten etwas ändern.

  • Dann hat man als Aktionär einer Fleisch- und Wurstwaren AG schöne Dividenden einfahren können.
    Also kann man getrost Aktien von Unternehmen kaufen, deren Produkte nach einem Währungsschnitt auch weiterhin gefragt sind.


    in den 50er Jahren gab es das Wirtschaftswunder, aber der aktienmarkt darbte.
    Geld wurde für Wurst und Fleisch ausgegeben, nicht für aktien.

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