Kommende Vermögenssteuer und Edelmetalle

  • ist eine schwer zu messende Grösse, zumindest wenn man die menschliche Arbeit beurteilen möchte.


    Welche Leistung wird denn gemessen. Die die man für den Auftraggeber bringt, oder die, die man für die Volkswirtschaft leistet. Wenn letzteres, dann welche, die Deutsche oder die Europäische?


    Leistet der Arzt der in seine Praxis 30 Patienten in der Stunde behandelt, mehr als der Arzt der nur 20 Patienten schafft?
    Leistet der Untergeben der den Job macht, mehr als der Vorgesetzte der den Projektplan erstellt und ihm sagt wann er fertig sein muss.
    Leistet der Mauer der schneller arbeitet mehr, als der Maurer der langsamer ist, aber eine bessere Qualität erzeugt?
    Leistet die Altenpflegerin die 30 Patienten in der Nacht betreut, mehr als die mit 20 Patienten?
    Leistet der Abmahnanwalt der 10000 € im monat verdient, mehr als der Anwalt auf der Bürgerbetreungsstelle der Sozialfälle betreut?
    Bringt der Bankberater der im Auftrag der Bundesregierung den deutschen Banken amerikanische Immopapiere empfiehlt eine gute Leistung. Auch noch 2008?


    Veielleicht muss man da noch andere Kriterien betrachten. Wie zum Beispiel die Nachhaltigkeit einer Leistung. Musst die Softwarebranche z.B., schmerzhaft erkennen.
    Oder erwirschaftet jemand nur Geld weil er es frech einem Dümmeren wegnimmt. (Riester, Lebensversicherungen, usw.) Das mag legal sein, aber ist es auch eine Leistung die sich lohnen muss?


    zB. Habe ich überhaupt nichts dagegen, dass beim Zwergenball ein Fussballer ein Millioneneinkommen hat. Denn der Fussballer zwingt mich nicht ihm von meinem Geld etwas abzugeben. (Gut über die GEZ vielleicht, aber das ist marginal). Er wird ziemlich nach Leistung bezahlt, denn niemand ist gezwungen ihn zu finanzieren, sein T-Shirts zu kaufen oder ins Station zu gehen.
    Ähnlich sieht es bei Superstars im Film und Fernsehen aus. Ich muss in kein Pop-Konzert und nicht ins Kino. Theater und Oper sind ein anderer Fall, hier zahle ich über die Umverteilung in D kräftig mit.
    Anders sieht es bei meiner Krankenversicherung aus, die mir zwar einerseits Gutes tut aber andererseits, ohne mit mir zu verhandeln , mich zwingen kann jedes Jahr mehr zu zahlen. Vollautomatisch. Sie steht unter Gildenschutz und kann sich deshalb Ihre Gehälter erpressen.
    Bekommt jemand viel Geld bei geringer Leistung weil er 'Gildenschutz' geniesst. (IHK, GEZ, Schornsteinfeger, ....)?


    Also da wird vieles nicht geleistet bzw schlechte Leistung oft gut bezahlt. Wenn ich an meine Schulzeit denke, bei einem drittel der Lehrer hätte ich mehr lernen können, hätte man sie nach Hause geschickt und mir stattdessen nur ein Lehrbuch gegeben. Und da ist nichts zu machen. Ein berüchtigter Lehrer, wurde noch über Jahre mitgeschleppt bevor man ihn endlich los werden konnte. Was war das für ein Drecksack, sorry. Aber Gymnasiallehrer und fette Rente. Und immer schön nebenbei Nachhilfekurse.

    Delphin
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    "Whee! This investing stuff is easy!"
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  • Vorbemerkung:
    Ich finde es sehr sehr schade, dass der deutsche "Mittelstandsbauch" am abschmelzen ist


    Den Mittelstandsbauch gibt es gar nicht. Ein Mythos. guckst Du hier:

  • Ein chinesisches Sprichwort besagt: wenn für arm und reich das gleiche Gesetz gilt, was für einen Sinn macht es reich zu sein?

    Wenn für arm und reich nicht das gleiche Gesetz gilt, dann lebst Du nicht mehr in einem Rechtsstaat. Dann kannst Du aufhören dir über Eigentum gedanken zu machen, es kann dir eh jederzeit ganz willlkürlich jemand wegnehemn. Auch den Reichen. Ich gebe zu wir entwickeln uns immer mehr in diese Richtung, aber wir sollten darauf drängen, dass wir einen Rechtsstaat haben!

    Delphin
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  • Gold Bob hat es sehr sehr gut gesagt: Steuern sind nicht dazu da Vermögen umzuverteilen! Steuern sollen den "Betrieb des Staates" finanzieren.

    Ja, das mag er schön formuliert haben, aber die Steuern tun derzeit genau das. Sie verteilen um.


    Aber nicht von oben nach unten, sondern von der Mitte nach unten UND nach oben. Das ist Stand heute in D die Realität.

    Delphin
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  • @ Delphin:
    "Wir sind uns einig, dass sich Leistung lohnen soll, wenn Du das aber wirklich willst musst Du auch dafür sorgen, dass sich Nicht-Leistung mehr lohnt als Leistung." :?: Nach Einfügung eines "nicht" sind wir uns einig.
    In der gesamten Diskussion sollten wir Einkommen und Vermögen nicht miteinander vermengen. Dass Politiker und Medien von einer "Reichensteuer" faseln, wenn sie eine "Höchsteinkommensteuer" meinen, sollte uns nicht daran hindern. Dass Vermögen über Kapitalerträge erhebliches Einkommen erzeugt, ist auch klar.
    Ich ignoriere keineswegs die Rolle der obersten 1 %, möchte sie aber gesondert diskutieren.
    "Leistung muss sich lohnen" bezieht sich für mich auf Arbeitslohn - der "Geldadel" ist für fast alle sowieso außerhalb des Erreichbaren. Ein junger Mensch sollte jedoch sehen, dass er mit Leistung (trotz der Unschärfe dieses Begriffs) z.B. von der Gruppe der untersten 20 % in die Gruppe der obersten 30 oder 40 % gelangen kann, denn das ist ein realistisches Aufstiegsziel. Der kritische Hinweis auf die Größtverdiener ist berechtigt, aber auch gesellschaftlich gefährlich, wenn er als Ausrede dafür herhalten muss, dass sich Arbeit sowieso nicht lohne. Aus meiner Sicht gibt es vereinfacht drei Gruppen: am einen Ende die Sozialhilfebedürftigen, am anderen das Top-Prozent und dazwischen die große Mehrheit - und von denen sollten wir mehr als bisher sprechen, denn vor allem sie ist von gewöhnlichen, nicht-revolutionären Änderungen der Steuern und Abgaben betroffen.
    GOLD-BOB

  • @ Delphin:
    "Wir sind uns einig, dass sich Leistung lohnen soll, wenn Du das aber wirklich willst musst Du auch dafür sorgen, dass sich Nicht-Leistung mehr lohnt als Leistung." :?: Nach Einfügung eines "nicht" sind wir uns einig.

    Danke, so war es natürlich auch gedacht. Das "nicht" fehlte. Auch sonst stimme ich Dir zu.

    Delphin
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  • Den Mittelstandsbauch gibt es gar nicht. Ein Mythos. guckst Du hier:


    Da ist wohl schon einiges "abgeschmolzen"? Interessant wäre ein Vergleich mit der Vergangenheit. Was aber vermutlich durch unterschiedliche Erhebungsmethoden problematisch sein dürfte.


    Ich stimme Dir absolut zu, dass die Umverteilung gestoppt werden muss und auch wieder zurückgedreht werden sollte! Nur dürfte das sehr schwierig werden.
    Eine Vermögenssteuer halte ich dafür für völlig ungeeignet. Man weiss ja, dass sich die grossen Vermögen bereits sehr erfolgreich der Erbschaftssteuer entziehen. Man würde halt nur ein paar sparsame Menschen mit Bürokratie überhäufen und weiter überzeugen, dass sich Sparen nicht lohnt.

  • Wenn man bedenkt, dass in Deutschland die oberen 10 % der Haushalte über 59 % der Vermögen besitzen und z. B. in Griechenland ein Reeder noch nie einen Cent Steuern bezahlt hat, dann ist doch klar, dass die kleinen Leute aufbegehren wenn sie allein die Folgen dieser falschen Währungspolitik tragen sollen.
    .
    Warum Frau Merkel diese Sparpolitik bei den kleinen Leuten
    in Spanien, Portugal, Griechenland und jetzt auch in Zypern durchsetzt ist für diese Leute nicht nachvollziehbar und führt zu Ressentiments wie wir diese auch vor dem 2. Weltkrieg mit den Juden, die unsere Produkte in Ausland boykottiert hatten, schon einmal erlebt haben.
    Wie man den Euro angesichts dieser Sachverhalte dann auch noch als Friedensprojekt verkaufen kann ist mir schleierhaft und läßt sich wohl nur durch die neue deutsche Sprache erklären.
    Da heißt es ja auch neuerdings Vorneverteidigung für einen Angrifftskrieg.


  • Die Rechnung mit Geld und Schuld ist aber gerade auch bei den reicheren Mitbürgern etwas verzerrt. Ein Gutteil Vermögen steckt in Immos und Geschäften. Man mag es nicht glauben, aber es gibt schuldenfreie Unternehmer. Die haben einen Betrieb mit eigener Immo und eigenen Geräten drin etc. In der Vermögensrechnung haben die einen Haufen "Geld", aber es gibt keinen Schuldner für dieses Vermögen.


    Auslandsvermögen soll der eine oder andere Reiche bekanntlich auch haben, dann gibt es zumindest keinen inländischen zinszahlenden Schuldner für das entsprechende Vermögen und damit auch keinen herbeigeredeten sozialen Sprengstoff.


    Das Mantra von der Verteilung von unten nach oben ist auch immer wieder hübsch. Aber mir zumindest immer zu unpräzise. Wenn damit gemeint ist, dass relativ gesehen zu wenig weggenommen wird im Vergleich zu anderen Einkommensgruppen und -arten, dann soll man es auch so nennen. Weggenommen vom Staat bekommt jeder, der nicht Netto-Sozialleistungsempfänger ist. Und das dürften die Milliardäre wohl nicht sein......


    Das SPD-Konzept hat sich jedenfalls jetzt am Wochenende doch endlich konkretisiert. Wie ich mir gleich dachte ist keinesfalls eine Verschiebung der Reichensteuer auf 49% ab 100.000 Euro geplant, sondern eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49% ab 100.000 Euro nach alter Steuersystematik mit der Ausnahme, dass scheinbar (ob das jemand da eigentlich so ganz genau weiß oder nicht ist seit Münteferings Vorher-Nachher-Nicht-Böse-Sein-Rede nicht so relevant....) von der aktuellen Spitzensteuersatzgrenze von rund 53.000 Euro an erstmal die 42% flat bis irgendwas um 62 oder 65.000 Euro gelten und dann gehts halt wie gewohnt linear hoch bis zum Spitzensteuersatz. Aber wie gesagt, ob das im Zweifel so käme oder nicht (der Steuervereinfachung halber.....) doch wieder ein linearer Anstieg durchgängig kommt, warten wirs ab.....Auf jeden Fall sollen die, die es gerade eben geschafft haben, über die Beitragsbemessungsgrenze RV hinauszukommen und damit sehr langsam in den Bereich der finanziellen Unabhängigkeit kommen, schon zusätzlich zur Kasse gebeten werden. Von Inflationsausgleich im Steuersystem will man ja in D eh weiterhin nichts hören (was zur ansteigenden relativen Überbeanspruchung der unteren Schichten führt, um den von mir (s.o.) nicht sehr geschätzten Begriff Umverteilung von unten nach oben zu vermeiden).


    Vom hohen Spitzensteuersatz unter Adenauer (oder auch unter Kohl) ist ja immer wieder die Rede. Aber hat mal jemand Daten, ab wann der Eintrat (z.B. Vielfaches des Durchschnittsgehaltes)? Aktuell gehts bei uns ja schon ab 52.881 Euro los (Reichensteuer nicht berücksichtigt). Bei 13 Monatsgehältern sind das 4067 Euro, bei 12en auch nur 4407. Natürlich ist Brutto noch nicht gleich zu Versteuerndes, aber trotzdem. Dieser absurden Belastung der Mitte will die SPD also nun nicht etwas entgegenwirken, sondern direkt drüber einfach weiter draufsatteln.

  • Das ist etwas was ich noch nie verstanden habe:


    Sämtliche Regierungen seit vielen, vielen Jahren haben Nichts gegen das viel zu frühe Einsetzen des Spitzensteuersatzes getan! Stattdessen hat man den Spitzensteuersatz von 53% auf 42% gesenkt. Statt durch eine sanftere Progressionserhöhung den Mittelstand zu entlasten, hat man hauptsächlich Spitzenverdiener entlastet.
    Dabei war das nie ein grosses politisches Thema? Die Personen die zwischen 40.000 und 70.000 EUR verdienen, scheinen keinerlei politischen Einfluss zu haben?
    Ein alleinstehender Angestellter, der nahe an der Beitragsbemessungsgrenze zu KV oder RV liegt, hatte schon immer extrem hohe "Grenzabgaben". D.h. von 100 DM/EUR mehr pro Monat blieben/bleiben vielleicht noch 30. Beim Stundenlohn für eine bezahlte Überstunde liegst Du dann ganz schnell unter dem Mindestlohn! Absolut motivierendes Konstrukt! :wall: :wall:

  • Das ist etwas was ich noch nie verstanden habe:


    Sämtliche Regierungen seit vielen, vielen Jahren haben Nichts gegen das viel zu frühe Einsetzen des Spitzensteuersatzes getan! Stattdessen hat man den Spitzensteuersatz von 53% auf 42% gesenkt. Statt durch eine sanftere Progressionserhöhung den Mittelstand zu entlasten, hat man hauptsächlich Spitzenverdiener entlastet.
    Dabei war das nie ein grosses politisches Thema? Die Personen die zwischen 40.000 und 70.000 EUR verdienen, scheinen keinerlei politischen Einfluss zu haben?
    Ein alleinstehender Angestellter, der nahe an der Beitragsbemessungsgrenze zu KV oder RV liegt, hatte schon immer extrem hohe "Grenzabgaben". D.h. von 100 DM/EUR mehr pro Monat blieben/bleiben vielleicht noch 30. Beim Stundenlohn für eine bezahlte Überstunde liegst Du dann ganz schnell unter dem Mindestlohn! Absolut motivierendes Konstrukt! :wall: :wall:


    Da stimme ich dir zu, aber es gibt ein Gegenmittel, das heißt Einkommensdiversifikation. Wer als Lohnsklave unterwegs ist und damit unter besonderer staatlicher und betrieblicher Obhut steht, sollte dringend weitere Einkünfte generieren, um seine Sozialabgabenlast zu reduzieren und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten zu gewinnen. :)
    Nur ein Beispiel: wer 500,-€ Miete zahlt, braucht dafür 8-900 € brutto, wer in seiner abbezahlten Bude wohnt, nicht.

  • zu


    Ein junger Mensch sollte jedoch sehen, dass er mit Leistung (trotz der Unschärfe dieses Begriffs) z.B. von der Gruppe der untersten 20 % in die Gruppe der obersten 30 oder 40 % gelangen kann, denn das ist ein realistisches Aufstiegsziel.


    und


    Gleichmacherei ist widernatürlich!,


    wer aufsteigt, muß andere hintersich lassen. Wer keine Gleichmacherei möchte, muß hinnehmen, daß es Gewinner und Verlierer gibt. Dumm nur, wenn man eines Tages selbst zum Verlierer wird, weil man von anderen überholt wird. Wir sollten in der heutigen Zeit mit solchen Formulierungen sehr vorsichtig sein. Es ist leicht schwätzen, wenn man selbst nicht betroffen ist. Oder um es mit geliehenen Worten zu formulieren


    "Sattheit enthält, wie jede andere Kraft, immer auch ein bestimmtes Maß an Frechheit, und dies äußert sich vor allem darin, dass der Satte dem Hungrigen Lehren erteilt."


    Ich gebe zu, daß ich etwas empfindlich reagiere, wenn ich sowas lese. Ist nicht böse gemeint.




    Viele Grüße



    edit: ich bin dafür, daß sich Leistung lohnt, aber diese Floskel von der lohnenden Leistung wirr mir zu sehr von den falschen Leuten strapaziert.

  • Das Problem an diesen realistischen Aufstiegszielen ist, dass es Menschen gibt die sowas gar nicht nötig haben. Warum muss Säugling A von der Gruppe der untersten 20% in die Gruppe der obersten 30 oder 40% gelangen, wohingegen Säugling B die Mitgliedschaft bei den oberen 10% an seinem Geburtstag geschenkt bekommt?


    Realistische Aufstiegsziele gab es schon immer. Selbst ein Sklave im römischen Reich konnte frei und dann vermögend werden. Dazu brauchte er nur außergewöhnliche Fähigkeiten und Glück ohne Ende. Und es war realistisch. Es ist ja mehr als ein mal passiert. 8o ?)

  • Zu meinem Wunsch "Ein junger Mensch sollte jedoch sehen, dass er mit Leistung (trotz der Unschärfe dieses Begriffs) z.B. von der Gruppe der untersten 20 % in die Gruppe der obersten 30 oder 40 % gelangen kann, denn das ist ein realistisches Aufstiegsziel.":


    @ Goldhamstern:
    Dein Einwand trifft mich nicht, denn ich bin kein Anhänger eines übersteigerten Leistungsprinzips mit Gewinnern und Verlierern. Wenn man jedoch solche "Rankings" (z.B. die Einkommens- oder Vermögensverteilungen) diskutiert, sollte man Menschen auch sagen, wie sie am ehesten von einer Gruppe in die andere kommen können - wenn sie dies überhaupt wollen! Ich kenne einige, die ein (wirtschaftlich) bescheidenes Leben mit um so mehr Zeit für sich vorziehen - und respektiere diese Lebensführung sehr. Die Angeberei der Möchtegern-Manager vor etwa einem Jahrzehnt ("Wie, Du arbeitest wöchentlich nur 60 Stunden? Bei mir sind es eher 70!") war schon immer albern, aber die heutigen, stärker auf die Freizeit fixierten Heranwachsenden müssen auch die Konsequenzen akzeptieren. Einfach gesagt: Wer bewusst weniger arbeiten möchte, sollte auch mit einem proportional geringeren Einkommen zufrieden sein. Viele von denen, die vorgeben, "sie bräuchten ja zum Leben nicht viel", übersehen, dass sie selbst als Erwachsene noch erheblich vom Ersparten oder dem Haus ihrer bieder-fleißigen und sparsamen Eltern profitieren.

    @ D.H.:
    Ich möchte selbstverständlich nicht ausschließen, dass jemand noch "höher" strebt und dies auch schafft - im Gegenteil! (Das Wort "höher" setze ich in Anführungszeichen, weil auch mir bewusst ist, dass man das Lebensglück nicht auf das Einkommen oder Vermögen reduzieren darf.) Aber soll man jungen Menschen tatsächlich weismachen, dass es wahrscheinlich ist, dass es ein Tellerwäscher zum Millionär, ein passabler Sänger zum Musikstar, ein Kreisklassenkicker zum Bundesligaspieler, ein gutaussehendes Mädel zum Supermodel usw. bringen wird? Träume sind eine wirklich gute Motivation, etwas Realitätssinn ist für das Leben aber auch nicht schlecht, um herben Enttäuschungen vorzubauen. Mit "realistisch" meine ich hier also nicht das Mögliche und sehr selten auch Eintreffende, sondern das, was "normalerweise" passiert.
    Mein Satz warnt vor allem vor dem Gegenteil: Dass nämlich der Eindruck entsteht, dass es zwischen Leistung und Erreichtem keine Korrelation mehr gäbe. Die beruflichen, aber auch gesellschaftlichen Positionen werden eben nicht einfach ausgewürfelt. Auch Abitur, Studium, Fleiß garantieren kein gesichertes und gutes Einkommen, aber die Wahrscheinlichkeit dafür ist sehr viel höher als ohne.
    Der Einwand, dass es ungerecht sei, dass einige wenige per Geburt in der "oberen" Klasse sind, ist völlig berechtigt - aber hilft im Alltag wenig. Je nach Kulturkreis und Epoche sind es eben Fürsten, Großindustrielle, Medienmogule, Popstars, Investmentbanker oder sonst wer, die unverschämt viel Geld anhäufen und weitervererben. Man kann dies zu ändern versuchen - aber auch durch Revolutionen wurde bislang nur eine privilegierte Gruppe durch eine andere ersetzt. In keinem Fall sollte der Hinweis auf so eklatante Ungleichheiten als Ausrede dafür herhalten, dass bis zu deren Beseitigung eigene Leistung sowieso keinen Sinn hätte.


    GOLD-BOB

  • Zu meinem Wunsch "Ein junger Mensch sollte jedoch sehen, dass er mit Leistung (trotz der Unschärfe dieses Begriffs) z.B. von der Gruppe der untersten 20 % in die Gruppe der obersten 30 oder 40 % gelangen kann, denn das ist ein realistisches Aufstiegsziel.":

    Ein gutes Ziel für einen jugendlichen. Etwas leisten zu können ist immer eine gute Sache.


    Was mich bei unserer Diskussion eher antreibt ist, wie es dazu kommen kann, dass sich trotz sehr guter Leistung die persönliche wirtschaftliche Situation verschlechtern kann.
    Wie es z.B. sein kann, dass ein Tischler seinen Vorgesetzten mit Tränen in den Augen darum bittet, er möge ihm doch wenigstens in der Weihnachtszeit und Samstags nicht auch noch 2 grosse Küchen zum Aufbau beim Kunden auf den LKW laden. Das heisst, der Tischler baut mit seinem Kollegen an normalen Arbeitstagen 2 grosse Einbauküchen inclusive der Elektrogeräte und inklusive Transport zu einem Kunden auf. Und trotz dieser sicher ausgezeichneten Arbeit ist das nicht genug und er wird so gegängelt, dass er, ob er will oder nicht, auch noch Samstags ran muss. Und zuhause macht ihm seine Frau die Hölle heiss, weil er nie da ist und wenn, dann kaputt. Wie kann es sein, dass es zu solchen Formen von struktureller Gewalt kommen kann? Und wenn wir uns darüber keine Gedanken machen, brauchen wir über Leistungsgerechtigkeit gar nicht mehr reden.


    Der Manager fuhr übrigens einen BMW, 7-er. Ich habe mal den feinen, eloquenten und gut angesehen Besitzer der Firma angesprochen und ihn gefragt warum er solche Manager dulden würde. Seine Antwort: Man braucht halt an solchen Stellen einen Kettenhund. Das Beispiel ist schon älter.


    Gold-Bob, das sind strukturelle Probleme, die sich mit Arge und Ihrem Grundsatz: Fördern und Fordern in den letzten 10 Jahren noch verschärft haben. Mit dem Blick auf die persönliche Leistung allein, kommt man da nicht weit. Ohne die persönlich Leistung kommt man allerdings auch nicht vom Fleck, das stimmt.

    Delphin
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  • Goldhamstern,


    es muss Gewinner und Verlierer geben! Alles andere ist widernatürlich. Fähigkeiten und Fertigkeiten sind nunmal sehr ungleich verteilt.
    Nur darf es kein direktes Leistungsprinzip geben.
    Es darf in einer sozialen Gesellschaft keine absoluten Verlierer geben. Und die Gewinner sollten sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst sein und freiwillig abgeben. Vermögen darf nicht direkt proportional zur Leistung verteilt sein! Weil die Leistungsunterschiede eben viel zu gross sind.
    Unsozialen Reichen müsste die Gesellschaft halt auch mal ganz brutal die rote Karte zeigen, auch wenn das dann Enteignung ist.

  • Verlieren oder gewinnen hat erst mal nichts mit Leistung zu
    tun.


    Jeder der in einem Abrechnungsjahr ein unterdurchschnittliches Einkommen hat,
    verliert, wer über dem Durchschnitt liegt, gewinnt. Die Verlierer können auf dem Markt vom
    Gewinner finanziell auskonkurriert werden. Was – z.B. bei Investitionen - dafür
    sorgt, dass Verlierer auch zukünftig verlieren werden, denn die rentabelsten Investitionen
    kann nur der Vermögende tätigen.


    Gewinnen hohe Vermögen - in Relation - mehr als niedrige Vermögen, steigt die
    Anzahl der Verlierer. Aus den Gewinnern von heute, werden in Summe Verlierer von
    morgen.


    Durch hohe und sich ständig erhöhende Zwangsabgaben sorgt man dafür, dass
    niemand ohne weiteres 'entkommen' kann oder sich auch mit einem geringeren
    Vermögen aus der Tretmühle retten kann.


    Der Abbau von Sozialleistungen wird das gleiche Ergebnis zeigen, wie man
    vermutlich bei der Harmonisierung der Europäischen Renten noch schmerzhaft feststellen
    wird. (Ist mir schleierhaft wie hier im Falle einer politischen Union der EU, eine faire Berechnung der Renten aussehen könnte)


    Natürlich ist durch Leistung und kluge Berufswahl (oder Dussel) ein relativer Aufstieg
    möglich, aber ein ständiger Mahlstrom sorgt für einen ständigen Sog in die
    andere Richtung.


    Dieser lokale Mahlstrom wurde jahrzehntelang von einem zweiten Mahlstrom
    überlagert der, mit seinen nachkolonialen Strukturen, die Wirtschaften des Westens
    stützte. Die Überlagerung ist noch da, hat sich für den Arbeiter und
    Angestellten in D bzw. der EU jetzt aber eher zum Nachteil geändert. Die
    Globalisierung, von der der Durchschnittsangestellte jahrelang profitierte, fordert
    jetzt Opfer.


    Wenn Ihr den Mahlstrom ignoriert und nicht endlich: ‚Stopp!‘ sagt, wird sich auch Eure zukünftige Lage
    weiter verschlechtern. Vollautomatisiert. Und davor wird dich in Summe auch Deine Leistung allein nicht schützen,
    jedenfalls nicht genauso automatisch wie Du durch den Mahlstrom verlieren wirst.

    Delphin
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  • (...) Natürlich ist durch Leistung und kluge Berufswahl (oder Dussel) ein relativer Aufstieg möglich, aber ein ständiger Mahlstrom sorgt für einen ständigen Sog in die andere Richtung.
    Dieser lokale Mahlstrom wurde jahrzehntelang von einem zweiten Mahlstrom überlagert der, mit seinen nachkolonialen Strukturen, die Wirtschaften des Westens stützte. (...)


    Eine Frage bei all diesen Diskussionen ist doch immer wieder, ob es dabei um den absoluten Wohlstand oder um dessen relative Verteilung geht? Ist man mit einer Steigerung des Einkommens knapp oberhalb der Inflationsrate zufrieden oder geht es auch darum, dass diese Steigerung höher ausfällt als die der Kollegen und Bekannten? Und wie sehr stört es die eigene Zufriedenheit, wenn gleichzeitig ein Fußballstar sein Millionen-Einkommen verdoppelt? Hier ist jeder anders gestrickt, der eine sieht es pragmatischer nur von seinem Alltag aus, der andere grundsätzlicher als Gerechtigkeitsfrage. Nach meinem Eindruck orientieren sich die meisten Menschen an ihrer "Liga" und der direkt darüber. Sie wissen, dass sie nie eine Luxusvilla oder eine große Yacht kaufen werden; sie konkurrieren daher auch nicht mit diesen 1 %, sondern lesen darüber im Bunten Blatt wie über Aliens.

    Was die "nachkolonialen Strukturen" angeht, stimme ich Dir zu. Ich meine jedoch, dass wir diese eher zu wenig als zu stark nutzen. Während wir z.B. gutmenschlich diskutieren, ob man in der Literatur nicht überall das Wort "Neger" auslöschen muss, bauen sich die Chinesen in Afrika interessante wirtschafltiche Stützpunkte auf und behandeln die Einheimischen sklavenähnlich. Hat unser Skrupel diesen nun genutzt? Ich glaube, wir wären für diese Länder die besseren Partner und Arbeitgeber - wenn das Kolonialismus ist, bin ich sehr dafür.


    GOLD-BOB

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