Quelle: Der Spatz im Gebälk vom 19.02.2006 http://www.spatzseite.de/pdf/sptz2006.pdf
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Was meint Böttiger mit dem Abschnitt ? (rot markiert)
Hedge Fonds = Kreditinstitute, mit denen sich die Großbanken wegen der zunehmenden Kreditunwürdigkeit ihrer Kunden "ihr Kreditgeld selber drucken" ???
und:
Was diese Leute mit ihren Einlagen tatsächlich erworben haben, dürfte nicht mehr lange Geheimnis dieser Funds bleiben. (???)
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Was einer wert ist, zeigt sich in der Krise: Auf Sie mit Gebrüll !!
Bier war sicher nicht allein Schuld, daß Cheneys Schuß auf der Armstrong-Ranch nach hinten losging, schon eher seine unbeherrschte Gier, einen Vogel abzuschießen. Aber wer wird sich mit den Fähnchen abgeben, die das Haus der Macht dekorieren?
Interessanter ist da (nach Bloomberg Mag. vom 12.1) schon US-Konkursrichter Robert Drain. Er hielt die Zahlung von 38 Mio. US-Dollar an die Top-Manager des größten Autozulieferers der USA, Delphi (General Motors), für "an appropriate form of compensation" ihrer Bemühungen. Gleichzeitig wurden Arbeiter gefeuert, ihre Lohnvereinbarungen gekürzt, und ihre Betriebsrentenansprüche abgewiesen beziehungsweise deutlich geschmälert. Das Management hatte Delphi im Oktober 2005 in den Konkurs getrieben. Die richterliche Entscheidung machte dem Management des Konkurrenten Visteon, dem zweitgrößten Autoteilehersteller der USA, Mut zuzugreifen. Visteon hatte im Jahr 2005 "nur" 270 Mio. US$ Verlust gemacht, allerdings im gleichen Jahr 23 Werke für 1,8 Mrd. US$ an Ford verkauft (der Verlust belief sich demnach auf 2,1 Mrd. US$). Das Management steuerte auch diesen Konzern zielsicher auf die Auslagerung in Billiglohnländer zu. Es kündigte außerdem den definitiven Verkauf drei andere Werke an, bietet 6 weitere zum Verkauf und stellt den Verkauf von 23 Werken in Aussicht. Für diese Leistung genehmigte sich der Vorstandsvorsitzende 20,3 Mio. Dollar, der Stellvertreter 16,2 Mio. und ihr Stab 12,5 Mio. Dollar, dafür nämlich, daß sie das Unternehmen zielsicher ruiniert und die Lohnkosten entsprechend gedrückt haben. Doch wird die Antwort auf die Frage, ob die Firmen in den Billiglohnländern auf Dauer billiger fahren werden, immer weniger gewiß - und das nicht nur wegen der Qualität.
Schuld an der Ungewißheit ist weniger das Kriegsgeschrei, mit dem die Amerikaner die Angst vor dem Zusammenbruch ihres Allerheiligsten betören wollen, es ist viel mehr die Tatsache, daß inzwischen unter der Matratze jeder Zentralbank Dollars als Deckungsrücklage hervorquellen und die Nachfrage nach Papierdollars weltweit zu versiegen beginnt. Eben verkündigt Syrien, daß sich das Land aus dem Dollar zurückziehen werde, weil diese Währung zu unsicher sei. Für diese Entscheidung dürfte aber weniger der tatsächliche Wert des Dollars, als die Behandlung der syrischen Regierung durch die USA ausschlaggebend gewesen sein. Doch die Arroganz der Macht haben inzwischen auch andere kennen gelernt - wer eigentlich nicht? Die US-Regierung wird inzwischen mit den Vorbereitungen auf weitere "Regime Changes" der zunehmend "undemokratischen", weil nicht mehr amerika-(ge)hörigen Regierungen mehr als ausgelastet. Verschwört sich doch allmählich die ganze finstere, unfreie Welt gegen die freiheitsliebenden USA?
Wie immer, kommt es aufs genaue Hinsehen an. Im Grunde geht es um die Kauflust von US-Schatzanleihen mit Dollars, die aus dem stets wachsenden Handelsbilanzdefizit der USA stammen, denn die läßt in letzter Zeit deutlich nach. Ohne entsprechende Nachfrage ist ein Dollar nichts wert. Wie läßt sich die Nachfrage nach Dollars fördern? Da war zunächst der Glaube an die Beschützung durch die USA. Als der sich mangels Gelegenheit verflüchtigte (undefinierte "Terroristen" die "Kommunisten" ersetzten), setzte man auf die Rohstoff- und besonders die Energiepreise. Da diese Rohstoffe seit dem Yom Kippur Krieg Israels in den Jahren 1973 und 74 nur für Dollars ge- und verkauft werden durften, stieg mit ihrem Preis der Dollarbedarf. Dann sind da noch die Schulden, die ständig mit Zinsen bedient werden müssen. Sie gingen auf die "economic hitmen" zurück, die sie unterentwickelten Staaten mit einer betrügerischen Entwicklungs-Euphorie auf die Augen gedrückt hatten. Später sorgten überhöhte Ölpreise und vor allem die wucherische Hochzinspolitik der Federal Reserve dafür, daß die ursprünglichen Entwicklungsstrategien der Länder nicht griffen und sie sich tiefer und tiefer in die Verschuldung verstrickten. Da das nichtamerikanische Ausland Dollars zur Bezahlung seiner Schulden und deren Zinsen zunächst nur bekam, wenn es in den USA neue Dollarschulden aufnahm und sich so weiter verschuldete, schien das Dollar-Imperium, einmal eingefädelt, auf alle Ewigkeit gefestigt zu sein. Die vom internationalen Währungsfond dann regelmäßig geforderte Abwertung der Landeswährungen der Schuldner sorgte dafür, daß die Schulden und mit ihnen die Zinszahlungen auch ohne neue Darlehen ständig wuchsen. Die Schulden sollten auch gar nicht zurückgezahlt werden, es ging um die Zinszahlungen als neuer Form des Tributs. Wer da nicht mitspielen wollte, war "undemokratisch".
Der verzweifelte Kampf um Dollars, um pünktlich die Tribute zahlen zu können, ließ in den Entwicklungsländern die Preise bis an den Rand des Existenzminimums sinken. Das auszunutzen wollte man sich als ordentliche Geschäftsleute nicht entgehen lassen. Aus Tributzahlungen wurden Güterimporte in die USA, das machte die Handelsbilanz negativ und mehr Dollars flossen ab, als in Form der Tributzahlungen fällig wurden. Damit wurden Schulden nicht nur rückzahlbar. Es häuften sich US-Schulden im Ausland an. China hat inzwischen über 800 Mrd. Dollarguthaben d.h. US-Schulden angesammelt. Trotzdem deckt das Land damit nicht in erster Linie seinen Rohstoffbedarf, sondern wickelt zwei Drittel seiner rasch wachsenden Öl- und Rohstoffimporte im Tauschgeschäft mit Gütern ab, die der jeweilige Öl- oder Rohstoffexporteur benötigt. Dollar? Sorry - Kein Bedarf!
Das Ganze zeigt sich am Handel mit US-Schatzanleihen. Diese kauften früher ausländische Dollarbesitzer, um für ihre als "Sicherheit" angelegten Dollarbestände - wenn schon sonst nicht viel - wenigstens Zinsen zu bekommen. Und nun sinkt die Nachfrage nach US-Schatzanleihen plötzlich. Wurden im letzten halben Jahr monatlich noch durchschnittlich für rund 90 Mrd. US$ Schatzanleihen gekauft, so im Januar nur noch für 56,6 Mrd. Dollar. Private Anleihenkäufer kauften gar 70% weniger. Den Rückgang konnten gezwungene, d.h. "verbündete" Ankäufer nicht auffangen. Doch das Handelsbilanzdefizit der USA steigt weiter. Im Jahr 2005 lag es bei 725,8 Mrd. US$. 201,6 Mrd. davon finanzierten allein die Chinesen, die möglicherweise damit anderen Ländern helfen, ihre Dollar-Schulden zurückzuzahlen (war das kürzlich im Fall Argentinien, Brasilien z.B. so, wer weiß?). Damit die Chinesen die Lust am Dollar nicht verlieren und sie anderen nicht nehmen, planen die USA zur Zeit die größten Seekriegsmanöver vor ihrer Küste. Der Nahe Osten, vor allem die Saudis trugen im letzten Jahr 92,7 Mrd. US-Dollar. Bisher legten sie solches Geld in Waffenkäufe an - doch das scheint ihnen nun zu reichen. Hier ermuntert die militärische Präsenz zur Zahlungsbereitschaft (wie mit 128 Militärstützpunkten weltweit auch anderswo). Korea war mit 30 Mrd. US$ Finanzier des US-Konsums. War da nicht noch etwas mit Nordkorea im Gange?
Allein im Januar legten Südost-Asiaten (ohne die Chinesen) 30 Mrd. US$ in sogenannten Hedge Funds an. Das sind bekanntlich die Geldinstitute, über die sich die Großbanken wegen der zunehmenden Kreditunwürdigkeit ihrer Kunden ihr Kreditgeld selbst drucken. Was diese Leute mit ihren Einlagen tatsächlich erworben haben, dürfte nicht mehr lange Geheimnis dieser Funds bleiben. Bloomberg berichtete am 16. Februar, daß sich die Vorstände der 14 größten Wall Street Banken im Januar getroffen hätten . Sie ließen damals mitteilen, sie wollten nun den Handel mit den (wegen der fälligen Mindestreserve) meist nicht in den Büchern geführten Kreditderivaten im Umfang von 12,4 Billionen Dollar allmählich abbauen, um die "Sorgen zu mildern, daß eine nachlässige Buchführung" ("sloppy bookkeeping" ein "Finanzdebakel auslösen" könne. Natürlich interessiert sie nicht die ordentliche Buchführung (eben akzeptierte der größte Versicherer der USA, AIG, eine Strafe von 1,2 Mrd. US$ wegen betrügerischer Buchhaltung), sondern die unordentliche Volatilität dieser hochriskanten Eigentumstitel, denen angeblich noch eintreibbare Schuldenpakete zugrunde liegen. Aus diesem Grund trafen sich die Herren am 16.2 schon wieder in den Büros der Federal Reserve Bank.
Daß all den Geldgebern in naher Zukunft die Lust am Dollar schwindet, ist abzusehen. Da helfen auch die 1,6 Mrd. US$ nicht weiter, die die US-Regierung - wie man erfährt - allein für US-freundliche Propaganda ausgibt. Einwenig helfen könnten vielleicht höhere Zinsen. Aber dafür würden wahrscheinlich noch mehr Schulden offensichtlich uneintreibbar, so daß sie Reichtum schmälernd ausgebucht werden müßten.
Doch können wir Europäer uns zurücklehnen und darauf vertrauen, daß uns, wenn die Welt wie Syrien aus den billig gedruckten Dollars in Euros überwechselt, nun die Reichtümer der Welt für billig zu druckende Euros zufließen? Nach dem Bericht einer Londoner Investment Bank, aus dem die FAZ am 15. Februar zitierte, stammen 60% der "distressed debt", der den Kreditderivaten zugrunde liegenden Schuldenpakete aus Deutschland und 20% aus England. "Investoren" kaufen den Banken gegen einen entsprechenden Nachlaß solche Schulden ab, zwingen die Schuldner, die Schulden in Unternehmensanteile umzuwandeln, um so Kontrolle über die Firma zu bekommen. Diese wird dann nach "Heuschreckenmanie" zerschlagen und die Teile meistbietend verscherbeln - das Maschineninventar z.B. in Billiglohnländer verkauft. Nach dem Jahresbericht der BVK (der Vereinigung der Private Equity Unternehmen) kontrollierten solche Private Equity Funds bereits 5.700 deutsche mittelständische Betriebe mit 797.000 Beschäftigten durch insgesamt 21,5 Mrd. Euro-Forderungen. Belief sich die entsprechende Neuverschuldung im Jahr 2004 noch auf 2 Mrd. Euro, so im Jahr 2005 bereits auf 7,2 Mrd. Euro. Das heißt, es ist absehbar, wann es keine deutschen mittelständischen Firmen mehr geben wird. Dann wird es hier kaum noch Firmen geben, die auf dem Arbeitsmarkt Hartz IV Opfer ersteigern - Sie haben richtig gelesen. Hartz IV Arbeitslose werden inzwischen an Firmen gegen das höchste Angebot versteigert. Sie werden dadurch natürlich nicht selbst zu Sklaven, das verbietet noch das Gesetz, aber wir nähern uns deutlich den Zuständen, wie sie die ursprüngliche US-Verfassung einmal festgeschrieben hat.
Das immer schrillere Vorgehen der USA und ihrer "Verbündeten" gegen den Iran (und die "Islamisten" im allgemeinen) trägt sicherlich nicht zur Stabilisierung der Finanzmärkte und zum Werterhalt ausgedruckter Wertpapiere bei. Aber diese Märkte scheinen ohnehin nicht mehr im Sinne der westlichen Führungsmacht zu funktionieren. Da müssen eben andere Töne angeschlagen werden. Jetzt verstehen Sie vielleicht, weshalb inzwischen auch Chirac in Frankreich und die deutsche Kanzlerin mitschreit. Ja sogar der grüne Josef "Joschka" Fischer erinnert sich an seine Schlägertage in Frankfurt und läßt sich aus seinen Lustgärten vernehmen: "Auf sie mit Gebrüll" (er drückt sich in der Öffentlichkeit allerdings etwas "feiner" aus).
Haben Sie sich einmal überlegt, wen der Iran - selbst wenn er Atomwaffen hätte - angreifen könnte, ohne sofort nuklear pulverisiert zu werden? Die Iraner sind - jedenfalls im Vergleich zum Verhalten unserer Führungsmacht - ein zivilisiertes Volk. Vielleicht beharren sie deshalb auf ihren einmal zugestandenen Rechten und den Wortlaut eingegangener Verträge und lehnen es ab, sich der primitiven Drohung nackter Gewalt zu beugen. Natürlich sehen das Ihre Medien anders - aber auch richtiger?