Bolivien verstaatlicht Öl- und Gasindustrie!!! Militär sichert die Ölanlagen.

  • Kann man es den Bolivianern verdenken, daß sie sich das Recht vorbehalten, mit ihren eigenen Bodenschätzen so zu verfahren, daß es ihnen am meisten nutzt.


    Verstaatlichung ist nicht gleichzusetzen mit entschädigungsloser Enteignung.


    Weiterhin ist anzuführen, daß viele lateinamerikanische Regierungen nicht demokratisch legitimiert gewesen sind. Insoweit stellt sich in Einzelfällen auch immer die Frage, wie Konzerne zu ihren Bohrrechten gekommen sind bzw. ob bei der Vergabe alles mit rechten Dingen zugegangen ist.


    Auch in solchen Zusammenhängen muß man einmal denken. Andererseits gibt es genügend machtgeile und raffgierige Politiker, der nur einen Vorwand suchen, um sich anderer Menschen Eigentum anzueignen. Um an der Macht bleiben zu können. Auch unter diesen Aspekten kann und muß man Verstaatlichungen oftmals betrachten.


    Wer maximalen Profit einfahren will, wie das mit Rohstoffaktien auch teilweise möglich gewesen ist und vielleicht auch weiterhin möglich sein wird, der muß auch bereit sein, sehr hohe Risiken einzugehen und als Aktionär mit seinem Kapital ggf. auch für Vorgänge der Vergangenheit geradezustehen.


    Es war nicht die erste Verstaatlichung seit dem Ölpreisanstieg. Und es wird auch nicht die letzte gewesen sein.

  • Ich denke, es war die Vorvorgaengerregierung, die da Vertraege bzgl. Gas- und Oelverkauf abgeschlossen hat. Den Praesidenten haben sie vor einiger Zeit zum Teufel gejagt, und es brodelt schon jahrelang in dem Land.


    Zuletzt war ich vor 2 Jahren in Bolivien, habe Proteste und tagelange Strassenblockaden hautnah miterlebt. Das Land ist tief zerrissen, es gibt grosse Armut, Separationsbewegungen (die Tieflandbolivianer wollen sich Brasilien anschliessen und mit den Indios nichts zu tun haben), und bzgl. der Rohstoffe haben Brasilien und Chile schon ihre gewuenschten Grenzen gezogen (z.B. unter dem Salar de Uyuni im Sueden wird das größte Weltvorkommen an Lithium vermutet).


    Die Indios sind stinkesauer auf alles, was mit USA zu tun hat. Es gibt ja auch noch den Konflikt um den Coca-Anbau. Zudem sind sie sehr empfindlich, was fremde Ausbeuter angeht: Die Spanier haben vor ein paar Jahrhunderten ganze Arbeit geleistet und 16000t Silber gestohlen. Abgebaut in Potosi aus dem Cerro Rico, dem Silberberg (insgesamt bis heute 46000t). Die Muenzen, so habe ich es gehoert, hatten zu der Zeit der Spanier eine so selten hohe Reinheit, dass sie weltweit als Zahlungsmittel akzeptiert wurden. Heute bauen die Mineros dort fuer 25 - 30U$ monatlich andere Bodenschaetze ab. Silber gibt es kaum noch, Maschinen auch nicht. Alles Handarbeit. Hoehe der Stadt: 4065m mit 160000 Einwohnern, Cerro Rico geht bis auf 4829m. Lebenserwartung der Arbeiter war irgendwas unter 40 Jahren.


    http://www.es.southamerica-photo.com/potosi-cerro-rico.php
    http://www.delicatessen.org/devils-miner.html


    Mit diesem Hintergrund finde ich die Entscheidung der Regierung erstmal gut, sofern zukuenftig wirklich mehr Geld den Einheimischen zugute kommt. Ein paar Verluste bei irgendwelchen Grosskonzernen finde ich vernachlaessigbar.


    Und noch einen Tip zum Schluss:
    Bolivien ist mein Lieblingsland, weil ich noch keine eindrucksvolleren Landschaften (Altiplano) woanders auf der Welt gesehen habe. Teilweise einfach unglaublich schoen. Und die Taschendiebe sind sogar so zuvorkommend, dass sie mir, nachdem sie mir im Strassengewuehl das Portemonee aus der Seitentasche der Hose geschnitten hatten, bis auf das Bargeld alles (Personalausweis, Kreditkarte) zurueckgegeben haben. ;) War natuerlich aergerlich, aber das ist halt manchmal der Preis fuer wunderschoene Reiseeindruecke!

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