Erkenntnis der Unmöglichkeit einer erfolgreichen amerikanischen Zinspolitik: Zwischen Stagflation oder Hyperinflation?
- Ansage GEAB N°6 (18. Juni 2006) -
Die Entscheider in Wirtschaft und an den Börsenmärkten haben nur noch die Augen fest auf einen einzigen Indikator gerichtet, nämlich die Zinssätze, die die Zentralbanken und insbesondere die amerikanische Zentralbank festsetzen. Da die USA im internationalen Finanzsystem die zentrale Position innehaben, katalysieren sich an ihnen auch allgemein die Hoffnungen und Ängste; und ihre Finanzinstitutionen werden im Verlauf der Beschleunigungsphase die Krise verstärken. Die Regierung und die US Federal Reserve haben es tatsächlich geschafft, die amerikanische Wirtschaft und insgesamt die Finanzmärkte in eine absolute Sackgasse zu führen. Da die Inflation steigt, müssen die Zinssätze weltweit ansteigen, und da die Welt ihren Glauben an die Stärke der amerikanischen Wirtschaft (vor dem Hintergrund eines allgemeinen Vertrauensschwunds in die Vereinigten Staaten) verliert muss nun eine schwere Entscheidung zwischen zwei Lösungen mit jeweils schmerzhaften Folgen getroffen werden:
. Lösung 1 - Stagflation: Ansteigen des amerikanischen Zinssatzes mit dem Ziel der Inflationsbekämpfung und der Stärkung des Dollars (denn nur der Unterschied zu den Zinssätzen in der EU bzw. in Japan erhält dem Dollar seinen relativen Wert) mit der Folge eines Abwürgens des Wachstums der amerikanischen Wirtschaft durch ein Platzen der Immobilienblase (die im übrigen schon im Schrumpfen begriffen ist) und der dadurch abstürzenden Verbrauchernachfrage (auf der seit fünf Jahren das amerikanische Wachstum im wesentlichen beruht). Inflation, hohe Zinsen und Null- bzw. Negativwachstum - diese wirtschaftlichen Situation kennt man noch aus den siebziger Jahren : die Stagflation (1)
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Lösung 2 - Hyperinflation : Beibehaltung des amerikanischen Zinsniveaus (und damit Schwächung des Dollars im Verhältnis zur EU und zu Japan als Versuch (ohne dass angesichts des Zustands der amerikanischen Wirtschaft eine Erfolgsgarantie bestünde) (2), das amerikanische Wirtschaftswachstum zu erhalten, wobei dadurch der Wert des Dollars abstürzen würde (dessen Wert nur durch das unterschiedliche Zinsniveau zu anderen großen Währungen erhalten wird), wodurch wiederum innerhalb kürzester Zeit es den USA unmöglich würde, ihre Defizite (Defizite der öffentlichen Haushalte und des Außenhandels) durch Kreditaufnahme zu finanzieren, was wiederum zu einer globalen Finanzkrise führen würde. Diese Entscheidung würde wegen der Präferenz für das Wachstum natürlich der Inflation freien Lauf lassen, einen Vertrauensschwund gegenüber dem Dollar befördern, damit zu seinem Absturz führen, was wiederum den Inflationsdruck erhöht, der zu einer Hyperinflation führen kann (3).
LEAP/E2020 vertritt die Auffassung, dass die amerikanische Federal Reserve, deren Anteilseigner die großen Banken sind (4), die erste Lösung wählen wird, da sie bei der zweiten Lösung in die Bedeutungslosigkeit versänke und die Wirksamkeit einer seiner Hauptaktionsmöglichkeit einbüßen würde, nämlich die Festlegung der Zinssätze. Im übrigen ist der aktuelle Präsident der amerikanischen Zentralbank überzeugt, dass auch bei einer Erhöhung der Leitzinsen durch eine gleichzeitige Erhöhung der Geldmenge (5) erreicht werden könne, dass die amerikanische Wirtschaft wieder wachse (6).
Für die LEAP/E2020 Forschungsgruppe kann mit keiner der beiden möglichen Lösungen, die den amerikanischen Finanzinstitutionen offenstehen, die umfassende weltweite Krise behoben werden. Aber von der gewählten Lösung wird ganz entscheidend die konkrete Form und die Tiefe der Phase III der Krise, die sogenannte Aufprallphase, abhängen. Die Auswirkungen auf den Rest der Welt werden sehr unterschiedlich sein, je nachdem, ob die amerikanischen Institutionen die Lösung 1 oder die Lösung 2 wählen werden.