Vor der Pleitewelle
Die Krise ist noch nicht vorüber – am US-Immobilienmarkt geht es abwärts
Spica dazu:
Klar geht es weiter abwärts, denn vor der Pleitewelle ist nach der Pleitewelle. Die eigentliche Pleitewelle waren die drei zurückliegenden Saturn/Neptun Konstellationen auf die ich immer wieder mit den Worten "Liqutitätsengpass" hinwies. Genauso wie auf den US-Immobilienmarkt, der erst jetzt mit dem 8-monatigen Durchlauf des Marses durch den Krebs - the home of the braves- auf seinen Höhepunkt zuschreitet. Beschrieben durch das Puzzle "Syron"
Stephan Kaufmann dazu:
BERLIN. Das Schlimmste kommt noch. Während die Zentralbanken mit Zinssenkungen und Liquiditätsspritzen die globale Finanzkrise bekämpfen und es an den Börsen schon wieder aufwärts geht, sehen viele Beobachter das Ende der Krise nahen. Die Hoffnungen dürften jedoch verfrüht sein. Denn an der Quelle der Krise, dem US-Häusermarkt, braut sich neues Unheil zusammen: die Immobilienpreise fallen, Zinsen steigen, immer mehr Hypothekenschuldner gehen pleite, ihre Häuser werden zwangsversteigert. "Diese Krise wird wohl im Ablauf von ein bis zwei Jahren ausgestanden sein und nicht etwa in ein oder zwei Quartalen", meint Norbert Walter, Chefvolkswirt der Deutschen Bank.
Ausgehend von den USA rollt derzeit eine Krisenwelle über die Weltfinanzmärkte. Viele US-Hypothekenbanken hatten Kredite an finanzschwache Hausbesitzer vergeben, die sich eigentlich keine Darlehen leisten konnten. Bei diesen so genannten Subprime-Schuldnern setzten die Banken aber angesichts steigender Hauspreise darauf, dass das Geld beim Verkauf der Immobilien wieder reinkommt. Als die Immobilienblase platzte und die Zinsen stiegen, konnten viele Schuldner ihre Kredite nicht mehr begleichen. Nicht nur Hypothekenbanken gingen Pleite. Weltweit haben sich Banken mit den Ramschkrediten (Subprime-Krediten) verspekuliert. Weil derzeit keiner weiß, wie groß die Verluste am Ende sein werden, misstrauen sich die Banken und verleihen untereinander kein Geld mehr. Der Kreditmarkt ist gelähmt und bedroht die Konjunktur.
Um den globalen Geldkreislauf wieder in Gang zu bringen, haben Notenbanken die Leitzinsen gesenkt und Milliarden an die Banken vergeben. Während einige Börsianer nun davon ausgehen, dass die Krise schon fast überstanden ist, steht dem amerikanischen Immobilienmarkt das Schlimmste noch bevor. In den kommenden Monaten werden viele Hypothekenkredite neu festgesetzt, die Hausbauer müssen mit deutlich höheren Zinsen rechnen. Gleichzeitig liegt der Häusermarkt am Boden, mit den Hauspreisen geht es abwärts. Der Preisverfall trifft viele finanzschwache Hausbesitzer, denen die Banken im Vertrauen auf steigende Preise Kredite gegeben hatten.
Millionen verlieren ihre Häuser
Noch härter trifft die Hypothekenschuldner, dass sie bald wesentlich höhere Zinsen zahlen müssen. Denn anders als hier zu Lande haben viele Hausbauer keinen Kreditvertrag mit fester Zinshöhe vereinbart, sondern mit variablen Zinsen. Ein Beispiel: 2005 lag das allgemeine Zinsniveau niedrig und der Immobilienmarkt boomte. Die Bank bot daher den Kunden eine Hypothek zu einem Zins von vier Prozent zu Beginn der Laufzeit an. Das konnten sich viele noch leisten, sie griffen zu. 2008 aber steigt der Zins auf bis zu acht Prozent. Das wird vielen Schuldnern das Genick brechen. Die Leitzinssenkung der USNotenbank bringt ihnen nichts.
Im Durchschnitt kommt auf finanzschwache Schuldner eine Erhöhung ihrer Zinszahlungen von 26 Prozent zu, das sind etwa 400 Dollar pro Monat, errechnet CoreLogic, die Risikomanagement-Firma des US-Versicherers First American. Da der Hausmarkt am Boden liegt, können sie ihr Haus nicht ohne Verlust verkaufen. Letzte Konsequenz ist also die Zwangsversteigerung.
Im August verloren 109 000 Amerikaner mit variabel verzinsten Hypotheken ihr Haus per Zwangsversteigerung, doppelt so viele wie im August 2006, so das Analysehaus RealtyTrac. Der Demokratische Abgeordnete Brad Miller aus North Carolina schätzt, dass 2,2 Millionen Familien ihr Heim verlieren werden. "Mit den Zwangsversteigerungen kommen noch mehr Häuser auf einen Markt, der bereits unter Überangebot leidet", so David Olson, Präsident des Marktanalyseinstituts Wholesale Access Mortgage Research. Höhere Zinsen für Hauskredite und ein zunehmendes Angebot an Immobilien durch Zwangsversteigerungen dürften die Hauspreise weiter nach unten drücken, vermutet Charmaine Buskas von TD Securities in Toronto. "Es wird wohl alles noch schlimmer."
Ein großes Problem kommt damit auch auf die Banken zu, die Kredite vergeben oder auf dem USHypothekenmarkt spekuliert haben. Denn im kommenden Jahr läuft bei Krediten über 850 Milliarden Dollar die übliche Niedrigzinsphase zu Anfang der Laufzeit aus. Die folgenden Belastungen werden hunderttausende Schuldner mit geringem Einkommen nicht mehr schultern können – zumal über ein Viertel von ihnen bislang schon nicht in der Lage ist, pünktlich seine Kredite zu bedienen. Nach Schätzungen der Commerzbank dürften daher die Kreditausfälle im ersten Halbjahr 2008 ihren Höhepunkt erreichen. Die Krise ist noch nicht vorüber.
Fallende Preise, sinkende Verkäufe: Im August ging der Verkauf neuer Immobilien in den USA um 8,3 Prozent zurück. Nach Schätzungen des Nationalen Maklerverbandes wird der Hausverkauf im laufenden Jahr um ein Viertel einbrechen. Abnehmende Nachfrage und ein steigendes Angebot an Immobilien drücken die Preise: Gegenüber August 2006 sind sie um etwa 7,5 Prozent gefallen, das war der stärkste Rückgang seit 40 Jahren.
Berliner Zeitung, 11.10.2007