Moin moin,
zwar keine offizielle medizin. Info, aber doch so eine Art privater Lagebericht eines EM-Fans (ich meine hier nicht nur die Effektiven Mikroorganismen nach Prof. Dr. Dr. Dr. Teruo ) aus seinem kleinen Bereich, welcher vielleicht für den Einen oder die Andere hier interessant sein könnte.
Die Lage bei uns in einem Krankenhaus mittlerer Größe (Bundesland BW) ist summa summarum immer noch entspannt. Die Vorbereitungen und Umstellungen der letzten Wochen haben in Verbindung mit der Tatsache, daß die erwartete "1. grosse Infektionswelle" bei uns bisher als solche ausblieb dazu geführt, daß unser Haus deutlich leerer ist als sonst.
Um nicht mal in die Nähe von Datenschutz-Missbrauch zu kommen, kann ich hier natürlich nichts Konkretes zu Patientenfällen oder -zahlen schreiben. Das ist auch Job der offiziellen Pressestelle unserer Einrichtung.
Aber ich kann leider bestätigen, daß bei unseren geringen Fallzahlen zu meiner Überraschung auch vormals gesunde Patienten ohne Vorerkrankungen dabei sind und t.w. jünger als ich.
Es war für mich vor ca. einem Monat etwas überraschend als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn im TV so überzeugt verkündete daß D. in Sache Corona gut vorbereitet ist.
Zu exakt dem Zeitpunkt war mir weder ein zuverlässig funktionierender SARS-CoV-2 Schnell Test bekannt, noch gab es "reichlich freie Kapazitäten" für eine grössere zusätzliche Zahl an zusätzlichen Intensiv-Patienten. Die letzten 4 Wochen waren insofern wertvolle und gut genutzte Zeit und der schnell gebildete Sonderstab unserer Einrichtung hat seine Zwischenziele erreicht.
SARS-CoV-2 Schnell Teste sind mittlerweile ausreichend vorhanden. Mit diesen PCR-Testen kann man direkt die Viren-RNA nachweisen. Sie eignen sich aber nur für die Diagnostik einer akuten Infektion mit SARS-CoV-2. Lediglich beim zuverlässigsten Testkit haben wir nach wie vor Beschaffungsprobleme, weshalb wir diesen von uns favorisierten PCR-Test bis jetzt leider nur als Bestätigungskontrolle bei positiven Resultaten nutzen können.
Unbefriedigend ist dagegen die Situation noch bei der SARS-CoV-2 Antikörper-Diagnostik.
Mit dem bisher einzigen uns zur Verfügung stehenden Antikörpertest lassen sich IGA-Antikörper gut reproduzierbar nachweisen. Vereinfacht kann man sagen, daß diese zusammen mit IgM-AKs bei einer Infektion nach einigen Tagen (Plasmazellen) gebildet werden und beide sinken nach der Akuten Phase nach ca. 4-8 Wochen unter die messbare Nachweisgrenze. Diese frühen Immunglobuline sichern jedoch nach einer überstanden Infektion keine längerfristige Immunität.
Mit den für die Beurteilung längerfristiger Immunität (auch als Beweis einer länger zurückliegende Infektion) wichtigen IgG-Antikörper haben wir derzeit noch Nachweis-Probleme, so daß wir diesen Test noch nicht in der Diagnostik einsetzen können. Bei Testpersonen, welche beweisbar eine Corona Infektion hinter sich haben, konnten wir bisher noch keinen Anstieg der IgG-Aks messen. Das wäre aber wichtig um rückwirkend eine Immunität oder bereits absolvierte COVID-19 Infektion nachzuweisen. Eine weitere Testreihe obiger Testpersonen machen wir nächste Woche. Spätestens dann müssten sich auch bei niedriger IgG-Testsensivität endlich messbare IgG-Mengen zeigen.
Evtl. wird erst ein künftiger verbesserter AK-Test diese Probleme in der SARS-CoV-2 Diagnostik lösen.
Zum Abschluß und das war auch ein Grund um mich hier zu melden möchte ich noch eine Behauptung, welche ich von einem Forenmitglied vor einigen Tagen lesen durfte, zurückweisen.
Nämlich, dass das Personal im Gesundheitswesen über längere oder kurze Zeit ohnehin komplett durchseucht wäre und wir im übertragenen Sinne quasi zu Superspreading-Ereignissen beitragen könnten.
Es ist bei uns nämlich nicht so, daß Personal, welches Umgang mit Corona-Patienten hat, einfach so durchs Krankenhaus marschiert. Viel wahrscheinlicher ist, daß Besucher ohne hygienisches Basiswissen hier als "Spreader" fungieren könnten, weshalb wir schnell besondere Auflagen an Ausnahme-Besuche knüpften und das Haus generell für Besucher und "Sonstige" strikt geschlossen halten.
Für uns wäre es der Super-Gau, wenn synchron viele Mitarbeiter erkranken.
Dann wäre die Aufrechterhaltung unserer Versorgungsfunktion zumindest vorübergehend stark gefährdet, besonders bei der schon vor der Corona-Krise angespannten Personallage "der Elite-Pflegekräfte mit besonderer Ausbildung im Intensivbereich". Es wäre ein Irrtum hier anzunehmen, daß man grössere Personalausfälle nach kurzer Einarbeitungszeit mit "normalen" examinierten Pflegekräften kompensieren könnte. Beatmungsgeräte und besonders Oxygenatoren bedürfen einer gründlichen Schulung um vorhandene Risiken und mögliche Schäden für Patienten zu vermeiden.
Allein schon deshalb haben wir grosses Interesse daran das Risiko von Infektionen bei der Crew unserer Einrichtung zu minimieren. Bezeichnend hierfür ist auch, daß in meiner Abteilung 2 positiv getestete Corona Kollegen/-innen dies als Mitbringsel aus dem Skiurlaub im Süden mitbrachten. Ebenfalls bezeichnend, daß beide ihre Erkrankung samt Verdacht vorab meldeten, dabei sich aber eigentlich fit genug für den Job fühlten. Betreutes Denken war aber nicht erforderlich und kontaktfrei wurde vorsorglich ein Abstrich abgegeben. Natürlich gab es dann auch Quarantäne. Ich denke nicht, daß dies in anderen Branchen generell so gehandelt wird.
Also ich fühle mich im Stufe II Sicherheits-Labor, wo z.B. die Luft über Filter ständig erneuert und abgesaugt wird und dort deshalb theoretisch kein Mundschutz benötigt wird und potentiell infektiöses Material nur in Abluft-Abzügen mit Unterdruck bearbeitet wird sicher.
Sicherer als derzeit z.B. beim Einkaufen, in der Post oder sonstwo im öffentlichen Bereich, wo einem viele ohne Mundschutz recht nahe kommen und ich nicht überall Desinfektionsschutz vorfinde.
Was allerdings noch (welt-)politisch so wird oder wirtschaftlich kommt macht mir erheblich mehr Sorgen.
Ich wünsche allen (trotz Corona) noch Schöne Ostern [Blockierte Grafik: https://www.goldseiten-forum.com/wcf/images/smilies/thumbsup.png]